Die Organisatoren berichten

Anfang & Ende: Projekt Cosplay Weltrekord User-Artikel

Gerjet Betker 23. August 2009 - 22:31 — vor 13 Jahren zuletzt aktualisiert
Weltrekorde sind ein sehr eigensinniges Ding. Man setzt alles auf eine Karte und weiß nie, wie es ausgehen wird. Vor dem ersten Cosplay-Weltrekordversuch war das Organisationsteam sehr skeptisch, vor dem zweiten, gescheiterten auf der Gamescom 2009 sehr zuversichtlich. Aber lest selbst...
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Spulen wir aber erst einmal die Uhr auf den Mai 2008 zurück. Guinness veranstaltete eine Werbeaktion für seine Sonderedition des Guinness-Buches für Gamer. Insgesamt 80 Britische Videospielfans gingen in roten Pullis und blauer Latz zum Sammelpunkt in der Londoner City um so den ersten Rekord in der Kathegorie Largest Gathering of Video Game Character Costumes (größte Ansammlung von Kostümen zu Videospielcharakteren) festzusetzen. Für viele war das ein gekonnter Marketing-Gag, welcher in der Presse und auf Blogs, aber nur als Randnotiz zum Erscheinen des Guinness-Buches Gamer‘s Edition wahrgenommen wurde. Nebenbei wurde in den News dem Rekord der seit daher gängige Titel Cosplay-Weltrekord verliehen.

Eine Idee, wenig Zeit

Nach der Animagic 2008 stolperte ich beim Stöbern des GoNintendo-Archives über jenen Artikel, welcher den Cosplay-Weltrekord als Thema hatte. Mein erster Gedanke war: „NUR 80? Ich treffe mehr Cosplayer beim Frühstück, wenn ich auf einer Convention bin.“  Ja, ich war recht überheblich bei diesem ersten Gedanken, aber er brachte einen Stein ins Rollen. Nachdem ich auf mehreren Seiten die Bestätigung gelesen hatte, das es wirklich nur 80 kostümierte Personen waren und man den Rekord den Cosplay-Weltrekord nannte, entschloss ich mich an die Organisation der größten Anime-Convention in Deutschland zu wenden, die von Fans, für Fans ist - die Connichi.

Somit war mein nächstes Ziel die Seite des Animexx e.V. und mit Hilfe des seiteninternen Elektronischen Nachrichten Systems, auch bekannt als ENS, eine Nachrichten an Aktivenrat und Vorstand mit dem Vorschlag gesandt, einen deutschen Cosplay-Weltrekordversuch im Rahmen der Connichi zu veranstalten. Kurze Zeit später wurde ich von den Aktiven Dio und Ai-Megumi in den extra für den Weltrekord-Versuch geschaffenen  Planungszirkel eingeladen, welcher bis heute den alles sagenden Namen PROJEKT Cosplay Weltrekord trägt.

Dio entschied sich dazu die Kontaktperson zwischen Guinness und Animexx zu sein, damit die Anmeldung des Versuches schnell und unkompliziert von Statten gehen könnte. Leider traten sofort zwei Probleme auf, die Kosten und die strengen Regeln von Guinness.

Das Kostenproblem ließ sich schnell lösen, da wir auf einen offiziellen Guinness-Juror verzichten konnten, in dem wir den langen Genehmigungsweg wählen und unabhängige ehrenamtliche Gutachter als Juroren für den Versuch zu beschaffen versuchten. Am Ende bekamen wir einen sehr sympathischen Reporter der Hessischen Nachrichten ( HNA ) und Frank Nette, Pressesprecher von RTL 2.

Jedoch der Regelkatalog seitens Guinness bereitete dem Team ordentliche Kopfschmerzen. Die „Game First“-Regel strich schon ein Gros von potentiellen Teilnehmern aus unserem Blickfeld und außerdem wurde für uns die Zeit knapp, da es schon August war und weniger als 30 Tage bis zur Connichi!

Das Team stand nun vor der Entscheidung, alles Abblasen, ohne dass die Animexx-Comunity ein Wort vom Versuch jemals gehört hätte oder sich selbst zu motivieren es durchzuziehen, komme was wolle. Wir besiegten unseren inneren Schweinehund und schrieben so schnell es ging eine News und sprachen mit den Hauptorganisatoren der Connichi ab, dass wir in der Stunde zwischen den Cosplay-Wettbewerben den Rekordversuch durchziehen durften.

Nein, die machen nichts Unanständiges, die wollen nur spielen... (Bild stammt vom Gamescom-Rekordversuch)


Schweizer Altaire und ein Pikachu an der Leine

  Nach einem hektischen Monat der Planung und Absprachen mit Guinness konnte der erste deutsche Versuch, welcher auch die erste anerkannte Herausforderung des britischen Versuchs war, am 18. September 2008 stattfinden. Schon morgens gegen 10 Uhr wurde schon der Nachmittag geplant und man sprach den Ablauf ab. Hektischer wurde es ab 12 Uhr, als ich zusammen mit dem Schweizer Comedian Shinji Schneider und mit einem Megafon bewaffnet über das Con-Gelände schlenderte. Eine gute halbe Stunde liefen wir über das gesamte Con-Gelände und in einer Tonlage zwischen Fischmarktschreier und Losbudenbesitzer machten wir Werbung für den Rekordversuch, welcher um 14 Uhr beginnen sollte.

Bevor wir aber zum Vorplatz gingen und wir die letzten Vorbereitungen mit abschließen würden, gingen wir zuerst in Shinjis Zimmer und ich zog sein Pikachu-Kostüm an. Für die, die Shinjis Programm nicht kennen, eine Erklärung: Shinji Schneider beobachtet die Deutsche Animeszene und geht auf satirische Weise auf die Eigenarten von Fernsehsendern, Con-Gängern und Messe-Organisatoren ein. Sein aktuelles Programm, welches er am 18. September auf der Connichi 2009 im Kongresspalais Kassel aufführt, behandelt das Wesen eines Con-Helfers und was man alles als solcher erleiden muss.

Waaaaldiii!

Zurück aber zur Connichi 2008. Kurz nach 13 Uhr begann dann die heiße Phase der Vorbereitung. Mit Mülltonnen und Absperrband wurde der Zählbereich eingezäunt und eine Art Schleuse wurde mit Tischen und Bauzäunen errichtet. Die Orga klärte die letzen Details mit den Juroren und die Kameras für die Dokumentation wurden aufgebaut. Auf der anderen Seite des Zählbereiches wurden die Registrierungszettel an teilnahmewillige Cosplayer verteilt. Nach schon kurzer Zeit mussten diese Nachgedruckt werden und die Eddings zum Ausfüllen der Zettel wurden bis auf den letzen Tropfen leer geschrieben.

Nun aber endlich zum Ablauf des ersten Rekordversuches. Shinji führte dem Umstehenden vor, wie die Zählung abzulaufen hat und läutete damit den Rekordversuch ein. Meine Wenigkeit hatte die „Tetrisaufgabe“; alle Teilnehmer im Zählbereich zu ordnen und aufzupassen, dass nichts passiert. Shinjis Aufgabe wäre es eigentlich gewesen, die Leute zu unterhalten, aber Cosplayer können das schon von alleine und Shinji half mir beim Aufpassen.

Als nach circa zehn Personen sich die Zaungäste auf der Rückseite des Zählbereichs darüber beschwerten, dass sie keine Fotos machen konnten, da die Cosplayer vorne rum gingen, begann das Sortierungsteam mit Kreide zwei Routen aufzuzeichnen. Anfangs waren es nur zwei  Wege, auf die die Teilnehmer verteilt wurden, später mutierten sie zu einer spielbrettartigen Struktur mit Aktionsfeldern, Foto-Spots und sonstigen Unsinn, welcher trotzdem Spaß beiderseits gemacht hat.

Kultig wurde jedoch eine Aktion auf der vorderen Route. Ein Zaungast hatte eine Wette um eine Kiste Bier mit seinem Freund Waldemar, welcher nicht auf die Connichi, dank Studienfahrt, gehen konnte. Die Wette war, dass 200 Leute seinen Namen, beziehungsweise seinen Spitznamen Waldi, in eine Videokamera rufen mussten. Somit wurde der zweite Foto-Spot auf der vorderen Route der „Wir lieben Waldi!“-Spot. Jeder der  dort lang ging, rief aus voller Kehle "Waaaaldiii!" [sic], und die Kiste Bier war schnell gewonnen.

Der Zählbereich füllte sich stetig mit mehr und mehr Cosplayern und unsere Zeitkalkulation konnte man in die Tonne treten. Nach einer Stunde war auf der einen Seite immer noch eine lange Schlange von Teilnehmern, auf der anderen Zaungäste, sein es interessierte Kasselaner und Kassler, welche in der HNA darüber gelesen haben, oder Con-Besucher, welche gute Fotos schießen wollten. Schritt für Schritt wurde der Zählbereich immer größer und wir bekamen ein großes Problem - blauer Himmel und strahlender Sonnenschein.

Ihr fragt euch wohl, was das Problem war; nun ja, wenn ihr 2 Stunden in Ledermänteln in der knallen Sonnen sitzen müsst, bekommt ihr bestimmt Hunger Durst. Mit 50 Euro bewaffnet schickte Dio einen Helfer zum nächsten Supermarkt und ließ das Keksregal leer kaufen, während andere Helfer Wasserkisten aus den Messehallen schleppten. Frisch gestärkt und mit guter Laune harrten viele Cosplayer im inneren weiter aus, aber leider verzogen sich viele aus der Schlange, die nicht weiter warten wollten.

15 Minuten Massenkaraoke

Alsbald die großen Cosplay-Wettbewerbe in den Messehallen fertig waren, war auch das Weltrekord-Team fertig mit dem Zählen und glücklich. Nun hieß es 15 Minuten warten und die Menge unterhalten, da ansonsten alles für die Katz‘ gewesen wäre. Angefangen hatte das Unterhaltungsprogramm mit kleinen Fragen an die Menge, auf welchen Connichis sie schon gewesen waren. Gefolgt wurde dieses durch Singen des Pokémon-Themas (Ich will der Allerbeste sein,...) und dem Con-Klassiker Hubba-Hubba Zoot-Zoot. Zehn Minuten später veranstalteten wir Massenlaolas und holten den Siegesbanner aus dem Lager. Einen Countdown von 100 runter später und die Showse war vorbei. 338 Cosplayer und ein gutes Dutzend Helfer feierten den deutschen Erfolg und hinterließen ein Schlachtfeld aus Kekspackungen und Papierfetzen. Das Aufräumen übernahm die „Nachtschicht“ und die Orga bereitete das Material zum Versand zu Guinness vor. Am Abend wurde der vorläufige Sieg gefeiert und die Connichi ging weiter.


Cosplay-Rekordprojekt "Kassel" am 13.9.2008.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 23. August 2009 - 22:48 #

Hallo Master Otenko,

das ist mal ein langer Artikel, alle Achtung! Ist auch sehr spannend zu lesen, wie sich der Weltrekordversuch von der Vorgeschichte über die Organisation bis zum tatsächlichen Entscheidungstag mit seinen kleineren und größeren Widrigkeiten entwickelt hat.

Dass der Event dann nicht zum erwarteten Erfolg geführt hat, ist sehr schade -- ich finde es aber gut, dass du trotzdem diesen Artikel gemacht hast.

Gerjet Betker 19 Megatalent - 14048 - 23. August 2009 - 22:56 #

Ein bisschen hilft der Artikel über die leichte Melanchonie hinweg, da ein Druck von der Seele weg ist. Der Zeitpunkt des Freischaltens und eine etwalige News (ja, das Ergebnis 311 sollte auch in einer News erwähnt werden) überlasse ich der Redaktion.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 23. August 2009 - 23:02 #

Aus Aktualitätsgründen ist der Artkel schon online, du kannst uns aber gerne noch drei Fotos zuschicken, die wir dann unten auf Seite 1 sowie oben/unten auf Seite 2 einfügen. Einfach an redaktion AT gamersglobal PUNKT de.

Alex Hassel 19 Megatalent - 17995 - 23. August 2009 - 23:54 #

Tim müsste auch noch mehrere Fotos und Videos von der Veranstaltung haben.

Dennis Ziesecke 21 AAA-Gamer - 30866 - 23. August 2009 - 23:18 #

Dazu würde ich mir tatsächlich etwas Werbung auf der Startseite wünschen. Selbst als Anime-Cosplay-etc.-Verweigerer habe ich den Artikel gerne und begeistert gelesen und befürchte, hier bei den restlichen User-Artikeln geht er etwas unter.

Eldest 13 Koop-Gamer - 1718 - 23. August 2009 - 23:27 #

Ich könnte morgen, oder heute noch, eine Sammelnews für die drei neuesten Artikel schreiben. Oder einer von euch. Ist mir gleich. Die User-Artikel bekommen momentan sowieso zu wenig Beachtung, finde ich. Vor allem solche langen und guten Artikel wie dieser.
Aber wenn ich es mache, ist der Geruch von Eigenwerbung dabei. Hat Jörg nicht vielleicht Lust? ^^
Er hat's erledigt. Danke dafür!

Alex Hassel 19 Megatalent - 17995 - 24. August 2009 - 0:05 #

Schöner Artikel. Erklärt einiges. Standen, wie schon im Forum geschrieben, etwas verdutzt da und wunderten uns über den leider nicht ganz reibungslosen Ablauf. Schade drum für die Leute die sich solche Mühe gegeben haben.

Lappi 09 Triple-Talent - 273 - 24. August 2009 - 1:24 #

schöner Artikel. Tut mir leid für euch mit dem gescheiterten Versuch, aber es zeigt sich eben, dass Planung Vorwegnahme zukünftigen Geschehens ist und wenn die durch komische Organisation (z.B. bei der Messe) durcheinander gerät, dann hilft auch kein Idealismus und gute Laune Optimismus.

Kobi666 13 Koop-Gamer - 1534 - 24. August 2009 - 10:43 #

Schade das es nicht geklappt hat. Aber ich bin mir sicher das es erfolgreicher gewesen wäre, wenn man den Eintritt nicht hätte bezahlen müssen.

bersi (unregistriert) 25. August 2009 - 10:50 #

du meinst, ein Gamer, der sich in ein Gamecosplay wirft und zu Europas größten Spielemesse reist um an einem Weltrekordversuch mitzumachen steht am Eingang und sagt "WIE BITTE?! 6 Euro Eintritt?"

die messe war an sich schon nicht teuer, aber 6 Euro für Cosplayer als Ursache zu nennen ist ziemlicher Mumpitz. Viele wollen halt kommen und können es dann doch nicht, oder vergessen es schlicht und einfach.

icezolation 19 Megatalent - 19280 - 24. August 2009 - 12:31 #

Klingt nach einem sehr interessantem Rekordversuch und ner Menge (organisatorischer) Arbeit. Sehr schade finde ich die geringe Unterstützung seitens Gamescom, da diese meiner Ansicht nach durch solch ein Event ja nur hätte profitieren können! Aber wer nicht will, der hat wohl schon.. ;(

Schöner Artikel.

raumich 16 Übertalent - 4673 - 24. August 2009 - 18:09 #

Sehr schöner und interessanter Artikel. Vor allem weil sicher den meisten nicht klar ist, welchen Aufwand man betreiben muß um so etwas zu organisieren. Das Du momentan keine Lust mehr hast etwas zu organisieren, kann ich gut nachvollziehen. Allerdings mußt auch Du Dir Kritik gefallen lassen.

Etwas organisieren, jemandem um einen Gefallen bitten und dafür eine Zusage erhalten heißt nicht zwingend, das dies dann auch so eintritt. Leider muß man, wenn man etwas organisiert, ständig am Ball bleiben und sicherstellen, das auch wirklich alles klappt. Also Pannen wie fehlende Tische, Zettel und Eddings, hätten sich bei besserer Organisation sicher vermeiden lassen.

Aber und das möchte ich hier ganz deutlich anmerken: Es ist gut das es Leute wie Dich gibt. Leute, die ihre Freizeit dazu nutzen etwas auf die Beine zu stellen. Viele Menschen (so auch meistens ich) wollen in der Regel und im gewissem Maße geführt werden. Wieviele gehen gern auf ein Klassentreffen und wieviele wollten eins organisieren? Es kann viele Indianer aber nicht viele Häuptlinge geben. Daher würde ich Dir persönlich raten, weiter zu machen. Du bist noch jung und kannst in der Szene vielleicht noch einiges bewegen. Laß Dich von dem "Mißerfolg" nicht abbringen. Aus Fehlern lernt man und beim nächsten Mal weißt Du vorher wie Du was besser machst. Bin mir sicher das Du das nächste Mal den Rekord wieder knackst. Egal wie hoch er dann ist.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 25. August 2009 - 1:46 #

Das sehe ich ähnlich. Von einem Misserfolg sollte man aber bei über 300 teils großartig verkleideten Teilnehmern nicht reden.