Kunst, Spiele und Grillkäse

Notgames Fest 2013 User-Artikel

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Die Spielstationen von innen (links) und von außen (rechts) 

Müssen sich Spiele auf der Gamescom immer noch hinter meterhohen Kisten verstecken, präsentiert sich das Notgames-Fest deutlich offener für seine Besucher. Jeder ist eingeladen, die kleine Auswahl an Spielen so lange er möchte zu erkunden. Einzig ein durchsichtiger Vorhang aus weißen Stofffäden trennt den Spieler von den Zuschauern. Ein großer Innenraum genügt für die gesamte Ausstellung, in dessen Mitte eine gemütliche Atmosphäre durch Sitzsäcke und leicht gedimmtes Licht zum Entspannen und Verweilen einlädt. Was besonders auffällt, ist die Ruhe, die im Raum herrscht. Die Besucher unterhalten sich in einer Lautstärke, die eher an ein Museum oder eine Bücherei erinnert. Ein Beamer projiziert das PS3-Spiel Noby Noby Boy auf eine große, zentrale Leinwand. Die verspielte und poppige Musik bildet den Kontrapunkt der viel zu steifen Unterhaltungen. Nach und nach wird es auch den Besuchern bewusst und sie lockern auf, fangen an zu lachen, wenn etwas Lustiges auf den Bildschirmen passiert und kommen miteinander ins Gespräch. So etwas habe ich bisher in keinem Museum erlebt und ich frage mich zum ersten Mal, warum eigentlich nicht? Wenn es das ist, was Kunst oder Kultur und Videospiele immer noch trennt, dann bin ich froh kein Künstler zu sein! 

Die Playstation-Controller liegen frei herum, jeder ist eingeladen sich niederzulassen und eine Runde zu spielen. Ja, ihr lest richtig, spielen. Obwohl es der Name eigentlich verbietet, so ist das Spielen beim Notgames Fest ein elementarer Bestandteil. Es sind die Spiele selbst, die sich dadurch auszeichnen, die Erwartungen zu brechen, Bekanntes aufzulösen und den Begriff Spiel wieder zu seinen kindlichen Wurzeln führen. Anfassen erlaubt! Ausprobieren erwünscht! 

Gesagt, getan und auch ich sitze an einem aus Pappe zusammengebasteltem Tisch vor Maus und Tastatur und beginne mein erstes Abenteuer: Kyoto. Auch bei mir setzt direkt das bekannte Muster ein: Was soll ich tun, wie komme ich ans Ziel? Doch in Kyoto gibt es kein vom Spieler erreichbares Ziel. Es hört einfach irgendwann auf und ich habe keinerlei Einfluss darauf. Bis zum unvermeidlichen Ende erlebe ich allerdings genug, um darüber einen eigenen Artikel zu verfassen. Doch wie schreibe ich über ein Spiel, das jeder, der davor sitzt, anders erlebt? Zum wiederholten Mal wird mir bewusst, wie festgefahren ich selbst bin, was mein Bild von Testberichten und Spielejournalismus angeht. Kein Wunder, dass niemand sich traut, für Thirty Flights of Loving (welches leider nicht beim Notgames Fest vertreten war) eine Wertung zu vergeben. Wie bewerte ich subjektive Erfahrung mit einer Note, die objektiven Kriterien zu Grunde liegt? Was kann ich also über Kyoto sagen? Ich schreibe einfach über meine persönliche Erfahrung mit dem Spiel, ohne den Anspruch auf Richtig- oder Vollständigkeit.

Kopfhörer aufziehen, Maus in die Hand, Augen auf: Vor mir steht ein Baum mit neongelben Blättern. Eine kleine Wiese umgibt ihn. Es ist Nacht, der Himmel ist sternklar, ich sehe den Mond und bemerke, die Dunkelheit auf der Erde ist ein See, auf dessen Oberfläche sich alles leicht verwaschen spiegelt. Und ich? Ich fahre mit der Maus umher. Ich bin der Wind und beeinflusse Teile dieser Welt und doch kann ich sie nicht kontrollieren, vielmehr bin ich nur ein Element des Spieles selbst. Das ist Kyoto. Ich kann ein wenig Musik machen, indem ich auf aufziehende Sterne klicke, kann das Polarlicht am Himmel bewegen, doch am Ende ändert das alles nichts. Warum also spielen, wenn mein Einfluss begrenzt ist? Ich finde noch keine Antwort darauf, aber es ist schön der Teil einer Welt zu sein, in der ich spiele, aber eben nicht ihr Hauptdarsteller bin. Die Musik ist wunderschön, das Artwork minimalistisch und zauberhaft, doch das ist nicht der Grund warum es mich fesselt. Am Ende ist es die Erfahrung die ich gemacht habe, die mir Kyoto ermöglicht hat. Ein Spiel muss mich nicht zu seinem Helden machen, sondern in seine Welt ziehen, um dort meine kindliche Neugier anzuregen. Habe ich vor 15 Jahren so meine ersten Spiele erlebt? Ich weiß es nicht mehr, aber ich hoffe, es ist so gewesen. Ich verstehe wieder, warum ich eigentlich angefangen habe zu spielen.
 
Ich kann diese Welt nicht beeinflussen, ich bin nur ein Teil des Ganzen.
 
Serenity 15 Kenner - 3520 - 28. August 2013 - 12:26 #

Sehr schöner Artikel, interessant zu lesen, danke dafür. The Plan und Shelter werd ich mal genauer anschauen ;-)

RoT 21 AAA-Gamer - P - 26097 - 28. August 2013 - 12:32 #

danke für den artikel :)

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266509 - 28. August 2013 - 12:46 #

Schön zusammengefasst. War auch dort und war sehr angenehm...

Waldemar (unregistriert) 28. August 2013 - 13:01 #

Ach menno ich wollte auch hin uns mußte aus zeitgründen absagen. Mist. Hoffentlich wird das ganze nicht erst wieder in zwei Jahren wiederholt.

BruderSamedi 19 Megatalent - P - 13636 - 28. August 2013 - 13:11 #

Danke für die nette Beschreibung, klingt nach einer wesentlich angenehmeren Veranstaltung als die GC.

Admiral Anger 27 Spiele-Experte - P - 83414 - 28. August 2013 - 14:40 #

Großartiger Artikel, Kudos dafür.

Wuslon 20 Gold-Gamer - - 21567 - 28. August 2013 - 22:01 #

Cooler Artikel!