Konservative Innovation

Die Sinnsuche der Konsolenhersteller User-Artikel

Movit 16. Juni 2013 - 11:00 — vor 10 Jahren zuletzt aktualisiert
Großer Trubel auf der E3 um die neuen Spielkonsolen. Glaubt man dem Feedback, scheinen sie bereits jetzt auf ihrem ureigensten Gebiet zu versagen. Doch betrachtet man die Hersteller genauer, sind ihre Multifunktionsgeräte nur konsequent eine Rückbesinnung auf alte Firmenqualitäten: Konservatismus als Ausweg aus einer Identitätskrise.
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Die großen Pressekonferenzen, Hochglanztrailer und Nebenkriegsschauplätze können nicht ganz übertünchen, dass, nachdem nun alle Konsolenhersteller ihre Marschrichtung enthüllt haben, auf Spielerseite erstmal eines bleibt: Ernüchterung. Nicht, dass die vorgestellten technischen Details und Funktionen schlecht oder die Spiele uninteressant  wären, im Gegenteil: Es handelt sich um konsequente Weiterentwicklungen der bisherigen Technik. Es ist viel mehr die scheinbare Einfallslosigkeit der Hersteller, die den langjährigen Spieler ratlos macht und Spielejournalisten wie Mick Schnelle zu Verzweiflungsschreien veranlassen. Die größte Innovation der neuen Hardwaregeneration scheint demnach zu sein, dass Geräte mit Touchinterface mit den bisherigen Konsolen verknüpft werden können und als „zweiter Bildschirm“ mit Zusatzfunktionen aufwarten. Eine Entwicklung, die aber von Tablets und Smartphones bereits seit längerem geradezu erzwungen wurde. Die Situation ist vergleichbar mit der Präsentation des iPhone 4S, das im Wesentlichen ebenfalls nur ein Hardwareupdate und stringente Weiterführung war, wahre Neuerungen aber vermissen ließ. Mancher tadelte Apple für sein mangelndes Selbstbewusstsein, dem Gerät eine neue „vollwertige“ Versionsnummer zu geben, doch der Konsument spürte instinktiv, dass Apples einstige Innovationskraft im Fall des 4S ein wenig nachgelassen hat. Ähnliches nun auch bei den großen drei Anbietern des Konsolenmarktes. Es ist vor allem ein Zeichen der Ratlosigkeit.

Rechts! Nein, links! Geradeaus?

Der Konsolenmarkt steht am Scheideweg. Nicht am Abgrund, wie einst beim Video Game Crash 1983, aber an einem Punkt, an dem niemand so genau vorhersagen kann, wohin der Weg führen wird. Die großen Drei, die nach sieben verlustreichen Runden im Hardwarekampf übrig geblieben sind, müssen erkennen, dass sie für eine alte Ordnung stehen. Eine Ordnung, die in ihrer einst so monolithischen Form keine Gültigkeit mehr besitzt. Sony, Nintendo und Microsoft befinden sich daher auf der Suche nach ihrem Platz in einer veränderten Welt und finden dafür ganz unterschiedliche Lösungswege. Doch keine davon beruht auf Pioniergeist, sondern auf der Rückbesinnung auf alte Tugenden. Warum?

Ein neuer Typus Spielkonsole drängt auf den Markt: Die Mikrokonsole (v.l.n.r.: Ouya, Nvidia Shield, Piston, Game Stick).

Die Konkurrenz durch Smartphones und Tablets wurde in den vergangenen Jahren bereits ausreichend thematisiert. Zuletzt fühlte sich Designer-Urgestein Peter Molyneaux wieder dazu berufen, diese allgemein akzeptierte Formel nochmals breitzutreten. Die Evolution der mobilen Betriebssysteme hat aber auch unverhofft im ureigensten Sektor der Spielkonsolen einen neuen Konkurrenten geweckt. Seit ihrem Kickstarter-Erfolg steht etwa die Ouya als Synonym für eine neue Form von Spielkonsolen, die das britische Spielemagazin Edge in Anlehnung an die in den 1980ern so beliebten Microcomputer – etwa den BBC Acorn – als Microconsoles bezeichnet. Ihr Merkmal: Sie sind nicht annähernd so leistungsstark wie die Maschinen von Nintendo, Sony oder Microsoft. Dafür sind sie aber verhältnismäßig günstig, sowohl in der Anschaffung als auch im Erwerb der angebotenen Spiele. Damit bieten sie zwar keinen Ersatz für ein neues Call of Duty oder Grand Theft Auto, doch gibt es einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung, der auch mit Mid-Price- und Budget-Titeln viel Freude am Spielen hat. Wer es nicht glaubt, sollte sich in den großen Elektronikmärkten nur die Regale mit Wimmelbildern, Simulatoren und verpackten Indiespielen vor Augen führen. Ein Trend, auf den die drei großen Anbieter in ihrer mittlerweile stark institutionell geprägten Unternehmensstruktur bislang keine passende Antwort fanden.

Zum Teufel mit der Einheitspartei

Screenshot Fez
Wie bei Fez auf der 360 hindern Kosten von 40.000 Dollar Indie-Entwickler an der Veröffentlichung von Patches.
Das Resultat: Erstmals seit langem droht dem sonst scheinbar so einheitlichen Konsolenmarkt eine dauerhafte Spaltung. Erstmals seit langem konkurrieren nicht mehr alle Anbieter um denselben Markt und dieselben Zielgruppen. Wenn Chris Pereira bereits im Januar für 1UP schreibt, keiner der neuen Wettbewerber habe den Anspruch, die großen Drei als die Hauptspielekonsole ablösen zu wollen, meint der Autor vielmehr zwei Dinge: 1. Es haben sich neue Nischenmärkte entwickelt, die für das dauerhafte Überleben eines Anbieters ausreichend zu sein scheinen. 2. Keiner der bisherigen Platzhirsche ist demnach noch in der Lage, diese ebenfalls ausreichend abdecken zu können. Es erscheint daher nur konsequent, wenn Microsoft die Aufgabe von Xbox Live und des Indie-Channels ins Auge fasst. Denn gerade bei Problemthemen wie der Kosten von Updates für Indiespiele (Fez) und den seltsamen Bedingungen für die Aufnahme eines Titels in Xbox Live (Oddworld) offenbarten die Probleme der Redmonder, die unterschiedlichen Kulturen unter einen Hut zu bringen.
ChrisL 30 Pro-Gamer - P - 199512 - 16. Juni 2013 - 11:19 #

Sehr gelungener, weil interessant geschriebener und in die Tiefe gehender Artikel -- danke dafür!

Kinukawa 21 AAA-Gamer - P - 25741 - 17. Juni 2013 - 10:33 #

Schliesse mich an.

Flitzefisch (unregistriert) 16. Juni 2013 - 11:20 #

Schöner Artikel, Movit. Danke.

BlackSunnichtdaheim (unregistriert) 16. Juni 2013 - 11:42 #

Videospiele sind nunmal da angekommen, wo z.B. der Fernseher seit Jahren ist: Ein Massenmedium mit meistens wenig innovativen Blockbustern und kleineren, aber dafür eher unbekannteren Indiespielen. Rund herum bauen sich die Publisher rund um PC, Konsolen und Handhelds auf.

Das Gute für die meisten Menschen ist, dass Spiele endlich etwas sind, dass man abends gemütlich konsumieren kann, je nachdem welchen Typ man bevorzugt. Hier der Fan von Nintendos Konsole und Handheld, da der Freund der PS oder Xbox und weiter zum PCler, dazu noch die Spieler der noch kleineren Tabletspielergemeinde oder die Minispiele eines Smartphone. Dazu mischt sich alles ein wenig, ich z.B. habe eine PS3, einen 3dsXL und einen PC und liebäugel mit einer PS4, aber erst so Ende 2014. So kann sich jeder nach seinen Lieblingsgenres eine Plattformen zulegen, sowohl im Bereich langen und tiefergehenden Titel, als auch der kurzen Happen für zwischendurch. Eben so, wie es Filme/Serien oder Bücher seit Jahren vorleben.

Ich sehe da überwiegend Gewinner, bis auf einige Hardcorefans, die der alten Zeit hinterhertrauern, als man feste zu einer Plattform stand und Spiele noch etwas für echte Nerds waren. Ich kann da nur lächeln, mit Ende 20 sehe ich meinen Spaß nach 8-10 Stunden im Büro und nicht, wie mit 15 Jahren, als Verfechter des wahren Plattformglaubens. Spaß durch Vielfalt, etwas, an das sich noch viele Spieler gewöhnen müssen - die Fraktion der "Ich finde Feature x blöd, da ich es ja machen MUSS" kennen wohl viele hier, gerade aus MMOGs.

Ketzerfreund 16 Übertalent - 5978 - 20. Juni 2013 - 19:02 #

Und die kleinen, unbekannteren Indie-Spiele kommen natürlich immer nur nachts, wenn die arbeitende Bevölkerung nicht ferngucken kann...? ;)

NamenloserHeld (unregistriert) 29. Juni 2013 - 13:42 #

"Ich sehe da überwiegend Gewinner, bis auf einige Hardcorefans, die der alten Zeit hinterhertrauern, als man feste zu einer Plattform stand und Spiele noch etwas für echte Nerds waren."
Das denke ich mir auch manchmal, komme dann aber immer zu dem Entschluss, dass mein Nachtrauern nach früheren Spielen nichts mit 'Früher war alles besser' zu tun hat, sondern eine kindliche Verklärung meines Hobbys ist. Ich glaube das liegt daran, dass ich so vieles schon gesehen habe. Würde ich heute mit dem Gaming anfangen, dann wäre ein CoD sicherlich total prägend für mich. Da ich aber Doom, Quake, Half-Life, später die Anfänge von CoD und MoH erleben durfte, öden mich die neuen Shooter eher an. Das liegt aber nicht an den Spielen, sondern an mir. Ich gehöre halt einfach nicht mehr zur Zielgruppe. Ich spiele heut einfach anders als früher und ich glaube, dies ist der normale Lauf der Dinge. Irgendwann wird es den jetzte 15-jährigen auch so gehen, dass sie Meinen füher, also heute, waren die Spiele besser.

Just my two cents 16 Übertalent - 5431 - 16. Juni 2013 - 11:47 #

Nö.
Zum einen ist diese dauerhafte Spaltung, die hier angekündigt wird längst da. Nintendo hat sich mit der Wii bereits vor Jahren in eine eigene Liga verabschiedet und neue Zielgruppen erschlossen und für die Move und Kinectgeschichte gesorgt, da MS und Sony Big Red einfach nicht mit den Kunden ziehen lassen wollten. Nintendo hat, im Gegensatz zur Konkurrenz, an der Wii von der ersten Konsole an verdient, sei es durch den Hardwareverkauf oder durch eigene Titel und Lizenzierungen, Drittanbieter hingegen sind meist auf die Nase geflogen.
Es ist längst so, dass sich eine Wii wunderbar mit einer PS3, einer 360 oder einem PC kombinieren lässt um als Spieler fast alles und das beste aller Systeme zu bekommen.
Mit der WiiU macht man das nun konsequent weiter, hat aber die eigenen Titel noch nicht fertig und die Dritthersteller sind nun zurecht vorsichtig...
Aber welcher Vorteil ist es für Sony noch andere Standbeine zu haben, wenn es eigentlich im ganzen Konzern brennt? Und bei Microsoft hat man eh das Gefühl, dass die momentan eh überhaupt nicht wissen was sie wollen und wie und in welche Richtung sich das gesamte Unternehmen entwickeln soll. Da lobe ich mir als Spieler doch ein Unternehmen bei dem Spiele nicht nur eines der Geschäftsfelder sind sondern der Sinn des Unternehmens und die Wii hat Nintendos Kasse für Jahre gefüllt und das Geld floß nicht in andere Geschäftsfelder ab...

Und Ouya und Co. werden hier bestenfalls einen Nischenmarkt bedienen, nicht Fisch und nicht Fleisch. Androidspiele gehören nicht auf den großen Fernseher und Spiele vom Monitor oder großen Fernseher gehören nicht auf iOS und Android Smartphones... Es hat schon seinen Grund, dass man auf dem Handy nicht die Umsetzungen von GTA3 oder Max Payne spielt sondern Simpsons, Angry Birds oder Fruit Ninja... Das wird keine dauerhafte Konkurrenz, nicht einmal für "ernsthafte" Handhelds. Oder sieht jemand ein Spiel von dem Kaliber eines Fire Emblem: Awakening auf nem Android Handy? ;)

Movit 12 Trollwächter - 1009 - 16. Juni 2013 - 13:39 #

Nicht unbedingt für Handy, aber für die mobilen Betriebssysteme allgemein durchaus. Deus Ex: The Fall scheint mir absolute Core-Qualitäten zu haben. Wenn außerdem Final Fantasy für den SNES Coregame war, kann es auf der Ouya nicht plötzlich Casual sein. Ich sehe keinen Grund, warum ein Spiel für ein Handy nicht ähnlich komplex sein kann wie für eine Handheld-Konsole. Es ist nur so, dass Handys Massenware sind, die Zielgruppe für Smartphones äußerst dispers ist und daher auch der Anteil der Massensoftware und Nischentitel im Vergleich zu Speziallösungen überproportional groß ist. Smartphone-Apps arbeiten außerdem eher nach dem Prinzip Grabbelkiste. Wer dagegen eine teure Konsole bisher kaufte, wollte sie vor allem gezielt wegen hochwertiger Software. Daher fallen bei Smartphones Verkaufszahlen von Spielen nicht so sehr ins Auge. Aber beispielsweise haben wir eine sehr konkrete Aussage von Charles Cecil, dass sich Baphomets Fluch für iOS und Android mengenmäßig nochmal so oft auf mobilen OS' verkauft hat wie im Original, und das ist eine siebenstellige Zahl.

Was den Zeitpunkt der Spaltung angeht, ist es ein generelles historisches Problem, einen fixen Zeitpunkt zu benennen. Die Historik als Wissenschaft arbeitet daher beispielsweise auch gar nicht mit fixen Daten, wann eine Epoche beendet ist oder eine neue beginnt. Das Mittelalter endet nicht mit Luthers Anschlag der 95 Thesen oder Columbus' Landung auf den Bahamas. Es gibt immer Übergangszeiträume, z.B. ist die Reformation durch Luther nur die Vollendung der Anti-Papstumbewegung Savonarolas in Florenz, Columbus' Reise u.a. das Resultat einer sich verändernden Wirtschaftslage in Folge des Falls Konstantinopels, usw. Wo willst du in einer multikausalen Kette von Ereignissen einen absoluten Wendepunkt ansetzen? Genauso ist es mit dem Spielemarkt.

Aus der Retrospektive kann man natürlich leicht und vermutlich auch zutreffend die Aussage treffen, dass bereits die Wii am Anfang einer Entwicklung steht. Es ist aber auch so, dass man das bei Einführung der Wii mit Sicherheit nicht so gesehen hat. Damals galt in den Köpfen noch die alte Ordnung und Nintendo hat irgendwie dagegen verstoßen. Trotzdem hat man auf Spieler- und Entwicklerseite bis zuletzt und auch für den Nachfolger WiiU noch gehofft, dass der Wii-Markt auf die gleiche Weise funktioniert und/oder dass Nintendo wieder einigermaßen auf Linie von Microsoft/Sony zurückschwenkt, dass diese Spaltung eine temporäre Angelegenheit ist. Ähnlich wie man 1950 auch nicht von der dauerhaften Teilung Deutschlands ausging. Dementsprechend groß ist jetzt die Ernüchterung, dass dem nicht so ist.

Meine Aussage im Artikel war, dass die Erkenntnis über eine Auffächerung des Spielemarktes mit allen seinen Konsequenz noch nicht in allen Köpfen angekommen ist, obwohl alle Indizien vor uns liegen. Die Neuorientierung ist meiner Meinung nach auch noch nicht abgeschlossen und daraus resultiert derzeit eine Phase der Unsicherheit, die sich in der Produktpolitik der Konsolenhersteller und der Unzufriedenheit damit in der Rezeption niederschlägt. Wir wissen bspw. auch noch nicht, ob Ouya & Co. sich überhaupt dauerhaft festigen können oder morgen bereits wieder vergessen sind. Ob Android noch mehr Coretitel und irgendwann auch dauerhaft selbstsständige Coretitel hervorbringen kann, die nicht von anderen Plattformen portiert wurden. Aber wir merken, dass sich etwas bewegt, und wir wissen nicht, wie es ausgeht. Das ist unangenehm, keine Planungssicherheit zu haben und nicht zu wissen, wo es hingeht. Man hätte von Sony, Microsoft und Nintendo erwartet, dass sie zeigen, wie die Spielezukunft aussieht. Die eiern aber um konkrete Aussagen herum und finden derzeit nur Lösungen, die nichts mit dem Spielemarkt zu tun haben.

DocRock 13 Koop-Gamer - 1380 - 16. Juni 2013 - 12:14 #

Ein schöner Artikel, man macht sich als Coregamer ja schon seine Gedanken in letzter Zeit. Dabei muss ich aber sagen, dass mir die Situation vor 1 - 1 1/2 Jahren bedrohlicher vorkam. Mittlerweile bin ich gerade von den Indyspielen sehr begeistert, die teilweise einfach besser als die hochgelobten AAA Titel sind. Und selbst da gibt es für ernszunehmende Gamer noch genug Auswahl.

Solange ein Dark Souls II noch rein auf Core Gamer ausgerichtet wird, ein Fire Emblem sauschwer und frustig ist und Panzer Corps Rundenstrategen dieser Welt begeistert, bin ich zufrieden. Auch warte ich gespannt auf meine 4 "gebackten" Kickstarter Spiele. Gerade Wasteland II und Project Eternity sprechen hier wieder oldschool Zielgruppen an, die Microsoft und Sony schon lange nicht mehr als ihre Kernzielgruppen betrachten.

Was mich persönlich eher stört als die bestehende und kommende Spieleauswahl, ist die Berichterstattung der "Coregamer" Medien. Die passen sich nämlich analog zu den Herstellern auch dem Massengeschmack an und jubeln Mobile Games für Casuals über den grünen Klee. Nein, Leute.. kein Mobile Game kommt an ein sehr gutes PC/Konsolenspiel ran. Keins! Trotzdem fliegen die 80-90% für irgendwelche iPad Games durch den Äther. Ich habe selber ein iPad (neben 3DS, PSP, PS3, Xbox und PC) und die Spiele sind dort alle für ein paar Minuten, von mir aus auch für ein paar wenige Stunden lustig. Das war es dann. Durch diese Berichterstattung (wo dann plötzlich X Mobile Games für 1,99 € bessere Noten bekommen als z.B. Dark Souls) ergibt sich ein völlig falsches Bild.

Denn noch gibt es genug gute Spiele und es sind auch genug in der Mache. Da muss man nicht nur auf EA, Ubi und Activision starren (die zu 90% eh Müll rausbringen). Aber wenn neben den extrem gewinnorientierten Firmen auch noch die Magazine auf den Casual Train aufspringen, dann könnte sich das mittelfristig ändern.

Das Thema NextGen Konsolen entscheidet sich doch eh mit den Spielen. Ist komplett müßig, darüber im Detail zu diskutieren. Da wo exklusiv die 90%+ Spiele rauskommen, wird auch die Hardware verkauft. Deswegen wäre es sehr nett, wenn sich altbewährte (e-) Magazine auch auf ihre Kernzielgruppe konzentieren: Coregamer.

1000dinge 17 Shapeshifter - P - 8818 - 16. Juni 2013 - 12:25 #

Klasse Artikel, mit vielen interessanten Ansätzen. Danke schön.

Frohgemuet 15 Kenner - - 3921 - 16. Juni 2013 - 12:51 #

Schöner Artikel, danke dafür!

Das mit der Spaltung hat sich mit der Wii ja schon gezeigt, wie oben schon jemand geschrieben hat.
Ansonsten muss ich dir recht geben. Durch das Medium Spiel als Mainstream wird das Spielen selbst nur eines von vielen Hobbies und Funktionen.

Gnu im Schuh (unregistriert) 16. Juni 2013 - 13:38 #

Ich vermute, die Design-Entscheidungen beim Entwurf der Konsolen entspringen den selben Quellen wie anderer Produkte: Marktbeobachtungen und den Launen der beteiligten Entwickler. Dann müssen noch Experten für Irgendwas oder die Vorstandsetage ihre Duftmarke hinterlassen und dann ist es halt fertig und man hofft, dass es beim Kunden ankommt (und wenn nicht müssen Schuldige gefunden werden).

Jedenfalls wird da nur mit Wasser gekocht - Sinnbetrachtungen, wie im Artikel beschrieben kommen mir jedenfalls ziemlich esoterisch vor und scheinen eher der Fantasie des Autoren zu entspringen.

Movit 12 Trollwächter - 1009 - 16. Juni 2013 - 14:50 #

Es geht mir nicht um die Designentscheidung, es geht mir um die taktische Ausrichtung der Unternehmen, die Positionierung ihrer Produkte und die unterstützenden Maßnahmen (Marketing, Begleitprodukte, öffentliche Darstellung). Das Design ist nur ein Teil davon. Natürlich stecken hinter solchen ökonomischen Entscheidungen rationale Beobachtungs- und Beschlussprozesse. Allerdings kann keine noch so gute Marktbeobachtung die exakte Zukunft vorhersagen (siehe Wii/Bewegungssteuerung) und außerdem sind auch Konzerne in sich nicht so einheitlich, wie sie nach außen erscheinen. Nimm als Beispiel den in vielen Unterhaltungsbereichen aktiven Konzern Disney und die Schließung von Junction Point. Warren Spectors Aussage dazu: Ich war nicht genug Politiker, um die radikale Abkehr Disneys von den Coregames abwenden zu können. Er sagt damit, dass es Interessensgruppierungen innerhalb des Konzerns gab, die die Spieleentwicklung loswerden wollten, so wie Disney auch die Jahrzehnte vorher je nach Mehrheitsverhältnissen eine ständige On-/Off-Beziehung zum Spielemarkt pflegte.

Auch bei Sony und Microsoft gibt es unterschiedliche Interessensgruppierungen, die bei der Ausrichtung der neuen Konsolen ein Wörtchen mitreden wollen, um ihre eigenen Abteilungen besser dastehen zu lassen. Da kann durchaus auch mal der Wunsch Vater des Gedanken sein oder inkompatible Konzepte aufeinanderprallen, die letztlich in einem faulen Kompromiss enden. Daher ist das finale Konzept der Konsole nicht allein die Vision der verantwortlichen Abteilung Sony Computer Entertainment, sondern die Vision der Konsole, wie sie innerhalb der Entscheidungsgremien durchsetzbar war. Und eine dieser Entscheidungen könnte durchaus gewesen sein, die schwächelnden anderen Abteilung durch den Erfolg einer anderen zu stützen. Dazu kann man natürlich keine exakten Aussagen treffen, da sie nicht öffentlich sind, aber es gibt meines Erachtens deutliche Indizien dafür.

Um dem Erfolg näher zu kommen braucht man natürlich eine Erzählstrategie, einen Wahlslogan oder eine griffige Werbeformel, um die Leute hinter sich zu sammeln. Die muss nicht immer rational sein, denn Menschen sind eben auch emotional. Nicht jeder würde sich wie Angelina Jolie aus rationalen Gründen einfach mal so die Brüste amputieren lassen. Wenn außerdem alles so klar wäre, wie du sagst, dürfte Microsoft bspw. auch keine Erklärungsschwierigkeiten haben. Dann könnte Microsoft ganz klar argumentieren "So und so sieht es aus, deswegen ist das die logische Konsequenz". Noch besser wäre natürlich, wenn jeder von allein auf die Idee käme, dass das die logische Konsequenz ist. Das ist aber definitiv nicht der Fall, also scheint die Wahrnehmung von Microsoft und die Wahrnehmung in Teilen der Öffentlichkeit zu divergieren. Es entsteht Erklärbedarf, den Microsoft aber bspw. auch nicht zur vollen Zufriedenheit der Medien und Spieler decken kann, wie z.B. die ungeschickten Aussagen eines Don Mattrick bezüglich Onlineverbindung.

Tatsächlich ist eine Produkteinführung immer auch ein bisschen Stochern im Nebel, weil sich Meinungen in verhältnismäßig kurzer Zeit ändern können. Bestes Beispiel: Fukushima. Vor Fukushima sah der EnBW-Deal von Stefan Mappus noch wie ein cleverer Schachzug aus, der sich schnell amortisieren würde. Bis dann klar wurde, dass der durch Atomstrom generierte Gewinn aufgrund einer abrupten Meinungsänderung nahezu komplett einbrechen würde. Gerade bei langfristigen Entwicklungszyklen ist das ein Problem, auf das ein großer Konzern auch nicht immer so schnell reagieren kann. Mit der Markteinführung der derzeitigen Konsolen begannen automatisch die Entwicklungen an den jetzt kommenden Konsole. Wenn wir uns vor Augen halten, was seitdem alles passiert ist, gibt es immer ein unternehmerisches Risiko, das sich nie vollkommen ausschließen lässt. Zu Beginn des Lebenszyklus' der Wii hätte beispielsweise auch niemand gedacht, dass sie am Ende zwar die meiste Hardware, aber bei weitem auch die wenigste Software absetzen würde.

Daher geht es Konzernen wie bei jeder anderen Interessensgruppe auch immer darum, die Deutungshoheit über ein Thema zu gewinnen. Erdogan versucht das in der Türkei mit dem Taksimplatz damit, dass er die Besetzer als Lumpen beschimpft und sich als Bewahrer der wahren Demokratie präsentiert. Die Gegenreaktion der Besetzer besteht darin, den Begriff "Lump" ironisch umzudeuten und mit positiven Dingen zu verbinden. Dadurch manövrieren sie sich geschickt aus der Negativeecke heraus, in die sie der Ministerpräsident bugsieren will. Microsoft beispielsweise versuchte durch Multimedialität die Xbox One als evolutionäre Weiterentwicklung der Spielkonsole zu präsentieren. Das Problem ist, nicht jeder will ihnen in dieser Meinung folgern. Und Sony ist derzeit beispielsweise durch diverese Torpedierungsversuche äußerst geschickt darin, Microsoft die Deutungshoheit über die künftige Ausrichtung einer Spielekonsole zu verweigern.

guapo 18 Doppel-Voter - 11864 - 16. Juni 2013 - 15:03 #

Bis dato waren Deine Worte nachvollziehbar. Brueste, Erdogan und Atomstrom durcheinander zu werfen ...

Politik, Wirtschaft und Gesundheit haengen zwar voneinander ab, die Motivation/Strategien dahinter sind aber arg verschieden.

Movit 12 Trollwächter - 1009 - 16. Juni 2013 - 15:23 #

Aber nicht die Argumentationsmuster. Die sind seit Aristoteles alle ähnlich. Wenn's dich stört, lass die Beispiele beim Durchlesen weg.

Labrador Nelson 31 Gamer-Veteran - P - 266657 - 16. Juni 2013 - 15:17 #

Gut geschriebener, ausreichend recherchierter, aufschlussreicher und interessanter Artikel. Korrekte Analyse, dem lässt sich beinahe nichts hinzufügen, danke dafür! KUDOS! :)

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 62104 - 16. Juni 2013 - 15:37 #

Guter Artikel, auch von mir vielen Dank dafür.

Trax 15 Kenner - 3458 - 16. Juni 2013 - 19:46 #

Das ist mal wieder ein sehr schöner Userartikel mit sehr guter Argumentation.
Ein bisschen vermisse ich aber noch mein eigenes Spiegelbild im Artikel. Vor 10 Jahren habe ich noch nahezu alles gespielt und viel mehr Spiele auch aktuell gespielt.
Heute hätte ich zwar viel mehr Geld für mein Hobby, aber gleichzeitig auch viel weniger Zeit um jedes interessante Spiel sofort zu spielen. Vor allem in der PS3/Xbox360 Generation habe ich nur einen Bruchteil der potenziellen Spiele gespielt und ich sehe langsam keinen Grund mehr mir schon wieder die nächste Konsole zu kaufen wenn es noch so viele älteren Titel gibt, die man praktisch für wenig Geld hinterher geworfen bekommt.
Da jetzt nach der E3 klar ist, dass die nächste Generation nahezu keine Neuerungen bringen wird, gibt es für mich absolut keinen Grund die Generation zu wechseln.

Movit 12 Trollwächter - 1009 - 17. Juni 2013 - 8:59 #

Ja, darin erkenne ich mich auch wieder, ich sogar hab noch ein paar ungespielte Leichen aus der Zeit vor dem Jahrtausendwechsel im Keller. Ich fürchte nur, solange sich die Zahl der Spiele gewinnbringend verkaufen lässt, werden die Hersteller daran nichts ändern, ;)

Mit der Abwärtskompatibilität versuchen die Plattformanbieter die Anreize bekanntlich so zu setzen, dass man am Ende dann doch wieder zum neuen Gerät greift. Mit am interessantesten ist da sicher Sonys Ansatz, mit Gaikai die alten PS1/2/3-Bibliotheken wieder zugänglich zu machen. Mit einem Schlag Zugriff auf fast 20 Jahre Spielegeschichte? Holla! Und wenn die Leute immer noch bei alter Hardware bleiben wollen, ist das für die Hersteller auch kein Problem. Man erinnere sich an das erste Jahr der Markteinführung der PS3, als die PS2 vor der Wii immer noch den höchsten Hardwareabsatz hatte.

meanbeanmachine 15 Kenner - 3136 - 20. Juni 2013 - 10:01 #

Bisher ist aber leider nicht abzuschätzen, wie groß der Umfang der Gaikai-Bibliothek sein wird. Zumindest bei der PS3 soll ja nur ein Teil der Veröffentlichungen zugänglich gemacht werden.

P.S.: Feiner Artikel!

Christoph 18 Doppel-Voter - P - 10234 - 16. Juni 2013 - 21:45 #

Da kann jemand mit Sprache umgehen. Toll geschrieben! Ich bin neugierig, Movit: was machst Du beruflich?

Movit 12 Trollwächter - 1009 - 17. Juni 2013 - 8:45 #

Ich versuche Bürgermeister davon zu überzeugen, dass Bügerbeteiligung für alle von Vorteil ist. Nicht immer einfach. ;)

Christoph 18 Doppel-Voter - P - 10234 - 20. Juni 2013 - 8:38 #

Kann ich mir vorstellen. Ich lebe auch vom Versuch, andere von irgend etwas zu überzeugen. Richter und Staatsanwälte meistens. Auch nicht immer einfach...

Maverick 34 GG-Veteran - - 1330617 - 17. Juni 2013 - 9:24 #

Interessanter Artikel, Kudos ! :)

Nokrahs 16 Übertalent - 5996 - 17. Juni 2013 - 14:19 #

Kudos! Steckt viel Wahrheit drin.