User-Test

Zurück im Evoversum: Evochron Legacy User-Artikel

Mario Donick 5. April 2016 - 18:04
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Die drei Bildschirme sind im neuen Evochron besser lesbar, aber Symbolleiste und HUD sind anstrengend.
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Das Benutzerinterface

Shawn Bower spricht in seinem Designdokument an, dass er die Benutzeroberfläche von Evochron Legacy im Vergleich zu den Vorgängerspielen optimiert hat. Stimmt, das hat er. Teilweise auch gelungen. Insgesamt muss ich aber sagen, dass die Oberfläche nach wie vor viele Probleme aufweist.

Sehr gut ist die überarbeitete Navigationskarte. Einige Schaltflächen wurden logischer gruppiert und vor allem kann endlich mit dem Mausrad gezoomt werden. Früher war ein schneller Überblick kaum möglich, jetzt könnt ihr direkt von der Übersichtskarte in ein Sternensystem reinzoomen und dann noch weiter zu den einzelnen Planeten und Stationen. Nachteil dieses Verfahrens ist, dass von Anfang an Informationen über alle Systeme vorhanden sind. Zwar kennen sich mit den Vorgängern vertraute Spieler sowieso aus, aber gerade für neue Spieler könnte das Entdecken so zu vereinfacht werden. Wirklich nützlich hingegen ist die optionale 3D-Ansicht der Karte. Gerade beim Setzen von Wegpunkten für den Sprungantrieb hilft sie; früher bin ich öfter mal in die Atmosphäre eines Planeten gesprungen oder zu dicht an eine Raumstation - solche Tode oder Kollisionen lassen sich nun etwas besser vermeiden.

Ebenfalls besser ist die Lesbarkeit der Bildschirme im Cockpit. Die drei Hauptbereiche für Schiffssysteme, 3D-Radar und Zielscanner wurden vergrößert, die Schrift ist klarer erkennbar. Die Radar-Symbolik wurde überarbeitet; Entfernungen können jetzt besser eingeschätzt werden.

Leider stammt das Grundkonzept der Benutzeroberfläche immer noch aus dem Ur-Evochron aus dem Jahr 2005. Mittlerweile sind die Fenster überladen und vollgestopft. Mit "vollgestopft" meine ich, dass zu viele Funktionen auf einem Platz sind (und im neuen Spiel eben noch mehr als früher); mit "überladen" meine ich, dass die grafische Gestaltung von HUD, Zielmarkierungen, Buttons und Fensterrahmen sehr ablenkend ist - nennen wir es Cyber-Barock. Insbesondere die Iconleiste am oberen Bildschirmrand ist kaum noch zu durchschauen, und das HUD versperrt mir die Sicht. Das war schon in früheren Evochron-Teilen so, aber diesmal regt es mich so auf, dass ich das HUD ganz oft mit der "H"-Taste komplett abschalte. Shawn Bower schreibt in seinem Design-Dokument, dass er alle für Kämpfe relevanten Informationen direkt vor dem Piloten anzeigen will - aber dann soll er das bitte auch tun und nicht mit dutzenden irrelevanten Rahmen und Schnörkeln ablenken. Da hilft es wenig, dass das HUD ein wenig konfigurierbar ist (Farbe, Flight-Path-Markierung). Ich hoffe jedenfalls, dass es bald wieder einen minimalistischen Interface-Mod geben wird.
Die Schiffe sind weiterhin in großem Maße veränderbar, sehen aber viel besser aus als in den früheren Teilen.


Grafik und Klang

Auf grafischer Ebene hat Evochron als Ein-Personen-Projekt immer schon der Zeit hinterher gehinkt, und daran ändert sich grundsätzlich nichts. Allerdings hat das Spiel im neuen Teil doch einige sichtbare Fortschritte gemacht. Vor allem die Raumschiffe und Raumstationen sehen jetzt plausibler aus. Bei nahem Heranfliegen sieht man zwar einige Unsauberkeiten bei der Texturierung, aber der Gesamteindruck stimmt. Das trifft auch für das nach wie vor aus stark konfigurierbaren Teilen zusammengesetzte Spielerraumschiff zu. Bei Explosionen zerfallen Raumschiffe jetzt übrigens in ihre Bestandteile und lassen Trümmer zurück.

Das Cockpit des Spielerraumschiffs wurde überarbeitet - genaugenommen gibt es jetzt sogar zwei, eines für Handelsschiffe und eines für Kampfflieger. Sie sind wesentlich detaillierter als früher und können nun dynamische Schatten anzeigen. Auch auf der Außenhülle sind Schatten sichtbar. Das kommt der Stimmung sehr zugute.

Der Weltraum selbst ist ebenfalls etwas hübscher geworden. Die neuen Planeten wurden schon erwähnt; auch die Hintergrundbilder mit Sternen und Nebeln sind schöner (allerdings bin ich mir noch nicht sicher, ob mir diese Hintergründe nicht etwas zu klar gezeichnet sind). Planetenringe bestehen beim Durchfliegen wieder aus tausenden einzelnen Partikeln, aus der Ferne wird aber noch immer eine verwaschene Textur gezeigt. Auch Asteroiden scheinen nicht überarbeitet worden zu sein.

Klanglich ist Evochron Legacy sehr vertraut. Es gibt neue Musikstücke von Evochrons Stammkomponisten Rich Douglas, die schön sind, sich aber wie gewohnt sehr schnell wiederholen. Die Soundeffekte wurden leicht überarbeitet, ob sie besser sind als früher ist Geschmackssache. Stimmungsvoll ist der Klang auf jeden Fall.

Letztlich ist Evochron nach wie vor deshalb faszinierend, weil es teils grandiose Weltraumpanoramen zeigt, mit Planeten, zu denen man tatsächlich fliegen kann.

Fazit

Es gäbe noch sehr viele kleinere Neuerungen aufzuzählen, wie die erweiterten Möglichkeiten bei der Schiffs- und Itemkonstruktion, das überarbeitete Flottensystem im Singleplayer, den experimentellen Oculus-Rift-Support oder den neuen sehr atmosphärischen Ladebildschirm (statt eines Ladebalkens startet man direkt im Cockpit, das während des Ladens langsam hochgefahren wird und zum Leben erwacht), aber an dieser Stelle muss ich einen Cut machen. Denn wie ist es denn nun - lohnt es sich, 24 Euro für dieses Spiel auszugeben? Die Antwort muss, denke ich, zweigeteilt sein.

Für Evochron-Fans ist das Spiel ein Pflichtkauf - denn als Evochron-Fan ist man veraltete Technik gewohnt, hat vielleicht nur einen älteren PC, wird sich daher eher über die neuen spielerischen Möglichkeiten freuen und den Entwickler gerne mit diesem noch recht geringen Betrag unterstützen - zumal die Vergangenheit gezeigt hat, dass er seine Spiele nach Veröffentlichung mit teils umfangreichen Updates pflegt.

Ist man eher generell an Weltraum-Kampf- und Handelsspielen interessiert, dann hat Evochron Legacy spielerisch so viel zu bieten wie kein bisheriger Teil der Serie und ist dahingehend mittlerweile auf Augenhöhe mit Konkurrenzprodukten. Aber die einfache Grafik, das teils anstrengende Interface und vielleicht auch jegliche Abwesenheit einer interessanten Story sind Faktoren, die abschrecken können. Zwar hat auch Elite Dangerous Horizons mit einer gewissen Beliebigkeit seiner prozedural generierten Inhalte zu kämpfen, sieht aber ingesamt doch besser aus.
Mario Donick 5. April 2016 - 18:04
Triton 19 Megatalent - P - 17161 - 5. April 2016 - 18:41 #

Ach du Scheiße, was für ein guter User-Test. Ich glaube ich muss mir mal ein Let's play von Evochron Legacy anschauen. Der Test hat mich neugierig gemacht, auch ohne Noten, denn die Texte sind für mich eh wichtiger als irgendwelche Noten.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 5. April 2016 - 18:49 #

Jepp, finde den Artikel auch klasse. Spiel bzw. Gerne sind zwar nicht so meins, dennoch hat es der Text geschafft, dass ich ihn bis zum Schluss mit Interesse gelesen habe.

RoT 21 AAA-Gamer - P - 26097 - 6. April 2016 - 23:59 #

schließe mich an, hab auch durchgelesen das ding :D

Danke für den artikel.

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 62092 - 5. April 2016 - 19:16 #

Schöne zu lesender und zudem noch informativer User-Test. Hat mir sehr gut gefallen.

Kirkegard 20 Gold-Gamer - 21152 - 5. April 2016 - 19:27 #

Danke für die lesenswerte Mühe die du dir gemacht hast ^^.

doom-o-matic 17 Shapeshifter - P - 8580 - 5. April 2016 - 19:33 #

Krasser Test. Hut ab!

Wenns das jetzt bloss fuer Linux geben wuerd ;-/

Maryn 15 Kenner - - 3914 - 5. April 2016 - 20:05 #

Vielen Dank für den super Test!
Ich kannte das Spiel vorher gar nicht und werde es sicher im Auge behalten.

firstdeathmaker 18 Doppel-Voter - 9333 - 5. April 2016 - 20:10 #

Netter Test, aber obwohl ich solche Spiele sehr gerne mag, schreckt mich die grottige Grafik dann doch ab. Da sieht ja selbst X3 noch besser aus.

Mario Donick 15 Kenner - 3219 - 5. April 2016 - 20:34 #

"selbst X3"? *g* Ich finde, X3 ist optisch immer noch eines der besten Weltraumspiele :)

Triton 19 Megatalent - P - 17161 - 5. April 2016 - 20:48 #

Also als grottig wurde ich die Grafik nun nicht nennen, nicht ganz Modern aber doch nicht grottig. In Ingame Videos kommt sie gut herüber.

Maryn 15 Kenner - - 3914 - 5. April 2016 - 21:00 #

Gute Grafik findet man vor der Haustür.

Arno Nühm 18 Doppel-Voter - 9327 - 5. April 2016 - 21:41 #

Schöner Test. Ich habe die steile Lernkurve immer gescheut... Ist Evochron insgesamt zwischenzeitlich einsteigerfreundlicher geworden?

Mario Donick 15 Kenner - 3219 - 5. April 2016 - 22:28 #

Nein, da mit jeder neuen Version mehr Features dazu kommen, aber das User Interface nicht einfacher. Die Tutorials zeigen auch nur absolute Basics.

Novachen 19 Megatalent - 14947 - 5. April 2016 - 21:45 #

Am besten finde ich nach wie vor die Möglichkeit der Einbindung von Community-Inhalten. Neue Missionen und ganze Kampagnen zu erstellen und in das offene Universum einzubauen und auch wieder rauszunehmen geht in diesem Ausmaß nicht einmal mit dem Missionseditor der X-Reihe so einfach und problemlos.

Man muss aber auch sagen, dass Evochron eine ziemliche Wissenschaft ist. Schwer zu lernen und noch schwerer zu meistern, da man teilweise manche Funktionen erst nach Jahren entdeckt und perfekt einsetzen kann.
Eigentlich ist das schon ein gewisses Hardcore-Spiel, was dafür aber eigentlich schon tiefgründiger und komplexer ist als vergleichbare Titel. Aber halt mit einer recht ausführlichen und nicht gerade leichten Lernkurve. Nach wie vor in Sachen Lernkurve EVE-Online Classic.

Leider hat Evochron traditionell eine eher schwache Story. Ohne Community-Missionen geht da eher nichts. Aus diesem Grund kann ich mit Arvoch nach wie vor mehr anfangen, da ist das Kampfsystem auch noch mal zusätzlich gewiefter. Auch wenn es diesen ganzen Privateer-Aspekt fallen lässt.

Mario Donick 15 Kenner - 3219 - 5. April 2016 - 22:29 #

Ach dass es keine echte Story gibt, finde ich ganz gut. Die mach ich mir selbst.

Novachen 19 Megatalent - 14947 - 7. April 2016 - 12:25 #

Weiß zwar, was du meinst.

Aber hast du mal Evochron auf einem der RPG Server gespielt?
Wenn man sich da aktiv im dazugehörige Forum beteiligt (geht ja auch vom Spiel aus) und Teil des Universums wird und dort eine bestimmte Rolle einnimmt, bekommt man auch vom Serveradmin ganz spezifische Storymissionen erstellt und zugewiesen, die kein anderer Spieler erhält und die Teil eines großen Ganzen ist und da auch entsprechend die Story vom Serveruniversum vorantreibt. Das ist soweit schon sehr interessant und soweit auch einmalig. Erfordert aber zugegeben halt auch etwas Schreibbeteiligung. Bei Mercenary gab es da zumindest auch deutsche Server :).

Mario Donick 15 Kenner - 3219 - 7. April 2016 - 12:41 #

Also ich bin nur im offiziellen Forum des Entwicklers unterwegs und kenne da auch das recht ruhige RPG-Forum. Sowas, was du ansprichst, sehe ich da und in MP nur in Ansätzen. Wo findet man denn deine Foren?

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 5. April 2016 - 22:29 #

Der Test klingt interessant genug, um zumindest mal hineinzuschauen. Danke.

Drugh 17 Shapeshifter - P - 6541 - 5. April 2016 - 22:47 #

Alles, was ich lese, erinnert mich auch an die Vision von Star Citizen, aber als höchst respektables Einmannprojekt. Insofern, sehr interessant, aber letztendlich nichts für mich, Komplexiät und Einarbeitung stehen in Konflikt mit zu vielen anderen Spielen und Projekten.
Da ich das Spiel aber schon einmal bei Steam vorgestellt bekam, bin ich jetzt sehr erfreut, hier einen so schönen Test mit viel Herzblut zu lesen. Danke dafür.

Unregistrierbar 18 Doppel-Voter - 10829 - 5. April 2016 - 23:00 #

Vielen Dank für den Artikel! Bei diesem Genre werde ich schwach, aber leider packts mein PC nicht mehr. So wie ich das hier aber lese, kommen auch ältere PCs damit klar, was mich sehr freut!

Hartmann (unregistriert) 5. April 2016 - 23:15 #

Höre zwar jetzt das erste mal von diesem Spiel, aber dein Test ist wirklich gelungen!

De Vloek 15 Kenner - 3300 - 6. April 2016 - 2:15 #

Schöner Artikel, danke dafür. Da mich der Multiplayer interessiert, hätte ich zur Spielmechanik noch ein paar Fragen:

1. Ist der MP kompatibel zum SP, d.h. Schiffe, Vermögen usw. werden übertragen? Oder fängt man auf jedem Server komplett neu an?

2. Was passiert wenn man abgeschossen wird? Verliert man sein Schiff inklusive Fracht usw. und muss bei Null anfangen, falls ja kann man wenigstens die Fracht am Abschussort looten?

Mario Donick 15 Kenner - 3219 - 6. April 2016 - 7:34 #

1. Derselbe Spielstand kann für SP und MP genutzt werden.

2. Du fängst wieder beim letzten Speicherstand an, alles seit dem letzten Speichern ist weg.

Der Marian 21 AAA-Gamer - P - 29632 - 6. April 2016 - 5:46 #

Danke für dem umfangreichen Einblick. Schon ein beeindruckendes Indie-Projekt.

Robokopp 19 Megatalent - - 18986 - 6. April 2016 - 9:17 #

kleiner Fehler am Ende des ersten Absatzes auf Seite 2: "viel schwer zu finden sind"

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469794 - 6. April 2016 - 16:04 #

Schöner Artikel, Mario!

Esketamin 16 Übertalent - 4577 - 7. April 2016 - 16:46 #

Toller Artikel. Jetzt habe ich richtig Lust bekommen, das auch mal zu spielen. Habe noch keinen Teil vorher gespielt.