Gedanken zu Militär-Actiontiteln

Warum ziehen wir in den Krieg? User-Artikel

ChrisL 14. Oktober 2011 - 13:12 — vor 12 Jahren zuletzt aktualisiert
Jedes Mal aufs Neue ist eine gewaltige Zahl von Spielern hocherfreut über die Ankündigung eines neuen Battlefield- oder CoD-Titels. Immmer wieder werden realistischeres Gameplay, hochauflösendere Grafik und besserer Sound versprochen. Woran liegt es aber, dass uns gerade die Kriegsszenarios faszinieren? Verdienen wir gar diese Spiele?
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Es dauert nicht mehr lange, dann ziehen wieder Millionen Menschen in einen neuen Krieg – mit Battlefield 3 oder Call of Duty – Modern Warfare 3. Glücklicherweise handelt es sich dabei um rein virtuelle Szenarien; die beiden genannten Titel stehen im folgenden Artikel nur stellvertretend für diese Art von Spielen. Ganz absichtlich geht es im Folgenden auch nicht um den Mehrspielermodus, bei dem der Wettkampf beziehungsweise das Übertrumpfen anderer Spieler oder das „der Beste zu sein“ im Vordergrund steht. Daher sind auch die oft mit solchen Actiontiteln fälschlicherweise in Verbindung gebrachten Attentate oder Amokläufe, sowie eine mögliche Auswirkung auf den Einzelnen in keinster Weise das Thema dieses Artikels.

Ohne Zweifel trägt zum Erfolg der Battlefield- und Call of Duty-Spiele der Anteil der Multiplayer-Partien zu einem gewaltigen Anteil bei – dennoch wird von den Entwicklern und Publishern auch sehr viel Geld, Zeit und Aufwand in die Missionen für den Singleplayer-Modus gesteckt, um die es in den folgenden Zeilen hauptsächlich gehen soll. Zudem verwende ich an vielen Stellen bewusst die „wir“-Anrede, da dieser Artikel keine Moralpredigt ist und ich mich selbst nicht von den vielen gestellten Fragen ausnehme.

Seit einiger Zeit frage ich mich, warum es – nach Aussage der Entwickler immer „realistischere“ – Einzelspielerkampagnen gibt, durch die der Spieler zum Soldaten wird und in den Krieg zieht. Innerhalb der letzten Monate hat sich in mir ein recht undefinierbares Störgefühl entwickelt: Warum übt auch dieses Gameplay eine gewisse Faszination aus, statt Fassungslosigkeit entstehen zu lassen? Was ist besonders für männliche User so ansprechend an der oft zitierten Ästhetik des Krieges, an Panzern oder Maschinengewehren? Weshalb begeistert so viele Spieler die scheinbare Macht und die „grandiose Soundkulisse“ eines Battlefield-Spiels, obwohl so gut wie alle User einerseits gar nicht wissen, wie sich Krieg tatsächlich „anhört“, und anderseits im „echten Leben“ vor Angst das Weite suchen würden oder völlig geschockt wären.

Wir nehmen als Spieler an etwas teil, das im wahren Leben immer eine Katastrophe darstellt. Krieg und kriegsähnliche Zustände verursachen Tod und Zerstörung, Angst und Schrecken sowie nicht greifbare Folgen und so viel mehr, das unauslöschlich in den Köpfen aller Betroffenen eingebrannt ist. Reicht es wirklich aus, sich als Entwicklerstudio und Spieler darauf zu berufen, dass „ja alles nur ein Spiel ist“? Machen sich sowohl die Entwickler als auch wir als User es sich vor diesem Hintergrund nicht etwas zu einfach? Natürlich existieren Gewalt sowie deren Ursprünge und Folgen beispielsweise seit jeher in der Film- und Spielebranche. Die Entwicklung der letzten Jahre bei den erwähnten Computer- und Videospielen geht jedoch in eine Richtung, bei der die Grenzen zwischen fiktiver und möglichst realistischer Darstellung immer stärker ineinander übergehen sowie von den Entwicklern eigentlich gar nicht mehr gesehen werden wollen. Ist man zudem in einem entsprechenden Film „nur“ passiver Zuschauer ohne Einfluss auf die Handlung, wird man beim Spielen der als realistisch beworbenen Titel immer mehr zum aktiven Befehlsausführer.

Brennende und unter Beschuss stehende Städte, zerstörte Straßenzüge – wir sehen es, aber nehmen wir solche Eindrücke während des Spielens auch wahr (Konzeptgrafiken zu Battlefield 3)?

Wollen wir den virtuellen Krieg nicht wahrnehmen?

In diesem Zusammenhang kam mir die Überlegung, dass wir zwar sehen, was beispielsweise in einem Call of Duty-Spiel vor sich geht, das tatsächliche Geschehen von uns jedoch unbewusst nicht wahrgenommen wird. Schließlich sind wir damit beschäftigt, eine Mission erfolgreich zu Ende zu bringen und nicht zu versagen. Dass wir in deren Verlauf vielleicht als Scharfschütze mehrere (natürlich völlig fehlgeleitete) Gegner mit gezielten Kopfschüssen niederstrecken oder uns durch zerbombte Häuserschluchten kämpfen, ist dabei nur Nebensache oder – im wahrsten Sinne des Wortes – schmückendes Beiwerk. All das, was keiner von uns auch nur ansatzweise erleben möchte, wird natürlich ausgeblendet. Das liegt jedoch nicht nur am User, sondern zu einem Großteil an den Spielen, die es gar nicht ermöglichen, sich intensiver mit der jeweiligen Szenerie zu beschäftigen oder den Spieler gar emotional berühren. Viel mehr stellen die sogenannten Actionspiele ein Ereignis mit Event-Charakter dar – vergleichbar mit dem Schießen auf Blechbüchsen auf der Kirmes, auf der es ebenfalls übertrieben laut und bunt zugeht.

Der Vollständigkeit halber sollen jene Militärsimulationen, deren Entwickler tatsächlich einen gewissen Anspruch an Authentizität besitzen, nicht unerwähnt bleiben. Es sollte allerdings kein Zweifel dahingehend bestehen, dass diese Titel von der breiten Masse so gut wie gar nicht beachtet werden. Vielleicht auch bewusst deshalb, weil diesen Simulationen der „Spaßfaktor Krieg“ fehlt? Weil diese eben nicht übermäßige Effekte oder knallbunte Action am Fließband enthalten? Weil die Spieler sich auch von einem Modern Warfare 3 oder Battlefield 3 täuschen lassen möchten und somit zu viel Realismus gar nicht gewollt ist? Wäre es zudem eine nicht ganz unwichtige Überlegung wert, gerade die dadurch entstehende Unüberlegtheit, mit der auch jüngere Spieler an die zuletzt erwähnten Spiele herangehen, zu verringern?

Viele von uns sind politisch aktiv und setzen sich für die verschiedensten Ziele ein. Wir sind zum Beispiel gegen das Ausspionieren unserer privaten Daten und fordern einen (besseren) Schutz selbiger. Wir ernähren uns (hin und wieder) gesund, treiben (ab und zu) Sport und achten mal mehr, mal weniger auch auf die Umwelt. Nach einem anstrengenden Tag spielen wir abends noch ein wenig „realistischen Krieg“. Kann das alles tatsächlich zusammen passen, gerade weil wir uns für aufgeklärt halten und beispielsweise Krieg, Gewalt oder auch Ungerechtigkeit verachten? Zwar sind Videospiele richtigerweise als Kulturgut anerkannt, möchte ich jedoch, dass auch solche Titel wie die zuvor erwähnten dazu gehören? Selbstverständlich ist der Begriff der Kunst sehr breitgefächert, möchte ich aber, dass Kriegsspiele als Kunst verstanden werden?

Stell dir vor, es gibt Kriegsspiele, und keiner spielt.
Keine Frage, auch Spiele wie Rage, Assassin`s Creed, Red Dead Redemption oder Batman – Arkham Asylum bieten (jede Menge) Gewalt. Die Aufzählung ließe sich unendlich fortführen; Brutalität und Gewalt gehören nun mal zu der Menschheit und unserer Gesellschaft dazu. Für mich persönlich existiert jedoch ein kleiner, aber dennoch gewaltiger Unterschied im Vergleich zwischen Titeln wie beispielsweise Battlefield 3 und den eben genannten: In keinen anderen Computer- und Videospielen beziehungsweise in keinem anderem Genre wird jedes Mal aufs Neue darauf hingewiesen, dass der Realismusgrad noch höher ist, dass sich alles noch authentischer anfühlt. Sei es aufgrund des Gameplays, der Soundkulisse oder der fast fotorealistischen Grafik. Konnte vor wenigen Jahren noch das Argument herangezogen werden, dass die Darstellung in den Kriegsspielen nicht realistisch ist und daher nicht als bedenklich angesehen werden kann, frage ich mich inzwischen, ob diese Begründung auch heute oder in einer nicht allzu fernen Zukunft noch Bestand hat.

Hinzu kommt der aktuelle Zeitraum, in dem der erwähnte dritte Teil der Battlefield-Reihe spielt. Diese Mischung – Anspruch an Realismus seitens der Entwickler plus aktuelles Zeitgeschehen – lassen ein ungutes Gefühl in mir entstehen. Mit einem Revolver in Red Dead Redemption einen Viehdieb ins Jenseits zu befördern, ist nicht weniger gewalttätig, als auf feindliche Soldaten in einem aktuellen Militärtitel zu feuern – aufgrund der längst vergangenen Zeitepoche des erstgenannten Titels jedoch dennoch „ganz weit weg“. Anders formuliert: Der Selbstbetrug – es sei dahingestellt, ob bewusst oder unbewusst – funktioniert hervorragend ...

bolle 17 Shapeshifter - 7789 - 14. Oktober 2011 - 13:46 #

Ich habs mir immer so erklärt, dass Jungens immer schon Krieg spielen wollten, von Natur aus. Vor 1000 Jahren mit Stöcken und Holzschwertern im Wald, heute halt am PC.

Da muss man sich mit dem Phänomen des "Spiels" an sich beschäftigen. Sämtliche Spiele bilden immer irgendwie die Realität ab, Fangen und Verstecken z.B. eine Fluchtsituation, die im Leben eines Kindes auftreten kann. Erwachsene finden es nicht mehr spannend, weil sie auf eine solche Situation nicht mehr unbedingt mit Flucht reagieren würden.

Vielleicht interessieren uns Männer Kriegsspiele, weil unser Unterbewusstsein erwartet, einmal in eine solche Situation zu geraten, und uns deshalb Lust auf solche Situationen im Spiel haben lässt, um mal zu "üben"?

Das sind aber nur wilde Thesen, muss mal nach Literatur zu dem Thema schauen :)
Übrigens toller Artikel, spannendes Thema :)

MachineryJoe 18 Doppel-Voter - 9259 - 14. Oktober 2011 - 14:16 #

Deine Thesen machen durchaus Sinn. Das erklärt auch, warum die Leute die realistischeren Kriegsspiele bevorzugen und nicht wie früher in fiktiven Szenarien wie Unreal Tournament oder gar in irgendwelchen Fantasie-Schlachten kämpfen wollen.

Aber gerade in Zusammenhang mit dieser Analyse wirkt das sonst so menschenfreundliche Gehabe oft etwas heuchlerisch.

Wir können also nicht aus unserer Haut und wir können unsere Ur-Gene nicht verleugnen und Desmond Morris hatte doch recht mit seinem Buch "Naked Ape", in dem er uns knallhart mit verschiedenen Tieren vor allen Dingen mit Säugetieren und Schimpansen vergleicht und jeden Aspekt von Nahrungsaufnahme, Sexualverhalten, Sozialverhalten, Kindheit usw. detailliert durchleuchtet. Wir sind nicht viel anders, halten uns oft nur für besser, meist zu Unrecht.

Cohen 16 Übertalent - 5024 - 14. Oktober 2011 - 14:43 #

"Frieden spielen" ist auch etwas schwieriger... was soll man da machen?

Novachen 19 Megatalent - 14947 - 14. Oktober 2011 - 15:17 #

Sims, Industriegigant, Flight Simulator X? :)

Cohen 16 Übertalent - 5024 - 14. Oktober 2011 - 15:36 #

Und in diesen Spielen spielt man "Frieden"? Natürlich gibt es auch etliche gemächliche Spiele (ich liebe z.B. Point&Click-Adventures), aber besonders bei Spielen mit mehreren Spielern bieten sich Spiele an, bei denen Aktion und Reaktion schnell aufeinander folgen und die einen gewissen Wettbewerb ermöglichen. Und da eigenen sich neben Sport- und Rennspielen natürlich auch jegliche Spiele, in denen (gegeneinander oder auch als Team) gekämpft wird... Kriegsspiele, Rollenspiele, sonstige Actionspiele.

KillyTheBit(Off) (unregistriert) 14. Oktober 2011 - 14:09 #

Ich denke in eine ähnliche Richtung, würde aber davon abstand nehemen das es ein Drang zum Krieg ist. Eher handelt es sich um alte, nochimmer ausgeprägte Jagd- und Territorialinstinkte. Das Kriegsszenario wie wir es ausleben ist eher ein kulturell geprägtes Phänomen. Wettkampfsportarten und anderes bedienen diesen Instinkt auch. Kriegsspiele ziehen uns durch dichte Atmosphäre und Heldenmythos in ihren Bann.

Schon als Kind, vor 3D Shootern und sonstigen "Killerspielen" hab' ich mit Freunden und Geschwistern praktisch "Deathmatches" abgehalten - damals noch mit Plastikpistolen und "Pew, pew". Wer "getroffen" (Stets ein Konflikt im Ermessen der kämpfenden Parteien) wurde hat sich hingeworfen und bis 10 gezählt. Aber Punkte waren egal, es war der Nervenkitzel, das Jagen und gejagdt werden war das faszinierende Gefühl, das uns Stunden begeisterte.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 9:59 #

> Kriegsspiele ziehen uns durch dichte Atmosphäre und
> Heldenmythos in ihren Bann.
Ja, das kann gut sein, aber genau darüber sollten wir mal nachdenken: Den Mythos des Helden in einem Kriegsszenario nachspielen ... hmm.
.
> Aber Punkte waren egal, es war der Nervenkitzel,
> das Jagen und gejagdt werden war das faszinierende Gefühl,
> das uns Stunden begeisterte.
Das würde ich eher dem Mehrspieler-Part solcher Spiele zuschreiben, in denen es auch mehr oder weniger egal ist, wie gut zum Beispiel die Grafik ist. Beim "Wer ist besser?" zählen doch eher die von dir genannten Aspekte.

B4ck7p 14 Komm-Experte - 2511 - 14. Oktober 2011 - 14:13 #

Weil es irgendwie passt:

http://www.youtube.com/watch?v=GnEy0aoMQk4

guapo 18 Doppel-Voter - 11864 - 14. Oktober 2011 - 14:30 #

Interessante Gedanken & Reflexion. Dennoch bewußt provokant zurückgefragt: war das vor 15 Jahren anders mit Microprose und Jane's (z.B. F-15, Apache Longbow)? Technisch bewegt sich bei der Grafik momentan am meisten - ein mäßig begabter Marketier bewirbt die verbesserte Grafik als mehr Realität. Bei allem angepriesenen Realismus: das "Schadensmodell" Mensch ist absolut unrealistisch im Spiel.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:05 #

Gute Frage. Spontan würde ich darauf antworten, dass mein Eindruck ist, dass damals der Spieler als handelnder Protagonist noch nicht derart als Kriegsmaschine dargestellt wurde, wie es heute (auch unter Verwendung der aktuellen Grafik) der Fall ist. Zudem wurde meiner Ansicht nach mehr auf das "technische Gameplay" Wert gelegt, also beispielsweise dem sehr genauen Fliegen der Flugzeuge. Das hat zwar natürlich auch mit dem Militär an sich zu tun, empfinde ich aber dennoch als etwas anderes hinsichtlich der im Artikel genannten Kriegsspiele.

KingPott 17 Shapeshifter - 7272 - 14. Oktober 2011 - 14:47 #

Zitat: "Der Spieler wird als heroische, nicht zu stoppende Kriegsmaschine dargestellt."
Genau das ist das Produkt das hier in Form von interaktiven digitalen Unterhaltungsmedium "Spiel" geliefert wird. In keinen dieser Spiele geht es um etwas anderes. Es geht um das Erfahren und Erfühlen von einer Situation, welche in dieser Form nicht in der realen Welt möglich ist.
Der Realismus dient hierbei aus meiner Sicht ausschließlich um die epische Dimension zu erhöhen. Ähnlich wie bei AktionBlockbustern die Qualität der Effekte wichtiger ist als eine gute Story. Um einfach nicht aus der Tiefe des Erfahrens herausgerissen zu werden.
Ich glaube kaum, dass ein AntiKriegsSpiel wirklich Publikum finden würde. Wer will schon so direkt das hässliche Ausmaß von blutigen Kämpfen so direkt erleben? Dieses direkte Erfahren dadurch das man die handelte Person ist, macht eben das Spielen für uns alle so interessant.
Warum es so viele Spieler gibt die dieses Gefühl so gern haben wollen, ist schwer zu ergründen. Ich persönlich meide solche Spiele, da mir diese vermittelte Erfahrung keinen Mehrwert bietet.
Traurig stimmt mich meist, dass man unter Spielern meist nur die sehr gut verkauften und angepriesenen Spiele in Diskussionen ergründen kann, da diese doch die Meisten gespielt haben.

Mithos (unregistriert) 14. Oktober 2011 - 14:48 #

Vielleicht solltest du erst einmal ergründen, warum wir überhaupt spielen. Ganz gleich welche Spiele. Anschließend kannst du immer noch auf Kriegsspiele im Besonderen eingehen. Aber das wäre dann wahrscheinlich zu viel trockene Theorie für diese Seite.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:07 #

Solch ein Artikel ist bereits seit längerem - mehr oder weniger - in Arbeit. ;)

NickHaflinger 16 Übertalent - 5388 - 14. Oktober 2011 - 15:06 #

Gewalt ist uns angeboren, ist ein Instinkt. Wenn es darum geht sich durchzusetzen, ist es im Grunde widernatürlich dies durch Diskussion oder andere Dinge wie Geld zu tun. Wenn junge Hunde und Katzen "spielen", indem sie sich anspringen oder sich an andere anschleichen ist das nichts weiter als Training um später beim Töten von Beute vorbereitet zu sein. Vor garnicht allzu langer Zeit war es durchaus üblich sich einen Knüppel oder ein Schwert zu schnappen und auf die Leute im Nachbarort loszugehen, um sich deren Vorräte, Frauen, Land, etc. anzueignen. Das ist hier und heute glücklicherweise vorbei aber die Instinkte in uns sind hunderttausende Jahre alt und lassen sich nicht ohne weiteres abschalten. Ein Ausweg ist die Kompensation im Spiel, die es uns ermöglicht scheinbar gewalttätige Konflikte ohne echte Konsequenzen auszuleben.
Siehe dazu auch "Homo Ludens: Vom Ursprung der Kultur im Spiel" von Johan Huizinga

KingPott 17 Shapeshifter - 7272 - 14. Oktober 2011 - 15:17 #

Diese Zeiten sind nicht vorbei.
Heutzutage schicken wir halt anstatt selbst zu gehen Irgendwen der in der Gesellschaft selbst keine Chance hat in ein Krisengebiet um dort die Ressourcen für unsere Gesellschaft zu reservieren. Stichwort Öl.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:10 #

> die Instinkte in uns sind hunderttausende Jahre alt und
> lassen sich nicht ohne weiteres abschalten.
Das denke ich auch. Dennoch: Gerade weil uns diese uralten Instinkte *bewusst* sind, sollten wir vielleicht hin und wieder mal über selbige nachdenken. Sie gänzlich abzuschaffen (nur mal angenommen, es würde gehen), wäre sicher auch nicht optimal. Aber ein Bewusstsein dafür zu entwickeln und nicht in die erwähnte Gleichgültigkeit abzurutschen, fände ich nicht ganz verkehrt.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:02 #

Naja, das Bewusstsein darüber (gesetzt den Fall, es ist da) macht ja primär keinen großen Unterschied. Wichtig ist, dass man nicht anfängt, das, was uns Spiele zeigen, mit Realität zu verwechseln. Solange das nicht passiert, finde ich es legitim, Spaß damit zu haben -- besonders dann, wenn man sich auch der Ursachen (warum habe ich Spaß?) bewusst ist.
Trotzdem wünsche ich mir auch Spiele, die sich mit dem Thema nicht nur oberflächlich beschäftigen.

firstdeathmaker 18 Doppel-Voter - 9333 - 14. Oktober 2011 - 15:05 #

Vielleicht geht es um eine Art Machtausübung? Wenn ich einen massiven Panzer steuern kann? Wenn ich ein Gewehr in der Hand halte das eine Gewisse Reichweite und Kraft simuliert?

Des weiteren werden in Kriegsspielen auch die Pyromanen unter uns angesprochen, vor allem bei Battlefield mit dem teilweise zerstörbaren Schlachtfeld.

Das schon angesprochene Jagen und Gejagd werden ist allerdings wirklich eine Sache, die den Urinstinkt in uns weckt.

Was z.B. unter diesem Gesichtspunkt spannend sein könnte: Ein Action-Spiel in dem eine Mannschaft die Gejagten und die anderen die Jäger spielen. Die Gejagten müssten dann z.B. in einer Grosstadt zusammen vor den Häschern fliehen, hätten aber keine richtigen Waffen. So ähnlich haben das ja auch schon die Splinter-Cell Spiele im Multiplayer umgesetzt. Spannung pur.

Was die "realistische" Darstellung von Krieg angeht: Ich glaube die Industrie ist da einfach noch nicht mutig genug: Entweder produzieren sie AAA Titel in denen der ganze Schrecken total ausgeblendet wird. Oder sie produzieren ein von irgendeiner Stiftung gesponsortes "Lernspiel" welches in der Qualität mies ist und von der Handlung her total flach daher kommt. Ich fänd es z.B. durchaus spannen, bei einem Battlefield in der Singleplayerkampagnie vor Moralische Zwickmühlen gestellt zu weren. Vielleicht so ähnlich wie bei Dragon Age? Auch in einem Krieg gibt es nicht nur Schwarz-Weiß, sondern extrem viele Grautöne.

Ich würde z.B. sehr gerne mal ein Spiel spielen, in dem auf Battlefield 3 Qualität ein Krieg dargestellt wird, man aber einen Zivilisten spielt der sich irgendwie durchschlagen muss. Es könnte z.B. die ganze Flüchtlingsthematik wunderbar aufarbeiten: Alles zusammen packen was man kann, ohne Orientierung und nur durch Gerüchte gesteuert versuchen sich seinen Weg ins sichere Ausland zu schlagen. Mit skrupellosen Menschenschmugglern und bewachten Grenzen zu tun bekommen etc. Wäre extrem aktuell und bestimmt sehr spannend. Und würde uns vielleicht viel mehr Verständnis für das Schicksal von realen Flüchtlingen vermitteln.

Ich glaube die meisten Ansätze von solchen "serious games" scheitern daran, dass sie die Unterhaltung aus dem Auge verlieren und einen zu stark versuchen zu "belehren". Das mögen die Leute nun mal nicht. Wenn man hingegen eine starke Immersion erzeugen kann und dann eine intensive, starke Geschichte erzählen würde, dann würden die Spieler ganz von selbst zu überlegen anfangen.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:14 #

> Alles zusammen packen was man kann, ohne Orientierung und
> nur durch Gerüchte gesteuert versuchen sich seinen Weg
> ins sichere Ausland zu schlagen.
Wenn es bei solch einem Projekt geschafft werden würde, den Balance-Akt zwischen Serious Game, Lernspiel und Erfahrungstitel hinzukriegen, könnte ich mir das gut vorstellen. Letztendlich würde es auf die Spieler ankommen: Würden sie so ein "Spiel" auch ernst nehmen? Würden sie anerkennen, was sie dort vor sich haben?

DerDani 16 Übertalent - 5409 - 14. Oktober 2011 - 15:39 #

Vielen Dank für den Artikel - darüber habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht. Jedoch glaube ich auch, dass gerade die aktuellen Konflikte in den Spielen nur so eine Phase sind. Vor ein paar Jahren gab es ja auch zig Weltkriegsshooter. Das hat sich irgendwann ja auch "gebessert".

Ich persönlich spiele schon auch in Kriegsszenarions, jedoch eher als Ausnahme. Lieber eher weitere Fiktion (nicht, dass Battlefield jetzt "real" wäre, könnte aber durchaus vorstellbare, aktuelle Szenarios beschreiben.

Und wenn man mal ehrlich ist: Es sind eig. nur die 2 Shooter (Modern Warfare und Battlefield), die wirklich großen Erfolg haben und medial präsent sind. Bei den anderen verteilt sich das schon eher (hab jetzt keine Zahlen im Kopf, aber ist z.B. ein Dead Space nicht erfolgreicher als ein Homefront?).

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:17 #

> Jedoch glaube ich auch, dass gerade die aktuellen Konflikte
> in den Spielen nur so eine Phase sind.
Interessante Überlegung. Ich kann mir gut vorstellen, dass WW2-Spiele irgendwann schlicht langweilig wurden, da diese Katastrophe ja auch schon eine gewisse Zeit zurückliegt. Natürlich ist das auch nur Theorie, aber ich denke, gerade die von den Entwicklern bestimmt nicht ganz unbewusst gewollte Verbindung zum aktuellen Zeitgeschehen ist es, was die Spieler in einen nicht wirklich zu beschreibenden Bann zieht.

Major_Panno 15 Kenner - 3707 - 14. Oktober 2011 - 15:46 #

Kleine Anmerkung: vorletzte Zeile: "...warum es auchgerechnet solche Produktionen sind, bei denen..." Ich denke, das soll "ausgerechnet" heißen. Mein eigentlicher Kommentar folgt gleich :-)

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:17 #

Jepp, dank' dir für den Hinweis!

Anonymous (unregistriert) 14. Oktober 2011 - 15:49 #

Zur Zeit sitze ich abends vor dem PC und kann aus verschiedenen
aktuellen Ballerspielen auswählen.

Und was spiele ich am Ende? Genau, Zuma Deluxe!

* minimalistische funktionale Grafik.
* Ballerspiel und Puzzler in einem.
* Geschicklickeitstest.

Ich möchte gar nicht 50 Euro ausgeben, um dann zu merken, dass meine Hardware die realistische Grafik nicht verpackt! Gebt mir Infrarotbilder, oder einen Restlichtverstärker. Irgendwas, was auch einfache Grafikkarten schaffen und mir hilft, statt mich zu behindern. Ich will den Gegner sehen können und nicht wie bei Operation Flashpoint immer vom Wald erschossen werden!

Gerade bei Kriegsspielen und Rennspielen tut sich unter der Haube so wenig, da spiele ich auch gerne 5 Jahre alte Spiele, die dann aber auf bezahlbarer Hardware auch flüssig laufen.

Major_Panno 15 Kenner - 3707 - 14. Oktober 2011 - 15:59 #

Toller Artikel, der sich wirklich eingehend mit dem Thema beschäftigt. Ich denke, es gibt zwei Gründe, warum diese Titel (vor allem Call of Duty und Battlefield) so erfolgreich sind:

1. Wie viele andere hier schon erwähnt haben, wird hier einfach dieser Ur-Trieb des Mannes befriedigt, Krieg zu "spielen". Dies musste früher nicht in Form eines Videospiels sein. Ein Kumpel und ich haben früher mit Plastiksoldaten ganze Schlachtfelder aufgebaut, waren in den Feldern Räuber und Gendarm spielen während z.B. die Generation meines Vaters das früher mit Cowboy und Indianer gemacht hat. Krieg ist unter Jungs eben immer ein großer Spaß. Im Prinzip ist eine wettbewerbstaugliche Sportart ja auch nichts anderes. In Mannschaftssportarten führe ich im Prinzip ja auch "Krieg" gegen die andere Mannschaft, in Einzelsportarten wie z.B. Tennis versuche ich, meinen Gegner mehr oder weniger fertig zu machen. Worum es geht? Wir wollen die Besten sein. Ganz einfach. Und gerade bei "realistischen" Kriegsshootern fällt das vielen Spielern leicht und es bereitet Spaß, sehr viel Spaß.

2. Das alles ist großes, ganz großes Popcorn-Kino. Es kracht, es scheppert, Sachen fliegen durch die Gegend, ein Hochhaus bricht zusammen, eine Atombombe fliegt uns um die Ohren,...
Kurzum: die "neuen" Shooter sind Filme zum selbst spielen. Der Spieler muss nicht wirklich viel tun, als durch ein Schlauchlevel rennen und auf Moorhuhn-Soldaten schießen. Manchmal auch noch Knöpfe drücken, Türen auftreten oder einen Sprengsatz platzieren. Ab und zu darf er dann noch Bootchen fahren oder die Bordkanone eines Flugzeugs bedienen. Der typische Mann würde das alles mit dem Wort "arschgeil!" bezeichnen. Somit sprechen diese Spiele einfach ein breites Publikum an. Hätte man bei solchen Kriegsspielen moralische Probleme, so würde es sich sicher schlechter verkaufen, da der Spieler "mitdenken" und "mitleiden" muss. Und das will er genauso wenig wie bei einem Hollywood-Blockbuster.

Ich teile allerdings deine Meinung und würde mir mehr Antikriegs-Spiele wünschen. Ein paar Szenen im Homefront haben ja schon angedeutet, wie so etwas aussehen könnte. Außerdem denke ich da an die Tschernobyl-Szene in Modern Warfare 1, in der sich der Spieler im hohen Gras verstecken und den Atem per Mausklick anhalten musste, während ein komplettes gegnerisches Battaillon an ihm vorbeimarschierte. Eine Bewegung, ein Mucks, und sie ließen die Hunde auf ihn los. Das war einer der wenigen Momente, in denen der Spieler sich bei dem Spiel wirklich wie ein Mensch gefühlt hat.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:23 #

> Wir wollen die Besten sein. Ganz einfach. Und gerade bei
> "realistischen" Kriegsshootern fällt das vielen Spielern
> leicht und es bereitet Spaß, sehr viel Spaß.
Würde ich aber eher dem Mehrspieler-Modi zuordnen, oder?
.
> Das alles ist großes, ganz großes Popcorn-Kino.
> Es kracht, es scheppert, Sachen fliegen durch die Gegend,
> ein Hochhaus bricht zusammen, eine Atombombe fliegt uns
> um die Ohren [...] Der typische Mann würde das alles mit
> dem Wort "arschgeil!" bezeichnen.
Kann ich nicht widersprechen ... solange nicht das Wort "Realismus" fällt. Denn genau diese Mischung -- möglichst realistische Kriege + Popcorn-Kino -- versprechen die Entwickler. Das löst jedoch in mir (inzwischen) ein Störgefühl aus; das empfinde ich auch unter dem Aspekt der scheinbaren Gleichgültigkeit als nicht richtig.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:04 #

"Würde ich aber eher dem Mehrspieler-Modi zuordnen, oder?"
Nicht zwingend, denn da kann man das nicht ausleben, sondern muss in der Regel sogar feststellen, dass man eben nicht der beste ist (Oder zumindest nicht so, wie sich das in der Theorie darstellt). Im SP hingegen ist man der uneingeschränkte King :O

heini_xxl 18 Doppel-Voter - P - 9619 - 14. Oktober 2011 - 16:37 #

kann man gar nicht genug kudos verteilen für solche artikel!!

Hinkelbob 13 Koop-Gamer - 1234 - 14. Oktober 2011 - 16:50 #

wow sehr interessanter Artikel

"Seit längerem besteht unter Psychologen die Meinung, dass bestimmte Krankheiten, wie zum Beispiel Arten von Depressionen oder das Burnout-Syndrom, zu jenen Erkrankungen gehören, die unsere Gesellschaft sinngemäß verdient und für die sie selbst verantwortlich ist."

Hast du dazu eine Quelle? mich würde das nämlich interessieren

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:25 #

Vor längerem hatte ich in einem Fachmagazin -- ich musste gerade auf jemanden warten -- einen Artikel darüber gelesen. Leider fällt mir beim besten Willen nicht mehr der Name der Zeitschrift ein (die Quelle hätte ich auch gern im Text genannt). Sollte ich noch darauf kommen, melde ich mich bei dir. :)

Hinkelbob 13 Koop-Gamer - 1234 - 15. Oktober 2011 - 16:38 #

Vielen Dank

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:05 #

Wobei das an sich nicht weiter verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass BurnOut und seine Ursachen genau dadurch bedingt sind, dass wir in unserer Gesellschaft nicht mehr so mit Stress umgehen (dürfen), wie es die natürliche Reaktion eigentlich vorsehen würde.
(Wildes Tier greift an -> Stress -> wegrennen Vs. Wildes Tier (Chef) greift an -> Stress -> nett und freundlich stehen bleiben, möglichst viel lächeln. Widerspruch)

xPhil (unregistriert) 14. Oktober 2011 - 16:48 #

Danke für diesen Denkanstoß!
Ein Ansatz einer Erklärung:

Ich denke Spiele wie CoD lassen einem beim Spielen kaum Zeit zum Nachdenken, außerdem werden einem die Gegner mehr als blasse, gesichtslose, Einheitshorden förmlich entgegengeworfen. Was dann folgt ist meist nur noch eine Art Reizreaktion. Man sieht den Gegner und drückt ab. Die gesamte Präsentation greift auf ein bereits durch andere Medien (zB Filme) auf cool getrimmtes Repertoir zu.

Andere Spiele wie Splinter Cell 1-3 (4 habe ich nicht gespielt, bei 5 trifft es weniger zu als bei den ersten Teilen) geben einem mehr Zeit zum Denken, man kann die "Gegner" belauschen, sie werden dadurch zumindest zu etwas mehr als nur Pappaufstellern. Ein grundsätzlicher Unterschied ist dort natürlich auch das Szenario, welches einem die Wahl lässt, wie man an seinem Gegner vorbei kommt. Bei SC 1-3 habe ich jedenfalls probiert Gegner möglichst zu umgehen oder nur auszunocken, auch weil ich da irgendwie "das Bedürfnis" dazu hatte.

Zurück zu ersteren Spielen (CoD, BF3): Vllt sind diese Spiele in dem Punkt realistisch, dass einem meist nicht viel Zeit zum Nachdenken bleibt, man muss sofort reagieren, oder ist erledigt. Die negativen Folgen bleiben einem im Spiel erspart, man sieht kein wirkliches Leid und bereut auch nichts, braucht keine Angst um sein Leben haben, sieht niemanden sterben den man kennt, traumatische Folgen hat das alles also natürlich nicht. Das Spiel vermittelt also vor allem den Adrenalinanteil (Story ist oft ja auch nicht wirklich vorhanden bzw nötig, kaum bis keine differenzierte Charaktere).

Warum also spielen wir solche Spiele? Da fällt mir vor allem der Adrenalin-Teil ein. Warum das Szenario? Ich glaube das eignet sich gut als Verstärker für das Adrenalingefühl und ist auch schon sehr stark dafür stilisiert worden. Warum kein schlechtes Gewissen? Blasse Charaktere, man bekommt die negativen Folgen nicht zu Gesicht, blasse Gegner und die beschriebene Reiz-klick Reaktion die wenig Zeit zum Denken lässt. Aber das kann meiner Meinung nach noch nicht die ganze Erklärung sein.

Robokopp 19 Megatalent - - 18986 - 14. Oktober 2011 - 17:24 #

Adrenalinkick ist ein gutes Stichwort. Die einen stürzen sich mit einem Mountainbike einen Berg hinunter und andere spielen Kriegsspiele. Die heutige westliche Gesellschaft fristet im Normalfall ein sicheres Dasein und sehnt sich nach Nervenkitzel.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:29 #

Eine gewisse Art des Nervenkitzels ist ein interessanter Punk. Aber auch hier die Frage: Ist es nicht eher "bedenklich", dass viele Spieler einen (virtuellen) Nervenkitzel durch als realisitsch beworbene Kriegsspiele erhalten (sicher, es gibt auch andere Spieler, die das Adrenalin fördern, aber darum geht es ja im Artikel nicht) *möchten*?

xPhil (unregistriert) 15. Oktober 2011 - 11:18 #

Es ist bedenklich, bzw. gibt auf jeden Fall zu denken. Nur für realistisch halte ich die Spiele nicht, da sie einem eben die negativen Seiten ersparen und auch was die technische Seite angeht (Waffen, etc.) sind die meisten nicht realistisch. Wahrscheinlich spielt ein gewisses Machtgefühl eine Rolle, die auch in eine gewisse "Coolness" reinspielt. Dieses "Coole" ist in Teilen künstlich erzeugt durch Filme und Spiele (negative Aspekte werden weggelassen, dafür lassen die Charaktere immer mal wieder "lässige Sprüche" vom Stapel, bewegen sich "lässig" oder "stylisch"), das spiegelt sich auch in Charakteranimationen wider ("lässige Nachladevorgänge", "Messeranimationen", etc.).

In meinen Augen sind solche Spiele wohl ein einfacher Weg, bestimmte als positiv wahrgenommene Botenstoffe freizusetzen. Irgendwo steckt da auch ein Trend zu "stumpfen" Konsumverhalten drin, Adrenalin ohne nachzudenken.

Und das ist der Punkt der mir daran missfällt, realitätsähnliche Szenarien werden hergenommen (missbraucht?) um mehr oder wenige primitive Triebe unreflektiert(!) zu befriedigen. Da drängt sich die Frage auf, ob das wirklich nötig ist, oder ob wir unsere Bedürfnisse nicht anderweitig stillen können (friedlichere Spiele, Sport,...).

Allerdings denke ich der Spieler ergözt sich nicht wirklich am Krieg, sondern an dem, was das Spiel einem als Krieg präsentiert. Und das weicht gewaltig von der Realität ab.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:08 #

Das Problem ist: Klar geht das anders. Aber anders ist es weniger bequem. Und gerade wenn es um Glücksgefühle o.ä. geht, sind wir als Menschen natürlich geneigt, das beste Preis/Leistungs-Verhältnis zu erzielen.

xPhil (unregistriert) 16. Oktober 2011 - 17:16 #

Stimmt.
Nur: Wir können eigentlich viel mehr, als nur stumpf unsere Bedürfnisse stillen. Die Frage, gerade wo wir ja jetzt darüber nachdenken ist: Was wollen wir?

Das Preis-/Leistungsverhältnis für das reine "Bedürfnis Adrenalin" nenne ich es mal, mag super sein. Als Gesamtbilanz für das was für einen Mensch möglich ist, ist es aber irgendwo wieder mies.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 17. Oktober 2011 - 1:51 #

Das stimmt :)
Glücklicherweise gibt es ja noch genug Menschen, die sich auch andere Wege suchen. Nicht zuletzt auch suchen müssen, irgendwo muss ja auch das Geld herkommen :o
Und solange es ein kurzes-Zwischendurch-Adrenalin-Fest bleibt, ist es doch in Ordnung, finde ich :)

Tritokx 17 Shapeshifter - 6656 - 14. Oktober 2011 - 17:52 #

Kann mich den anderen nur anschließen, sehr interessanter Artikel, der einen Gedanken aufgreift, der mir absolut nicht fremd ist. Als ich vor einigen Jahren eine Demo eines älteren Call of Duty spielte, stellte ich entsetzt fest, dass mir das doch tatsächlich Spaß machte. Grundsätzlich habe ich nicht allzu viel für das Militär übrig, sehe es als notwendiges Übel an. Und trotzdem habe ich auch MW 1 und 2 sowie BF2 gespielt und mich nicht nur einmal gefragt, warum mir als Ex-Zivi Militärshooter richtig viel Spaß machen...

Trax 15 Kenner - 3458 - 14. Oktober 2011 - 18:07 #

Wow, vielen Dank für diesen interessanten Artikel.
Das ist definitiv einer der besten User Artikel, die ich hier bisher lesen durfte.
Eine Antwort auf die Frage warum sich ausgerechnet diese Spiele so gut verkaufen, hätte ich auch gerne.
Ich persönlich kann absolut nichts mit diesem Genre anfangen und bin auch keine großer Shooter Fan (der letzte Shooter den ich wirklich mochte war Half Life 1), sodass ich bis heute nicht weiß, warum so viele Leute Spaß mit WK Shootern haben.

Ich muss dazu gestehen, dass ich gerne Anti Kriegsliteratur aus dem 1. oder 2. WK lese, aber als Spiel reizt mich so etwas einfach nicht.
Vielleicht auch aus dem Grund weil Spiele aus diesem Genre eben absolut nicht realistisch sind und die wirklich bedeutenden Dinge (die Sinnlosigkeit, die politischen Hintergründe wie Rassen- oder Glaubenskriege, das Leid der unbeteiligten Menschen, die Trauma der Soldaten, die Nachwirkungen eines Krieges ect.) komplett ausblenden.

Ganesh 16 Übertalent - 5116 - 14. Oktober 2011 - 20:23 #

Eine Sache, die mir hier in den Comments auffällt. Da schreiben viele, dass es die Begeisterung für diese Spiele etwas mit dem wahlweise menschlichen oder männlichen Wesen zu tun habe.
Für mich ist das eine sehr bequeme Art, sich der freien Entscheidung und den Gedanken zu entledigen. Wenn an dem Trend zu diesen Spielen irgendetwas wesen- oder naturhaftes wäre, gäbe es bei weitem nicht so viele Menschen, die bei diesem Phänomen sich nur verwundert am Kopf kratzen. Es soll ja Menschen geben, die spielen noch nicht einmal Videospiele... wer er ein gewalttätiges Wesen behaupten möchte, müsste nachweisen, dass diese anderen "Ersatzbefriedigungen" nachgehen...

In Wirklichkeit trifft jeder Spieler eine freie Entscheidung, diese Spiele zu kaufen und zu spielen, statt zum Beispiel im lokalen Schachverein (oder was-auch-immer) seinem Spielbedürfnis nachzugehen.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 14. Oktober 2011 - 20:45 #

Andere Ersatzbefriedigungen finden ist ja nicht schwierig.
Fußball, Kriegsfilme, Action-Thriller, schnelle Autos, Kriegs-Dokus, Leute verprügeln in der Disco, ...

Gut, das ist jetzt sehr pauschal, aber du interpretierst diese Aussagen ja auch sehr pauschal :)
Es geht dabei ja um die generelle Tendenz. Und da haben viele tausend Jahre Jagd und Kampf eben Spuren an uns hinterlassen ;)

Ganesh 16 Übertalent - 5116 - 15. Oktober 2011 - 17:17 #

Fußball als Ersatz für Krieg? ;)

Es stimmt natürlich ich war zu pauschal. :) Vor allem, weil man immer zwischen Gewalt im Allgemeinen und Krieg im Besonderen trennen sollte, wie es der Artikel ja auch gemacht hat.

Wer behauptet, dass Krieg zu unserem Wesen gehören soll, macht sich ziemlich unglaubwürdig. Selbst bei der größten militärischen Auseinandersetzung Europas sind nur Bruchteile der Bevölkerung in den Krieg gezogen.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:27 #

Fußball als Mittel, männliches Wesen auszuleben ;o
(Das war ja das Thema ^^ )

Ob Krieg als Solches zu unserem Wesen gehört, ist eine Sache, über die man, wie ich finde, sehr ausgiebig diskutieren könnte. Jedenfalls deutlich mehr, als dass es gerechtfertigt wäre, den, der das sagt, pauschal unglaubwürdig zu nennen. Man könnte beispielsweise darüber nachdenken, ob die Konflikte innerhalb von Menschen-/ Stammesgruppen oder Zivilisationen nicht zwangsläufig zu Kriegen führen mussten und ob es nicht unausweichlich ist, in einer Welt, in der Menschen, wie sie nunmal sind, leben, herrschen und machtgierig sind, dass Machthunger und Machthunger zu Krieg führen.
Dass Krieg 'zu unserem Wesen gehört' muss ja nicht bedeuten, dass jeder Krieg toll findet, sondern kann auch einfach heißen, dass das Auftreten von Kriegen beim Zusammenleben vieler Menschengruppen unausweichlich ist. Und dabei spielt dann natürlich wieder das Streben nach Macht sowie die übliche Weise, Probleme zu lösen (Gewalt) als menschliche 'Ureigenschaften' eine Rolle.

Ganesh 16 Übertalent - 5116 - 17. Oktober 2011 - 9:49 #

Eine verspätete Antwort:

Anthropologische Thesen, zumal essentialistische (aufs Wesen des Menschen bezogene) sind nicht ohne Grund in Randgebiete von Theologie und Philosophie verbannt. Die Schwierigkeit, diese jenseits zum Zwecke schnellen Bücherverkaufs im Mainstream zu etablieren, bestehen nicht ohne Grund. Vielleicht kann man am ehesten auf Hobbes (und Hobbesianer) zurückgreifen, wenn man ein kriegerisches Wesen* begründen will...
Gewissermaßen zeigst du das auch mit deinen Versuchen: Wenn Krieg eine Funktion sein soll, menschliches Zusammenleben zu regeln, warum schaffen es Menschen dann doch die meiste Zeit, ihre Konflikte anders zu regeln? Selbst, wenn man darüber hinweg sieht, stellt sich dann immer noch die Frage, in welchem Verhältnis sich so ein postuliertes Wesen zum freien Willen verhält.

Anders ausgedrückt: Es wird kaum gelingen, ein kriegerisches Wesen so stark zu machen, dass es die menschliche Entscheidungsfreiheit ausschaltet. Es ist also keine hinreichende Begründung für den Konsum der angesprochenen Spiele.

*Problematisch ist aber auch die Vorstellung von krieg. Natürlich kann man die schnell ausweiten und den Unterschied zwischen Gewalt und Krieg aufweichen. Ich kann zum Beispiel gezielte Währungsspekulationen, wie sie gegenwärtig Griechenland ärgern oder wie sie die Asienkrise ausgelöst haben, als 'Krieg' definieren. Es sind Machtkämpfe und es gibt massiv Leidende, ja wahrscheinlich sogar tote 'Zivilisten'. Aber was ist damit gewonnen, außer einer sehr umständlichen Erklärung dafür, dass es Konflikte gibt, wenn Menschen zusammenleben.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 20. Oktober 2011 - 22:15 #

Krieg ist keine Funktion, aber Gewalt ist menschlich. Und aus Gewalt entsteht Krieg. Die Frage ist: Ist die Entstehung von menschlicher Zivilisation in einem realistischen Rahmen (Welt, viele verschiedene Bedingungen, Gesinnungen, Gruppen) möglich, ohne dass es zu Kriegen kommt? Die Antwort dürfte wahrscheinlich "nein" lauten. Wenn das aber nicht möglich ist, könnte man durchaus darüber diskutieren, ob das nicht bedeutet, dass der Krieg zum menschlichen Wesen dazugehört.

Ich habe dabei auch nicht gesagt, dass es so ist, sondern nur, dass man darüber gut diskutieren kann :)

Ich wollte auch nicht den Unterschied zwischen Gewalt und Krieg 'aufweichen', sondern nur darauf hindeuten, dass Krieg aus Gewalt entsteht. Wenn ich zwei kleine Stämme haben, die mit je 10 Mann um ein Wasserloch kämpfen, wird niemand von Krieg sprechen. Aber aus 10 Mann werden irgendwann vielleicht 100, 1000, 10000 -- und schon habe ich Krieg. Die Gründe bleiben bei Krieg ähnlich banal wie bei "Gewalt" im kleineren Maßstab. Wasser, Essen, Ressourcen, Macht.

Ob das oder damit Krieg ein Argument für den Konsum gewalthaltiger Spiele ist, habe ich ja gar nicht beleuchten wollen und sehe das auch nicht. Da reicht es, sich einfach die Gewalt und deren Potential, mit der richtigen Inszenierung viel Adrenalin freisetzen zu können, anzusehen. In welchem Szenario das dann stattfindet ist zumindest für dieses Argument wohl egal. Eine moralische Frage an der Stelle könnte allerdings lauten, ob wir der Gier nach dieser Form von Spaß nicht einen Riegel vorschieben sollten, wenn aktuelle Konflikte Thema des Spaßes werden. Das muss dann jeder für sich entscheiden.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:34 #

> In Wirklichkeit trifft jeder Spieler eine freie Entscheidung,
> diese Spiele zu kaufen und zu spielen ...
Halte ich für eine ganz wichtige Aussage! Umso mehr stellt sich mir in diesem Zusammenhang die Frage, wie viele Spieler kurz darüber nachdenken, was sie da gerade kaufen. Hinzufügen würde ich auch noch den Bezug auf jüngere Spieler, die sich zwar entscheiden, das Spiel zu spielen, aber eigentlich noch viel weniger nicht wissen (zum Glück), was dort abläuft.

Ganesh 16 Übertalent - 5116 - 15. Oktober 2011 - 17:20 #

Also ich kann das nur für Strategie-Spiele versuchen zu beantworten. In denen ist aber eine ganz andere Perspektive da, wesentlicher abstrakter. Die militärische Auseinandersetzung ist neben wirtschaftlichen Zusammenhängen der einzige Weg, Strategiespielen ein Thema zu verpassen...

Azzi (unregistriert) 14. Oktober 2011 - 20:44 #

Erstmal gute Arbeit zum Artikel ein wirklich sehr interessantes Thema das du dir da rausgesucht hast

Leider genauso hochkomplex und wahrscheinlich eine Vielzahl von Faktoren die uns solche Art von Kriegsspielen interessant erscheinen lassen:
- der Heldenstatus: Du hast es so ähnlich ausgedrückt,man spielt immer den Helden, die Gute Seite die am Ende siegt. Welcher Mensch will das nicht sein?

- Kriegsspiele sind geschlechterspezifisch und üben eigentlich zu 99,9% einen Reiz nur auf Männer aus. Das mögen unsere Veranlagungen sein, Erziehung und Medien spielen sicher aber auch eine Rolle. Natürlich auch körpereigene Stoffe wie Testosteron das u.a für Aggressivität mit verantwortlich ist und logischerweise hauptsächlich im männlichen Körper gebildet wird und auch bei solchen Kriegsspielen ausgeschüttet wird.

- das Entfernte, Exotische des Krieges reizt uns Westler, die sonst mit Krieg und Gewalt nicht viel zu tun haben.

- das Ausleben von unterdrückten Trieben die wir in modernen Gesellschaften nicht mehr im realen Leben ausleben können.

Wahrscheinlich gibt noch zig andere Faktoren. Übrigens interessant fand ich den Absatz über Gesellschaft und psychische Krankheiten wie Depression. Hatte dazu schon einige Seminare an der Uni besucht, ebenfalls ein sehr interessantes Thema.

Wuslon 20 Gold-Gamer - - 21567 - 14. Oktober 2011 - 21:29 #

Klasse Artikel!

Die Frage, warum diese Spiele so so erfolgreich sind, ist schwer zu beantworten. Mich persönlich haben Spiele wie die oben genannten noch nie interessiert, konnte auch den Hype darum die verstehen.

Arno Nühm 18 Doppel-Voter - 9327 - 14. Oktober 2011 - 21:46 #

Sehr schön geschriebener Artikel zu einem recht kontroversen Thema.
Daumen hoch für die lesenswerte Ausarbeitung dieses Themas.
Für gut geschriebene Artikel wie diesen liebe ich GamersGlobal :-)
Daumen hoch & weiter so!

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469388 - 14. Oktober 2011 - 22:36 #

Ich habe den Artikel mit großem Interesse gelesen. Danke dafür!

interceptor 13 Koop-Gamer - 1313 - 14. Oktober 2011 - 23:07 #

Kleine Anmerkung zum Artikel (der mir übrigens gut gefällt): Mich stört die mehrmalige Verwendung der sprachlich falschen Redewendung "in keinster Weise". Egal ob es inzwischen Sprachgebrauch ist, es liest sich einfach furchtbar.

Zum eigentlichen Inhalt:
Ich spiele sehr gerne Shooter oder auch Echtzeitstrategie, aber sobald es in die Richtung Militär, Weltkrieg bzw. realistische Kampfhandlungen in der Gegenwart oder nahen Zukunft geht, geht mein Interesse gegen Null. Kann sein, dass mich der meist amerikanische Patriotismus am meisten abschreckt, ich denke aber eher, dass es das "realistische" Szenario ist, das in meinem Kopf ein sowas-haben-echte-Menschen-erleiden-müssen-und-ich-soll-daran-spielerische-Freude-haben?-Dilemma auslöst.

Ich geh dann mal wieder ein paar Zerglinge, augmentierte Spezialagenten, geschrumpfte Schweinepolizisten oder anderes Mutanten- oder Orkgesocks metzeln...

hubabuba (unregistriert) 15. Oktober 2011 - 3:00 #

Bein Lesen des Artikel hatte ich den Eindruck, das der zuküftige Battlefield Test beworben werden sollte. ChrisL hat noch nie Bohemia Spiele, aktuell ArmA2 gespielt. Bei seinen Zukunftausblicken zu Spielen, dachte ich nur, alles schon über Jahre gesehen. Wenn die offiziellen Kampagnen die Engine nicht voll auskosten, diverse Singleplayer Missionen und der Editor ganz bestimmt. Im März, als die libyschen Turnschuhkrieger ohne erkennbare Hilfe an den Rand der Niederlage gedrückt wurden, mußte ich das Spiel für eine Zeit lang weglegen.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. Oktober 2011 - 10:36 #

An dieser Stelle einfach mal ein großes Dankeschön für die lobenden Worte und die bisherigen, vielen interessanten Kommentare!

Deathproof 14 Komm-Experte - 2085 - 15. Oktober 2011 - 11:11 #

Das ist schwachsinn, aber dardurch gibt es auch die vorurteile gegenüber uns Spielern.
Die Spiele haben überhaupt nichts mit der realität zu tun.
In Spielen geht es darum das ich eine Knopf drücken kann um schneller als der Gegner zu sein und ihm zuvorzukommen.
Solche Scenarien wie in Spielen wird es nie in echt geben, wenn eine Patrolie angegriffen wird werden sie sich in deckung begeben und unterstützung herbei rufen aber nicht den Gegner suchen um ihn auszuschallten.
Ein Soldat wird auch nie in einen Panzer einsteigen um seine Chance zu verbessern, alleine kann er ihn auch gar nicht bedienen.
Werden die Spiele immer realistischer, nein aber wir würden uns so am liebsten in einem Krieg sehen.
Es ist eher so das der wahre Krieg den Spielen immer ähnlicher wird, Kampfdrohnen werder wie Spiele gesteuert.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:20 #

"nein aber wir würden uns so am liebsten in einem Krieg sehen."
Ist doch genau der Punkt, den der Artikel behandelt: Warum ist das so? Und warum haben wir so viel Spaß daran?

PS: Was ist Schwachsinn?

Deathproof 14 Komm-Experte - 2085 - 16. Oktober 2011 - 9:53 #

Wenn man Krieg wie in den Medien sehen will, schon mal was von Friendly Fire oder Colleteral Damage gehört.
Krieg ist unmenschlich und sollte auch nur so beschrieben werden, wenn Frauen und Kinder dabei Sterben.
Giftgas, Atombomben, Neutronen Bomben, Napalm Bomben und Minen sind nichts was man auch noch glorifizieren sollte.
Im Krieg gibt es keine Regeln und wenn nur durch ein Kriegsgericht, weil die Handlungen nicht mit normalen Regeln zu vergleichen sind.
Warum gab es sonst so ein geschreie bei der Flughafen Scenen?
Dann musste man ja auch wenn man durch Wände schießt, dahinter tote Frauen und kinder finden können weil es ja realistisch ist.
Ich Spiele Spiele punkt, wenn ich Mensch Ärgere dich nicht Spiele kann darüber nachdenken ob die Spielfiguren aus Tropenholz sind und mich schuldig fühlen.

Anonymous (unregistriert) 15. Oktober 2011 - 12:32 #

ich spiele seit über ein viertel jahrhundert computer- und video-games und die faszination hinter kriegs-shootern habe ich nie wirklich begriffen. mag die intensität der action oder auch der hang zum realismus sein, für mich ist das gros der games austauschbar und stumpf.

SirHurl 09 Triple-Talent - 243 - 15. Oktober 2011 - 14:11 #

Ich denke, dass die Faszination für Kriegsspiele eine Kombination aus vielen Dingen ist.

1. Man hat die Möglichkeit, bei Shootern und Strategiespielen, die das ermöglichen, einen Plan zu entwerfen, zu taktieren und zu sehen, dass dieser Plan aufgeht..oder scheitert. In Kombination mit anderen Spielern entsteht so ein Wettkampf, der einem ein Überlegenheitsgefühl gibt. Wenn alles funktioniert oder wir Ordnung in ein chaotisches Szenario bringen, was uns zum Schluß zu einem Sieg verhilft, fühlt man eine Art Befriedigung.

2. Durch die schnellen Reaktionen, die man bei einem Shooter haben muss, kommt ebenso ein Wettbewerbsgedanke auf. Man ist gut in dem, was man spielt... und jeder kann es im Multiplayer sehen. Man präsentiert sich als Held und wird für seine Aktionen belohnt. Das stärkt das Ego.

3. Die technische Faszination spielt auch eine Rolle. Jeder weiß, wie schrecklich der 2. Weltkrieg war und dennoch sind die meisten Leute, die sich mit dem Thema befassen, von der Technik, sei sie noch so tödlich, fasziniert. Man benutzt in Spielen machvolle Instrumente, um Ziele zu erreichen, die erbahrmungslos und machtvoll den Gegner unterdrücken und kann für kurze Augenblicke andere Spieler mit seiner bloßen Präsents in die Flucht schlagen. So zum Beispiel, wenn man mit einem Panzer die Kameraden, die irgendwo festsitzen, unterstützt und der Feind den Rückzug antritt.

4. Was stark zur Faszination von Kriegsspielen beiträgt ist natürlich eine Sache, die man immer wieder erlebt: Schaulust.
Brutalität hat die Menschheit immer erschüttert und dennoch schaute man mit einem Schauer auf dem Rücken immer wieder hin.
Hinrichtungen mutierten zu Volksfesten.
Im 19. Jahrhundert organisierte man ein Picknick am Rande des Schlachtfeldes, um sich mit der Familie die Schlacht aus sicherer Entfernung anzuschauen.
In den Weltkriegen gruselten sich die Schaulustigen über die Leichen, die irgendwo lagen und verwesten.
Und heute schaut man Nachrichten, Dokus und steht im Stau, weil Schaulustige einen Unfall begaffen müssen.
Daher will der Spieler immer realistischere Szenarios, oft auch mit brutalen Szenen, weil er sein Bedürfnis nach erschreckenden Bildern befriedigen will. Er weiß, dass der Mensch, würde es real sein, im Spielfilm oder Spiel elende Qualen erleiden müsste, wenn Gliedmaßen herausgerissen, Eingeweide auf dem Boden verteilt oder jemand nieder geschossen wird. Dennoch schaut man hin und kann den Blick nicht abwenden.

Die Kombination aus all dem und diverse weitere psychologische Faktoren, die vor allem Jungs Krieg spielen lassen, könnten die Erklärung dafür sein, warum Spieler gerne Kriegsspiele konsumieren.

Linksgamer (unregistriert) 15. Oktober 2011 - 15:10 #

Ich denke schon, dass ein Antikriegsspiel à la Apocalypse Now, bei dem einem sozusagen die Kugel im Halse stecken bleibt (ähem), möglich wäre.

Der Film ist sowieso das perfekte Beispiel dafür, wie man Faszination und Abscheu direkt nebeneinander und ineinander übergehend schildert. Jeder, der den Film sieht, findet z.B. die Kraft geil, die die Hubschrauber vor dem Sonnenuntergang ausstrahlen, und vergisst in dem Moment, dass es sich um Kriegswaffen handelt (sogar echte, mit echten philippinischen Piloten drin). Kurtz im Wald hat auf radikale Weise umgesetzt, was die Führung und die Politiker in letzter Konsequenz eigentlich wollten, sich aber nie zuzugeben trauten. Besser geht's einfach nicht.

Einen ähnlichen Plot könnte man sich durchaus auch für ein Spiel feststellen, mit absichtlich gut inszenierten, mitreissenden und extra smooth spielbaren Ballerphasen, danach jedoch nachdenklichen Parts, die die Folgen zeigen (z.B. leider Unschuldige getroffen, Gegner waren erst 12 etc.), dann aber wieder, gerade bevor der Spieler die Knarre wegwerfen will, passiert plötzlich etwas, das ihn wieder zur Maschine macht, denn er muss reagieren, und natürlich reagiert er so, wie er konditioniert wurde. Dieses Hin und Her könnte man ein paarmal so durchlaufen lassen, Ballerphasen evtl. immer mehr von kurzen "Erkenntnisflashes" (Zoom auf Opfer) unterbrochen, bis er sich am Ende à la Kurtz zu philosophischen Monologen aufschwingt. ;)

Dazu gerne auch zunehmend surreale Settings (Brücke in Apocalypse Now).

bigboulder 13 Koop-Gamer - 1422 - 15. Oktober 2011 - 16:25 #

Wäre auch nen Interessantes Thema für ne medienwissenschaftliche oder sozialwissenschaftliche Doktorarbeit.

Woldeus 15 Kenner - 3171 - 15. Oktober 2011 - 17:33 #

ohne irgendeinen kommentar gelesen zu haben:
komplimente für diesen artikel.
auf die frage, warum man sowas gerne spielt: es liegt in der natur des menschen. von kriegern(bsp.: ritter) geht eine unwirkliche faszination aus; ebenso von kriegen. der krieg(als abstraktes gebilde. man muss nicht direkt als kampfhandelnder involviert sein) verfolgt den menschen seit gedenken. man könnte soweit gehen, dass krieg sich in die gene der menschen einbrannte. allein durch die geschichte kenn wir schon mal nichts anderes, denn nicht die diplomatischen beilegungen lernen wir z.b. in der schule, sondern die kriege der jahrhunderte. sei es in der antike, mittelalter bis zur neuzeit. durch dies und die medien wachsen wir mit krieg als beobachter auf. spiele wie cod, bf u.a. lassen uns dann "endlich" das abstrakte ding "krieg" erleben. es ist für uns nur durch bilder und videos greifbar,deshalb wir wollen wir es, unterbewusst, verstehen.
dazu kommen noch das ausbrechen aus dem grauen alltag etwas zu erleben, nervenkitzel, todesangst. alte überlebensmechanismen, die wir noch haben, aber nicht mehr benötigt werden. kriegsspiele(sei es virtuell oder als kind mit plastikwaffen, wasserpistolen, softair uvm.) befriedigen diesen "trieb".
ein anderer aspekt ist sicherlich auch die macht, die von kriegern ausgehen.diese, oben schon genanntn unwirkliche faszination, ist sicherlich nicht zu unterschätzen. deshalb, so glaube ich, funktionieren videospiele so gut: man kann jemand sein, der etwas besonderes ist, der besondere taten vollbringt und nicht einfach jeden tag aufsteht um zu arbeiten.

das waren ein paar kurze gedanken zur thematik. ob es sich so verhält oder ich einfach von falschen sachen ausgehe weis ich nicht - ist auch nicht wirklich wichtig. wichtig ist nur, dass man sich, wie auch schon gut im artikel beschrieben, auch mit der umwelt in den spielen auseinandersetzt. nicht immer wegschauen und sich von eigenen schutzreflexen leiten lassen. hinterfragen, ob man nicht viell. der eigentlich böse ist.

(kleines bsp.noch am ende: hab gerade die assasins creed serie nochmal durchgespielt. schon mal überlegt, dass die wachen auf den dächern nur ihre arbeit machen? wieviele habt ihr und ich von denen schon getötet, einfach um schneller von a nach b zu kommen? diese metaebene überteigt aber gerade das thema und hat noch einige andere zu bedenkende faktoren, auf die ich jetzt auch nicht eingehen will.)

edit:
auch wenn nciht jeder videospiele spielt. der grundgedanke des sich messens, der macht, die krieg mit sich zieht ist in unserer gesellschaft stark verankert. sei es spiele wie schach(eig. eine schlachtsimulation;) ), (mannschafts)sport, erfolg(werde ich oder der kollege befördert?) usw. ist jeder von uns ausgesetzt. selbst wenn man am stammtisch nur diskutiert, versuchen alle beteiligten sich zu behaupten. einsicht und verständnis ist zwar da, aber leider kann man es nur bei wenigen voraussetzen.

Grobi75 (unregistriert) 15. Oktober 2011 - 18:40 #

Der Artikel macht es sich mMn viel zu leicht und greift lediglich den MW/BF-Hype ab, anstatt auch andere Shooter und deren Thematik zu beleuchten. Die Faszination des Genres greift hier daher in seinem Militär-Aspekt viel zu kurz und ist für mein Empfinden auch nicht repräsentativ. Andere Titel finden gar keine Beachtung. Mehr oder weniger authentische Kriegsschauplätze sind auch im Strategie-Sektor zahlreich vertreten, es macht sich aber nicht "harmloser", nur weil man dort nicht über einem Waffenlauf das Spiel verfolgt. Überzeichnete Variationen wie "Gears of War" oder "Warhammer" werden ebenfalls ausgeblendet wie die differenzierten Versuche eines "Velvet Assassin", dabei böten diese noch interessantere Interpretationsmöglichkeiten. Für mich bleibt da am Ende trotz Gekumpel der erhobene Zeigefinger inklusive austauschbarer "Du bist was Du spielst"-Intention. Nett gemeint, aber zu kurzsichtig...

Woldeus 15 Kenner - 3171 - 15. Oktober 2011 - 18:45 #

ich würde sogen, eine solche ausführung sprengt die grenzen eines artikels =/

Grobi75 (unregistriert) 15. Oktober 2011 - 22:14 #

Welche Grenzen denn? Angesichts der Überschrift habe ich schon etwas Umfassenderes erwartet, aber in Grunde wird hier Altbekanntes im neusten Hype gesucht und natürlich auch gefunden - in konservativeren Kreisen würde man fragen: "Was findest Du an Killerspielen so toll?", es kommt auf's Gleiche raus

Dabei ist es - wie gesagt - zu einfach sich speziell an MW/BF abzuarbeiten, denn der Titel ist eine Behauptung, die der Text nicht stützen kann. Alleine die verstiegene These, dass Shooter-Spieler quasi "Täter" seien. Wenn man sich da ausschließlich in - überspitzt formuliert - "Mörder-Perspektive" definiert, dann hat es schon etwas Verräterisches inne. Ferner existiert kein Blick über den Tellerrand auf andere "exotische" Szenarien, denn letztenendes sind diese Kriegsschauplätze genauso auf Faszination getrimmte Settings wie eine Raumstation, Tschernobyl oder Unterwasser-Metropolen.

Dabei existieren bereits Möglichkeiten, die zwingen das eigene Handeln und Moral zu reflektieren. Ausgerechnet die Flughafen-Passage in MW2 ist das beste Beispiel, wie man sich Verwerflichkeiten zurechtbiegen kann. Schiesst der achso Aufgeklärte Gamer in der Killerspiel-Diskussion immer nur auf Pixel, waren's diesmal unschuldige Zivilisten, über die sich die Community empören konnte. Genau dieser Unterton schwingt hier mit.

Oder war's am Ende nur der große Name, dem man gerne einfach mal ans Bein pinkeln möchte? Genauso wie dieser Artikel, der BF bzw MW jetzt schon Banalität des Krieges unterstellt, nur weil er das Setting wählt? Dabei habe ich mich schon in den gewünschten Untiefen befunden. Ich habe weinende Kinder gesehen, deren Eltern am Straßenrand willkürlich erschossen wurden. Ich habe mich unter Leichen versteckt. Ich habe gesehen, zu welchen Grausamkeiten meine eigenen Landsleute fähig sind, bis sie selbst zu Feinden wurden und das alles bewies, das "Krieg als Werbeträger" eine absonderliche Feststellung ist und der Singleplayer als Verkaufsinstrument in diesem Artikel vollkommen überbewertet wird. Sonst hätte "Homefront" den Erfolg erfahren, den es zweifellos verdient.

Larnak 22 Motivator - 37541 - 16. Oktober 2011 - 2:26 #

Der Artikel will ja ganz bewusst keine Antworten auf die provokanten Fragen liefern, er ist nur eine Anregung, darüber nachzudenken, warum wir solche Spiele auch im Single-Player so toll finden, während man rein rational davon ausgehen müsste (oder zumindest könnte), dass Krieg-Spielen abschreckend auf Menschen wirkt.
Für einen Artikel, der genau das will, finde ich ihn vollkommen ausreichend. Aber wenn du meinst, es sollte hier einen geben, der tiefer greift: Bitte, anmelden und losschreiben ;)

Übrigens war mein Eindruck bisher, dass Homefront auch im Singleplayer ein eher mäßiger Shooter ist, der seine Mittelmäßigkeit mit bemüht-drastischen Szenen zu vertuschen versucht ...

Grobi75 (unregistriert) 16. Oktober 2011 - 8:51 #

Ich sehe eben nicht, dass Kriegs-SPs angeblich einen solchen Reiz ausüben und grade MW sowie BF sind ausgesprochen schlechte Beispiele, da sich deren Langlebigkeit und damit Erfolg zum größten Teil aus dem MP bezieht. Einen "reinen" SP traut sich zu recht kein Entwickler rauszubringen und jede neue Marke hat Probleme sich da zu etablieren. Die beiden erwähnten Platzhirsche sind nicht das Ergebnis eines diffusen Kriegs-Grusels, sondern von guter Spielbarkeit, technischer Perfektion und viel Altbewährtem.

"Homefront" ist tatsächlich einer der Shooter, der mit seinem Kriegs-Setting bis an die patriotische Grenze hausieren ging. Und er ist bisher der einzige Shooter, der seine kriegerische Kulisse ernst nahm und mehr auslotete, als irgendein BF oder CoD - und das hat dem Ding mMn den Kopf gekostet, *weil* es eben einen Schritt weiter ging und man ihm dafür reisserische Drastik unterstellt. Aber damit macht man es sich zu einfach, in meinen Augen ist das altbekannte Phänomen - der Teufel scheisst auf den größten Haufen. Der Lemming-Effekt ist grade bei Gamern ausgesprochen ausgeprägt und es wundert mich gar nicht, dass bei zwei, drei mäßigen Wertungen in großen Magazinen der Großteil mitzieht. Ich fand' "Homefront" sehr gelungen! Das Spiel hat großen Wert auf eine einnehmende, realistische Atmosphäre gelegt und bedient keine bayschen Hollywood-Schauwerte an jeder Ecke, sondern bemühte auch Momente, die wirklich unangenehm sind. PR-technisch wirksam waren diese offensichtlich nicht, Krieg sollte die Kirmes bleiben, die man gewohnt ist. Daher läuft der Artikel für mich persönlich komplett ins Leere, ohne dies unbedingt am Beispiel "Homefront" festmachen zu wollen. Ich gehe aber jede Wette ein, dass mehr Zivis BF3 oder MW3 vorbestellt haben, als Bundeswehr-Rekruten...

Larnak 22 Motivator - 37541 - 17. Oktober 2011 - 2:00 #

Dass der SP nicht für den kommerziellen Erfolg maßgeblich ist, stimmt sicher. Aber trotzdem dürften den viele Käufer auch gern gespielt haben. Und hier setzt eben der Artikel an: Warum spielen 'wir' so etwas gern?

Homefront habe ich nicht gespielt, daher kann ich das nicht abschließend bewerten. Das, was ich von dem Spiel gesehen habe, schien mir aber nicht sehr ernst gemeint in der Richtung zu sein. Ein Spiel, dass sich ernsthaft "Anti-Kriegs-Spiel" nennen kann, würde ich sicherlich gern mal ausprobieren, bei Homefront habe ich das Bedürfnis aber irgendwie nie gehabt.
Was dein letzter Satz aussagen soll, ist mir nicht klar.

Grobi75 (unregistriert) 17. Oktober 2011 - 11:59 #

Der soll aussagen, dass die "Faszination Krieg" sich immer noch und für alle Zeit auf künstlerische bzw. kreative Medien beschränkt, wie auch unendlich viele andere heikle Thematiken. Wenn "Stalker 3" rauskommt, sind wir dann alle von Atomkraft fasziniert und man sollte mal wieder drüber nachdenken, woher das Zeug aus der Steckdose kommt? Wer sich wirklich für kriegerische Konflikte begeistern kann, der wäre beim Bund hervorragend aufgehoben, aber dann hätte die Institution auch keine Nachwuchsprobleme mehr zu beklagen. In der Regel geht der Gamer dann doch eher weniger gefährlichen Verpflichtungen nach, wie eben dem Zivildienst, weil ihm schon bewusst sein dürfte, das Headshots "im echten Leben(tm)" weh tun könnten. Im Grunde eiert der Artikel um das Thema "Gewalt in Medien" und daran arbeitet sich die Gesellschaft stetig ab. Das auf BF und MW zu münzen ist - wie gesagt - eher engstirnig...

Crizzo 20 Gold-Gamer - - 24422 - 15. Oktober 2011 - 18:41 #

Damit Kriegs-Ego-Shooter in einem Atemzug mit den besten Filmen des "Kriegs"-Genres genannt werden, müssen sie auch die Dinge umsetzen, die eben den Kriegs-Film vom Spiel unterscheidet. Kriegs-Filme gelten ja nicht deshalb als "Anti", als kritischer, weil sie die schlechtere Grafik, Sound und Co, kurz: Technik haben, sondern weil die Story dahinter, die Dialoge und Perspektiven im Film vielschichtiger, hinterfragender sind. Ich kann mich an kein Spiel erinnern, wo das Mitglied der Task Force, Special Ops, Army und Co mal nachfragt was er genau tut, wieso, Fragen über den Gegner, die eigenen Motive seinen Auftrag auszuführen.
Es fehlen die ruhigeren Phasen, wo die Soldaten zusammen sitzen und mal quatschen. Krieg heißt ja nicht, dass es 3 Jahre, 24/7 immer nur gefeuert und gebombt und gestorben wird.

Solange man nur im Dauerfeuer ein Gefecht nach dem anderen abspielt, mitspielt und die Story und Story-Telling-Umsetzung noch auf dem Niveau von den schlechtesten Action-Filme rumdümpelt, werden wohl weiter die Titel vom Spieler gespielt, die immerhin die anderen Punkte zufriedenstellend umgesetzt haben.
Deshalb frag ich mich, wie man diesem schwarzen Peter dem Spieler zu schieben kann, wie soll ich denn an der Kasse solch eine Veränderung verlangen, das mein Nicht-Kauf so interpretiert wird, dass ich gerne mehr Story, mehr Kriegs-Kritik, im Shooter haben wollte, muss es ein Produkt geben, was diese Dinge besser macht und sich besser verkauft, damit die anderen Spiele-Schmieden davon lernen können.

Gamaxy 19 Megatalent - 14748 - 15. Oktober 2011 - 21:06 #

Guter Artikel mit sehr vielen interessanten Gedanken. Was mir aufgefallen ist: Die wichtigen Fragen bleiben unbeantwortet, das Ganze ist eher als Denkanstoß denn als Erklärungsversuch zu betrachten. Das liegt m.E. auch daran, dass Fragen wie "Warum spielen wir so gerne Krieg" nicht absolut beantwortet werden können. Die Antwort wird bei jedem Befragten anders ausfallen, und es werden vermutlich auch die meisten sagen, dass es ihnen primär eigentlich nicht um den "Krieg" geht, sondern um die Inszenierung oder den Wettkampf mit anderen.

Ich persönlich glaube, dass eigentlich niemand den wahren Krieg als Spiel präsentiert bekommen möchte. Denn dabei würde - behaupte ich mal - der "Spielspaß" verloren gehen. Meiner Meinung nach wäre eine Szene wie die mit der Scharfschützin in Full Metal Jacket - die das Grauen des Krieges vermutlich nur ansatzweise erfasst - in einem Spiel undenkbar.

Dass moderne Shooter wie Call of Duty so gut funktionieren, liegt meiner Meinung nach daran, dass sie nun mal _nicht_ realistisch sind. Wären sie realistisch, wäre nach einem Treffer das Spiel vorbei, man wäre tot oder käme ins Lazarett. Sondern sie blenden all das aus, was die Spielerfahrung trüben würde, menschliche Tragödien, moralische Konflikte, die psychischen Belastungen, denen ein Soldat ausgesetzt ist usw. Wenn ich höre, was im richtigen Krieg alles passiert (siehe aktuelles Beispiel Afghanistan, auch wenn das laut Ex-Verteidigungsminister Jung kein Krieg ist), dann möchte ich das nicht in einem Spiel erleben. Käme das alles in einem Spiel vor, dann würde es wohl kaum jemandem Spaß machen.

Ich glaube, es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man auf Gegner in einem Spiel schießt, oder ob man in der Realität auf einen gegnerischen Soldaten, einen MENSCHEN, schießt (da wird wohl niemand widersprechen). Aber gerade deswegen ist das Spiel ja ein Spiel - man schlüpft in eine Rolle, die man gefahrlos erleben kann und der Situation bei Bedarf jederzeit wieder entfliehen kann. Gerade dadurch, dass man Krieg "spielt", distanziert man sich gedanklich von der Figur, die man spielt. Man spielt zwar einen Soldaten, sitzt dabei aber gemütlich auf der Couch und knabbert Chips.

Für mich haben Shooter absolut nichts mit "wirklichem" Krieg zu tun - es ist einfach nur ein audiovisuelles Feuerwerk, mit interaktivem Charakter, das sich des Krieges als Setting bedient. Doch letztlich ist es nichts mehr als ein Geschicklichkeitsspiel (im Multiplayer kommt noch der Team-Aspekt hinzu), welches das Belohnungssystem im Gehirn anspricht. Treffe ich einen Gegner, fällt dieser um. Dann sehe ich, dass ich geschickt genug gewesen bin und bekomme eine optische "Belohnung". Manchen reicht dafür ein Zuma, andere spielen vielleicht Moorhuhn und wieder andere halt Egoshooter. Aber IMHO sind das alles im Endeffekt Geschicklichkeitsspiele, die keine andere Aufgabe haben als Spaß zu machen. Und deswegen _dürfen_ Shooter auch nicht realistisch sein.

Henke 15 Kenner - 3636 - 17. Oktober 2011 - 2:42 #

Sehr interessanter Artikel, lieber ChrisL, auch wenn er mir etwas zu fixiert auf die Topseller der Shooterspiele erscheint...

Dennoch - "Warum ziehen wir in den Krieg?"

Ich weiß es ehrlich gesagt nicht!

Ich kann die Faszination von Millionen Spielern für das Kriegsshooter-Genre einfach nicht teilen.

Es ist ja nicht so, dass ich meine Augen vor den Schrecken, die diese Welt bereithält, verschließe. Es ist eher so, dass ich mich in meiner Freizeit eher nicht mit so etwas beschäftige.

Natürlich bin ich ein (virtueller) Held und natürlich habe ich unzählige Gegner ins virtuelle Nirvana gepustet, um mich hinterher wie ein ganz großer zu fühlen... ohne meine Taten in Frage zu stellen.

Krieg hingegen ist immer in Frage zu stellen, denn Krieg bedeutet immer auch Leid. Und Schmerz und auch Verzweiflung. Ich habe mich immer ans Credo "Im Krieg gibt es keine Gewinner" gehalten und bin damit bisher mehr als gut gefahren.

Deshalb kann ich einfach nur den Kopf schütteln, wenn Spieler sich begeistert äußern über den neuen Battlefield-Teil und Hersteller mit dem Slogan "Du bist im Krieg - jetzt noch realistischer!" werben.

Dabei sind es eben all die negativen Seiten, die in diesem Genre nicht berücksichtigt werden: aus den Taliban werden Opposing Forces, Geiseln können in (deutschen) Flughäfen nicht erschossen werden und überhaupt geht mir dieser ganze Hurra-Patriotismus auf den Keks!

Solange der geneigte Spieler sich während des Abspanns über so und so viel Frags freut anstatt sich zu nachdenklich zu fragen, was er da gerade getan hat, solange werde ich auch keines solcher Spiele kaufen oder in irgendeiner Weise unterstützen.

Anonymous (unregistriert) 17. Oktober 2011 - 13:42 #

In jedem Menschen vor allem im Mann steckt halt das Kriegerische. Der Mensch ist auch nur ein Tier und ich denke daher kommt auch der drang sich zu beweisen, zu kämpfen etc. Nur gut, dass wir dazu Spiele haben. :)

Green Yoshi 22 Motivator - P - 36249 - 18. Oktober 2011 - 16:55 #

Videospiele sind auch immer ein Spiegel der Gesellschaft, ohne den Afghanistan- und Irak-Krieg hätte es vielleicht nie ein Modern Warfare gegeben, da Activision das ganze wohl zu abstrakt gewesen wäre.
Und Online-Shooter waren schon immer sehr beliebt, ich erinner nur an Quake 3, Unreal Tournament und Counterstrike.

Die gestiegenen technischen Möglichkeiten lassen Kriegsspiele realistischer aussehen, auf der PSOne wär ein Battlefield nur schwer möglich gewesen, also hat man lieber Fantasiewelten erstellt, die sich nicht mit der Realität messen müssen.
Leider bezieht sich der Realismus allein auf Optik und Stil, spielerisch ist Call of Duty eher ein modernes Moorhuhn als eine moderne Kriegssimulation à la ARMA 2.

Früher wurde mit Spielzeugsoldaten und Plastikpanzern gespielt, heute macht man das lieber vor dem Fernseher. Dass die Nutzer deswegen alle kriegsgeil werden und ihrer pazifistischen Haltung abschwören, glaub ich aber nicht. Wir Deutschen haben historisch bedingt eine sehr kritische Einstellung zum Militär, während das Militär in anderen westlichen Ländern nicht als Schandfleck, sondern als ehrenwerte Truppe angesehen wird, die ihr Leben für ihr Land und die Sicherheit der Bevölkerung riskiert. Daher ist dort Werbung für das Militär nichts dass Bauchschmerzen verursacht, während man hier nur ein paar Sekunden aus einem Kriegsspiel zeigen muss, um den Fernsehzuschauern die verrohende Wirkung von Computerspielen zu beweisen.

Jean (unregistriert) 19. Oktober 2011 - 0:05 #

zur realismusaffinität:

das erste computerspiel von 1947 hatte schon den abschuss eines flugzeuges zum ziel. das militär hatte seit dem aufkommen virtueller welten interesse an simulationen, um beispielsweise kostengünstiger personal zu trainieren. es gab einige kooperationen zwischen spieleentwicklern und militär, in denen technologien und diskurse getauscht wurden.

ich habe den eindruck, dass das feld der militärspiele durch die verschränkung mit dem militär gewissermaßen mit diesem streben nach akkurater simulation geprägt ist. militärische computerspiele waren in dieser hinsicht immer high end, das ist kein zufall.

zur geschlechterfrage:

das militär ist lange eine wichtige institution zur konstruktion männlicher identität gewesen. zudem innerhalb der patriarchalen gesellschaftsordnung symbolisch und praktisch der stärkste ausdruck der männlicher herrschaft, indem vom staatlichen gewaltmonopol frauen ausgeschlossen werden.

auch wenn sich die konservativen geschlechterrollen der moderne und so auch das militär ausdifferenzieren, gibt es auch heute noch teile der gesellschaft, in denen der gang zum militär als weg der mann-werdung und schande für die weiblichkeit gesehen wird. überhaupt wird aggressives, kämpferisches und kriegerisches handeln eher männern zugebilligt und auch erwartet.

"krieg zu spielen" entspricht also einer legitimen und sogar positiven (heldentaten) handlung eines mannes. die erzählungen der populären militärspiele beinhalten zu großen teilen ähnliche schema. ein mann rettet die eigene gruppe (kompanie, volk, nation, usw.) vor der drohenden niederlage. der spieler wird zum helden, der adel der männlichkeit.

Doc Holiday 10 Kommunikator - 462 - 27. Oktober 2011 - 17:03 #

Das Reizvolle am Spiel, egal ob mit PC, Brettspiel, Playmobil oder elektrischer Eisenbahn ist immer das Erstellen von Situationen, egal ob der Realität nachempfunden oder komplett fantasiebasiert, in denen man sich als Spieler völlig gefahrlos für die eigene Existenz bewegen und dabei agieren kann. Die Situationen sind quasi immer für die reale Person unzugänglich (bei Kindern [s. Playmobil] kanns auch die Erwachsenenwelt sein, bei Erwachsenen dann eben Krieg, Verbrechen, Spitzensport, etc.)
Das Medium Computer erlaubt hier im Unterschied zu den anderen, (mittlerweile) szenische Abläufe mitzuerleben, die die Realität im Spiel dem Spieler immer enger nahebringen können, ohne natürlich die o.g. Grenze der Gefahrlosigkeit je zu überschreiten.
Das setzt zwar einerseits die Phantasie ziemlich außer Kraft, weil einem das Szenario mit geringsten Ausnahmen völlig fertig hingelegt wird, wirkt aber gerade dadurch so faszinierend, weil die Weltsimulation (dank Bild und Ton etc.) sehr komplex geworden ist und sich stetig auf eine pseudoreale Ebene mit entsprechenden Handlungsmöglichkeiten zubewegt.

Chris the awesome (unregistriert) 28. Oktober 2011 - 14:22 #

Ich glaube nicht, dass es möglich wäre ein "Antikriegsspiel" (oder einfacher gesagt realistisches) auf den Deutschen Markt zu bringen ohne gefahr zu laufen, dass dieses Indiziert wird. Ich meine mich erinnern zu können vor langer Zeit einen Test eines solchen Spieles gelesen zu haben. Zum einen waren die Kritiken niederschmetternd und das Spiel war relativ schnell Indiziert. Denn wenn man die wirklichen Abgründe des Kriges aufzeigen wollte, dann würden in diesem Spiel Zivilisten und Kinder sterben. Und das Kinder sterben kann die USK doch nicht zulassen. ;)

Freylis 20 Gold-Gamer - 23164 - 30. November 2012 - 16:50 #

KUDOS! Wow, Chris, was fuer ein guter, eloquent formulierter und tiefgruendiger Artikel. Ich muss gestehen, dass er mich nachdenklich gestimmt hat (vor allem das Zenta Maurina Zitat). Und ich gebe zu, dass ich lange Zeit Spiele dieser Art ungefragt hingenommen habe - nicht dass ich persoenlich FPS bevorzuge, nur einige wenige davon, die zumindest smart sind: Open-World wie STALKER z.B.. Manchmal wird man durch Spiele wie Okami, Final Fantasy, Dance/Rythm games oder solche Juwelen wie AMNESIA daran erinnert, dass das Eliminieren digitaler Gegner nicht das Ziel elektronischer Unterhaltung sein muss - vielleicht sogar nicht sein sollte. Dein Artikel hat mich in dieser Beziehung zum erneuten Meditieren gebracht, danke :-)