Pendulo kann auch ernst

Der Fall John Yesterday Preview

Benjamin Braun 1. März 2012 - 22:54 — vor 12 Jahren aktualisiert
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Pendulo präsentiert zahlreiche Szenen wie in einer Graphic Novel. Oft geht es dabei auch um Rückblenden. Hier zum Beispiel erinnert der grobschlächtige Cooper an seinen Pfadfinderführer, der ihm damals schwer zusetzte.
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Ein Zeichentrickfilm zum MitspielenDass die Entwickler von Pendulo wahre Grafikkünstler sind, haben sie mehr als einmal bewiesen. Butterweiche Animationen und Cutscenes auf Zeichentrickfim-Niveau sind seit vielen Jahren ihre Markenzeichen. Auch John Yesterday sieht klasse aus. Hier und dort könnte sich wie üblich ein bisschen mehr im Hintergrund abspielen, aber ansonsten haben wir bislang nur wenig zu meckern. Vielleicht sollten die Spanier aber darüber nachdenken, ob sie das "Teleportieren" der Charaktere innerhalb der Szene nicht komplett entfernen sollten. In Runaway hatte das Feature noch gut geklappt, da Brian sich nur bei größeren Entfernungen sozusagen von einem Punkt zum anderen morphte. Aber wenn Henry oder John sich nur einen Meter bewegen und dieses Feature dennoch eingesetzt wird, sieht das komisch aus.

Im Stil einer Graphic Novel nutzt Pendulo häufig Bild-in-Bild-Einblendungen, etwa während der Dialoge. Aber auch jedes Objekt in der Umgebung, das ihr untersucht, erscheint in einem separaten Bildkasten. Die Perspektiven zeigen die Szenen meist von einem "heimlichen Punkt" aus, mal schräg von oben, mal aus einer Ecke, mal aus der Froschperspektive. Gerade innerhalb der Zwischensequenzen macht Pendulo davon häufig Gebrauch und kombiniert die Bild-in-Bild-Manier mit Zeitlupeeffekten und starker Sounduntermalung. Apropos Sound: Unsere Vorschau-Version bietet bereits deutsche Sprachausgabe. Mit Sascha Rotermund, Konstantin Graudus (Sten in Dragon Age Origins) oder Celine Fontanges (Mona in A Vampyre Story) sind einige sehr gute Sprecher an Bord.

Vieles im Spiel ist ungewöhnlich. Auch die Perspektiven.
Das iPad lässt grüßenAber Pendulo versucht auch in anderer Hinsicht Neues. Zunächst wäre da das Speichersystem, das auf einer Art Storyboard basiert. Das Spiel legt an bestimmten Punkten automatisch Spielstände an, zu denen ihr dann jederzeit zurückkehren könnt. Manuell speichern könnt ihr also nicht, beim Verlassen des Spiels wird aber exakt an der Stelle gesichert, wo ihr euch befunden habt. Ihr habt in den Storyboard-Spielständen exakt das im Inventar, das ihr auch tatsächlich zu diesen Zeitpunkt bei euch hattet. Und wenn ihr am Savepoint bereits eine Aktion ausgeführt habt, die auch später möglich wäre, wird das im Spielstand entsprechend festgehalten.

Viel wichtiger finden wir, dass Pendulo diesmal auf die rechte Maustaste verzichtet. Alles im Spiel regelt ihr mit einem Linksklick. Objekte in der Umgebung geben beim ersten Klick die Bild-in-Bild-Nahansicht frei, woraufhin ihr das Objekt untersuchen, nehmen oder benutzen könnt. Wenn ihr ein Inventarobjekt benutzen wollt, müsst ihr die linke Maustaste gedrückt halten und es dorthin ziehen, womit ihr es verwenden wollt. Das Prinzip ist also denkbar einfach, funktionierte in der Praxis allerdings noch nicht ganz so gut. Der Grund für dieses System dürfte simpel sein: Der Fall John Yesterday soll auch für mobile iOS-System umgesetzt werden. Wenn es am Ende gut funktioniert, geht die Steuerung für uns in Ordnung. Schöner wäre es allerdings, wenn wir die Objekte nicht ziehen müssten.

Ein Königreich für einen Tippgeber
Paris im Comic-Look. Da werden Erinnerungen an Revolution Softwares Baphomets Fluch wach.
The Next Big Thing war vielen Adventure-Spielern zu leicht. Dieses Feedback hat sich der Entwickler für sein neuestes Werk offenbar zu Herzen genommen und zumindest ein paar etwas kniffligere Aufgaben eingebaut. Eine Tipp-Funktion gibt es weiterhin. Die klickt ihr einfach an und erhaltet einen ziemlich eindeutigen Hinweis durch den Erzähler. Auf diese Weise könnt ihr euch aber dennoch nicht in Windeseile durchtricksen: Bevor ihr den nächsten Tipp abrufen könnt, müsst ihr die Tipp-Funktion erst wieder mit eigenen Aktionen aufladen. Erfolgreich müssen die dafür allerdings nicht sein.

Wirklich schwierig erschien uns Der Fall John Yesterday bisher nicht. Einzelne Aufgaben sind zunächst vielleicht etwas undurchsichtig, aber regelrechte Rätselbrocken erlebten wir bisher keine. Die einzigen etwas schwierigeren Aufgaben bestanden in Schachaufgaben, bei denen wir den Gegner in einem Zug Matt setzen mussten. Nicht so toll! Schön dafür fanden wir eine Aufgabe, bei der wir einen geheimen Mechanismus an einem Kreuz betätigen mussten. Die zweite Spielhälfte sollte in jedem Fall rein spielerisch noch ein bisschen mehr zu bieten haben. Und hoffentlich wird sie auch etwas länger sein! Ansonsten würde das Spiel doch wieder ein eher kurzes Vergnügen. Die standardmäßige Hotspot-Anzeige ist ebenfalls vorhanden. Sie lässt die Punkte nur sehr, sehr kurz aufblinken. Ungünstigerweise aber nicht zeitgleich, sondern unmittelbar nacheinander. Das sollte Pendulo noch ändern.

Ausblick: Ernster Comic-KrimiNach Runaway und The Next Big Thing war ein Tapetenwechsel fast schon überfällig. Ganz so radikal wie der mit Der Fall John Yesterday hätte er wohl nicht sein müssen, aber umso erfreulicher ist, dass der Mut der Entwickler sich auszuzahlen scheint: Trotz schicker Comic-Grafik kommt der Krimi düster rüber, die Story mit ihren unterschiedlichen Zeitebenen ist spannend, die Charaktere sind interessant, kurzum: Wir wollen einfach wissen, wie es weitergeht. Noch gibt es ein paar kleinere Baustellen, die die Spanier bis zum Release im April schließen müssen. Aber wir sind zuversichtlich, dass das gelingen wird und am Ende ein gutes Adventure dabei herumkommt. Vielleicht sogar ein sehr gutes, wenn die Rätsel später zulegen.

Autor: Benjamin Braun (GamersGlobal)
 Der Fall John Yesterday
Vorläufiges Pro & Contra
  • Hübsche Comic-Grafik
  • Sehr gute deutsche Sprecher
  • Düstere, erwachsene Story
  • Glaubwürdige Charaktere
  • Spannende Erzählstruktur
  • Klasse Erzähler
  • Rätsel noch eher zahm
  • Könnte wieder recht kurz werden
Aktueller Zustand:
Weit fortgeschrittene Beta-Version
Wir wünschen uns:
... dass die Rätsel später noch schwieriger werden. Abgesehen vom finalen Feinschliff hinterlässt das Spiel ansonsten einen rundum guten Eindruck, was bei der vollkommen anderen Grundthematik nicht automatisch zu erwarten war. Wir sind weiterhin sehr gespannt und glauben, dass Pendulo mit diesem Abenteuer ihre Fans wieder mehr begeistern kann als mit The Next Big Thing.
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Userwertung
7.5
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Adventure
12
Pendulo Studios
Crimson Cow
20.06.2012
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Benjamin Braun 1. März 2012 - 22:54 — vor 12 Jahren aktualisiert
Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66900 - 1. März 2012 - 23:34 #

Das klingt doch ziemlich interessant. Ich persönlich hab zwar nichts gegen Humor in Adventures, mag aber doch lieber ernster erzählte Geschichten als Dauerhumor. Ich spiele gerade A New Beginning, was die Mischung zwischen ernster Geschichte und Augenzwinkern ziemlich gut hinbekommt, wie ich finde. Sowas hätte ich gern viel öfter.
Allerdings bin ich nicht der größte Fan der Runaway-Adventures. Ich hab vor einigen Monaten die ersten beiden Teile noch mal gespielt und war gerade beim zweiten ziemlich oft genervt vom Spieldesign. Winzig kleine Hotspots, völlig überzogene Laufwege (ich erinnere mich dunkel an eine Stelle, wo man fünf mal hintereinander zu einem Brunnen musste - durch mehrere Schauplätze) und ein für mich oft etwas zu bemühter Humor haben mir nicht so gut gefallen. Aber vielleicht hat sich seit dem ja was geändert. Runaway 3 und Next Big Thing hab ich bisher nicht gespielt.

Ich behalte es auf jeden Fall mal im Auge. Danke für den Artikel.

Tassadar 17 Shapeshifter - 8161 - 2. März 2012 - 0:54 #

Runaway 2 ist ja auch der schwächste Teil der Reihe, wohingegen der 3. dann wieder besser ist. Mittlerweile gibt's den für 10 Euro.

Anonymous (unregistriert) 2. März 2012 - 4:34 #

Das schlimmste an Runaway 2 war (absolut der schlechteste Teil der Reihe!), dass es einfach mitten in der Handlung aufhörte. Keine Auflösung, nichts.
Teil 3 hat dann ja auch erst mal so getan, als hätte es Teil 2 gar nicht gegeben. :D

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83896 - 12. März 2012 - 1:16 #

Also mir hat Teil 3 noch weniger gefallen, aber damit scheine ich ziemlich alleine zu stehen. Er löst das offene Ende von Teil 2 praktisch gar nicht auf, viele bekannte Charaktere fehlen (man weiß nicht, was aus ihnen geworden ist) und generell fühlte es sich sehr kurz und überhastet zuende geführt an. Ich fand's damit enttäuschend.

Anonymous (unregistriert) 2. März 2012 - 10:30 #

Spiele von Pendulo sind hübsch und irrsinnig witzig, haben ihren ganz eigenen Stil... Die Rätsel finde ich aber immer grausam.

Anonymous (unregistriert) 3. März 2012 - 5:53 #

Sonderlich witzig fand ich die nie, eigentlich finde ich die meisten Adventures nicht lustig, auch wenn so ziemlich alle genau das sein wollen (für mich steht und fällt ein Adventure immer mit den Rätseln und der Story).
Die Grafik ist aber einfach atemberaubend bei denen. Kann mir nicht vorstellen das dieses Spiel noch besser aussehen wird als The Next BIG Thing was sie letztes Jahr herausbrachten.

Darth Spengler 18 Doppel-Voter - 9372 - 2. März 2012 - 15:25 #

*schnüffel* Hier riechts nach Adventure. Benutze Schlüssel mit Tür !

Sven_1976 09 Triple-Talent - 343 - 2. März 2012 - 17:27 #

Schön, daß noch gute Adventures produziert werden!

Anonymous (unregistriert) 3. März 2012 - 5:42 #

Ich verstehe nicht wie Leute sowas sagen können, wenn es doch IMMER eine Flut an Adventures gegeben hat... Ich war noch nie in der Lage alle Adventures zu spielen die es gerade gibt und da zähle ich nicht mal Adventures mit, die auf mich sowieso nicht interessant genug wirkten.
Ist offensichtlich eine dieser Mythen, wie der Tod des PCs als Spieleplattform, der seit 1994 alle 6 Monate groß ausgerufen wird.

Linksgamer (unregistriert) 3. März 2012 - 15:53 #

Naja, wenn man jede Gurke à la "Hotel des Toten Bergsteigers" spielt, dann vielleicht. ;)

ThomasThePommes 13 Koop-Gamer - 1450 - 4. März 2012 - 15:31 #

Aber trotzdem. In den letzten Jahren sind sehr sehr sehr viele Adventures erschienen die alle wenigstens gut waren.

Ankh 1-3
Jack Keen
Black Mirror
Geheimakte
Cevil
The Book of Unwritten Tales
Vieh Croniken
Runaway 1-3
Edna bricht aus
Harveys neue Augen
Wispered World
Monkey Island 1-2
Desponia

Die ganzen Episodenspiele. Aber die waren selten gut.

Und noch viele mehr die mir gerade nicht einfallen. Ich denke in den letzten 6 Jahren waren die Adventures in Deutschland alles andere als tot. Zumindest lebendiger als Echtzeitstrategie (da ist die Rundenstrategie inzwischen lebendiger), Flugsimulationen, Weltraumsimulationen oder 3D Jump´n Runs.

ChuckBROOZeG 20 Gold-Gamer - 21189 - 5. März 2012 - 6:00 #

na ja die Sam&Max Episoden waren schon nicht schlecht.

Linksgamer (unregistriert) 3. März 2012 - 16:02 #

Klingt auf jeden Fall interessant. Next Big Thing hat mich irgendwie nicht so richtig mitgerissen, was aber auch daran liegen kann, dass ich es genau deswegen immer wieder wochenlang liegengelassen habe.

Ich finde schon, dass Pendulo irgendwie anders sind als alle anderen. Finde deren Kram immer irgendwie sehr urban, offen, locker, intelligent, auch was die Art und Ausarbeitung der Charaktere angeht. Dabei irgendwie auch immer hochwertig und geschmackvoll. Ich warte noch auf den deutschen Entwickler, der etwas Ähnliches hinbekommt - Daedalic ist es mit Sicherheit nicht. ;)

Samoth 14 Komm-Experte - P - 2560 - 4. März 2012 - 21:44 #

"In Der Fall John Yesterday klopft nicht ständig jemand flotte Sprüche. Die Charaktere sind nicht in erster Linie skurril."

DANKE, DANKE, DANKE!

Wenn es denn schon ein reinrassiges Point and Click Adventure ist, muss es ja auch unbedingt lustig sein und versuchen, den Lucas Arts Humor (den ich auch nicht mochte) und die Abgedrehtheit zu imitieren. Warum nochmal? Weil es da eine erfolgreiche Phase gab? Ruhig auch mal einen Schritt erwachsener werden, liebe Hersteller. Dazu auch prima die aktuelle Kolumne von Jörg Langer :-)

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83896 - 12. März 2012 - 1:14 #

Klingt ein bisschen nach Baphomets Fluch, das eine gelungene Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor hatte. Mal sehen, Runaway war mit Teil 3 ziemlich abgenutzt, da kann gerne mal was Neues kommen.