Szenario 2: iPhone erreicht Spieler, die klassische Handhelds nicht interessieren

Was macht den Appstore eigentlich so erfolgreich? Laut einer Statistik von Admob laden die Besitzer von iPhones und iPods zwar mehr kostenpflichtige Titel pro Monat herunter als Besitzer eines Android-Handys, der Umsatz  pro Benutzer und Monat ist jedoch ungefähr gleich. Das scheint zu bedeuten, dass Android-Nutzer im Schnitt sogar mehr Geld pro Softwaretitel ausgeben als Apple-User. Dass dennoch der Löwenanteil des Umsatzes mit dem Appstore gemacht wird, liegt an der großen Zahl verkaufter iPhones/iPods.

Der Appstore scheint also an sich nicht „besser“ als vergleichbare Angebote von Google & Co. zu sein. Dennoch hat sich das Wort App im Sprachgebrauch bereits als Bezeichnung für downloadbare Anwendungen für Mobiltelefone etabliert. In der gleichen Weise, wie der iPod den Begriff MP3-Player nahezu verdrängt hat, schickt sich das iPhone an, mit dem Wort Handy auf Augenhöhe zu kommen (an sich eine erfreuliche Entwicklung, da es das Wort Handy in dieser Bedeutung im Englischen gar nicht gibt, aber sei’s drum). Dabei spielt es keine Rolle, ob andere Plattformen die vermeintlich bessere Technik mitbringen: Wer bei der Aufteilung des mobilen Spielekuchens dabei sein will, kommt um das iPhone nicht herum. Die Frage ist nur, welche Ausmaße dieser Kuchen künftig annehmen wird.

Gesetzt den Fall, das klassische mobile Gaming bleibt die Domäne der Handheld-Konsolen, müssen das iPhone und seine Geschwister durch ihre Alleinstellungsmerkmale punkten. Was hat also ein iPhone, was die anderen Handhelds nicht haben? Zunächst einmal ist da der multitouch-fähige Bildschirm zu nennen. Damit können beispielsweise Zooms und Drehbewegungen um die Z-Achse in unerreicht intuitiver Weise bewerkstelligt werden. Dem gegenüber stehen klassische Steuerelemente und ein Tilt-Sensor bei der PSP sowie ein Touchscreen ohne Multitouch beim DS, dafür aber keine Neigungserkennung. Wirklich einzigartig ist beim iPhone nur die Multitouch-Technologie, die aber in konventionellen Videospielen (noch?) keine oder kaum Anwendung findet. Die eine oder andere Anwendung in Spielen lässt sich dafür sicherlich finden, aber ob diese Spiele vom Marktvolumen her, also was den Gesamtumsatz pro Titel betrifft, mit DS- oder PSP-Produkten konkurrieren können, ist höchst fraglich.

Des weiteren verfügt das iPhone über einen GPS-Empfänger, so dass Positionsdaten des Spielers fürs Gameplay genutzt werden können. Auch hierfür gibt es derzeit im Spielebereich noch wenig Verwendung.

Es steht außer Zweifel, dass die Existenz dieser Technologien die Möglichkeit eröffnet, völlig neue, einzigartige Spiele für das iPhone zu konzipieren, die nur auf diesem spielbar sind. Allerdings scheint es unwahrscheinlich, dass derartige Spiele den angestammten Handheld-Konsolen das Wasser abgraben. Nicht zuletzt sind Handhelds auf das Spielen hin optimiert (bis auf den Analogstick der PSP auf der falschen Seite, aber lassen wir das), Handys und Musikplayer hingegen sollen vorrangig andere Aufgaben übernehmen. Spiele auf iPhone/iPod und ähnlichen Geräten werden also immer Kompromisslösungen sein.

Möglicherweise wird die Masse der Minispiele in Zukunft auf den Apple-Geräten gespielt werden. Dass aber für DS und PSP weniger Vollpreistitel erscheinen werden, ist eher unwahrscheinlich: Immerhin gibt es weltweit rund 60 Millionen Exemplare der PSP  und über 100 Millionen Nintendo DS-Konsolen  . Dagegen stehen zirka 20 Millionen iPhones und ebenso viele iPod Touch, die zum Teil nicht einmal als Spielkonsole genutzt werden (immerhin handelt es sich eigentlich um Mobiltelefone bzw. Musikplayer), so dass ein Spielepublisher schon sehr gut abwägen sollte, ob er den Apple-Geräten gegenüber den klassischen Handhelds den Vorzug gibt.
(weiter auf Seite 4: was passieren muss, damit das iPhone dem Nintendo DS und der PSP den Rang abläuft)