User-Interview

Sebastian Till über Humanity's Silence User-Artikel

Admiral Anger 28. Januar 2014 - 14:41 — vor 10 Jahren zuletzt aktualisiert
Rund 2000 Euro benötigt der Berliner Indie-Entwickler Sebastian Till – alias BrightBit – für die Entwicklung seines ersten Adventures Humanity's Silence. Das Geld dafür sammelt der 30-Jährige momentan über die Crowdfunding-Plattform Indiegogo. Im Interview erzählt er über sein Projekt und die Finanzierung durch den Schwarm.
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Spätestens seit Tim Schafers Erfolg auf Kickstarter ist die Vorfinanzierung von Spielen durch die Crowd in aller Munde. Während große Produktionen dabei auf Zahlungen im fünfstelligen Bereich angewiesen sind, braucht Sebastian Till nur 2.000 Euro, um damit die Entwicklung seines ersten Adventures zu finanzieren. Humanity's Silence nimmt den Spieler mit auf ein Abenteuer auf einem fremden Planeten und stellt ihn vor moralische Probleme. Im Interview gibt der deutsche Entwickler, der im Internet unter dem Pseudonym BrightBit auftritt, einen Einblick in sein Projekt.

GamersGlobal: Stell Dich doch zuerst einmal kurz vor.

Sebastian Till: Ich bin Computervisualistikstudent in Magdeburg und auch wenn es klischeehaft klingt, aber ich wollte schon immer Computerspiele entwickeln. Allerdings hatte ich dann doch erst relativ spät gelernt zu programmieren, so ungefähr mit 13 Jahren. Gespielt hatte ich schon davor, zum Beispiel Hase und Wolf auf einem KC 85 oder Leisure Suit Larry auf einem Schneider PC mit einer Taktfrequenz von 8,25 Mhz. Richtig gelesen: Eine Taktfrequenzangabe mit einem Komma. Durch meine zurzeit laufende Indiegogo-Kampagne möchte ich jedenfalls endlich mein erstes offizielles Spiel verwirklichen.

GG: Humanity's Silence ist in einem sehr düsteren Szenario angesiedelt. Um was genau geht es im Spiel?

Till: Die vierköpfige Forschungsmannschaft eines abgestürzten Raumschiffs muss auf einem zunächst unbekannten Planeten ums Überleben kämpfen. Der Spieler hilft dabei durch das Zuweisen von Aufgaben, wie zum Beispiel dem Jagen nach Nahrung, dem Steigern der Moral oder dem Auftanken des Raumschiffes, welches noch einige funktionierende Geräte enthält, die für das Überleben wichtig sind. Zufällige Ereignisse, moralische Entscheidungen und Konflikte zwischen den Charakteren sorgen für einen zusätzlichen Schwierigkeitsgrad. Die Aufgaben müssen dabei geschickt zugewiesen und Konflikte sinnvoll gelöst werden, damit man lange genug der Hauptaufgabe – der Erforschung der verheerenden Hintergründe des Absturzes – nachkommen kann.

GG: Optisch erinnert der Titel an klassische 90er-Jahre-Abenteuer. Erwartet uns also nur ein weiteres Point-and-Click-Adventure?

Till: Ein weiteres sehr gutes Point-and-Click-Adventure wäre doch schön! Dennoch unterscheiden sich einige Aspekte von Humanity's Silence schon noch deutlich von traditionellen Adventures. Leider gibt es Abstriche beim grafischen Umfang. Wenn man sich aber auf das einlässt, was ich erzählen möchte, erwartet einen dennoch eine besondere Spielerfahrung. Das klingt vermutlich nach Marketing, da ich von der Story noch gar nicht viel zeigen konnte. Wäre alles schon fertig, bräuchte ich allerdings auch die Indiegogo-Kampagne nicht.

GG: Gibt es Spiele, die Dich bei der Entwicklung inspiriert haben?

Till: Die auffälligste Inspirationsquelle ist wohl das Spiel Gods Will Be Watching von Deconstructeam. Ein Freund hatte es mir gezeigt, der meinte, dass es in weniger als 72 Stunden auf einem Ludum Dare Game Jam entwickelt wurde. Da deren Entwickler unter anderem fünf verschiedene Künstler hatten, fürchte ich, dass ich wohl etwas mehr Zeit brauchen werde.

GG: Was ist Deiner Meinung nach das Besondere an Humanity's Silence?

Till: Neben der Grafik und der Musik vor allem die Geschichte und dessen Auflösung. Ich glaube, dass sich die meisten Menschen nur sehr selten von Argumenten beeinflussen lassen. Wenn ich jemandem sage, dass er sich ungesund ernährt, wird demjenigen das vermutlich egal sein. Wenn dieselbe Person aber tatsächlich gesundheitliche Probleme bekommt, fängt sie wahrscheinlich eher an darüber nachzudenken und etwas zu ändern. Es ist meiner Meinung nach daher häufig sinnvoller, einem Menschen Dinge zu zeigen, statt sie zu erkären. Und das, was Humanity's Silence zeigt, wird das Besondere sein.
 
Ganon 27 Spiele-Experte - - 83932 - 28. Januar 2014 - 15:22 #

Sehr schönes Interview. Hat ich daran erinnert, dass ich mich da ja noch beteiligen wollte. ;-)
Interessant, wenn auch vielleicht etwas unangenehm, hätte ich die Frage gefunden, was mit dem Projekt geschieht, sollte die Kampagne scheitern.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 28. Januar 2014 - 16:15 #

Ich vermute, es wird (etwas) später erscheinen. 2.000 € sind ja selbst für einen Studenten nicht völlig unerreichbar ;)

Loco 17 Shapeshifter - 8999 - 28. Januar 2014 - 16:56 #

Ist das so? Ich sehe aktuell keinen Grund das Projekt zu unterstützen. Klingt weder vielversprechend, noch gefällt mir die Techdemo besonders gut. Das Video ist mir zu langweilig aufgezogen und allgemein motiviert mich nichts dazu auch nur einen Euro zu spenden. Wobei, einen Euro kann man ja eigentlich immer spenden :)

BrightBit 02 Sammler - 5 - 28. Januar 2014 - 17:55 #

Was das Video und die "Techdemo" betrifft, kann ich dir nicht mal widersprechen. Mir ist selbst klar, dass es bisher nicht so viel zu sehen gibt. Dennoch würde ich gerne auf den folgenden Comic verweisen. ;)

https://xkcd.com/1055/

@Ganon: Da ich bereits viel Arbeit in das Spiel gesteckt habe, werde ich es auf jeden Fall fertigstellen. Die Frage wäre dann nur: Wann?

exQuinOx (unregistriert) 28. Januar 2014 - 20:15 #

Die viel wichtigere Frage:
Was kostet es denn, das Spiel sofort konsequent fertigzustellen?

Bei diversen Kickstarterprojekten frage ich mich, ob die Ersteller überhaupt einen Finanzplan haben. Eine realistische Vorstellung davon, wieviel Geld sie benötigen, um das versprochene Ergebnis in der versprochenen Zeit liefern zu können. Klar, 2000 Euronen haben ist (für das Spiel und den Entwickler) besser als 2000 Euronen nicht haben... aber es kann ja nicht das Ziel sein, das Spiel damit von (beispielsweise) 20% auf 30% Fertigstellungsgrad zu bekommen.

Als vielfacher Backer erwarte ich von Crowdfundern, dass der Betrag, den sie einstellen, der Summe entspricht, die realistisch notwendig ist, das Projekt auf 100% zu bekommen. In der angegebenen Zeit, nicht irgendwann. Zwar ohne Garantie, aber zumindest nach bestem Wissen und Gewissen!

Sobald ich merke, dass jemand eigentlich Summe X braucht, aber absichtlich nur Summe Y < X einstellt, nehme ich selbst bereits abgegebene Pledges wieder zurück, solange es möglich ist.

BrightBit 02 Sammler - 5 - 28. Januar 2014 - 22:42 #

Bezieht sich deine Kritik oder Anmerkung auf meine Antwort zur Frage, ob die 2.000 Euro für ein vollwertiges Spiel überhaupt reichen?
Da ich darauf antwortete, es würde eigentlich nicht reichen, ist dein Einwand natürlich gerechtfertigt. Mir war nicht klar wie meine Antwort noch aufgefasst werden kann, denn natürlich würden mir die 2.000 Euro reichen um das Spiel fertigzustellen. Als Angestellter in einer Firma empfände ich 1.000 Euro pro Monat für vergleichbare Arbeiten allerdings als sehr wenig.
Da zeigt sich leider, dass ich noch Erfahrung sammeln muss, denn meine Interview-Antwort würde ich jetzt gerne ändern. :)

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 28. Januar 2014 - 22:46 #

Dann schick dem Admiral eine PN - der lässt vielleicht mit sich reden ;)

BrightBit 02 Sammler - 5 - 28. Januar 2014 - 23:05 #

Ok, habe ich, mal sehen, ob er es macht. :)

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83416 - 28. Januar 2014 - 23:06 #

Keine Sorge, wir stehen ja sowieso schon in Kontakt. Und warum sollten wir hinter eurem Rücken was an dem Interview drehen, nur weil einige User Nachfragen stellen? Ist doch schön, wenn das diskutiert wird. ;)

exQuinOx (unregistriert) 29. Januar 2014 - 4:05 #

Kritisch sind meine Kommentare immer, also nicht übel nehmen bitte ;) Deine Offenheit im Interview macht die Sache wieder sympatisch (auch wenn dadurch natürlich der sich aufzwingende Verdacht bestätigt wird, aber der Verdacht wäre auch ohne Interview da).

Dein Grafikstil gefällt mir sehr. Sieht definitiv nach mehr als 2000 Euro aus. Weitreichende Entscheidungen klingt auch prima, schreit aber auch nach mehr als 2 Monaten Entwicklungszeit. Daher würde mich ein Finanzierungsziel von 10-15k+ und mindestens 6-9 Monate Entwicklungszeit viel eher zum Backen animieren als die genannten 2k für 2 Monate.

Grundsätzlich backe ich gerne kleinen Projekte wie Deins, die sonst auf dem Markt keine Chance hätten, anstatt "the next big thing". Über 2 Projekte hatte auch ich auf GG mal eine News verfasst ("Enemy" auf Kickstarter und "Underrail" auf Desura), um die ein wenig zu pushen. Ich drück Dir also ehrlich beide Daumen! Für den Fall, dass Du das Projekt mit 15k und 9 Monaten nochmal (aus meiner Sicht dann "ernsthaft") einstellen solltest, dann werfe ich auch Geld ein. Trau Dich ruhig, man sieht doch, dass Du was kannst!

Green Yoshi 22 Motivator - P - 36258 - 29. Januar 2014 - 17:31 #

Ich glaube kaum, dass man als No-Name 15k auf Indiegogo erzielt, selbst auf Kickstarter ist das ein ehrgeiziges Ziel. Und der eine Euro wird dich schon nicht umbringen, aber ist natürlich Deine Entscheidung wofür Du Dein Geld ausgibst.. ^^

exQuinOx (unregistriert) 29. Januar 2014 - 21:30 #

Das mag durchaus sein. Mir fehlen zu diesem Thema leider Fakten und Zahlen, um mir da eine diskutable Meinung zu bilden.

Was ich glaube wahrzunehmen (aber rein subjektiv) ist, dass die eingestellten Summen bei Indigogo im letzten Jahr deutlich gestiegen sind und immer öfter bei 10k oder mehr liegen. Und dass es gerade diese "realistischeren" Projekte sind, die dann auch eher durchkommen, während die "Mini-Projekte" mit 1-2k in der Regel sehr deutlich scheitern, oder das andere, aber seltene Extrem: zig-fach überzeichnet werden. Zumindest Letzteres ist bei Humanitiy's Silence vermutlich nicht mehr zu erwarten.

Ich hatte mich dazu damals mit Tom Johnson unterhalten, Progger von "Enemy" auf Kickstarter, der 15k eingestellt hatte und dann 18k bekam, allerdings auch erst im 2. Anlauf. Und seine Antwort war (sinngemäß): You cannot expect to be trusted, if you don't trust yourself.

vicbrother (unregistriert) 6. Februar 2014 - 21:55 #

2.000€ entsprechen aus meiner Erfahrung ca. 2 Monate studentische Lebenshaltungskosten ;)

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83416 - 6. Februar 2014 - 22:31 #

Ich wäre echt glücklich gewesen, wenn ich damals so viel Kohle bekommen hätte... :P

vicbrother (unregistriert) 7. Februar 2014 - 12:22 #

Rechne einfach die Teuerung heraus, dann relativieren sich die Zahlen.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 7. Februar 2014 - 15:38 #

4.ooo,- DM für zwei Monate???
Sooo viel teurer ist eigentlich nix geworden, nicht mal der Pizzadienst...

vicbrother (unregistriert) 7. Februar 2014 - 18:16 #

Hamburger Mieten sind schon sehr hoch...

Kommentator (unregistriert) 29. Januar 2014 - 21:41 #

Tolles Obama-Lächeln.

NamenSindSchallRauch (unregistriert) 29. Januar 2014 - 22:17 #

Netter "Jung-Gamedesigner". Die Idee und Story würde mich sogar ansprechen, aber der Grafikstil ist so überhaupt nicht mein Geschmack, leider. Wünsche aber in jedem Fall viel Glück & Erfolg.

saxz 14 Komm-Experte - 2002 - 29. Januar 2014 - 22:39 #

Mit 13 Jahren "erst" Programmieren gelernt? Sind das wirklich immer so "Überkinder"? Mich hätte echt mal interessiert, was das dann in den Folgejahren während der Jugend so für Programme geworden sind. Da hätte ich mir ja mit Mitte 20 ja glatt sparen können, Java zu lernen ;)

Hatte echt mal eine zeitlang überlegt, ob ich in der Richtung was machen will. Aber mit den tollen Arbeitszeiten und entsprechenden Lohn blieb es dann eher beim Hobby.

Achso, fast vergessen: danke für das Interview. War interessant zu lesen! :)

MicBass 21 AAA-Gamer - P - 28976 - 29. Januar 2014 - 23:11 #

Bei dem "mit 13 Jahren erst" musste ich auch schmunzeln. Aber wer weiß...ich kenn mich in der Programmiererwelt nicht aus. :)

Danke für das schöne Interview und viel Erfolg mit dem Projekt!

Mr. Tchijf 17 Shapeshifter - - 6438 - 29. Januar 2014 - 23:55 #

Schöne Sache und schönes Interview! Wünsche viel Erfolg :-)

Vampiro Freier Redakteur - - 121681 - 30. Januar 2014 - 1:35 #

Sehr schönes Interview! Vielen dank dafür, und dem Projekt viel Erfolg!

Was ist denn die angedachte Spielzeit?

BrightBit 02 Sammler - 5 - 30. Januar 2014 - 12:55 #

Vielen Dank! :) Zur Spielzeit: Das ist so früh etwas schwer zu sagen, aber ich würde sie momentan auf ca. zwei Stunden schätzen. Durch die verschiedenen Dialogoptionen käme allerdings auch noch ein gewisser Wiederspielwert dazu.

Vampiro Freier Redakteur - - 121681 - 1. Februar 2014 - 22:33 #

Vielen Dank :-) Das klingt ja gut! Ich denke, ich schaue mir die Tage mal die Bezahloptionen bei Indiegogo an und hoffe auf KK :)

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266681 - 30. Januar 2014 - 15:11 #

Tolles Interview! :)

firstdeathmaker 18 Doppel-Voter - 9333 - 30. Januar 2014 - 20:13 #

Jaja, Spiele programmieren ist leider für die meisten eine recht brotlose Kunst. Und irgendwie sieht man alleine an diesem Beispiel, mit wie wenig Lohn die Leute heute schon zufrieden sein müssen wenn sie ernsthaft so kleine Indygames entwickeln.

Ich weis ja nicht wie die Kalkulation dahinter aussieht, aber 2000 € halte ich dann doch für sehr wenig. Ist das für Vollzeitarbeit gedacht, oder ist das Projekt eher ein "Hobbywerk" und wird eigentlich durch einen richtigen/Teilzeitjob Querfinanziert?

Leider fällt das Spiel überhaupt nicht in mein Interessengebiet, aber ich wünsche trotzdem alles Gute und vor allem ein starkes Durchhaltevermögen. Ich weis, wie hart es ist, ein solches Projekt bis zum letzten Ende durchzuziehen.