User-Kommentar

Videospiele zwischen Freiheit und Verwertung User-Artikel

Dominius 12. März 2014 - 12:59 — vor 10 Jahren zuletzt aktualisiert
Spiele sind ein kulturelles Gut wie Bücher, Filme, Comics oder Musik. Das heißt, sie sollten auch so behandelt werden und ernstgenommen werden. Doch bedeutet das auch, dass sie nach einiger Zeit allen frei zur Verfügung gestellt werden sollten?
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Vor etwa einem Monat bin ich über einen Artikel des britischen PC-Spiele-Blogs RockPaperShotgun gestolpert, der einiges Aufsehen erregte und auch wütende Ausfälle auf Twitter folgen lies. Diesmal ging es jedoch nicht um Sexismus in Spielen, um die schlechte Bewertung eines Titels oder eine weitere geschmacklose Werbe-Kampagne für eine Neuerscheinung, es ging um den Verfall von Copyright für Computerspiele. Dieser Artikel soll das Thema nun aufgreifen und zu einer Diskussion anregen. (Kleiner Disclaimer: Ich bin kein Jurist und die Rechtssysteme sind weltweit sehr unterschiedlich. In diesem Artikel wird primär das Urheberrecht und die damit verknüpften Rechte behandelt. Patent- oder Markenrechte spielen zwar auch eine Rolle, darauf wollte ich aber hier nicht eingehen.)
 
Im angelsächsischen Rechtsraum wird Copyright anders gehandhabt als das deutsche Urheberrecht, daher soll an dieser Stelle eine kurze Unterscheidung Klarheit schaffen, insbesondere mit Blick auf die sogenannte Public Domain. In den USA erhalten die Urheber*innen von Werken nicht automatisch die Verwertungsrechte, können aber ein Veto bei der ökonomischen Verwertung ihres Werkes einlegen. Bis in die 70er Jahre war die Dauer des Copyrights auch noch stärker beschränkt: Auf 29 Jahre, mit einer Verlängerungsmöglichkeit um dieselbe Zeit, falls gewünscht. Ein veröffentlichtes Werk stand also maximal etwa 60 Jahre unter dem Schutz des Copyrights.
 
Kopieren in alten Zeiten
Nach Ablauf der Zeit kamen diese Werke in die sogenannte Public Domain, welche mit der Gemeinfreiheit des deutschen Rechts vergleichbar ist. Dort besitzen die Werke keinerlei Schutzrechte mehr und können der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, auch eine erneute Aneignung der Werke durch Dritte ist nicht möglich bzw. rechtswidrig. Die Public Domain hat(te) den Hintergrund, dass kulturelle (und wissenschaftliche) Werke, da diese nicht innerhalb eines kulturellen Vakuums entstanden sind, wieder der Allgemeinheit zugänglich werden, damit diese als Inspirationen für neue Werke genutzt werden. Der zeitlich begrenzte Schutz diente dem ökonomischen Interesse der Urheber*innen, von der eigenen Schöpfung leben zu können.
 
In Deutschland funktioniert das Urheberrecht etwas anders als in den USA. So muss es nicht beantragt werden, sondern gilt automatisch für alle Werke, die eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen, also genügend Einzigartigkeit und Kreativität mitbringen. Auch die Nutzungs- und Verwertungsrechte liegen bei den Urheber*innen, können aber Dritten eingeräumt werden. Und vielleicht das wichtigste: Die Dauer des Urheberrechts endet erst 70 Jahre nach dem Tod der Schöpfer*innen. (Also, da ich diesen Artikel gerade verfasst habe: Falls ich in etwa 40-50 Jahren sterben sollte, müsstet ihr dann daraufhin noch weitere 70 Jahre warten, bis ihr diesen Artikel gemeinfrei nutzen könntet. Ich bezweifele mal, dass das irgendwer von euch Leser*innen noch erleben dürfte.)

Freiheit für die Spiele
 
Soweit zur Geschichte, worum ging es aber bei dem Shitstorm im Netz? Der Autor des genannten Artikels, John Walker, hatte in einem Nebensatz zum „GOG Time Maschine Sale“ erwähnt, dass er es gerne sähe, wenn Spiele nach 20 oder 30 Jahren in die Public Domain wandern würden, damit alle sie unbeschränkt nutzen könnten, als Teil eines gemeinsamen kulturellen Erbes. Dafür wurde er von verschiedenen Seiten angefeindet und der Schöpfer der Baphomets-Fluch-Reihe, Charles Cecil, schrieb sogar auf Twitter, dass Urheber*innen unbegrenzt das Recht auf ihre Werke haben sollten – ohne jegliche zeitliche Beschränkung.
 
Nun, ich will an dieser Stelle John Walker zur Seite springen, denn ich teile seine Argumentation (nicht beschränkt auf Videospiele, aber darum geht es nunmal auf dieser Seite und in diesem Artikel). Kulturelle Werke sind immer das Ergebnis einer kulturell geprägten Umwelt, Einflüsse und Inspirationen kommen aus den anderen Werken, die vor der eigenen Schöpfung konsumiert worden sind. Kreativität ist kein magischer, unerklärlicher Prozess, der abgeschieden von der Welt in einem abgelegenen Tempel stattfinden und sich nur durch eine „göttliche Eingebung“ erklären lässt. Kulturelle Werke entstehen also aus einer kulturellen Umgebung. (Selbst dieser Artikel ist ein guters Beispiel dafür, weitere Ideen und andere Beispiel dazu liefert die Video-Reihe "Everything is a Remix".) Doch was hat das mit der Gemeinfreiheit von Spielen zu tun?
 
Spiele sind auch nicht in einem kulturellen Vakuum entstanden. Ein Titel wie Duke Nukem 3D hat eindeutigen Bezug auf Kinofilme der späten 80er Jahre, Dooms Soundtrack ist an zeitgenössische Metalklänge angelehnt, Jumpman ist eine klare Hommage an King Kong, die Bullettime von Max Payne ist ein klarer Fingerzeig zu Matrix und Starcraft hat sich schon fast zu auffällig an dem Warhammer-40k-Universum bedient und so weiter.
Und das sind nur Einflüsse von Medien außerhalb der Spiele selbst. World of Warcraft ist eine Compilation verschiedenster MMO-Mechaniken, die es vorher gab und die nur nochmal poliert und zusammengestellt wurden, Planetary Annihilation eine Art spiritueller Nachfolger der Total-Annihilation-Spiele oder Starbound lässt sich als erweitertes Terraria im Weltraum beschreiben.
 
Spiele bedienen sich sowohl innerhalb als auch außerhalb des Mediums an mannigfaltigen Einflüssen, ohne die wir heute nichtmal Pong (nach Tennis for Two) spielen würden. Die Gemeinfreiheit für Spiele eines bestimmten Alters würde es allen (auch angehenden Spiele-Macher*innen) ermöglichen, sich inspirieren zu lassen und dann neue Werke zu schaffen. Eine negative Seite an einer größeren und vielfältigeren Spielkultur kann ich jedenfalls nicht erkennen. Und es würde andererseits auch die ganzen Abandonware-Seiten endlich legalisieren.
 
Die Rechnung ohne Wirtin
 
Heutzutage versucht die Content-Industrie mehr und mehr Kontrolle über die Werke zu bekommen, die sie verwalten und verwerten. Copyright-Auslaufzeiten werden verschoben oder verlängert, die nicht genehmigte Nutzung von kleinsten Teilen geschützer Werke wird unter Strafe gestellt. (Wie etwa bei dem Copyright-System von Youtube.) Verschiedene Unternehmen trachten danach, den Käufer*innen ihrer Produkte maximal „beschränkte Nutzungsrechte“ einzuräumen, um den Großteil der Rechte für ewig an sich zu binden. Noch lassen sich bloße Ideen und Konzepte nicht eindeutig schützen, aber das Konzept von Software-Patenten geht in diese Richtung.
 
Ein absoluter Schutz bloßer Konzepte ist zwar nicht absehbar, wäre aber das Ende einer lebendigen und kreativen Spielkultur. „Was, du hast Basisbau in deinem Spiel? Wir sehen uns vor Gericht!“ Aber auch das Zurückhalten älterer Spiele, die nicht mehr verfügbar sind, ist ein Problem. Neben GOG und den bereits genannten Abandonware-Seiten, die sich aber in eine rechtlichen Grauzone bewegen, gibt es kaum Möglichkeiten (legal) an ältere Spiele zu kommen. Doch viele dieser Titel haben die heutige Spielelandschaft mitgeprägt. Ohne ein Half-Life würde es heute kein Call of Duty geben. Ohne ein Dune 2 würden wir von Starcraft 2 nichtmal träumen. Und ohne ein Rogue, naja, ihr seht schon, worauf ich hinauswill.
 
Wenn Videospiele nach 20 oder 30 Jahren gemeinfrei werden würden, könnten alle davon profitieren. Klassiker würden für die junge Spieler*innengeneration anspielbar, historische Sammlungen ließen sich aufbauen usw. Und schließlich könnten wir uns alle selbst davon überzeugen, ob früher wirklich alles besser war.
Dominius 12. März 2014 - 12:59 — vor 10 Jahren zuletzt aktualisiert
immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. März 2014 - 13:13 #

Ich halte den Ansatz für ausgezeichnet - aber warum bleibst du beim Ansatz? Dazu ließe sich doch sehr viel mehr sagen, auch zu diversen "Nebenkriegsschauplätzen" wie zum Beispiel die "Rechtewanderung" von Firma zu Firma, oder der simple, aber doch gravierende Umstand, dass ältere Spiele auf modernen Betriebssystemen nicht oder nur mit entsprechenden "Umbauten" laufen.
Ich würde mich echt freuen, wenn du den Artikel in den nächsten Wochen noch um die eine oder andere Folge erweitern würdest. ;-)

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 265147 - 12. März 2014 - 13:34 #

Netter Artikel! Danke dafür, war gut zu lesen.

Korrektur:

hinauswill = hinaus will

...und könntest du eventuell die Namen realer Personen im Artikel noch fetten? Dient der Übersichtlichkeit und entspricht dem Usus auf GG. Thx! :)

Just my two cents 16 Übertalent - 5431 - 12. März 2014 - 13:44 #

Der Artikel hinterlässt bei mir nur ein großes Fragezeichen.

Worum soll es gehen? Um Verwertungsrechte an den jeweiligen Spielen wie die Einleitung andeutet oder um Einfluss und Anleihen in anderen Titeln? Denn welche Relevanz hat es, wenn der Duke sich Anleihen aus 80 Jahre Filmen nimmt? Der Ansatz verspricht einen interessanten Artikel, ab dem Mittelteil geht dieser Faden völlig verloren. Es geht doch nicht darum, dass andere auch einen Basisbau in ihrem Titel haben, sondern was mit dem konkreten Basisbauspiel von vor 15 Jahren ist...
Der Artikel ist in der Form weder Fisch noch Fleisch.

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 29. März 2014 - 18:23 #

Na, der Artikel ist auch mehr eine Art Meinungsessay und ich wollte den zitierten Artikel von John Walker ja auch nicht einfach übersetzen, sondern einen eigenen Text mit eigener Argumentation verfassen.

Der Punkt, den du ansprichst, verhält sich im Text wie folgt: Die Einflüsse, die Kulturgüter aufeinander haben, nehme ich als Argument gegen allzu restriktive Schutzrechte, was bestimmtes "geistiges Eigentum" angeht. Dass sich darüber noch ein eigener Artikel verfassen lässt, stelle ich nicht in Frage, das ist aber nicht das Thema meines Artikels.

Aber danke für die Kritik.

drako 16 Übertalent - 4165 - 30. März 2014 - 8:07 #

Einflüsse von Kulturgüter sind auch im Urheberrecht keine Problem.

Das Urheberrecht schützt keine Ideen sondern nur Werke. Die Idee des Basenbau unterliegt keinen direkten Schutzrecht, aber die Animation die als Werk gilt darf nicht die gleiche sein.

Es gab da mal nen ganz guten Vortag auf der Republika.
Ist ja auch eigentlich ganz verständlich, man darf sich Einflüsse aus anderen Spielen oder Kulturgütern holen, man darf halt nicht das Werk an sich 1:1 kopieren. Das sehe ich eigentlich nicht als zu restrektiv an, sondern sogar sinnvoll.

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 3. April 2014 - 1:27 #

Die aktuelle Rechtslage (in Deutschland) erlaubt dies, das ist vollkommen richtig.

Doch im Zuge einer "Internationalisierung" dieser Rechtslage könnte sich das durchaus ändern. Wenn, wie ich an einer anderen Stelle bereits gesagt habe, das sekundenlange Sample eines Liedes im Hintergrund schon zu Klagen führt, ist das "Schützen" von Ideen nicht mehr weit. Zumal ich persönlich eher eine Tendenz zur Verschärftung der Rechtslage ausmachen würde als anders herum.

Und die auch genannten Software-Patente schützen eben schon heute grobe Ideen. Was hindert Unternehmen eigentlich daran, auch Spiel-Konzepte und -Ideen durch Software-Patente zu schützen?

Wie gesagt, heute ist dies kein Problem, aber es ist ein schmaler Grad und es wird auch schon bereits versucht, bloße Ideen und Konzepte zu schützen oder zumindest rechtliche gegen Klone vorzugehen.

Die Idee hinter der Argumentation ist auch, den Mythos von der "göttlichen Inspiration" anzukratzen, denn auch Autor*innen schöpfen ihre Werke eben nicht im Nichts, sondern wurden und werden durch ihre kulturelle Umgebung beeinflusst. Dazu gibt es ja im Recht den Begriff der "Schöpfungshöhe", um sich vom "bloßen" Kopieren abzuheben.

Der Knackpunkt ist für mich an dem Moment überschritten, wenn die Gesetzeslage Kreative nicht mehr dazu ermutigt, neue Werke zu schaffen, sondern sie verunsichert oder gar aktiv davon abhält, weil sie sich nicht sicher sein können, verklagt zu werden, weil irgendwer mal irgendwas Ähnliches gemacht hat.

drako 16 Übertalent - 4165 - 4. April 2014 - 8:39 #

Also nur nochmal kurz - überlasst doch den Urheber die Entscheidung, alles was gefordert wird ist doch heute auch möglich nur das die Entscheidung beim Urheber liegt.
Und aus dem Bereich der Photographie, Musik und Malerei kann ich sagen das die Angst der Kreativen auch von der anderen Seite kommt, das sie keine Kontrolle mehr über ihre Werke haben.
Es bringt überhaupt nichts nur von einer Seite zu argumentieren, die Kreativen und die Gesellschaft muss einen Kompromiss finden mit den beide Seiten gut klar kommen.
Ich sehe schon klare Verbesserungen und ein Umdenken, aber sowas braucht natürlich Zeit das kommt nicht von heute auf Morgen.

Wenn man es schätzt das Kreative ihre Werke frei zugänglich machen, dann unterstützt sie, moralisch und auch mit kleinen Geldspenden. Denn nur dann werden auch die konservativsten irgendwann einsehen das ein freierer Umgang mit den Werken keine Nachteile hat.

Und weißt du unter Kreativen kann man auch miteinander reden ob man sich vom anderen mal was "leihen" darf. Sicherlich bei Firmen ist das immer was anderes. Aber gerade deshalb darf man nicht alles in einen Topf werfen bei der Dikussion.

Und ich glaube wir sind uns nichteinmal so uneinig wohin das ganze mal führen soll. Ich plädiere halt auf Freiwilligkeit von der Seite der Kreativen und den Respekt und die Würdigung der Allgemeinheit.

Übrigens denke ich sollte man die Konsequenzen daraus mal wirklich analysieren und bedenken. Nehmen wir mal an das Schutzrecht für ein Buch erlischt nach meinetwegen 15 Jahren, in dieser Zeit hat das Buch nicht wirklich Geld eingebracht weil der Autor nicht das nötige Kleingeld hatte für den Vertrieb/Werbung und sich auch kein Verleger gefunden hat - nach 15 Jahren ensteht nimmt sich ein Verlag das Werk da es ja nun Allgemeingut ist und hat die durch die finanziellen Mittel die Möglichkeit das Buch Massenwirksam zu verlegen und zu bewerben und macht damit gutes Geld. Es kommt oft darauf an aus welcher Perspektive man das betrachtet.
Oh und wenn EA anfangen würde Werke von Moddern und Hobby-3D-Artisten in eigene Spiele einzubauen wäre das geschrei groß :)

Ich gebe dir auch recht das man das alles diskutieren kann, aber es wird nicht einfach, es kann nicht für alle pauschal angewendet werden und vor allem muss es auch gesellschaftlich akzeptiert werden.

Warwick (unregistriert) 12. März 2014 - 15:48 #

"Die Gemeinfreiheit für Spiele eines bestimmten Alters würde es allen (auch angehenden Spiele-Macher*innen) ermöglichen, sich inspirieren zu lassen und dann neue Werke zu schaffen."

Spieleentwickler lassen sich doch ständigen von anderen Spielen inspirieren, die viel jünger sind - dazu braucht es keine Gemeinfreiheit.

Super Mario Bros. wird im nächsten Jahr 30 Jahre alt. Wie soll eine Gemeinfreiheit da denn aussehen? Die Rechte an Super Mario sind für Nintendo immer noch essentiell wichtig, das ist eine der wichtigsten Nintendo-Marken. Wenn dann keinerlei Schutzrechte mehr greifen würden, könnte jeder ein Super Mario-Spiel machen oder die Mario-Figuren anderweitig verwenden. Wo wäre da der Vorteil für die Gemeinschaft oder für die Spieler?

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. März 2014 - 15:52 #

Mario ist durch ein Trademark geschützt, dadurch ist die Marke so oder so aus der Diskussion raus.

Warwick (unregistriert) 14. März 2014 - 9:59 #

Liegt nicht auf den meisten, wirklich für die Nachwelt erhaltenswerten Spielen irgendein Trademark, welches die Gemeinfreiheit letztendlich verhindert?

Wenn ich jetzt nur mal meine persönlichen All-Time-Favorites nehme: die fallen alle unter den Markenschutz.

Und im Umkehrschluss wären wirklich erhaltenswerte Independent-Spiele ohne Markenschutz nach Zeitpunkt X Gemeingut und der Schöpfer könnte von spätem Ruhm nicht mehr profitieren. Klingt für mich nicht fair.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 14. März 2014 - 14:33 #

Ganz so schlimm ist es auch wieder nicht. Ein Trademark muss regelmäßig erneuert werden, und das kostet von mal zu mal mehr. Früher oder später kostet das Trademark also mehr, als der geschützte Titel an Gewinn einbringt...

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 29. März 2014 - 18:30 #

Es gibt einen Unterschied zwischen Markenrecht (etwa an der Marke "Super Mario") und Urheber*innenrecht (etwa an den Sprite von Mario im ersten SMB). Ersteres hat mit dem Thema der Gemeinfreiheit nicht wirklich viel zu tun, zweiteres umso mehr.

Im Videospielbereich sind wohl 30 Jahre alte Assets ziemlich wertlos, aber vielleicht möchte ja irgendwer das Level-Layout von Welt 1-2 nehmen und damit ein eigenes Jump'n'Run machen. Und dabei halt auch die Warpzone übernehmen etc. usw.. Bei einem nicht-kommerziellen Projekt wird Nintendo dies wohl tolerieren, aber was wenn dieses Projekt später verkauft werden soll? Ist es legitim, dass Nintendo das unterbinden darf, weil in dem neuen Spiel ein Element aus einem 30 Jahre alten Titel vorkommt?

Außerdem wären ROMs der genannten Spiele dann mit Ablauf der Schutzrechte faktisch legal. Darüber lässt sich sicher streiten, aber ich glaube nicht, das Nintendo heute noch mit alten NES-Modulen Geld verdient. (Und selbst wenn, kein Mensch würde ihnen verbieten, es weiterhin zu tun.)

Leya 13 Koop-Gamer - 1246 - 12. März 2014 - 16:47 #

Grossartiger Artikel und ein äusserst wichtiges Thema.

Das europäische Urherber-Recht passt einfach nicht mehr in die moderne Gesellschaft. Ich wünschte mir, dass das endlich komplett überarbeitet und z.B. mehr dem Patent-Recht angeglichen würde.

Das heisst, man hat für seine Veröffentlichung auf 10-15 Jahre alle Rechte, kann damit kommerziell erfolgreich sein und seine Schäfchen ins Trockene bringen.

Danach wird jedes Werk Public Domain. Egal ob es sich dabei um einen Song handelt, einen Film, ein Spiel, eine chemische Formel für ein Medikament, die Konstruktion eines neuen Profils eines Flugzeugflügels, ... was auch immer. Das würde die Gesellschaft voran bringen.

Es macht einfach keinen Sinn, wenn heute die GEMA in einem beliebigen Film-Trailer Lizenz-Gebühren für eine Melodie von Beethoven einfordert, nur damit die 6. Generation der Erben davon ein leichtes Leben führen kann. Solche immateriellen kulturellen Werte sollte man mittlerweile ins Allgemeingut überführen.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. März 2014 - 16:55 #

Ich zitiere mich ;-)

10-15 Jahre???
Dann würde beispielsweise jeder Autor genau in dem Moment, wo seine Arbeit endlich beginnt, Früchte zu tragen, die Rechte daran verlieren.
Gerade Menschen, die kreativ arbeiten, müssen viele Jahre geduldige Aufbauarbeit leisten, bis sie endlich bekannt genug sind, um wirklich mal etwas mehr als nur einen Hungerlohn zu erhalten.

Leya 13 Koop-Gamer - 1246 - 12. März 2014 - 18:12 #

Bitte schön, zitiere Dich, jedoch keine Ahnung, was Du damit meinst :-)

Ich hake nochmal nach: Im Milliarden-Markt der Medizin/Pharma gilt grundsätzlich eine Patent-Frist von 10 Jahren.

Wenn Du es bis dahin nicht geschafft hast, aus Deiner Schöpfung eine gewisse Bedeutung und Verbreitung zu erlangen, dann scheint es halt auch nicht so weit her zu sein mit der Wichtigkeit der Kreation.

Umso wichtiger, dass dann nicht auf Generationen hinaus Weiterentwicklungen behindert werden, aus Angst, irgendeine 200 Jahre alte Erstentwicklung zu verletzen.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. März 2014 - 21:09 #

Zitiert, weil der Text auch unter der zugehörigen News steht ;-)

Beim Pharma-Markt mag durch durchaus zutreffen, im Bereich der Kunst mit Sicherheit nicht. Wenn jeder Autor auf Anhieb Erfolg haben müsste, würde der Buchmarkt nur noch aus "Autoren" wie Dieter Bohlen bestehen, die ihren Bekanntheitsgrad über das Fernsehen beziehen. Gleiches gilt natürlich auch für Musiker, Maler etc.
Spiele hängen etwas dazwischen, weil Großproduktionen mehr mit industrieller Herstellung als mit Kunst zu tun haben, aber generell halte ich nicht viel davon, den gesamten künstlerischen Bereich auszutrocknen, bis nur noch Großkonzerne bestimmen, was überhaupt auf den Markt gelangt.

Planewalker 19 Megatalent - 14100 - 14. März 2014 - 23:35 #

Wo gelten denn 10 Jahre für Patente? In den mir bekannten Gesetzeslagen sind es im Allgemeinen 20 Jahre. Effektiv nutzen kann ein Pharmaunternehmen jedoch weniger, da die Patentanmeldung meist viele Jahre vor der Zulassung eines Medikaments passiert.

firstdeathmaker 18 Doppel-Voter - 9333 - 12. März 2014 - 16:51 #

Ich finde den Artikel auch sehr interessant. Grundsätzlich denke ich aber nicht, dass Spiele von vor 30 Jahren noch wirklich als "Inspiration" für neue Titel dienen. Diese bedienen sich eher an neueren Titeln, die ihrerseits auch wieder auf neueren Titeln basieren die irgendwann dann mal auf dem alten Titel basiert haben.

Aber als Kulturerhaltende Maßnahme wäre es schon gut, wenn Computerspiele nach einer kürzeren Weile Gemeinfrei würden.

Und danke für den Link zu den Remix-Videos!

Autor (unregistriert) 12. März 2014 - 18:18 #

Da ich selbst zur Gruppe der Autoren gehöre, erkläre ich mich sogleich für befangen. Aber:
Du sprichst von Kulturgütern und meinst Konsumgüter. Spiele, Bücher, Musik, Filme…sie mögen einen immateriellen Wert für eine Gesellschaft haben, fallen aber genauso unter die Konsumgüter wie alles andere. Eben nichts Lebenswichtiges. Nur Unterhaltung, etwas zynisch gesagt.
Das Patentrecht im Medizinischen wäre sicherlich eine Diskussion wert. Allerdings würde man damit der Forschung den Anreiz unter den Füßen wegziehen, auch wenn es wieder nur das liebe Geld ist.

Wir leben in einer Eigentumsgesellschaft. Das kann man gut oder schlecht finden. Und das Urheberrecht schützt eben das geistige Eigentum. Hättest du Lust, ein Haus mit deinen eigenen Händen zu bauen und es nach einer Frist von ein paar Jahren der Allgemeinheit vermachen zu müssen? Sollte das Urheberrecht kippen, müsste derselbe Prozess auch in anderen Eigentumskategorien stattfinden. Und ich glaube, das würde dir dann weniger gefallen.
Für mich klingt das nach Umsonst-Attitüden (und nennt es gemeinfrei), einer Einstellung, die man sich erlaubt, weil man eben nur davon profitiert, ohne selbst etwas zu verlieren.

In der Verwertungskette von kreativen Produkten steht der Kreative ganz am Ende, obwohl er doch der Anfang von allem ist. Das Einzige, das ihm bleibt, ist das Urheberrecht. Und das willst du ihm auch noch nehmen?
Ich sagte ja, ich bin befangen.

Leya 13 Koop-Gamer - 1246 - 12. März 2014 - 18:50 #

Wie gesagt, im Patentrecht gelten kurze Fristen von meist 10 Jahren. Danach verfällt ein Patent und andere dürfen das erlangte Wissen für Weiterentwicklungen verwenden.

Im Urheberrecht ist der Zeithorizont leider die Unendlichkeit. Sprich ich kann als Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Enkel eines Komponisten heute noch Lizenzgebühren einklagen. Ohne irgendetwas dafür getan zu haben.

Man sieht ja heute täglich, wie das aktuelle Urheberrecht, welches irgendwann zur Jahrhundertwende entwickelt wurde, die moderne digitale Gesellschaft behindert.

Autor (unregistriert) 12. März 2014 - 19:32 #

Also im Literaturbetrieb gelten 70 Jahre nach dem Tod des Schöpfers. Von „Unendlichkeit“ kann also nicht die Rede sein. Hier, in dem Artikel, ist sogar die Rede von der Entrechtung noch zu Lebzeiten. Vererbst du dein Haus (um bei der Metapher) nicht auch deinen Kindern? Und das endet nicht nach 70 Jahren und dann müssen die raus. Und Mozarts Werke sind zum Beispiel bereits gemeinfrei. Jedoch nicht die Aufnahmen und Interpretationen eines heutigen Orchesters.
Inwiefern behindert das Urheberrecht bitte die moderne, digitale Gesellschaft? Ich habe nicht das Gefühl, dass wir stehenbleiben. Das ist ein schwerer Vorwurf, der nichts mit der Realität zu tun hat. Wir leben in sehr kreativen Zeiten, trotz oder eben gerade wegen des Urheberrechts.
Die Grundprinzipien der heutigen Menschrechte fanden in der Aufklärung vor über 200 Jahren ihren großen Anfang. Die Implikation, dass das Urheberrecht zur Jahrhundertwende entstand und damit obsolet ist, funktioniert also nicht.

Leya 13 Koop-Gamer - 1246 - 12. März 2014 - 20:55 #

Hallo "Autor", danke für den Beitrag. Eine spannende Diskussion. Ich bin keine Juristin, ich argumentiere deshalb wie die Meisten auch etwas freihändig. Aber das macht ja nichts, es geht ja mehr um Grundsätze, weniger um Paragraphen und exakte Fristen.

Ich bin mal so frei, 70 Jahre, also 3 1/2 Generationen, in der heutigen, sich rasch entwickelnden Welt, als "Unendlichkeit" zu bezeichnen :-) Aus meiner Sicht ist das viel zu lange. Möglich dass das ein Produzent anders sieht.

Der Vergleich mit dem Haus ist natürlich nicht so einfach. Wie gesagt, wir sprechen hier von "immateriellen" Werten. Ein Haus baue ich 1x, dann gehört es mir, ich kann darin wohnen, that's it.

Ein "immaterielles" Werk kann ich erschaffen und dann 100 Millionen mal verkaufen. Und damit innerhalb von wenigen Jahren steinreich werden. Das kann eine Melodie sein, ein Bild, eine Software wie ein Spiel oder ein Film, oder eine bestimmte Wirkstoff-Kombination in einem Medikament.

Das ist ja auch ok, so funktioniert unser Patent-Recht seit vielen Jahren. Aber irgendwann ist dann auch mal gut, das Patent oder das "Urheberrecht" sollte auslaufen, und das "immaterielle Gut" in den Besitz der Allgemeinheit übergehen. Nicht zu vergleichen mit dem Haus, das ich gebaut habe. Das kann ich natürlich auch weiterverkaufen, aber eben nur 1 Mal.

Komplexes Thema, spannende Diskussion :-)

philipp1981 13 Koop-Gamer - 1617 - 12. März 2014 - 20:59 #

Wenn das so laufen würde die du es sagst, wird schlicht und einfach niemand mehr seine Werke veröffentlichen. Darunter würden dann alle leiden.

Leya 13 Koop-Gamer - 1246 - 12. März 2014 - 21:05 #

Niemand würde mehr ein Buch, ein Spiel, ein Film, ein Lied veröffentlichen, nur weil man nach 10 Jahren die Rechte daran verliert? So wie es bei der chemischen Formel für ein neues, teures Medikament schon immer die Regel ist?

Ok, ich kann nicht dagegen wetten, aber ich denke, dass das nicht der Fall ist.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. März 2014 - 21:16 #

Oh doch, das ist der Fall. Bestsellerautoren sind eine sehr, sehr winzige Minderheit. Die meisten Autoren können nach einigen (vielen) Jahren leidlich davon leben, dass im Gefolge einer Neuerscheinung meist auch das Interesse an älteren Titeln neu erwacht. Nur deshalb schaffen es viele Autoren, tatsächlich von ihrer schriftstellerischen Arbeit leben zu können.
Und um das mal ganz klar zu sagen: Wenn du für einen Roman einen fünfstelligen Betrag erhältst, befindest du dich bereits in der Spitzengruppe. Traurig, aber wahr.

drako 16 Übertalent - 4165 - 12. März 2014 - 22:44 #

Also man sollte das schon ein bißchen trennen - ein Medikament wird normalerweise für eine Zielgruppe entwickelt die es auch benötigt, das heißt es gibt schon einen überschaubaren Absatzmarkt. Außerdem können Medikamente auch "Überlebenswichtig" sein und deshalb ist es auch ganz gut so das da ein Anspruch verfällt und eine Firma nicht bis in alle Ewigkeit das Monopol drauf hat.

Bei deinem Beispiel mit Komponisten bist du auf den Holzweg ;)
Die Gebühren dafür kommen nicht durch das Urheberrecht zustande, den wie schon im Artikel erwähnt verfällt das 70 Jahre nach dem Tod.
Was da zu tragen kommt ist das Leistungschutzrecht, vom Orchester das das Stück eingespielt hat. Niemand hindert dich daran selber ein Orchester zu bezahlen um sowas einzuspielen und kostenlos an die Allgemeinheit zu verteilen ;)
Aber zum Glück gibt es ja https://musopen.org/

Und natürlich kann es bei dem einen oder anderen Künstler auch länger als 15 Jahre dauern bis er von seinen Werken leben kann, wenn überhaupt.

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 29. März 2014 - 18:43 #

Befangenheit ist vollkommen in Ordnung, gerade bei diesem Thema sind auch Meinungen von Leuten wichtig, die von Änderungen direkt betroffen wären. (Wäre ich im Endeffekt auch, aber meine wissenschaftlichen Texte sind eher von seeeeeehr speziellem Interesse.)

Aber du sprichst einen wichtigen Punkt an. "Geistiges Eigentum". Ich nutze diese Formulierung nicht, weil ich behaupte, dass sowas nicht existiert. Und was wäre das überhaupt? Eine Idee, ein Konzept, ein durchformulierter Text (bezogen auf einen Roman)? Wenn ich also alle übernehme, den Text aber umschreibe, darf ich das dann? Die Grenzen lassen sich da auch sehr schwer ziehen.

Weiterhin lässt sich "geistiges Eigentum" nicht entwenden. Ideen lassen sich nicht klauen, nur vervielfältigen. Wirtschaftlicher Schaden entsteht ja dann, wenn die Nutzung einer Idee zum Schaden der Schöpferin der urpsrünglichen Idee geht. Doch das ist ja lange nicht immer der Fall.

Und eine Sache: Ich finde den Vergleich mit materiellen Gütern unlauter. Das lässt sich nicht in einen Topf werfen, nur weil sich mal kluge Köpfe ausgedacht haben, Ideen auch "Eigentum" zu nennen. Ein Haus kann ich nicht kopieren, das können immer nur eine begrenzte Anzahl von Menschen nutzen. Aber ein Musikstück? Wird das wertloser, wenn es mehr Leute hören? Wird ein Buch wertloser, wenn es mehr Leute lesen?

Ich weiß auch, dass das kreative Milieu hart ist und für die Kreativen selbst nur wenige Krümel übrig bleiben. Doch eine Verewigung von immateriellen Schutzrechten macht die Situation ja offensichtlich nicht besser. Und wenn du schon von Eigentumsgesellschaft redest: Es gibt kein Recht darauf, mit den eigenen Werken Geld zu verdienen oder mit der eigenen Arbeit reich zu werden bzw. zu überleben.

Und vielleicht zum Schluss eine Entwarnung: Gemeinfreiheit heißt nicht, dass die Werke nicht mehr verkauft werden dürfen. Das dürfen sie auch weiterhin. Es verfallen nur jegliche exklusiven Schutzrechte, sprich, alle könnten sie verkaufen. Und wer will, kann ja die Schöpfer*innen auch direkt unterstützen.

philipp1981 13 Koop-Gamer - 1617 - 12. März 2014 - 20:53 #

Glaubst du, dass diese Remixes irgendjemand spielen will?

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 29. März 2014 - 18:27 #

Die Leute spielen zu Millionen auch jährlich erscheinende Titel wie Fifa oder CoD. Wieso sollten Remixes da weniger interessant sein?

drako 16 Übertalent - 4165 - 12. März 2014 - 22:56 #

"(Also, da ich diesen Artikel gerade verfasst habe: Falls ich in etwa 40-50 Jahren sterben sollte, müsstet ihr dann daraufhin noch weitere 70 Jahre warten, bis ihr diesen Artikel gemeinfrei nutzen könntet. Ich bezweifele mal, dass das irgendwer von euch Leser*innen noch erleben dürfte.)"

So wie ich das sehe sind Userartikel hier unter CC lizensiert, mit den Berechtigungen sie in jeglicher Form zu verteilen, zu bearbeiten und das sogar kommerziell - also nichts mit warten ;) (Nun gut ist zwar nicht wirklich "gemeinfrei" nach Definition, aber ich denke es kommt den ganzen recht nah und ist in diesem Sinne aktzeptabel).

Aber das ist auch der Punkt, nicht das Urheberrecht ist das Problem. Das Urheberrecht ist der ein Schutz für den "Künstler", so das er die volle Kontrolle über sein "Werk" hat und behält. Ob es nun sinnvoll ist das es bis 70 Jahre nach dem Tod gültig ist darüber kann man diskutieren (meiner Meinung nach braucht der Künstler keinen derartigen Schutz über seinen Tod hinaus).

Aber worauf ich hinaus will ist, lasst doch dem Künstler die Entscheidung wie er mit seinem Werk umgehen möchte. Ob er es es komplett frei veröffentlicht oder über Creative Commons oder altmodisch kommerziell.

Zum Glück gibt es immer mehr Leute die ihre Werke unter Creative Commons oder komplett frei veröffentlichen, aber sowas brauch Zeit bis es in der Gesellschaft ankommt.

Ultrabonz 14 Komm-Experte - 2316 - 13. März 2014 - 18:44 #

Schöner Artikel. Solche Gedanken hatte ich auch schon. Wir sehen uns vor Gericht!
Ich habe in dieser Frage (noch) keine eindeutige Meinung. Bei einem Buch ist es viel einfacher. Meistens wird das von einer einzigen Person geschrieben. Wenn die Person stirbt, dann ist der Schutz weg (oder eben 70 Jahre danach, darüber kann man streiten).
Ein Spiel wird inzwischen von 100 Leuten oder so gemacht, und die Rechte gehen an den Publisher...meistens, nehme ich an. Der Publisher stirbt (leider?) nie, was also passiert mit dem Schutz?
Das mit der schöpferischen Qualität ist so ein Ding. Viele Schriftsteller oder Philosophen wurden erst posthum berühmt. Wie also können wir heute darüber bestimmen, was besonders wertvoll ist und was nicht? Ich glaube gerade bei kreativen Werken gibt es keine Gerechtigkeit. Entweder man hat Glück oder eben Pech, das ist das Risiko, dem sich auch ein sehr kreativer und talentierter Mensch aussetzt.
Auf jeden Fall bin ich gegen extreme Vorgehensweisen. Einfach alles für immer schützen oder gar nichts gar nie, das fände ich falsch. Es muss ein Mittelweg geben und ich glaube auch, dass man immer wieder von neuem darüber diskutieren und streiten muss, was genau und wie genau man schützen will. Ich glaube nicht daran, dass man diese Fragen endgültig und für alle Zeiten beantworten kann. Das macht's natürlich nicht einfacher.

drako 16 Übertalent - 4165 - 13. März 2014 - 19:57 #

Ein großes Problem ist doch, wie schon von dir richtig angedeutet, das man in der Diskussion nicht unterscheidet zwischen einem einzelnen Urheber (z.B Autor) und einer Geminschaftsarbeit/Auftragsarbeit (z.B Publisher).

Eine Sache sollte man auch nie außer acht lassen, die finanziellen Mittel die ein solcher Schutz ermöglicht führen meistens zu der finanzierung weiterer "Werke". Nur wenn ein Urheber oder ein Publisher genügend Einnahmen hat dann kann er auch an weiteren "Werken" arbeiten. Ansonsten wird seine Produktivität leiden, wenn er
für seinen Lebensunterhalt noch 8 Stunden in der Fabrik arbeiten muss.

Sicherlich kann man über den einen oder andere Punkt diskutieren, aber wie so oft wird einfach nur verallgemeinert. Jede Gruppe versucht für sich den größten Vorteil rauzuholen ohne die langfristigen Auswirkungen zu betrachten. Und eigentlich geht es ja um "Luxusprodukte", ob ein Werk "besonder wertvoll" ist, ist auch ein rein subjektiver Standpunkt in der Kunst der sich auch mit der Zeit in der gesamten Gessellschaft ändert.

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 29. März 2014 - 18:48 #

Die Problematik von gemeinschaftlichen Werken lässt sich wohl leider nicht so einfach klären. Und wie gesagt, ich bin nicht so sehr in Jura bewandert.

Zu den Schutzrechten und der Dauer: Sicher wird in den Zeiträumen damit Geld verdient, aber das greife ich auch gar nicht an, ich wollte vor allem die Dauer der Zeiträume in Frage stellen. Kein Mensch wird doch 60 Jahre nach Veröffentlichung eines Werkes das Geld nutzen, um das nächste Werk zu schreiben, selbst 30 Jahre sind in dem Fall ein sehr langer Zeitraum.
Und selbst nach Ablauf der Zeit soll es ja nicht verboten sein, mit den Werken Geld zu verdienen. (Und, was PC-Spiele angeht: So viel Geld wird mit alten Titeln sicher nicht verdient, dass sich dadurch Neuentwicklungen finanzieren lassen.)

drako 16 Übertalent - 4165 - 30. März 2014 - 8:20 #

Siehe Lovecraft dessen Werke in den letzten Jahren eine höhere Nachfrage haben, lange nach seinem Tod. Soweit das es sich für einige Verlage auch lohnt spezielle Hardcover zu veröffentlichen die schon hohe Preise haben.
Das Problem ist man kann nicht sagen ob noch etwas nach 30 Jahren wieviel Gewinn abwirft, aber es ist durchaus möglich. Und da halte ich es nur für fair wenn der Urheber davon auch profitiert, wenn er denn will. Das vergessen immer einige bei der Diskussion, es gibt ja durchaus Urheber und Firmen die ihre Werke nach einigen Jahren ihre Werke frei zur Verfügung stellen. Aber da denke ich ist ein guter Ansatzpunkt das man den Urheber/Firma das entscheiden lässt.

Sicherlich kann man darüber diskutieren ob ein einzelner Urheber diesen Schutz auch noch bis zu 70 Jahre nach dem Tod benötigt. Ich persönlich hätte kein Problem damit wenn bei meinen Werken nach dem Tod das Schutzrecht verfällt, weil es mich dann ja auch garnicht mehr betrifft, aber ich hätte schon gerne die Kontrolle darüber was mit meinen Werken passiert, währen meiner Lebenszeit.
Ein gutes Beispiel ist eine Fotografin die ihr Foto auf einer, sagen wir mal, politisch fragwürdigen Seite gefunden hat. Und da finde ich es schon gut das sie als Urheber sowas unterbinden kann.
Auf Spiele übertragen könnte ich es verstehen wenn eine Firma es nicht begrüßt das ihre Animationen, Modell usw. im zweiten KZ Manager erscheinen weil sie allgemeingut sind.

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 3. April 2014 - 1:36 #

Ja, der gute Lovecraft. Quasi all seine Werke sind inzwischen gemeinfrei und daher u.a. hier zu finden: https://en.wikisource.org/wiki/Author:Howard_Phillips_Lovecraft
Etwas seltsam finde ich, dass gewisse "post-hume" Gemeinschaftwerke noch bis zu über 50 Jahren vom US-Copyright geschützt sind. Aber das alles erklärt auch die geringen Buchpreise für diese Sammeleditionen, die ich mir mal in Irland gekauft habe.

Ganz ehrlich, nur weil irgendwas in 30+ Jahren nach Veröffentlichung mal Gewinn abwerfen könnte, sehe ich es nicht ein, dieses Werk für eine noch längere Zeit unter speziellen Rechtsschutz zu stellen. 30 Jahre sind eine verdammt lange Zeit und manche Leute haben halt Glück und manche Pech.
Wer nach Ablauf der Schutzrechte Geld verdienen will, kann es ja auch weiterhin tun, nur eben nicht mehr exklusiv. Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass Versionen eines Werks mit Vor- und Nachwort von Autor*innen sich auch dann noch gut verkaufen würden.

Und Werke ewig schützen, damit die Urheber*innen darüber immer die Kontrolle haben. Das sehe ich ähnlich wie oben: Für einen gewissen Zeitraum ja, aber eben nicht für immer. Wenn danach die eigenen Werke dann für politische Propagande oder wahllose Werbezwecke umgenutzt werden, dann ist das zwar tragisch - aber eben auch Pech. Nur weil irgendwann irgendwas passieren könnte, sehe ich keinen Grund für einen so umfassenden Rechtsschutz.
Wenn Nazis in ferner Zukunft (und nach einer Reform des Urheber*innenrechts) mal meine Texte für ihre widerliche Propaganda nutzen wollen, dann würde ich dem eben öffentlich widersprechen, sofern ich noch lebe. Diese (sehr unwahrscheinliche) Möglichkeit wäre für mich aber kein Grund, einen lebenslangen Rechtsschutz auf meine geschaffenen Werke zu fordern.

Was Diskrimierung und Verhetzung angeht, sehe ich die Problematik eh nicht beim Urheber*innenrecht, sondern schlicht im Strafrecht, wenn so etwas öffentlich verbreitet wird.

Decius 14 Komm-Experte - 2154 - 13. März 2014 - 20:37 #

Mmhh ein interessantes Thema aber leider finde ich deine Argumentationskette nicht wirklich überzeugend. Du wirfst da viel zusammen das nicht zusammengehört. Nur weil sich ein Spiel von einem anderen inspirieren lässt, muss doch die Inspirationsquelle nicht gemeinfrei sein. Was hat der Teufel, „Was, du hast Basisbau in deinem Spiel? Wir sehen uns vor Gericht!“, den du da an die Wand malst, mit der Notwendigkeit zu tun die Rechte an Spielen aufzugeben? Warum ist die Einbettung eines Werkes in einen gesamtkulturellen Zusammenhang ein Argument dafür, dass man die Rechte daran aufgeben soll? Wenn ich ein Buch schreibe, ist das natürlich auch Ergebnis meiner kulturellen Sozialisation, trotzdem habe ich Rechte an meinem Werk. Entscheidend ist nur das die künstlerische Fallhöhe erreicht wurde.

Ich verstehe auch nicht den großen Nutzen, den diese Enteignung bringen soll. Klar wäre es schön, wenn ich ältere Spiele einfach frei spielen könnte, nur wäre das nach deinen Forderungen eher weniger der Fall als jetzt. Dein Argument dazu ist: „Klassiker würden für die junge Spieler*innengeneration anspielbar“. Warum denn nur dann und wie begründest du die Existenz von GOG? Nur die Möglichkeit damit noch einmal Geld zu verdienen bringt jemanden dazu Spiele auf neue Plattformen und in neue Sprachen zu konvertieren, gerade das klappt offensichtlich sehr gut und nicht wie angedeutet nicht.

Ganz schwach finde ich auch das Argument: „Und es würde andererseits auch die ganzen Abandonware-Seiten endlich legalisieren.“ Was soll das denn heißen? Wenn wir Tötungen erlauben, haben wir keine Morde mehr? Seit wann ist es Aufgabe des Gesetzgebers Illegales zu verhindern, indem er es legalisiert. So etwas passiert natürlich schon ab und an, siehe Drogenproblematik aber dort gibt es gute gesamtgesellschaftliche Gründe dafür, die ich in deinen Erklärungen nicht finde.

Wozu also wäre die Freigabe nach Zeit X gut? Was erreicht man damit das den Eigentumsverlust ausgleicht?

Dominius 18 Doppel-Voter - P - 10019 - 29. März 2014 - 18:54 #

Eine gemeinfreie Inspirationsquelle kann halt rechtlichen Ärger ersparen. Es sind schon Künstler*innen verklagt worden, weil sie sekundenlange Samples in einen Liedern genutzt haben. Es gibt also vermutlich keine untere Grenze, was das angeht. Und die Tendenz geht ja mMn eher zu restriktiveren Schutzrechten, daher finde ich es nicht abwegig, dass irgendwann reine Ideen unter Schutz gestellt werden - sowas ist ja heute schon bei Software-Patenten der Fall.

Ob nur Geld Menschen motiviert, etwas zu tun, ist sicherlich streitbar, ich würde das aber ablehnen. Sonst gäbe es ja vermutlich auch keine größere free-software-Community. Und so etwas wie SCUMMVM ist freie Software, damit wird kein Geld verdient und das ermöglicht es, ältere Titel auf neueren Systemen zu spielen.

Abandonware ist nicht per se illegal, sondern befindet sich in einer rechtlichen Grauzone. Dies mit Morden zu vergleichen ist ziemlich polemisch. Diese rechtliche Grauzone würde bei dem Verfall der entsprechenden Schutzrechte aufgelöst und würde für alle Beteiligten Rechtssicherheit bieten. Schaden sehe ich da keinen.

Die Idee hinter dem Verfall von diesen Schutzrechten ist die, dass nach einiger Zeit Kulturgüter einfach Teil eines gemeinsamen, menschlichen Gesamterbes werden, was nicht mehr kommerziellen Verwertungszwängen unterworfen ist, sondern allen frei zugänglich ist - und zwar für immer. Das ist quasi unbezahlbar und da ich Ideen nicht als Eigentum anerkenne, sehe ich den Eigentumsverlust auch nicht, aber selbst wenn, dann würde ich sagen, ist das verschmerzbar.