Klassisches Krimiabenteuer

The Raven Test

Benjamin Braun 24. September 2013 - 14:51 — vor 10 Jahren aktualisiert
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Die letzte Episode beginnt ebenfalls mit einer spielbaren Rückblende, in der wir einen weiteren Charakter spielen.
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Episode 3: Wendungsreiche StorySchon in der zweiten Episode überraschte King Art mit einem weiteren, spielbaren Charakter, mit dem wir neben dem Schweizer Ermittler Jakob Zellner ins Geschehen eingriffen. Besonders spannend war daran, dass wir in diesem Spielabschnitt die zurückliegenden Ereignisse aus einer anderen Perspektive erlebten – auch wenn die Spielfigur etwas blasser war, als sie hätte sein müssen. In der letzten Episode sind wir abermals mit Adil sowie einer neuen Spielfigur unterwegs. Nach dem schockierenden Ende der letzten Folge kehren wir in der finalen Episode 3, Mörder und Raben, auf das Kreuzfahrtschiff MS Lydia und ins Museum in Ägypten zurück. King Art gelingt es mehrfach, die Spieler zu überraschen und ohne unglaubwürdig zu werden gleich mehrere Wendungen einzubauen. Zwar hält sich King Art beim Aufbau der Story nicht hundertprozentig an das, was Krimifans von einem klassischen Whodunit erwarten würden, aber genau diese Abweichung sorgt für frischen Wind, verhindert Langeweile und Vorhersehbarkeit. Das gelingt King Art bis zum überraschenden Finale – einem wirklich befriedigenden Ende, das bekanntlich bei weitem nicht jedes Spiel vorweisen kann.

Etwas schade finden wir, dass die Dialoge nicht mehr ganz so umfangreich sind und hier und dort gerne ein bisschen mehr in die Tiefe hätten gehen können. Wie viel Potenzial hier inhaltlich liegen bleibt, zeigt unter anderem ein Gespräch mit Geiger David Kreutzer, der uns an Bord des Kreuzfahrtschiffes sein Herz ausschüttet. Über einen mangelnden Unterhaltungswert müssen wir uns aufgrund der gelungenen Charakterzeichnung allerdings keineswegs beklagen. Denn die Dialoge sind auch trotz kleinerer Mangelerscheinungen alles andere als oberflächlich und lassen eine angemessene Portion Humor nicht vermissen.

Episode 3: Immer noch zu leicht
Die Rätsel sind auch in Episode 3 überwiegend gut in die Handlung integriert, aber auch deutlich zu einfach.
Während King Art auch in Episode 3 bei Story, Charakteren und Dialogen fleißig Punkte sammelt, bleibt das Rätseldesign einer der größten Schwachpunkte des Spiels: Die Puzzles sind gut in die Handlung integriert, stellen jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Herausforderung dar. Wir würden sogar so weit gehen, dass Mörder und Raben die einfachste der drei Episoden ist. Bedauerlicherweise ist der für unseren Geschmack zu geringe Anspruch der Rätsel aber nicht der einzige Schwachpunkt.

Ärgerlich finden wir vor allem, dass bestimmte Hotspots gesperrt bleiben, so lange wir nicht etwas Bestimmtes getan haben, das eigentlich in keinem logischen Zusammenhang damit steht. Aufgrund der kleinen Schauplätze und des allgemein eher geringen Aktionsspielraums, wird das zwar zu keinem schwerwiegenden Problem, lässt aber die Linearität zu stark durchblicken. Unschön ist auch, dass Adil in einer späteren Szene sein Taschenmesser nur im Inventar hat, wenn das Spiel das gerade will. Warum es zwischendrin fehlt, erklärt uns King Art nicht. Wir hingen nur an einer Stelle längere Zeit fest und das lag schlichtweg an einem Hotspot, der bei der von uns gewählten Gamepad-Steuerung nicht aktiv war. Mit der Maussteuerung gab es an dieser Stelle und auch generell keine nennenswerten Probleme.

Darauf, dass The Raven nicht den Umfang eines The Book of Unwritten Tales erreichen würde, waren Adventure-Fans schon vorbereitet. Viel Neues kommt mit der letzten Episode leider nicht mehr dazu. Die allermeisten Spielszenen sind in fast identischer Form schon aus den vorherigen Episoden bekannt. Manche davon, wie zum Beispiel der Eingangsbereich des Museums, könnten vielleicht belebter sein, an der Qualität der Kulissen haben wir aber prinzipiell wenig zu bemängeln und auch sonst gefällt uns die Grafik gut. Gerade bei den Gesichtsanimationen zeigt King Art viele Feinheiten, die bei weitem nicht jedes Spiel zu bieten hat. Auch sonst sind die Animationen ziemlich gut umgesetzt. Zum Beispiel sehen wir Miss Myers über das Deck stolzieren – und die braucht sich für ihren Hüftschwung ganz gewiss nicht zu schämen.

Alternativen
Krimi-Freunde können ein Blick auf Das Testament des Sherlock Holmes (GG-Test: 7.5) werfen, das bedeutend mehr Rätsel bietet als The Raven. Wenn es mehr Thriller als Krimi sein darf, ist Centauri Productions 3D-Adventure Memento Mori 2 (GG-Test: 8.0) eine Anschaffung wert. Noch weniger Rätsel als The Raven, dafür aber eine ausgefeilte Dramaturgie und eine entscheidungsbasierte Spielmechanik gibt es in Telltale Games' Episodenadventure The Walking Dead (GG-Test: 8.5). Klassisches Point-and-Click mit vergleichsweise anspruchsvollen Puzzles und guter Story findet ihr etwa in Daedalics Fantasy-Adventure Das Schwarze Auge - Memoria (GG-Test: 8.5).
Episode 3: Technische ProblemeKing Art hatte versprochen, die technischen Unzulänglichkeiten der vorherigen Episoden auszubessern. Das ist bisher allerdings nur teilweise geschehen. In der letzten Folge haben sich unschönerweise erneut einige Fehler eingeschlichen, an denen der Bremer Entwickler aktuell noch arbeitet. Neben kleineren Grafikfehlern müssen wir auch ein paar ziemlich herbe Fehler beklagen. Unter anderem funktionieren einige Animationen nicht richtig, sodass große Sprünge zu erkennen sind. Wenn Adil etwa über einen Lkw auf ein Dach steigt, erscheint er zunächst vorne im Bild und taucht dann von einer Sekunde auf die nächste auf der anderen Seite des Fahrzeugs auf, um die Kletteraktion zu starten. Noch ein bisschen schädlicher für die Atmosphäre ist, dass bei uns regelmäßig die Soundeffekte ausfielen. Das raubt einigen Szenen große Teile ihrer Dramatik. Das kann selbst der exzellente Score von Benny Oschmann nicht ausgleichen.

Autoren: Stephan Petersen, Benjamin Braun / Redaktion: Benjamin Braun (GamersGlobal)

Benjamin Braun
Ich mag gute Kriminalgeschichten – und davon gab es gerade unter den Spielen in den letzten Jahren kaum wirklich brauchbare. Zumindest was Story, Charaktere und Dialoge angeht, erfüllt The Raven meine Ansprüche an einen guten, klassischen Krimi. Die Geschichte ist spannend und wendungsreich, die Charakterzeichnung, etwa bei der an Agatha Christie angelehnten Lady Westmacott, großteils richtig stark. Die Dialoge sind alles andere als oberflächlich, aber mit einer gesunden Portion Humor ausgestattet.

Mir gefällt außerdem die Grafik, bei der sich King Art gerade bei den Gesichtsanimationen viel Mühe gegeben hat und damit Episoden-Meister Telltale Games kaum in etwas nachsteht. Nun, wenn da nicht auch die technischen Probleme wären. Auch ein Back to the Future oder The Walking Dead ist diesbezüglich nicht astrein. Aber so viele Aussetzer wie King Art zeigen die Kalifornier nicht, weder bei der Grafik, noch beim Sound, wo plötzlich ganze Soundeffekte nicht abgespielt werden. Und mich nervt es einfach tierisch, Laufanimationen nicht abbrechen und dadurch Szenen nicht generell problemlos per Doppelklick verlassen zu können. Dass die Rätselausbeute äußerst mager ausfällt, stört mich persönlich nur am Rande – dies ist einfach ein Adventure, bei dem die Handlung im Vordergrund steht. Aber ganz klar: Wer von einem Adventure halbwegs anspruchsvolle Puzzles fordert, wird in keiner der drei Episoden auf seine Kosten kommen. Alle anderen bekommen mit der Raven-Trilogie gute Unterhaltung für etwa zehn bis zwölf Stunden.

 The Raven - Vermächtnis eines Meisterdiebs
Einstieg/Bedienung
  • Detailliertes Tagebuch...
  • Gute Maus- und Gamepad-Steuerung
  • ... das allerdings nur begrenzt hilft
  • Viele (Lauf-) Animationen nicht abbrechbar
Spieltiefe/Balance
  • Rätsel gut in die Handlung integriert
  • Spannendes Detektivspiel im Stil der Agatha-Christie-Romane
  • Gut geschriebene Dialoge
  • Unterschwelliger Humor
  • Hohe Solospielzeit (ca. 10-12 Stunden)
  • Rätsel überaus zahm
Grafik/Technik
  • Schicke, detaillierte Grafik
  • Größtenteils sehr aufwändig animiert
  • Viele Bugs
  • Rendervideos in schlechter Qualität
Sound/Sprache
  • Gute Soundeffekte...
  • Exzellente Sprecher
  • Schöner Soundtrack
  • ... die allerdings oft nicht abgespielt werden
Multiplayer
Nicht vorhanden  
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Userwertung
7.2
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Adventure
Detektivspiel
12
King Art
Nordic Games
24.09.2013
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LinuxMacOSPCPS3360
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News
Benjamin Braun 24. September 2013 - 14:51 — vor 10 Jahren aktualisiert
Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66902 - 24. September 2013 - 15:23 #

Ich freu mich schon auf die letzte Episode. Die ganze Reihe ist nicht frei von Problemen, aber insgesamt haben mich die ersten beiden Episoden schon sehr gut unterhalten. Es ist mir einfach immer angenehm, ein nicht auf hemmungslos witzig getrimmtes Adventure zu spielen. Und augenzwinkernden Humor gibt es bei The Raven ja immer noch.

Mich würde ja interessieren, ob sich Benjamin als Adventure-Experte auch einen Test von Cognition - An Erica Reed Thriller vorstellen könnte. Das hat zwar auch seine Probleme, hat mich aber die letzten Tage richtig gefesselt, so dass ich alle vier Episoden mehr oder weniger am Stück durchgespielt habe. Und mit Jane Jensen als (zumindest beratendes) Aushängeschild ist das sicher für eine Besprechung interessant.

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440500 - 24. September 2013 - 15:45 #

Ich hatte für Cognition bislang leider noch keine Zeit. Aber einen Test auf GG wird es dazu mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht geben. Wenn werde ich das privat spielen.

BruderSamedi 19 Megatalent - P - 13658 - 24. September 2013 - 16:25 #

Ja so sehe ich das auch. Die Stimmung im Spiel ist einfach sehr angenehm und macht Spaß. Ich hatte zum Glück auch mit den Teilen 1 und 2 keine technischen Probleme, vielleicht von Winzigkeiten abgesehen. So ein bisschen fehlen mir die Rätsel schon, vielleicht kann man die ja in einem Nachfolger noch stärker hinzufügen. Allerdings ist es für ein Spiel, das sich ernst nimmt, auch schwer, wirkliche Rätsel zu erstellen, die nicht einfach nur aufgesetzt wirken (so wie das Türrätsel in Episode 2).

Den Hinweis auf The Walking Dead in den Alternativen finde ich ziemlich deplatziert, das ist schon ein völlig anderes Erlebnis und mMn meilenweit entfernt von diesem klassischen Adventure.

Cat Toaster (unregistriert) 24. September 2013 - 17:44 #

Wegen dem Türrätsel habe ich eine Woche Pause gemacht...ich hasse Rätsel!

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83926 - 25. September 2013 - 16:09 #

Und trotzdem spielst du Adventures? Masochist! ;-)

Cat Toaster (unregistriert) 24. September 2013 - 16:15 #

Den "Tonausfall" habe ich auch schon der zweiten Episode mehrfach unangenehm bemerkt. Ich mag "The Raven" wirklich gern aber bei so wenig Umfang wäre es schon sehr schön wenn technisch alles in Butter ist.

Aber wieso spielt man ein Adventure mit einem Gamepad? Und wie kommt man dann darauf dass ein Hotspot aufgrund des Controllers nicht angezeigt wird? Das dürfte ja fast das anspruchsvollste Rätsel des Spiels gewesen sein, dahinter wäre ich nie gekommen. ;-)

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440500 - 24. September 2013 - 17:04 #

Ganz einfach: Ich wollte es vom Sofa aus spielen und habe deshalb das Gamepad benutzt. An der Stelle ging es nicht weiter. Auf Maussteuerung umgestellt und schon ging genau das, was ich mir längst gedacht hatte.

Cat Toaster (unregistriert) 24. September 2013 - 17:43 #

Ja, ich spiele es ja auch auf der Couch, aber eben mit ner Maus. Seitdem die neuerdings nicht mehr diese Kugeln haben sondern dieses rote Licht gehen die auf weichen Schenkeln und beharrten Bäuchen gleichermaßen gut und man hat immer eine Hand frei... :-))

Aber im Ernst, dass das Eingabegerät da zum Spielverderber wird ist schon nervig.

John of Gaunt 27 Spiele-Experte - 78508 - 24. September 2013 - 21:18 #

Werd ich mir auf jeden Fall mal für kleines Geld mitnehmen. Über zu leichte Rätsel kann ich auch mal hinwegsehen, wenn dafür eine gute Geschichte erzählt wird. Und das scheint hier ja der Fall zu sein.

BoNd0o7 15 Kenner - 3606 - 29. September 2013 - 12:35 #

Das Ende ist wirklich sehr gut gelungen und hat mich im Abspann nochmal überrascht. Nach Episode 3 kann ich das Spiel endlich ohne Bedenken weiterempfehlen. :)