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Darf ich nach Arstotzka? Erst nach sorgfältiger Kontrolle und mit richtigen Daten wird das Visum genehmigt ... vielleicht. |
Reduzierung von Grafik und Sound auf das Wesentliche
Bei Papers, Please kann sich der 3D-Chip einer Grafikkarte getrost ausruhen. Das Spiel präsentiert sich in einem grafisch sehr schlichten, nüchternen Gewand. Fast wird der Spieler an alte Atari-Zeiten erinnert, passend zu den 80er Jahren – oder dem kommunistischen Charme der DDR oder Sowjetunion dieser Zeit. Zu sagen, dass Papers, Please keine zeitgemäße Grafik vorweist, scheint durch Pope stilistisch beabsichtigt: Wenig Farben, viele Grautöne – die Warteschlange aus schwarzen Personen lässt kaum schließen, wer da steht. Die Umgebung mit dem Wachpersonal ist grau, trostlos und alles andere als einladend. Bunter wird es lediglich, wenn ein Pass auf dem Tisch liegt und die Farben von Nationen und der Stempel eine Rolle spielen. Mit eben diesem minimalistischen, grafischen Design fängt der Titel den Spieler in die Immersion jener Tristesse ein, die Arstotzka stets ausstrahlt. Hier gibt es nichts zu lachen – hier waltet die Strenge. Und wer Arstotzka hintergeht, den erwartet Zuchthaus oder die Kugel.
Außer Intro- und Outromusik weist das Spiel keine Musikstücke auf. Die Sounds sind auf das Wesentliche reduziert – das Vorbeifahren von Autos an der Grenze, das Herumnesteln mit den Papieren oder der schrille Alarm, wenn die Wachen eine unkooperative Person abführen. Die Sprachausgabe reduziert sich auf nahezu unverständliches Gemurmel, die alles andere als abwechslungsreich sind. Schon sehr bald überhört der Spieler eh all jene Sounds, wenn er sich auf die Papiere konzentriert. Um so mehr überrascht es, wenn der schrille Alarm den Spieler aus der konzentrierten Prüfung reißt und ein Wahnsinniger gerade durch den Todesstreifen rennt.
Zur falschen Zeit am falschen Ort
Die Arbeitstage bergen viele Überraschungen und Abwechslung. Obwohl das Kontrollieren der Dokumente von Tag zu Tag zunimmt und es sich von der Grundmaterie sehr trocken anhört, schafft Papers, Please, den Spieler mit vielen unvorhersehbaren Wendungen bei der Stange zu halten. Die Entscheidungen, die mit jedem Arbeitstag getroffen werden, haben Auswirkungen auf den späteren Spielverlauf und die verschiedenen Enden. Hilft der Spieler beispielsweise der verzweifelten Mutter, die ihren Sohn nach Jahren der Trennung wiedersehen will? Oder lehnt er ihr Visum ab, weil die Papiere unschlüssig, ein Datum oder Stempel falsch gesetzt sind? Darf die Frau dann von dannen ziehen oder soll sie wegen ihrer Papiere sogar abgeführt werden? Alles ist möglich und appeliert an die Moral des Spielers. Eine falsche Entscheidung aus Sicht des Staates Arstotzka wird zweimal pro Tag geduldet. Mit der dritten Entscheidung gegen die Dienstanweisungen beginnt der Staat, vom sowieso schon knappen Lohn Geld abzuziehen. Jedoch kann der Spieler jede Entscheidung bewußt herbeiführen, auch wenn es einen empfindlichen Lohnabzug bedeutet – Gesetzestreue versus Integrität.
Alles in allem steht ihr permanent unter dem Druck des Regimes und dem Schicksal aller Grenzgänger. Wie soll entschieden werden? Das ist die ständige Frage, die euch begleitet. Papers, Please hat den Charme eines sowjetischen Grenzpostens – hässlich anzusehen, bedrohlich, aber auch sehr spannend und immersiv. Ständige Entscheidungen und der plötzliche Druck zu handeln, wenn es an der Grenze schief läuft, sowie die Familie zu ernähren, nagen sehr bald an eurer Integrität. Sind wir wirklich unbestechlich, wenn es ans Eingemachte geht? Papers, Please schafft es in jeder Minute, den Spieler in moralischen Belangen zu fordern. Da kann es auch vorkommen, dass das Spiel früher endet, weil euch eine eurer Entscheidungen ins Gefängnis führt. Die Integrität aber blieb unangetastet. Wer sich auf Papers, Please einlässt, erfährt trotz darstellerischem Minimalismus eine tiefgehende Immersion, die Selbstzweifel an der eigenen Integrität wecken kann. Was ist auch an einem Bündel Geld dabei, wenn eure Familie hungert? Aber vorsicht, die Nachbarn sehen auch wenn ihr Wohlstand anhäuft ...
Ein in vielerlei Hinsicht aussergewöhnliches Spiel, das wichtige Themen mit Ernsthaftigkeit und Tiefgang präsentiert, unbequeme Entscheidungen verlangt und dabei den Spasszwang von Computerspielen kritisch hinterfragt. Eine echte Weiterentwicklung des Mediums. Danke für den Test.
Danke für den Test. Sehr schräge Spielidee, ich mag das.
Ich glaube ich kratze meine letzten Rubel zusammen und schlage zu!
Schöner Test, danke dafür.
Danke! Mehr von solchen Ungewöhnlichen Spiele-Perlen :))
Bleibt auf der Gaming-Wunschliste :)
Das Introbild erinnert mich irgendwie an Raid over Moscow vom C64. :)
Sehr schöner Test, danke! :) Ich hatte bisher noch nichts davon gehört, aber das Spielprinzip klingt wirklich extrem spannend.
Klasse Text, macht Lust auf mehr. Wird wohl ein "must have" für mich werden.
Habe bisher 3 Enden freigespielt und es fesselt immer noch.
Von mir eine klare Kaufempfehlung!
Glory to Arstotzka!
schade das es das nicht auf deutsch gibt, würde ich gerne mal antesten aber mein englisch ist eher bescheiden
Toller Test, das Spiel sieht ganz nach einer richtigen Indie-Perle aus. Wird direkt gekauft!
Schöner Test, danke!
Sehr spannend. Danke für den guten Bericht!
Sehr gelungener Test, der alle Aspekte beleuchtet und den Blick schön darauf lenkt, was die Faszination des Titels ausmacht. Habe direkt Lust auf diese Spiel-Erfahrung bekommen.
Danke sehr.
Danke für den Test. Genau von solchen Spielen/Tests würde ich gerne noch viel mehr sehen.
Ich hab schon mal an einer Grenze geschwitzt, im Zug nachts zwischen Polen und Weißrußland, als mich ein Grenzer mit Schäferhund auf russisch angebrüllt hat, weil er irgendein Problem mit meinem Paß hatte. Dann hat aber der Typ neben mir im Abteil, der nichts außer einem halben Dutzend "Panasonic"-Kartons dabei hatte, ein Bündel Dollar-Bargeld aus der Innentasche seiner Lederjacke gezogen und ihm 100 USD gegeben. Schon war der Grenzer weg, Mr. Lederjacke hat mich angelächelt und dann weitergeschlafen (wollte auch kein Geld zurück), und ich hab nicht gewußt, ob ich wach war oder geträumt hatte.
Ach ja, und nochmal habe ich ein Grenzproblem mit Dollars gelöst: Aber das Königreich Kambodscha hat sich "ganz offiziell" mit 50 USD einen schönen grünen Stempel im Paß abkaufen lassen; den schönsten, den ich bisher habe.
Also, was dieses Spiel angeht: mich reizt das irgendwie, so merkwürdig es auch ist.
Jetzt bin ich wirklich neugierig auf das Spiel. Der Test ist echt gut geschrieben.
Hatte mich schon gefragt wann ein GG Test zu dieser Perle kommt. Danke dafür!
Guter Test, macht auf jedenfall Laune mal reinzuschauen.
Hatte es durch einen Zufall gefunden, ausprobiert und beim Release gekauft. Es macht immer wieder Spaß. Da werde ich doch gern zum Bürokraten.
Die Beta Version lässt sich als Demo übrigens immer noch von der HP (siehe Steckbrief) runterladen zum ausprobieren obs einem gefällt.
Ich bin nicht so ganz überzeugt, aber die Idee als solche gefällt mir.
Schöner Test! :)
Guter Tip, danke!
Hört sich interessant an. Guter Test!
Danke für den Test, sollte mir das Spiel bei Gelegenheit mal ansehen.
Danke für diesen schönen Artikel! Ich besitze selbst das Spiel und habe auch viel Spaß daran.
Grad auf Steam vergünstigt zu haben. Ist super!
Dieses Spiel hat mich wirklich gefesselt. Die Entscheidungen stürzen einen in moralische Dilemmata, welche selbst Kohlberg nicht ohne weiteres lösen könnte. Sollte man sich definitiv nicht entgehen lassen.
Super Artikel!
Wow, irgendwie kannte ich bisher immer nur den Namen. Sieht total spannend aus, danke für den Test!