Willkommen zu einem neuen Tag in Tokio, auch wenn das Foto natürlich erst mal nicht die Begrifflichkeit "Tag" evoziert. Aber ich will ja, dass ihr euch die Galerie auch anseht! Und vor allem zehre ich gerade noch von dem waschechten Touri-Erlebnis, bei dem dieses Bild entstanden ist. Aber spulen wir zurück zum Morgen...
Der Sonntag beginnt mit einem Frühstück im Hotel, das viele leckere japanische Sachen bietet, also Fisch, Misosuppe, fischiges Zeug und eingelegtes Zeug. Ich mag das ja, und es ist vermutlich gesünder, als die für Westler bereitgestellten Mini-Croissants zu essen. Natto gibt's auch, aber nein danke, nie wieder! Noch am Vormittag mache ich mich dann auf. Schließlich will ich was für die Kultur tun. Damit meine ich ...
... Einkaufskultur. Ich habe ja schon gestern den örtlichen Don Quijote aufgestöbert. Laut meines bislang nur angelesenen Wissens ist das eine auf Preisgünstigkeit und großes Sammelsurium an allem Möglichen getrimmtes Konzept, was meinen ursprünglichen Plan, für die den TGS-2015-Spendern versprochenen beiden Mitbringsel-Päckchen in einen 100-Yen-Shop zu gehen, ins Wanken bringt. Mal reingehen....
Drinnen sind der Don Quijote aus wie ein Supermarkt, der mit einer Strandbude und Apotheke gekreuzt wurde. Ich habe übrigens beschlossen, euch nur eine klitzekleine Auswahl an Waren zu zeigen, denn die Pakete sollen doch eine Überraschung werden. Übrigens werde ich den ausgelosten Gewinner doch erst in Deutschland ziehen, und dann auch den Inhalt der beiden Pakete aufschlüsseln. Was drin sein könnte (keine Garantie!), seht ihr unter anderem in den folgenden vier Fotos.
Wie wäre es zum Beispiel mit den typischen Gesichtsmasken? Aber nicht im langweiligen Weiß, das hier alle tragen! Und aufgrund unserer zu 98% männlichen Leserschaft nehmen wir auch keine in Rosa oder mit Herzchen. Doch die schwarzen Masken, die stehen doch jedem gewaltbereiten Antikapitalismus-Demonstranten oder potenziellen Bankräuber gut, findet ihr nicht?
Wenn wir gerade bei Masken sind, es gibt auch allerlei Kostüme. Und wenn ich die Größen richtig deute, reden wir hier nicht von Faschingskostümen für Kinder.
Was haben diese Handyhüllen mit der skandalmumwitterten MGS5-Actionfigur von Quiet gemein? Nun, die Brüste sehen nicht nur plastisch aus, sie sind tatsächlich gefüllt und somit ... erfassbar.
Aber es gibt im Don Quijote auch diverses anderes Zeugs, etwa Wäsche, Mode, Spirituosen, Sportutensilien, Fahrräder, Auto-Tuningteile, Gesundheitszeugs und... Retro-Spielekonsolen-Module. Wirklich eine interessante Fundgrube, dieser Shop!
Aber was versteckt sich hinter diesem farbenfrohen Vorhang, der einen schummrigen Teil des Ladens abschirmt? Ich habe kurz reingeschaut, aber ihr könnt es euch vermutlich denken, oder? Halt so Sachen aus weichem, aber doch weitgehend formstabilen Gummi und so. Für die einsame Japanerin. Und die sozusagen invertierte Produktkategorie für den einsamen Japaner. Und sonst halt so Sachen.
Keine Sorge, davon landet nichts in den Gewinnerpäckchen für TGS-Spender, aber schon genug, nun ja, Ungewöhnliches... Erfahrt ihr dann nächste Woche, dann werden auch (von Deutschland aus) die Päckchen verschickt.
Nach Abladen der dann doch umfangreichen Mitbringsel bin ich dann los zum nächsten Ziel. Das war noch nicht der Skytree, den ich schlicht auf dem Weg anderswohin (hier vom Sumidagawa aus) gesehen habe, doch am Abend wollte ich ihm einen richtigen Besuch abstatten. "Anderswohin" habe ich mit Hilfe von Google Maps, am Ostufer des Sumida entlang, laufend erreicht. Nach etwa 30 Minuten strammen Marsches nach Süden ist mein Ziel erreicht.
Begrüßt wurde ich von diesem Gesellen, und es ist seltsam: Auch wenn ich natürlich weiß, dass der auf einer Schildkröte steht (ich gedenke hiermit Terry Pratchett, vielen Dank für die vielen vergnüglichen Stunden!), denke ich irgendwie an etwas anderes. Muss mit dem Besuch anderthalb Stunden vorher in dem verruchten Eckchen des Don Quijote liegen.
Ein paar Meter weiter bin ich endlich am Ziel: Ein imperialer Sternenkreuzer ist in Tokio gelandet und hat sich die Stadt untertan gemacht. Oder aber, der Architekt des Edo Tokyo Museums hat zuviel Star Wars geguckt. Eine dritte Möglichkeit kann ich ausschließen. Innen ist es am mittleren Vormittag noch relativ leer, obwohl auch in Japan bestimmt die Kinder sonntags von ihren Eltern gezwungen werden, ins Museum zu gehen. Statt was Tolles zu machen, Fernsehschauen oder so etwas.
Nachdem ich mir im Erdgeschoss ein Ticket gekauft habe, geht's erst mal nach oben, denn die Haupt-Ausstellungsfläche liegt ungefähr dort, wo beim Sternenkreuzer die Brücke wäre. Souverän-autistisch ignoriere ich die ehrenamtlichen Guides, die sich nicht zuletzt Ausländern anbieten. Und betrete als erstes diesen Nachbau der Nihonbashi-Brücke. Von dieser Brücke aus wurden einst in Japan alle Entfernungen gemessen, über sie betrat man vom Umland kommend das eigentliche Edo. Oder so ähnlich. Tokio hieß mal Edo, für die Leser, die niemals Shogun geguckt haben.
Auf der anderen Brückenseite sieht man dann ein Modell der Brücke nebst Umgebung. Ich bitte um Beachtung, wie ich hier kunstvoll die Schärfe-Unschärfe-Tipps (via Blendenöffnung) des Fotokurses unseres Users floppi umgesetzt habe. Na, zufrieden, Sensei?
Die moderne Nihonbashi-Brücke sieht übrigens so aus (und ja, das ist aus Jörg in Tokio 2013 geklaut): Beton, Stadtautobahn drüber, aber immerhin noch eine Hinweistafel, um was es sich handelt.
Habt ihr meinen Nobunaga-Test gelesen kürzlich? Macht nichts, ich mag euch trotzdem, aber jedenfalls verstehe ich spätestens jetzt, wieso man 2015 ein Spiel mit ungefähr eintausend historischen Persönlichkeiten machen kann, und zu jeder dieser Personen Daten, Charakterwerte und ähnliches wissen kann: Die alten Japaner waren ganz verrückt auf Familienstammbäume. Hier ist die Shogun-Familie, die Edo und das restliche Land beherrschte zu sehen (die Shogune haben jeweils ein Porträt), dazu kommen noch wichtige Familien im Dunstkreis. Etwa 250 Jahre existierte das Shogunat, bevor es dann Mitte des 19. Jahrhunderts von der Moderne abgelöst wurde. Nicht ganz freiwillig, natürlich, googelt mal nach "Schwarze Schiffe" und "Commander Perry".
Dieser Nachbau (wohl in Originalgröße) zeigt das berühmteste Kabuki-Theater Tokios, das auch nicht dermaßen weit entfernt von hier liegen müsste, also in seiner modernen Form, natürlich. Man kann da auch reinschauen und die Tricktechnik bewundern, mit der damals gearbeitet wurde. Beispielsweise wurden über Spiegelkonstruktionen Geister auf die Bühne gezaubert.
Diese Karte stellt das frühe Edo, das erst dadurch überhaupt zu einer Großstadt werden konnte, weil die ersten Shogune (die das Machtzentrum von Kioto nach Edo verlegten, und dieses dann folgerichtig Tokio, östliche Hauptstadt, nannten) umfangreiche Ent- und Bewässerungsarbeiten anstießen.
Okay, es gibt wirklich viele solcher Dioramen im Edo Tokyo Museum, und leider kommt nicht ganz rüber, wie viel Mühe sich die Bastler mit dem "Wasser" gemacht haben. Jedenfalls ist hier das historische Asakusa zu sehen, soviel ich weiß.
Ich habe da so eine Idee, wie ich mithilfe einiger kräftiger Praktikanten die immensen Spritkosten im GamersGlobal-Konzern vermeiden könnte. Nur, wie bekomme ich das Ding nach Deutschland?
Okay, ich höre dann auch auf, aber noch der Vollständigkeit halber: Das Edo Tokyo Museum dreht sich keinesfalls nur um das japanische Mittelalter oder den Wechsel zur Moderne, sondern geht auch ins 20. Jahrhundert. Sehr spannend fand ich beispielsweise den Nachbau einer Wohnanlage aus den 60ern samt beguckbarem Appartement, in dem ein typischer Schwarz-Weiß-Fernseher und andere Utensilien standen. Einige Meter zurück gab's dasselbe für eine "Wohnung" im 18. Jahrhundert (Motto: Kochen, Essen, Wohnen, Schlafen in einer drei mal drei Meter Holzhütte), und man muss sagen: Japan wurde wirklich in Rekordgeschwindigkeit modernisiert.
Als ich den Ausgang suche, lande ich auf einer Art Hochterrasse, von der aus es zum Parkhaus geht. Die komischen "Pilze" sind ein Unterstand mit Glaswänden fürs Picknick zwischendurch. Was mich daran erinnert, dass es mittlerweile früher Nachmittag ist, und mein Magen knurrt. Also: Rückmarsch!
Quasi direkt neben dem Tokyo Edo Museum komme ich an diesem schönen kleinen Park vorbei, der sich mir jetzt beim Schreiben dank Internet als Ryogoku Kyo Yamuda Teien entpuppt. Mir wird das Gelaufe dann aber doch zuviel, und ich nehme zurück eine Bahn.
Da mich dann doch die Mittagsmüdigkeit übermannt, stärke ich mich dort erst mal. Die Aluflasche hatte eine Kaffebohne drauf und eine glücklich schauende Kuh, geschmeckt hat der Inhalt dann eher nach stark übersüßtem Kakao. Müder bin ich aber immerhin nicht geworden.
Beeindruckend finde ich die kettenfahrzeugartige Maschine, die ihm die Getränkekisten transportiert und auch nach oben schiebt, wenn eine Kiste leer ist.
Nun ja, frisch gestärkt erreiche ich bald wieder eine der Asakusa-Stationen (es gibt verwirrenderweise drei), und fünf Minuten später mein Hotel. Die nächsten Stunden verbringe ich mit "nur mal fünf Minuten aufs Bett legen" (sprich: komatösem Schlaf). Danach mache ich mich am späten Nachmittag auf zum Skytree. Dieses Mal aber will ich auch rauf!
An den Skytree angeschmiegt ist die Shopping Mall "Solamachi". Hier mal die offizielle Übersichtskarte des Geländes von der Skytree-Website, entschuldigt die miese Qualität.
Übrigens gibt es Sonntags enorme Warteschlangen unter dem Skytree, nur zwei Personengruppen müssen nicht teils stundenlang in die Schlange: Gruppenreisen mit Vorreservierung (oder so interpretiere ich das einfach) und schlaue Gaijin, die den Gaijin-Bonus ziehen. Will heißen: Ich hatte vorher im Internet recherchiert, sonst hätte ich die kleine Theke in dem riesigen Erdgeschoss-Hallen-Areal nie gefunden: Als Ausländer darf man etwas mehr Geld bezahlen, wenn man will, und wird dafür direkt an den Schlangen vorbei in die Aufzugswarteschlange bugsiert, von einer freundlichen Bediensteten.
Man darf ausweislich der Webseite auch eine japanische Begleitperson mitbringen, sodass sich mir eine echte Alternative zum GamersGlobal-Job bietet: Ich spreche alte japanische Omas an, ob sie die Warterei nicht satt haben, und verschaffe ihnen gegen Aufpreis das Gaijin-Vorzugsticket.
Jedenfalls dauerte es keine 20 Minuten von meinem Anstehen an der kleinen Spezial-Ticket-Schlange, bis ich in einen der Fahrstühle gelotst wurde (da passen jeweils so 40 Leute rein) und in einer halben Minute auf 250 Meter hochgeschossen wurde, aufs erste der beiden Obersavtion Decks. Mit wirklich beeindruckender Sicht auf das frühabendliche Tokio.
Und was observierte ich als erstes? Na, könnt ihr ihn sehen? Moment, näher ranzoomen...
Wie schon mal geschrieben, wird es früh dunkel in Tokio im September (Sommerzeit kennen die Japaner nicht), sodass es gegen 17:30 bereits sehr diesig und zunehmend schummrig war.
Ich fand es interessant, anzusehen, wie nach und nach die Lichter in der Stadt angingen. Hinten links ist übrigens das große Stadion von Tokio, der Tokyo Dome. Über ein noch größeres für die Olypmischen Sommerspiele 2020 wird seit geraumer Zeit heftig gestritten.
Ihr findet diese Fotos wahrscheinlich nicht halb so schön wie ich, aber ich muss wirklich sagen, dass mich der Ausblick begeistert hat. Hier etwa ist der Tokyo Tower zu sehen, der bis 2011 das höchste Gebäude Tokios war (und bis auf die Bemalung immer noch eine schamlose Eiffelturm-Kopie ist), mit seinen mickrigen 333 Metern aber gegen die 662 des Skytree einfach nicht anstinken kann.
Das menschliche Auge ist einer Fotokamera immer noch überlegen und darum bringt keines dieser Fotos (die natürlich auch alles andere als perfekt sind, schon klar) genau das rüber, was ich noch sehr frisch im Gedächtnis habe. Aber den Eindruck "Lichter bis zum Horizont, in alle Richtungen" vermitteln sie doch halbwegs, hoffe ich.
Dieses Foto ist anachronistisch einsortiert, aber aus einem bestimmten Grund: Es zeigt den Blick nach unten von der ersten Aussichtsplattform. Im Vergleich dazu kommt jetzt der Blick direkt nach unten...
... von der zweiten Aussichtsplattform, in fast einem halben Kilometer Höhe. Und zwar sind im Boden an einer Stelle auf einer etwa 1,5 mal 2 Meter großen Fläche dicke Panzerglas-Scheiben als Boden eingesetzt, und man kann sich da draufstellen. Mir schwindelt es glücklicherweise eher auf 4 Meter Höhe als auf 450 Meter.
Zum Abschluss noch ein letztes Foto aus schwindelnder Höhe. Okay, es ist unscharf und verwackelt, aber es fängt doch sehr gut das Lichtermeer ein, das Tokio ab 18:00 Uhr Ortszeit ist.
Es gibt übrigens auf dem 250-Meter-Deck auch ein Restaurant, aber der Blick auf die Preisliste ließ in mir kurzzeitig jegliche Hungergefühle verebben.
Jedenfalls bin ich froh, den Touri-Ausflug gemacht zu haben, auch wenn's nicht billig war. Dieses Oyasuminasai- ("Gue Nacht")-Foto stammt von meinem Rückweg zum Hotel, wo ich aktuell pflichtschuldigst in die Tasten haue.
Irgendwo in Asakusa: Diese Mutter ist noch ziemlich spät mit ihren beiden Kindern unterwegs. Übrigens ohne Licht wie ich als ordnungsliebender deutscher Papa einfach anmerken muss.
Zum Hotel gelange ich wieder durch die Tempelanlage. Neben dem Haupttempel gibt's diesen höherne, siebenstöckigen Pagoden-Tempel. Dieses komische goldene Ding oben (gut, auf dem Foto ist es blau, aber tagsüber golden, vertraut mir), das oben herausguckt, ist keinesfalls nur Zierde. Vielmehr zieht sich dieser Pfahl durch das ganze Gebäude und ist fest im Boden verankert. Die einzelnen Stockwerke sind aber wohl nicht direkt damit verbunden, sondern über eine komplizierte Seil-Aufhänhung. Wie auch immer, jedenfalls macht diese besondere Konstruktion diese Art von Tempeln seit Jahrhunderrten erdbebensicher.
Und genau dieses Prinzip, nur in SEHR GROSS, verwendet auch der Skytree, wie ich vor einigen Monaten einer NHK-Dokumentation entnommen habe.
Hier stehe ich direkt vor dem Hotel und fotografiere zurück Richtung Tempeleingang (der hinter einer kleinen Kurve liegt). Schöne Nachbarschaft, oder? Die ganzen "Gemälde" sind übrigens die Verschönerung der Stahl-Rolläden in der Einkaufsstraße; morgens gegen 9 Uhr werden diese hochgezogen und die Händler schieben ihre Auslagen nach draußen, wobei bis 10 Uhr dennoch tote Hose herrscht.
Wie dem auch sei: Für normale User ist hier für heute Schluss, während sich Premium-Abonnenten und TGS-Spender noch an einem wirklich wunderschönen Sonnenuntergang ergötzen können, natürlich vom Skytree aus fotografiert, aus rund einem halben Kilometer Höhe.
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