Test: GTA als Samurai

Way of the Samurai 4 Test

Keksus 22. Oktober 2012 - 22:31 — vor 11 Jahren aktualisiert
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before
after
Einen spielerischen Unterschied macht die Helligkeit nicht. Ob nun Tag oder Nacht, wirklich hübsch sieht das Spiel sowieso nicht aus.
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Minispiel-TorturWenn ihr euch in Way of the Samurai daneben benehmt und im Kampf unterliegt, muss das nicht jedesmal mit einem Game Over enden. Fallt ihr etwa der Klinge eines "Thief-Takers" zum Opfer, landet ihr im Gefängnis. Dort kommt ihr nur auf zwei Arten heraus: Entweder besitzt ihr genug Geld, um euren Wärter zu bestechen, oder ihr absolviert eines von drei Folter-Minispielen. Von einfach bis schwer ist hier alles vertreten. Wenn ihr Glück habt, müsst ihr die Steinpresse bestehen. Hier sitzt ihr auf einer Schiene und müsst Steinen ausweichen, die auf euch geworfen werden. Etwas schwieriger ist das Folterpferd. Bei dem hängt ihr an einem Seil und müsst darauf achten, weder zu tief noch zu hoch zu hängen. Beides resultiert im Verlust von Lebensenergie. Am schwierigsten ist jedoch das Wasserrad. Hier werdet ihr an ein Rad gespannt und müsst immer die Luft anhalten, wenn ihr unter Wasser getaucht werdet. Macht ihr das nicht, verliert ihr eine Menge Lebensenergie. Sobald ihr über Wasser seid, steht Buttonmashing an, um die Lungenflügel mit Luft zu versorgen. Das Problem bei diesem Minispiel: Es lässt sich nicht genau erkennen, wann  ihr unter Wasser seid und wann problemloses Luftholen möglich ist. Bei allen drei Minispielen steht zudem noch eine Foltermeisterin daneben, die euch mit Schlägen und Tritten malträtiert. Die Minispiele sind eher nervig als unterhaltsam und lassen sich daher eher mit echter Folter vergleichen als mit einem Zugewinn an Spielspaß. Storybedingt müsst ihr sie nur ein einziges Mal erfüllen – dann jedoch gleich alle drei hintereinander und ohne Speicherpunkte. In den übrigen Fällen könnt ihr euch, wie gesagt, auch freikaufen.

Viele Wege führen nach Kyoto
Entscheidungen wie das Eröffnen einer Sprachschule werden mit in den nächsten Durchgang übernommen.
Way of the Samurai ist schnell beendet. Mit schnell meinen wir aber nicht innerhalb von sechs bis acht Stunden, wie es oftmals für Shooter üblich ist. Nein, auch nicht mehr. Sondern viel weniger: Ein Ende seht ihr möglicherweise bereits nach weniger als einer Stunde, durchschnittlich werdet ihr nicht länger als eineinhalb bis zwei Stunden benötigen. Das hängt aber sowohl von eurem spielerischen Können als auch der Anzahl der absolvierten Nebenmissionen ab.

Dafür ist der Wiederspielwert umso größer. Eure Entscheidungen wirken sich direkt auf die Geschichte aus. Das Spiel bietet nicht weniger als zehn verschiedene Enden. Die Errungenschaften jedes einzelnen Durchlaufs werden in den nächsten übernommen: Das betrifft nicht nur Waffen und Items, sondern auch merkliche Auswirkungen auf die Welt. Schafft ihr es zum Beispiel in einem Durchlauf, die Sprachschule zu eröffnen, dann versteht ihr in allen darauf folgenden Durchgängen die Ausländer, was euch wiederum Zugriff zu neuen Geschäften und Quests gibt. Das wird solange beibehalten, bis ihr die Schule später vielleicht wieder per Quest schließt. Auch werdet ihr sehr viele Dinge freischalten, was ebenfalls zu mehreren Spieldurchläufen motiviert. Neben neuen Waffen- und Kampfstilen zählen dazu auch zahlreiche Frisuren, Gesichter und Accessoires. Zudem könnt ihr romantische Abenteuer erleben, die in eurem Profil festgehalten werden. Sehr komplex sind diese jedoch nicht, sie beschränken sich lediglich auf das Flirten mit den NPCs, indem ihr einfach drei mal den richtigen Satz findet. Welche das sind, ist jedoch immer zufällig. Seid ihr erfolgreich, folgt ein Date, in dem ihr zum Schlafgemach der Angebeteten schleicht. Dann gibt es ein kurzes, als Kampf inszeniertes Vorspiel, und ihr habt die Romanze abgeschlossen.

Frühlings-Dunstschleier
Ja, dieser Katanadieb trägt wirklich einen Topf auf dem Kopf.
Auf der einen Seite kommt der Gegensatz zwischen japanischer Tradition und westlicher Moderne in Way of the Samurai 4 gut rüber. Auf der anderen Seite wird die durchaus spürbare Atmosphäre durch den eingangs erwähnten Humor immer wieder mal zerstört. Es fällt schwer, die Gegend zu bewundern, wenn davor ein Dieb mit Topf auf seinem Haupt steht oder uns der nächstbeste Brite freudig von seinen Verdauungsproblemen berichtet. Auch wenn dieser Humor für die Serie typisch ist, so hätten sich die Entwickler doch besser für ein realistisches oder ein humoristisches Spiel entschieden. Oder einfach mal länger GTA 4 gespielt: Auch das ist voll von skurrilen Charakteren und abstrusen Situationen – doch der zynische Grundton bleibt immer erhalten, niemand käme bei GTA 4 auf die Idee, den Programmierern Schenkelklopf-Humor zu unterstellen.

Zwar könnt ihr die Gebiete nicht nur am Tag bewundern, sondern auch während der Nacht, wenn die Straßen nur durch den Mond und einige Laternen beleuchtet werden. Allerdings verläuft dieser Tag-Nacht-Wechsel nicht fließend, sondern geskriptet nach Abschluss von Storymissionen oder wenn ihr euch im Bett zur Ruhe legt.

Multiplayer gegen die KIIm Gegensatz zu seinen Vorgängern bietet Way of the Samurai 4 einen Multiplayermodus. Der ist entfernt von Demon's Souls und Dark Souls inspiriert: Wenn ihr die Onlinefunktionen in den Optionen aktiviert habt, werdet ihr ab und an den Avataren anderer Spieler begegnen. Diese werden aber nicht von den Spielern selbst kontrolliert, sondern von der KI. Außerdem existiert kein Matchmaking, weswegen ihr oftmals gegen übermächtige Gegner antreten werdet. Da ist es umso schlimmer, dass bei der Bewertung der Kämpfe kein Unterschied zwischen schwachen oder starken Spielern gemacht wird. Wenn ihr auf Rache sinnt, geht ihr nach einem Ladevorgang einfach zu einem Rachepferd – ja, richtig gelesen – und beschwört dort den Spieler, gegen den ihr zuletzt verloren habt. Da ihr mit diesem Multiplayermodus aber nicht gezielt gegen eure Freunde antreten könnt und euch ein Sieg keine Vorteile bringt, haben wir diese Option schnell wieder deaktiviert. Wer auf anspruchsvolles und herausforderndes PvP gehofft hat, wird enttäuscht werden.

Technik aus der Zeit der Meiji-Restauration
Alternativen
Yakuza 3 (GG-Test: 7.5) oder dessen Nachfolger aus dem Hause Sega spielen ebenfalls in Japan und bieten ein ähnliches Spielerlebnis. Zudem sind die Yakuza-Spiele besser ausgebaut und fühlen sich nicht so alt an. Wenn es jedoch mehr Richtung Open World gehen soll, bietet sich Sleeping Dogs (GG-Test: 7.5) an. Im Titel aus dem Hause Square Enix müsst ihr zwar auf das japanische Setting verzichten, seid in Hong Kong aber immerhin noch in Asien unterwegs. Und auch hier stehen Nahkämpfe im Mittelpunkt, auch wenn ihr hier keine Schwerter schwingt. Letztere gibt es allerdings in Assassin's Creed Revelations (GG-Test: 8.5).
Dem Setting von Way of the Samurai 4 getreu, könnte auch dessen Technik aus der Zeit der Meiji-Restauration stammen. Weniger blumig formuliert: Die Grafik bleibt sehr weit hinter aktuellen Standards zurück. Seit dem bereits zu seiner Zeit veralteten Vorgänger hat sich wenig getan. Die Texturen sind verschwommen und wirken wenig detailliert. Moderne Effekte sucht ihr vergebens. Dasselbe gilt für Variationen bei den Gesichtern der NPCs. Bis auf die für die Story wichtigen Charaktere besitzt jeder NPC-Typ maximal zwei bis drei Gesichtsvariationen. Dazu kommen sehr eckige Kanten. Bei größeren Gegnermassen kommt das Spiel dann auch noch gerne ins Stocken. Das ist vor allem deshalb unverständlich, da die Stadt nicht sehr groß ist und zwischen einzelnen Gebieten nachgeladen wird. In Zeiten, in denen auf der PS3 Spiele wie Sleeping Dogs und Assassin's Creed 3 samt großer Areale möglich sind, sollte so etwas nicht sein. Beide Titel bieten eine bessere Grafik und eine größere Spielwelt, kämpfen aber dennoch nicht mit solch großen Performanceeinbußen wie Way of the Samurai 4.

Auch der Sound lässt zu wünschen übrig. Ihr werdet die immer gleichen Kampfschreie hören. Auch das metallene Geräusch zusammenstoßender Schwerter ist immer dasselbe. Auch bei Treffern bietet der Sound nicht viel Abwechslung. Durch diese Mängel fühlt sich der Titel viel älter an, als er es eigentlich ist. Die Sprecher sind hingegen durchweg hochwertig, auch wenn ihr von diesen nur in den Zwischensequenzen wirklich etwas hören werdet. Dass die Ausländer jedoch akzentfrei sprechen, zerstört wiederum die Illusion, dass es sich dabei nicht um Japaner handelt. Eine englische oder deutsche Sprachausgabe existiert nicht. Das Spiel ist komplett auf Japanisch vertont und mit englischen Untertiteln versehen.

Autor: Mathias Dietrich / Redaktion: Christoph Vent, Jörg Langer (GamersGlobal)

Mathias Dietrich
Way of the Samurai 4 leidet unter mehr als einem Problem. Die Grafik ist veraltet und Performanceeinbrüche stören das Spielerlebnis. Auch der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe ist nicht wirklich gut ausbalanciert. Dennoch begebe ich mich gerne in das Japan während des Bakumatsu. Dafür sorgt neben dem einzigartigen Setting auch der Punkt, dass in dem Spiel noch ganz andere Dinge – im positiven Sinne – veraltet sind, die viele moderne Spiele einfach vergessen haben: Ich kann viel freischalten. Sehr viel! Neben kosmetischen Sachen wie Accessoires und neuer Kleidung macht es mir vor allem Spaß, die neuen Kampfstile zu finden. Ein großes Highlight ist es dann, wenn ich gar eine neue Waffengattung freischalte und fortan mit zwei Schwertern gleichzeitig kämpfen darf oder mit einem Gewehr in die Schlacht ziehe.

Auch die Grundlage des Spiels, die Geschichte mehr in die Breite zu ziehen und viele Storypfade zu bieten, anstatt einer sequentiellen Missionsabfolge hinterherzuhecheln, gefällt mir. Das zieht das (arg kurze) Vergnügen durchs wiederholte Spielen in die Länge und motiviert mich außerdem, jeden einzelnen Event zu finden. Und ein einzelner Durchlauf lässt sich innerhalb der Mittagspause beenden. Way of the Samurai ist sicher nicht jedermanns Sache, zudem technisch veraltet und im wichtigsten Punkt, den Kämpfen, unbalanciert. Und dennoch möchte ich vorsichtig dafür werben: Es ist in einigen Punkten richtig spaßig und eine Alternative zu westlichem Open-World-Einheitsbrei.

 Way of the Samurai 4
Einstieg/Bedienung
  • Umfangreiches Kampftutorial
  • Einfach zu erlernen
  • Kamera oft ungünstig positioniert
  • Umständliche Gegnerauswahl
  • Einiges wird nicht erklärt
Spieltiefe/Balance
  • Viel freizuschalten
  • Enormer Wiederspielwert
  • Erfolge werden in neues Spiel übernommen
  • Einzigartiges Setting
  • Spielzeit für einen Durchgang viel zu gering (1 bis 1,5 Stunden)
  • Kämpfe nicht ausbalanciert
  • Teils schwere Minispiele
Grafik/Technik
  • Abwechslungsreiche Gebiete
  • Tag- und Nachtwechsel...
  • Stimmungsvolle Atmosphäre
  • Völllig veraltete Grafik
  • ... die nur geskriptet sind
  • Performanceeinbrüche
  • Charaktermodelle wiederholen sich
Sound/Sprache
  • Gute japanische Vertonung
  • Nicht komplett vertont
  • Keine deutsche Sprachausgabe
  • Nur englische Texte
  • Fehlende Abwechslung bei den Soundeffekten
Multiplayer
  • Innovative Idee (siehe Text)
  • Kein echter Multiplayer-Modus
  • Kein Matchmaking
  • Keine gezielten Kämpfe gegen Freunde

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Amazon.de Aktuelle Preise (€): 31,10 (UK Import)
Userwertung
4.5
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Action
Open-World-Action
18
Acquire
05.10.2012
Link
PCPS3
Screenshots
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News
Keksus 22. Oktober 2012 - 22:31 — vor 11 Jahren aktualisiert
Jörg Langer Chefredakteur - P - 468609 - 22. Oktober 2012 - 22:48 #

Viel Spaß beim Lesen!

LittlePolak 13 Koop-Gamer - 1783 - 22. Oktober 2012 - 22:59 #

Danke für den Test :)

Green Yoshi 22 Motivator - P - 36171 - 22. Oktober 2012 - 23:30 #

Die PS2 lebt! Spielerisch soll es ja laut Feinschmeckern ganz gut sein, aber mir ist das alles viel zu japanophil.

Sciron 20 Gold-Gamer - 24181 - 23. Oktober 2012 - 0:56 #

Wenn man den Test so liest, könnte dieser fast exakt genauso auch zu einem der Vorgänger passen. Bis auf das Zeitlupenfeature scheint hier wirklich alles beim Alten geblieben zu sein und das nicht unbedingt im positiven Sinne.

Schon auf der PS2 war WotS ein interessant-ungewöhnliches, aber wegen der vielen Mängel im Gamedesign, auch frustiges Erlebniss. Manche der unzähligen Enden konnte man schon nach wenigen Minuten erreichen. Welche Bedingungen man für die anderen erfüllen musste, war allerdings nie so recht klar. Obwohl ich oft mehrere Spielansätze verfolgt habe, kam oftmals schlicht das selbe bei raus.

Alles nochmal von vorne zocken zu müssen, nur um dann mal eine Kleinigkeit anders zu machen, um damit eventuell den Lauf der Story doch noch zu ändern, war irgendwann echt nicht mehr motivierend. Langfristig hat es mich also leider nicht fesseln können. Das dürfte beim neuesten Teil wohl nicht viel anders sein.

Punisher 22 Motivator - P - 32221 - 23. Oktober 2012 - 9:25 #

"Spielzeit für einen Durchgang 1-1,5 Stunden" - man sieht nach 1,5 Stunden tatsächlich schon eines der möglichen Enden und soll sich dann irgendwie motivieren, das nochmal zu spielen?! Als "nicht-wiederspieler" finde ich das schon fast dreist...

Sciron 20 Gold-Gamer - 24181 - 23. Oktober 2012 - 10:04 #

Die WotS-Spiele sind keine gewöhnlichen Titel, die man so 2-3 mal durchspielt und dann in die Ecke stellt. Das Konzept ist auf eher dutzendfaches durchzocken aufgebaut, da man auch immer wieder Waffen und Gadgets freischaltet, welche man in späteren Durchgängen erneut verwenden kann. Wie weiter oben gesagt: In den Vorgängern konnte man ein Ende teilweise schon nach 10 Minuten erreichen. Wenn du generell nicht so der mehrfach-Durchspieler bist, wirst du damit also wohl eher nix anfangen können.

Guldan 17 Shapeshifter - 8554 - 23. Oktober 2012 - 10:00 #

Also kaufen will ich es, wäre mein erster Teil aber nicht jetzt ich warte bis es günstig zu haben ist.

Iceblueeye 15 Kenner - 3085 - 23. Oktober 2012 - 11:08 #

"So eine künstliche Spielzeitstreckung kennt man sonst nur aus...japanischen Spielen..."

:-D Großartig

Anonymous 2143 (unregistriert) 23. Oktober 2012 - 12:34 #

dafuq, was hab ich da eben nur gelesen.

McGressive 19 Megatalent - 14300 - 23. Oktober 2012 - 13:36 #

Keksus schreibt jetzt Tests für GG? Cool! :)

Keksus 21 AAA-Gamer - 25149 - 23. Oktober 2012 - 14:28 #

Das hier ist mein erster richtiger Test. ;) Davor hatte ich den Angetestet zu Planetside 2 gemacht.

Guldan 17 Shapeshifter - 8554 - 23. Oktober 2012 - 16:55 #

Gerne mehr davon :)

Darth Spengler 18 Doppel-Voter - 9372 - 23. Oktober 2012 - 16:52 #

Also so kurz sollte die Spielerfahrung dann doch nicht sein ^^

Ich hatte so an ShenMue in 1800ern gedacht :D