Mari0-Entwickler im Interview

„Indie-Tributes als Werbungsquelle erkennen“ User-Artikel

ChrisL 14. November 2011 - 17:20 — vor 12 Jahren zuletzt aktualisiert
Als wir vor einiger Zeit erstmals über den Indie-Titel Mari0 berichteten, zeigten sich viele Leser an dessen Gameplay interessiert, das Elemente aus Super Mario Bros. und den Portal-Spielen in sich vereint. Aber auch Bedenken in Bezug auf eventuelle Markenrechtsverletzungen und einem anschließenden Stopp des Projekts wurden geäußert.
Dieser Inhalt wäre ohne die Premium-User nicht finanzierbar. Doch wir brauchen dringend mehr Unterstützer: Hilf auch du mit!
Im folgenden Interview unseres Users ChrisL beantwortet Maurice Guégan, neben Sašo Smolej einer der Köpfe hinter dem Zwei-Mann-Entwicklerstudio Stabyourself.net, unter anderem Fragen zum kommenden Mari0, das für Windows, OS X und verschiedene Linux-basierte Systeme erscheinen wird (siehe auch diese GamersGlobal-News), und geht auf Herausforderungen bei dessen Entstehung und den Überlegungen in Bezug auf mögliche Reaktionen der beiden Unternehmen Nintendo und Valve ein. Des Weiteren geht es zum Beispiel um Themen wie die Vor- und Nachteile bei der Entwicklung eines Independent-Titels und welche Voraussetzungen ein „großes“ Entwicklerstudio bieten müsste, durch die sich der Entwickler vorstellen könnte, dort zu arbeiten.

GamersGlobal: Kannst du euch zu Beginn bitte kurz vorstellen?

Maurice Guégan: Wir sind ein Anfang 2011 geformtes Independent-Studio mit dem Ziel, interessante Spielideen in die Tat umzusetzen. Bisher haben wir nur ein Spiel, Not Tetris 2, veröffentlicht, arbeiten aber an unserem nächsten Titel, Mari0.

GamersGlobal: Wie kam es in diesem Jahr zu der Gründung des Stabyourself-Teams? Wie seid ihr aufeinander aufmerksam geworden?

Maurice Guégan: Saso und ich kannten uns schon seit Ende 2009 durch ein Forum, und ich hatte schon im Juli 2010 die erste Version von Not Tetris erstellt und zum Download bereitgestellt. Im März 2011 haben wir dann den Namen „Stabyourself.net“ angenommen und seitdem arbeite ich mit Saso zusammen an den Spielen. Ich bin immernoch zu 99% für diese verantwortlich, Saso kümmert sich um die Website und eventuelle Backends.

GamersGlobal: Plant ihr, euer Hobby irgendwann zum Beruf zu machen oder soll es ganz bewusst eine Freizeitbeschäftigung bleiben?

Maurice Guégan: Ich denke, das steht noch in den Sternen. Zurzeit fange ich mein dreijähriges Studium als Software Engineer an und Saso studiert ebenfalls noch. Es wäre schön, unsere Spiele als Indiedeveloper auf Desura oder Steam zu verkaufen, ist bisher aber, auch durch die Natur unserer Spiele bedingt, nur ein Wunschgedanke. Wir müssen sehen, wie sich Stabyourself.net nach der Fertigstellung von Mari0 weiterentwickelt.

GamersGlobal: Gibt es einen bestimmten Bereich, auf den ihr euch bei der Spieleentwicklung konzentriert? Welche Projekte plant ihr für die Zukunft?

Maurice Guégan: Wir achten sehr auf die Qualität der Spiele. Wir denken, dass man ein gutes Spiel „fühlt“, da man merkt, wenn sich ein Entwicklerteam Gedanken über Steuerung und Design gemacht hat. Wenn sich zum Beispiel Mario schwammig oder unpräzise steuert, dann leidet das ganze Spielerlebnis darunter. Für die Zeit nach Mari0 haben wir bisher nur unkronkrete Pläne. Wir denken darüber nach, ein iOS/Android-Spiel zu entwickeln, möchten uns im Moment aber nicht von Mari0 ablenken.

GamersGlobal: Beschreib unseren Lesern, die euer aktuelles Projekt Mari0 noch nicht kennen, doch bitte, was sie erwartet. Welche Features wird das Spiel bieten, was wird das Besondere sein?

Maurice Guégan: Mari0 wird ein Spiel, das zwei Konzepte miteinander verbindet. Zum einen natürlich das klassische Mario, aber dazu kommt dann noch das Konzept von Portal. So läuft Mario mit einer Portalgun herum und kann verschieden Portals setzen. Außerdem werden die Portal-typischen Elemente wie Knöpfe, Gels und Faithplates eingebaut. Das Spiel wird mit den Originalen Levels aus Super Mario Bros., von uns kreierten Puzzle-Levels und einem Level-Editor erscheinen.

GamersGlobal: Gab es bei der bisherigen Entwicklung besondere Herausforderungen, das Mario-Gameplay mit der Idee von Portal zu verbinden?

Maurice Guégan: Die schwerste Frage ist zumeist, wie sehr wir vom originalen SMB-Konzept abweichen dürfen, um den Portal-Elementen gerecht zu werden. Erst kürzlich habe ich die Bulletbills in das Spiel eingebaut und es stellte sich die Frage, ob es vielleicht sinnvoll wäre, wenn Bulletbills auch Gegner töten. In SMB machen diese das nicht, aber durch Portal-Umlenkung der Raketen entsteht ein neues Gameplay-Element und so haben wir uns dazu entschieden, vom Original abzuweichen.

GamersGlobal: Das kommendes Mari0-Spiel hat bereits recht große Wellen geschlagen – wie sind bislang die Reaktionen der Spieler darauf? Habt ihr mit solch einem großen Echo gerechnet?

Maurice Guégan: Wir haben schon ein enormes Feedback bekommen, das meiste davon war positiv und sehr viele Leute wollten wissen, wann denn nun endlich das Spiel rauskommt. Einige haben uns sogar ihre Mitarbeit angeboten. Wir hatten eigentlich keine großen Erwartungen, so hat uns das große Echo schon ein wenig überrascht, aber natürlich auch motiviert, weiter an dem Projekt zu arbeiten und Dinge weiter zu verfeinern.

Der linke Screenshot zeigt euch den dynamischen Splitscreen von Mari0, durch den der Bildschirm geteilt wird, falls sich die Spieler zu weit voneinander entfernen. Im rechten Bild ist blaues Repulsion-Gel zu sehen.

monkeypunch87 14 Komm-Experte - 2656 - 14. November 2011 - 18:21 #

Danke für das Klasse Interview! Mir ist nur nicht ganz klar, welcher User das Interview führt, es wäre schön, wenn man dies im ersten Satz mit erwähnen könnte. Aber das warst bestimmt du, ChrisL, oder?

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 14. November 2011 - 18:25 #

Na gut, gab' es mal eingefügt. :) Danke für das Lob!

monkeypunch87 14 Komm-Experte - 2656 - 14. November 2011 - 18:53 #

Solche "kleinen" User-Interviews würde ich sehr gerne öfter lesen. Sie sind spannend und man kann auch "Kleinst-"Entwickler zu Wort kommen lassen. Für mich sind solche Interviews auf jeden Fall ehrlicher als diese Standard-Marketing-Antworten der großen Studios und Publisher.

Wie kommt man zu solch ein Interview? Hast du einfach bei denen angefragt oder hattest du schon vorher Kontakt?

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 14. November 2011 - 21:12 #

Richtig, ich habe "einfach angefragt" und -- wie man sieht -- eine positive Reaktion erhalten. :)

Crowsen (unregistriert) 14. November 2011 - 21:56 #

Finde das auch sehr schön zu lesen :) Das Interview ist wirklich toll und Maurice wirkt äußerst sympathisch. Ich kann mich da nur monkeypunch anschließen: Würde ebenfalls gerne öfter soetwas lesen :)

heini_xxl 18 Doppel-Voter - P - 9620 - 14. November 2011 - 22:10 #

find auch sehr gut! gibt sonst kaum ein forum, wo man gesammelt solche informationen bekommt.

Sokar 24 Trolljäger - - 48131 - 15. November 2011 - 13:41 #

OSX als Linux-basiert zu bezeichnen, das gibt böses Blut bei den BSDlern ;)
Kurze Erklärung: die Berkeley Software Distribution (kurz BSD, entstand an der Universität von Kalifornien in Berkeley) ist ein direkter Abkömmling von Unix (das wurde von Ken Thompson, Denis Ritchie und anderen in den Bell Labs entwickelt). Linux von Linus Torvalds dagegen ist ein Unix-Klon, sprich es bildet dieses nach und ist in weiten Teilen binärkompatibel (sprich Programme, die für Unix entwickelt wurden funktionieren häufig auch auf Linux, ohne dass sie neu kompiliert werden müssen bzw nur mit kleinen Änderungen), hat aber sonst nichts damit gemein.
Da Linux mit der GPL aber eine Lizenz nutzt, die verlangt, dass Änderungen am Quellcode und daran angehängte Module veröffentlicht werden müssen, entschied Apple sich dafür, BSD mit seiner (für kommerzielle Betriebe mit dem klassischen Geschäftsmodell mit geheimen Quellcode) liberaleren Lizenz als Basis für OSX zu nutzen. So muss Apple nur Teile seinen Quellcodes freigeben (imho nur am Kernel und anderen Teilen, die von BSD übernommen wurden, aber eigene Module und ihr Code, wie die der Oberfläche und anderer Programme nicht). Das ganze kann man hier schön sehen, im Unix-"Stammbaum": http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Unix_history-simple.svg

Aber genug der Klugshicerei, sehr gutes Interview =)
Mari0 ist aufjedenfall ein Titel, den ich im Auge behalten werden, als alter Mario-2D-Platformer-Fanboy. Indie-Titel haben bei mir auch immer einen besonderen Platz, auch wenn mir manche doch zu abgedreht sind (wie kürzlich The Binding of Isaac).

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. November 2011 - 15:50 #

Hallo Sok4R, danke für deinen ausführlichen Kommentar. Der entsprechende Satz ist jedoch als Aufzählung der Systeme formuliert -- OSX wird mMn nicht als Linux-basiert bezeichnet.

Flugtier 10 Kommunikator - 466 - 15. November 2011 - 19:45 #

Das ist wirklich ein sehr schönes Interview. Vielen Dank dafür! Weitere fragen zur Entwicklung selber würden mich noch interessieren. Wie hat sich die Spielidee entwickelt und wie wird an das Projekt ran gegangen. Ein Foto vom Entwicklerteam oder vom Interviewten wären auch schön. Vielleicht kann man sich noch ein wenig von der Seite "IndieGames - The Weblog" abschauen ;) Ich freue mich schon auf weitere Interviews und Artikel über die Indie-Szene.

ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 15. November 2011 - 19:48 #

Auch dir danke für die lobenden Worte! Stichwort Foto: So ein Interview beruht ja auch auf Gegenseitigkeit -- wenn der Gesprächspartner kein Foto veröffentlicht haben möchte, dann muss ich das schlicht akzeptieren, auch wenn es für den Artikel nicht verkehrt wäre. ;)