Vanquish lässt euch keine ruhige Minute und brennt ein Effektfeuerwerk nach dem anderen ab.

Visuelles Erlebnis

Was dann während der virtuellen Schlachten passiert, sucht seinesgleichen. Ihr müsst natürlich die Levels „lesen“, um regelmäßig Deckung zu finden. Euer Alter Ego schmiegt sich per Tastendruck an beinahe jedes Objekte, nimmt je nach dessen Größe eine stehende, kauernde oder liegende Haltung ein, setzt von dort aus Nadelstiche gegen die anstürmende Feindesbrut. Ja, man kennt das vom indizierten König der Deckungs-Shooter aus dem Hause Epic Games. Was an Vanquish anders ist: Es tritt fast dauerhaft aufs Gaspedal, läuft oft unter Volllast, lässt weniger Zeit zum Verschnaufen. Wenn all die pfeifenden Geschosse, grellen Energiestrahlen, wuchtigen Explosionen und fliegenden Trümmer die Luft in eine brennende Hölle verwandeln, sind etwaige eintönige Abschnitte vergessen. So gerät dieser Shooter doch noch zum visuellen Erlebnis. Gleichzeitig wird klar, warum ein schlauer Kopf irgendwann mal die Epilepsie-Warnung erfunden hat.

Der zweibeinige Kampf-Geher erinnert an die AT-ST-Walker aus Star Wars. Wer den Piloten aus dem offenen Cockpit ballert, darf die Kontrolle über das Vehikel übernehmen.

Wem das ohnehin hohe Tempo nicht reicht, der zündet den Nachbrenner. Einen Turbo in Form kleiner Düsen, die sich an den Stiefeln eures Recken befinden. Der wirft sich darauf zum Beispiel wie ein Fußballer beim Torjubel auf die Knie und schlittert mit atemberaubender Geschwindigkeit über den Boden, kraftvoll vorangetrieben von einem bläulichen Strahl. Während die Reibung für einen kontrastreichen, orangenfarbenen Funkenregen sorgt, möchte man fast „WipEout!“ brüllen.

Kurz und heftig ist dieser Effekt, der nur so lange anhält, bis der Anzug überhitzt. Desgleichen gilt für den Zeitlupenmodus, der sich ebenfalls manuell auslösen lässt. In kritischen Phasen startet er automatisch. Weil das Geschehen sich extrem verlangsamt, könnt ihr einerseits gegnerischem Feuer besser ausweichen und Lebensenergie regenerieren. Andererseits fällt dem Protagonisten das Zielen leichter. Um beispielsweise die riesigen Zwischenbosse zu bearbeiten, deren Schwachstellen irgendein Idiot mal wieder taktisch unklug und auffällig mit Leuchtfarbe angepinselt hat.        
 
Bitte einsteigen!

Unseren Erfahrungen zufolge dauert es durchschnittlich sechs bis sieben Stunden, um das Abenteuer zu bewältigen, je nach Können und Schwierigkeitsgrad. Derer gibt es vier, wobei „Automatisch“ der Stufe „Leicht“ entspricht, aber zusätzlich eine Zielhilfe bietet. Habt ihr Vanquish durch, schaltet sich der Schwierigkeitsgrad „Extrem“ frei. Anfängern bringt das Spiel in einem Tutorial die umfangreiche und dennoch eingängige Steuerung näher. Ohnehin präsentiert sich der Titel, von einigen Frustpassagen abgesehen, einsteigerfreundlich: Die wegen der hitzigen Action manchmal verwirrenden Kameraperspektiven und verhältnismäßig harten Kämpfe gegen einige Levelbosse fallen deshalb nicht so ins Gewicht, weil ihr jederzeit den Schwierigkeitsgrad ändern dürft und ausreichend fair gesetzte Speicherpunkte existieren.

Ein Sonderlob verdienen die Sprachoptionen. Vanquish ist nicht nur multilingual, es unterscheidet obendrein die Bereiche Sprachausgabe, Funkmeldungen und Benutzeroberfläche. Wer gern auf  Englisch spielt, kann deshalb beispielsweise deutsche Untertitel einblenden. Für die ja durchweg sehr intellektuelle GamersGlobal-Stammkonsumenten eröffnen sich gar schier unglaubliche Möglichkeiten: Sie dürfen bei entsprechenden Einstellungen quasi spielend gleichzeitig Japanisch (Sprachausgabe), Spanisch (Funkverkehr) sowie Italienisch (Untertitel) lernen. Französisch gibt’s auch noch, und es ist kaum zu fassen: Die Baguette-Variante von Sam Gideon klingt von allen am passendsten. Verrückte Welt.

Im stilvollen Zeitlupenmodus, den ein Bild natürlich nicht adäquat zeigen kann, fällt uns das Zielen deutlich leichter. Die Blechbüchse rechts stellt auf der Brust einen leuchtenden Schwachpunkt zur Schau.

Fazit: Für Highscore-Jäger

Kommen wir endlich zum Fazit, damit noch Speicherplatz für andere Artikel bleibt: Vanquish ist ein guter, linearer Shooter, der hauptsächlich auf Tempo und Ästhetik setzt. Der fehlende Multiplayermodus und die kurze Solospielzeit bescheren ihm allerdings ein schwaches Preis-Leistungs-Verhältnis. Deshalb offenbart er sich für die meisten Action-Fans eher als Leih- oder Budgetpreis-Kandidat. Es sei denn, ihr seid Highscore-Jäger: Dank der Online-Bestenlisten messt ihr euch mit Shooter-Spezialisten aus aller Welt.

Während dieser Artikel entstanden ist, hatte der punktbeste Spieler auf dem Schwierigkeitsgrad „Normal“ fürs Durchspielen rund fünf Stunden und 45 Minuten benötigt. Dabei gibt es aber nicht nur Zähler für schnelles Daddeln, sondern auch für Abschüsse, Tode, wie effektiv ihr Deckungen nutzt und so weiter. Dieser Wettbewerbscharakter beschert Vanquish entsprechend gepolten Zockern einen unbestreitbaren Wiederspielwert. Wer sich gern von der Lust treiben lässt, immer zielsicherer und schneller zu werden, findet hier eventuell sogar sein virtuelles Schlaraffenland.

Die Grafikfetischisten unter euch sollten auf die 8.0 zudem ruhig noch einen Bonus draufschlagen: Vanquish wirkt stellenweise so wie die (zumindest ästhetische) Zukunft der Shooter, zurückteleportiert ins Jahr 2010. Insoweit ist es durchaus der "spirituelle Nachfolger" des hochklassigen und ebenso verschwenderisch mit Polygonen und Effekten um sich werfenden Bayonetta. Allerdings ist Vanquish das wesentlich konventionellere Spiel und keinesfalls so japanophil oder vor verrückten Ideen überquellend.
 
Autor: Harald Fränkel / Redaktion: Christoph Hofmann (GamersGlobal)

Vanquish Test vom 25.10.2010 8.0 von maximal 10 Punkten Wertungsinfo: Keine Besonderheiten Fazit: Wer sich nach Bayonetta einen Action-Titel erhofft hat, der in der gleichen Meschugge-Liga spielt, dürfte von Vanquish enttäuscht sein. Allzu konventionell gibt sich das jüngste Baby von Altmeister Shinji Mikami. Darüber hinaus nagt die magere Spielzeit am Vergnügungszentrum des Gehirns. Bitte liebe Leute, ein kooperativer Modus als launiges Extra hätte wirklich sein dürfen! Weil das Spiel ab dem vierten Akt noch mal deutlich anzieht (auch in Sachen Storywendung) und abschließend ein feines Finale kredenzt, waren wir letztlich versöhnt. Und in Sachen Grafik brennt es ein fast ebenso starkes Feuerwerk ab wie die bereits erwähnte Schwester aus demselben Entwicklerstudio. Ihr seid bereit, für 6, 7 Stunden Spielzeit mit Nonstop-Action 50 Euro hinzublättern? Dann holt euch Vanquish.

Einstieg/Bedienung Vier jederzeit einstellbare Schwierigkeitsgrade Klar strukturiertes Tutorial  Vielfältige, trotzdem eingängige Steuerung Fair gesetzte Speicherpunkte Kameraführung zeitweise wirr Kein freies Speichern Spieltiefe/Balance Turboschnelle Action Fordernde Boss-Kämpfe Zielführender Levelaufbau Feines Finale Hoher Wiederspielwert für Highscore-Jäger Online-Ranglisten Acht aufrüstbare Waffen Zum Teil Taktik nötig Weiterer freischaltbarer Schwierigkeitsgrad Ungewöhnlicher Abspann Spielerisch wenig variantenreich Boss-Kämpfe mit Frustpotenzial Einschränkender Levelaufbau Story nimmt erst spät Fahrt auf Sehr kurze Spielzeit Gegner wiederholen sich Grafik/Technik Eindrucksvolle Explosionen Detailreiche Effekte Stilvoller Zeitlupenmodus Morph-Effekte Viele sterile Kulissen Kaum Abwechslung bei Szenarien Sound/Sprache Dynamische Geräuschkulisse Spracheinstellungen frei konfigurierbar Deutsche Sprachausgabe nicht lippensynchron Pseudocoole Helden-Stimme Multiplayer Nicht vorhanden   Hardware/Zubehör Keine Besonderheiten