Globaler Exportschlager: Versteckte Armklingen leisten Assassinen auch in Nordamerika gute Dienste. Das Opfer wird es weniger freuen, ebensowenig die im Hintergrund stehenden "Rotröcke".

Geschichtsstunde à la SchwarzeneggerIn der von uns gespielten Beispielmission verschlägt es Connor nach Boston, jener ostamerikanischen Metropole, die wie kaum eine andere Stadt mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der Kolonisten verbunden ist. Bei der Gestaltung der Stadt orientierten sich die Entwickler an Karten der 1750er Jahre und gestalteten das virtuelle Boston, in kleinerem Maßstab, detailgetreu wieder. Menschen in zeitgemäßer Kleidung bevölkern die Straßen. Hunde und Katzen sowie zahlreiche Ratten prägen ebenso das Stadtbild. Ebenso im zeitgemäßen Fellkleid, versteht sich. An vielen Ecken stehen Ausrufer, die gegen die britischen Gesetze Stimmung machen. In dieser lebendig wirkenden Stadt treffen wir auf Samuel Adams, einem der Gründungsväter der Vereinigten Staaten und überdies Namensgeber einer Biersorte. Wenig erstaunlich: Auch Assassin's Creed 3 integriert historische Personen und Ereignisse in die Spielhandlung.

Adams beauftragt uns damit, gegen einen einheimischen Teeschmuggler vorzugehen. Zwar lagern im Hafen Schiffe, die massenhaft billigen Tee der Ost-Indischen Handelskompanie geladen haben, aber diese werden boykottiert, da die Abgaben sonst der englischen Krone zukommen würden. Ihr ahnt es schon, im Laufe der Mission, in der ihr neben Steuereintreibern auch Teeschmuggler eliminiert, werdet ihr aktiver Zeuge der berühmten Bostoner Tea Party. Oder zumindest einer Version davon, die zwecks Dramaturgie auf Action statt auf Fakten setzt. Geschichtsstunde a la Schwarzenegger, aber besser als gar keine Geschichsstunde. Der Unterhaltung tut dies natürlich keinen Abbruch, denn wie Connor den Hafen aufmischt sieht nicht nur fantastisch aus, sondern steuert sich auch großartig.  

Das Kampfsystem: Batman LightDas Kampfsystem wurde für Assassin's Creed 3 leicht modifiziert. Statt dem üblichen „Halte Blocken gedrückt und betätige im richtigen Moment die Konter-Taste“ agiert ihr in den Kämpfen von AC3 wesentlich aktiver. Mehr als in vergangenen Episoden führt ihr direktere Schläge mittels Knopfdrücken aus. Ziel war es offenkundig, sich am System von Primus Batman - Arkham City zu orientieren.

Das neue Kampfsystem zeichnet sich durch flüssigere und dadurch längere Kombos aus.

Dabei bleibt das Free-Flow-System aus Batman zwar nach wie vor flüssiger, aber Assassin's Creed 3 wetzt diese Scharte mit seinen martialischen Aktionen locker aus: Nach alter Familientradition wetzt auch Connor blutig seinen Tomahawk, welcher im Nahkampf den perfekten Mix aus brachialer Action und Verteidigung gegen aufgepflanzte Bayonette darstellt. Freuen dürft ihr euch wiederum an einer Vielzahl neuer Moves, die euch das Blut gefrieren lassen und neuerdings auch die Klamotten des Hauptcharakters rot einfärben. Geschwindigkeitseinbußen durch zuviel mitgeschleiftes Gegnerblut konnten wir indes nicht feststellen...

Besonders gut gefallen haben uns die neuen Konterangriffe. Drückt ihr im richtigen Augenblick die Taste für die Verteidigung, geht Connor kurzzeitig in einen Slow-Motion-Modus. Dann habt ihr die Wahl, ob ihr euren Gegner entwaffnen oder massakrieren wollt. Neu ist, dass euch nun erstmals tatsächlich mehrere Gegner gleichzeitig angreifen. Betätigt ihr dann die Verteidigung, erledigt Connor mit ebenso ansehnlich wie grausamen Bewegungen mehrere Feinde am Stück, also in einer Animation. Uns gelang dies im Probespielen mit gleich sechs unglücklichen Rotröcken, die binnen weniger Sekunden vorzeitig von uns auf eine Art in den Ruhestand geschickt wurden, die John Woo ehrfürchtig klatschen lassen würde.

Neu ist auch das Wurfmesser, eine an einem Seil befestigte Klinge, die Ähnlichkeiten mit dem Haken von Scorpion aus Mortal Kombat hat. Wenn ihr nicht gerade Hasen damit jagt, eignet es sich auch dafür, von hohen Ästen Gegner blitzschnell zu erhängen. Schusswaffen sind in der Welt von AC3 stets präsent, aber nicht „overpowered“. Zwar richten sie enormen Schaden an, was sich aber durch extrem lange Lade- und Schusszeiten ausgleicht. Werdet ihr im Wald von einem Wolf angegriffen, seid ihr meist schon tot, ehe ihr überhaupt nur eine Kugel abfeuern konntet. Ähnliches gilt für die Gewehre der gegnerischen Soldaten: Legen diese an, könnt ihr schnell per doppeltem Knopfdruck einen anderen Gegner als Schutzschild missbrauchen und danach in aller Ruhe wieder in den Nahkampf übergehen.  

Mit dem eigenen Schiff in die KaribikErstmal erlaubt euch Assassin's Creed 3 mit einem eigenen Schiff die Welt zu erkunden, wobei sich diese von der Arktik im Norden bis hin zu den karibischen Inseln im Süden erstreckt. Es handelt sich aber um keine richtige offene Welt, vielmehr könnt ihr im Hafen einzelne Missionen in den entsprechenden Gebieten auswählen und befindet euch dann mit eurem Schiff in abgesteckten Arealen.

Wer nun auf eine aufgehübschte Neuauflage von Sid Meyer's Pirates gehofft hatte, den müssen wir enttäuschen. Zwar könnt ihr euren Segler aufwändig umrüsten und mit neuen Waffen, besserer Panzerung und dergleichen versehen. Der eigentliche Segel-Part ist aber sehr geradlinig auf Action getrimmt. Euer Boot steuert sich weniger wie ein schwerfälliger Segler, sondern eher wie ein kleines Sportboot, mittels Tastendruck könnt ihr wider jeden Realismus (auch jenen, der für kleine Sportboote gilt...) schnell zum Stehen kommen, oder ebenso flink die Geschwindigkeit erhöhen. Mit einer fisseligen Analog-Stick-Steuerung nehmt ihr gegnerische Boote ins Visier, eure Kanonen versenken diese mit einer traumwandlerischen Treffsicherheit auf Anhieb. Dabei müsst ihr noch nicht einmal beachten, welche der beiden Kanonenreihen (also Steuerbord oder Backbord) nachgeladen haben – sobald ihr feuern könnt, drückt ihr aufs Knöpfchen, und die "richtige" Reihe feuert eine Breitseite ab. Das immerhin sieht äußerst gelungen aus, da prasseln Kanonenkugeln auf den Gegner ein oder zerschlitzen ihm Kettengeschosse die Segel. Dazu kommen Berg- und Talfahrten in den Wellenbergen, gerade bei stürmischer See. Optisch ein echter Hingucker!

Unser erster Eindruck war dennoch, dass die Schiffsmissionen eine gelungene Abwechslung vom üblichen Spielprinzip sind. Eine ernsthafte Schiffssimulation sollte hier niemand erwarten, auch wenn der Part vielleicht nicht gar so simpel hätte ausfallen müssen. Dennoch gefällt uns diese Einlage schon jetzt besser als die Tower-Defense-Spielchen aus Revelations.

Nichts für Landratten: Auch auf hoher See geht es actionreich zu – sehr actionreich, wenn wir das sagen dürfen.