Test: Ein Meister seines Fachs

Testament des Sherlock Holmes Test

Benjamin Braun 27. September 2012 - 23:10 — vor 11 Jahren aktualisiert
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Meistens seid ihr als Sherlock unterwegs, ab und zu schlüpft ihr in die Haut seines Helfers und Freundes Watson.
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Knackige Puzzles im MinispielformatDie Adventures von Frogwares, sofern wir ihre Wimmelbild-Abenteuer außen vor lassen, gelten als anspruchsvoll. Insbesondere die gerne als Minispiele integrierten Rätsel waren mitunter ziemlich knifflig. Daran hat sich prinzipiell nur wenig geändert: Auch in Testament des Sherlock Holmes überwiegen die Logikpuzzles und Aufgaben, die die kognitive Wahrnehmung betreffen. So müssen Holmes und Watson, zwischen denen ihr im Spiel hin und her wechselt, komplizierte Mechanismen in Gang setzen. Dafür müsst ihr dann Plättchen korrekt anordnen, um ein Geheimfach zu öffnen. Oft gilt es auch Codes herauszufinden, Symbole zu entschlüsseln oder einen Ball durch ein Labyrinth zu steuern. Einige dieser Aufgaben sind recht einfallsreich und manchmal auf mehrere Arten lösbar. Beispielsweise gibt es ein Schachbrettmuster auf einem Kachelboden, über das ihr ein Pferd ziehen müsst. Ihr dürft alle Felder nur einmal betreten – das, das als letztes offen bleibt, ist das richtige. Immer wieder müsst ihr auch einen Draht oder ähnliches zu einem Dietrich verbiegen, um genau an den Schließbolzen vorbei zu kommen. Ein anderes 08/15-Puzzle ist ein Damespiel, in dem wir die Spielsteine nach bestimmten Regeln platzieren müssen. Der Störfaktor der Minispiele hält sich in Grenzen, ihre Genialität auch.

Neu ist in Das Testament des Sherlock Holmes, dass ihr all diese Minispiele nach einigen Lösungsversuchen per Knopfdruck überspringen könnt. Damit ist es auch Genre-Einsteigern problemlos möglich, das Ende zu erreichen. An der Lösung versuchen dürft ihr euch aber erst, sobald ihr mit der Spielfigur alle relevanten Hinweise entdeckt habt. Dafür durchstreift ihr einfach die Schauplätze und untersucht alle mit einem Lupensymbol markierten Objekte. Sofern die Markierung als Handsymbol erscheint, könnt ihr das Objekt aufnehmen oder in selteneren Fällen auch mit einem der Inventarobjekte kombinieren.

Generell ist die Anzahl an klassischen Inventar- und Kombinationsrätseln gering. Erst in der zweiten Spielhälfte kommt es häufiger vor, dass wir etwa mehrere Seilstücke zu einem großen Tau verknüpfen müssen. Ebenfalls recht selten werden euch Multiple-Choice-Dialoge begegnen. In den wenigen Gesprächen, auf die ihr überhaupt Einfluss habt, reicht es meistens, einfach einen Punkt nach dem anderen abzugrasen. In ein paar wenigen Ausnahmen bekommt ihr es jedoch mit echten Dialogrätseln zu tun. Nicht, dass die besonders anspruchsvoll wären, aber immerhin müssen wir uns tatsächlich in der richtigen Reihenfolge durch kleinere Dialogbäume arbeiten. Es gibt auch ein paar kleinere Actionsequenzen, wobei die Bezeichnung nicht ganz passt. Zum Beispiel müsst ihr einem ziemlich langsam gehenden Charakter im richtigen Moment eine Spritze mit einem Betäubungsmittel injizieren, was ganz normal per Point-and-Click mit einem Cursor passiert. Scheitert ihr, startet die Sequenz direkt von neu.

Elementar, Watson!Ausschließlich in der ersten Spielhälfte bekommen wir es auch wieder mit dem Schlussfolgerungssystem zu tun, das nicht jedem Spieler in den Vorgängern zusagte. Für die, die es nicht kennen: Nachdem ihr Informationen an einem Tatort gesammelt habt, erscheinen diese in einer Tabelle in einem gesonderten Menü. Ein Beispiel: "Der Bischof verfügt nicht über Reichtümer." Klickt ihr diesen Punkt an, müsst ihr Schlussfolgerungen daraus ziehen und diese mit anderen Erkenntnissen verknüpfen, um etwa zu beweisen, dass die Täter nicht wegen Geld oder ähnlichem den Mord begangen haben können. An diesem System hat sich nur wenig zum letzten Teil verändert: Jeder möglichen Schlussfolgerung sind mehrere Möglichkeiten zugewiesen und nur, wenn ihr sie alle richtig getroffen habt, färben sich die Tafeln grün und Holmes fasst die Erkenntnisse kompakt zusammen. Im Gegensatz zu den Minispielen könnt ihr diese Passagen nicht überspringen. Einsteigern wird hier also seltsamerweise nicht entgegengekommen.

Linearität mit TückenDie Linearität von Testament des Sherlock Holmes ist hoch. Sie geht oft so weit, dass Hotspots erst dann verfügbar sind, sobald alle relevanten Hinweise (manchmal aber nicht nur die) gefunden wurden. Das sorgt immer wieder dafür, dass ihr in den Levels bereits gedanklich "abgehakte" Punkte wie einen Tisch doch noch mal untersuchen müsst. Manchmal sind die Hotspots erst erkennbar, wenn ihr in einer relativ exakten Position davor steht. Ein Kleidungsstück auf dem Baum eines Privatgartens entdeckten wir deshalb erst nach langem Rumgerenne. Hier hätte uns der Einsatz des sogenannten Sechsten Sinns geholfen, sozusagen das Highlighting-Feature für Hotspots in Testament des Sherlock Holmes.

Ein weiteres Detail der strengen Linearität besteht darin, dass das Spiel euch regelmäßig in abgekapselte Bereiche führt, teilweise nur einen Raum groß. Solange ihr dort nicht die aktuelle Aufgabe bewältigt habt, weigert sich eure Spielfigur schlichtweg, den Ausgang zu benutzen. Das gilt auch für ganze Schauplätze. Relativ am Anfang könnt ihr euch zum Beispiel entscheiden, ob ihr nach Whitechapel geht oder einem Verdächtigen einen Besuch im Gefängnis abstattet. In beiden Fällen dürft ihr jedenfalls erst dann wieder von dannen ziehen, sobald dort alles erledigt wurde. Richtig störend ist das aber nur in manchen Situationen. Zum Beispiel ist Watson allein in der Baker Street und lehnt das Betreten seines Zimmers sinngemäß mit den Worten ab, dass er jetzt unmöglich schlafen könne. Haben wir den letzten der geforderten Hotspots untersucht, der nicht gerade eine weltbewegende Erkenntnis nach sich zieht, bemerkt er plötzlich, wie unsagbar müde er ist...

In einigen wenigen Abschnitten wechselt ihr zwischen Sherlock und Watson hin und her. Während das in früheren Spielabschnitten eigentlich immer automatisch an dafür vorgesehenen Stellen passiert, steht es euch später manchmal frei, mit wem ihr weitermachen wollt. Die Freiheiten sind aber auch dann extrem begrenzt. Und die nächste Welle an verfügbaren Aktionen steht erst dann zur Verfügung, wenn ihr die des anderen erledigt habt.
Die Schauplätze

Die Schauplätze in Das Testament des Sherlock Holmes präsentieren sich abwechslungsreich und wirken wie gewohnt historisch authentisch. Ein paar Beispiele:  1 In Whitechapel besuchen Holmes und Watson einen Friedhof und greifen auch zur Schaufel. 2 Nicht fehlen darf natürlich die Wohnung in der Baker Street 221b, in der ihr auch viele Details aus früheren Serienteilen finden werdet. 3 Irgendwer würde Sherlock Holmes gerne als Insasse dieses Gefängnisses sehen. 4 Das Büro eines Richters auf dessen herrschaftlichen Anwesen zeigt deutlich, dass wir es hier mit einem Patrioten zu tun haben. 5 Auf einem verlassenen Rummelplatz bekommt es der Meisterdetektiv mit einigen zwielichtigen Gestalten zu tun. Sherlock Holmes muss auch einen bepflanzten Hinterhof erkunden.

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Darth Spengler 18 Doppel-Voter - 9372 - 27. September 2012 - 23:15 #

Die hätten den Downey als Spielcharakter nehmen sollen wie bei den Bond teilen den Craig Daniel ^^

Ich bin großer Sherlock Holmes Fan, und habe alle Folgen des maritim Hörspiels , welches brillant ist, dennoch mag ich ebenfalls den Film.

Er schlägt in eine andere Kerbe, aber das Viktorianische zeitalter spiegelt er mit den Kulissen wunderbar wieder. Und ein bisschen Holmes ist ja an Downey trotzdem noch dran :D

"Haben sie gerade meine Frau aus dem fahrenden Zug geschubst Holmes?"

invincible warrior 15 Kenner - 3246 - 28. September 2012 - 9:13 #

Der Sherlock Holmes von Frogwares ist an Basil Rathbone (aktiv in den 40ern) angelehnt. Das ist der für viele beste Holmes Darsteller überhaupt, auch wenn dieser sicher nicht der authenischste Holmes-Darsteller war (in einem Teil muss er gegen Nazis ran!?).
Aber, grade für ein Adventure, zu wünschen, dass der Holmes an dem Robert Downey Jr Charakter angelehnt wird, lässt mich schon schaudern. Die Filme sind zwar unterhaltsam, aber so belanglos vom Inhalt wie ne Flasche Wasser.

Namename (unregistriert) 28. September 2012 - 11:16 #

Laut wiki an Jeremy Brett - dem defintiv besten Holmes ever.

en.wikipedia.org/wiki/Adventures_of_Sherlock_Holmes_%28series%29

Aiex 16 Übertalent - 4439 - 28. September 2012 - 9:32 #

Naja falls die mal ein Comedy Adventure machen, sicherlich.

John of Gaunt 27 Spiele-Experte - 78508 - 27. September 2012 - 23:35 #

Klingt doch recht nett. Für etwas kleineres Geld werde ich sicher auch hier wieder zugreifen, da ich auch mit Jack the Ripper viel Spaß hatte.

Azzi (unregistriert) 27. September 2012 - 23:54 #

Jo für 20-25€ würd ichs direkt kaufen, aber net Vollpreis.

In der heutigen Zeit mit den meistens sehr schnellen und stressigen Spielen wäre ein gechilltes Adventure mal wieder was Nettes^^

Fischwaage 17 Shapeshifter - 6765 - 28. September 2012 - 1:02 #

Habe das Spiel seit Release und bin ungefähr in der Mitte. Habe nun aber kein Bock mehr, das Spiel langweilt mich extrem!

Die Rätsel sind einfach Mist! Das hat nix mit Adventures zu tun! Ich bin ein großer Lucas Arts Fan und bei denen gab es so stumpfe Rätsel nicht! Schachrätsel, Kombinationsrätsel baah alles so Sudoku Style Scheisse.

Sherlock als Person nervt mich auch tierisch. Der Typ ist einfach unfassbar selbstverliebt, kein bisschen witzig und somit total unsympathisch ! Ich hab gar kein Bock so ein Arschloch in einem Spiel zu verkörpern.

Im Guy Ritchie Film ist es allein Robert Downey Jr zu verdanken das Holmes sympathisch rüber kommt, er bringt die nötige Prise Charisma und Selbstironie in die Figur.

Mein Fazit :
Finger weg! Das Spiel macht genauso viel Spass wie eine Weisheitszahn Extraktion.

Roland_D11 15 Kenner - 3697 - 28. September 2012 - 14:56 #

Nur zu Deinem Beschreibung von Sherlock als Person:

Sherlock Holmes ist auch in der Buchvorlage kein besonders angenehmer Zeitgenosse. Die Attribute selbstverliebt und nicht witzig treffen die Buchfigur sehr gut.

Die Interpretation von Robert Downey Jr. war seine eigene, in meinen Augen ist ein Benedict Cumberbatch aber deutlich näher an der Vorlage.

Pomme 17 Shapeshifter - P - 8623 - 28. September 2012 - 15:05 #

Der BBC-Sherlock ist eh eine ganz großartige Adaption des Stoffes. Da kann das Hollywood-Klimmbimm einpacken. Auch wenn ich Robert Downey Jr. an sich mag, fand ich seine Sherlock-Filme doch sehr gewöhnlich.

J.C. (unregistriert) 28. September 2012 - 17:47 #

Absolut! Die BBC Serie ist unglaublich gut gemacht. Besser hätte man die Holmes Stories nicht für die Gegnwart adaptieren können. Und Holmes & Watson sind einfach klasse!

Die RD jr Filme sind zwar unterhaltsam, haben mit den typischen Holmes Flair kaum etwas gemein.

Fuzzymancer 12 Trollwächter - 918 - 30. September 2012 - 15:23 #

Zustimmung! Die Serie ist wirklich genial.

MicBass 21 AAA-Gamer - P - 28976 - 28. September 2012 - 1:34 #

Kenne bisher nur Das Geheimnis des silbernen Ohrrings, das hat mir ziemlich gut gefallen. Als nächstes werd ich mir wohl Jack the Ripper holen wenn ich das hier so lese, bevor dann irgendwann das Testament dran ist.

Darth Spengler 18 Doppel-Voter - 9372 - 28. September 2012 - 15:16 #

Gibt ja eine Verschwörungstheorie von Jan Gaspard die besagt das Arthur Connan Doyle Jack the Ripper war. Fand sie eigentlich ganz plausibel ;D

Olphas 26 Spiele-Kenner - - 66903 - 28. September 2012 - 8:54 #

Ich nehme mir auch schon ewig vor, endlich mal Jack the Ripper zu spielen. Wenn ich das irgendwann mal geschafft habe, dann gibt es das Testament sicher auch schon günstiger.

Old Lion 27 Spiele-Experte - 77783 - 28. September 2012 - 9:22 #

Das Spiel ist ok, man bekommt das was man bei einem Point & Click erwartet. Manchmal vielleicht etwas langatmig bei den Rätseln und man steht oft ratlos erstmal davor bis man weiss was zu tun ist, aber manche Kopfnüsse sind da echt nicht zu verachten. Und wie oben schon erwähnt, sollte man sich nicht den RD jr. Sherlock als Vergleich heranziehen sondern den originalen aus den Büchern von Doyle. Dann merkt man erst wie gut dieser virtuelle hier gelungen ist!

Alex Hassel 19 Megatalent - 17995 - 28. September 2012 - 11:04 #

Ehe man Robert Downey Jr. zum Spiel macht, dann doch bitte vorher eher Benedict Cumberbatch.

Zum Spiel: Ich fand es ok. Ich fand die Rätsel allerdings weniger spannend als noch im Vorgänger. Mir gefielen die zahlreichen Tatort-Deduktionen und Mordfälle einfach besser als zig Verschiebe-Rätsel um Kisten zu knacken. Abgesehen davon aber ok und auch technisch ein Schritt nach vorne.

Baran 12 Trollwächter - 826 - 29. September 2012 - 22:21 #

Stimmt, einen Cumberbatch-Holmes in Verbindung mit dem Gegenwartsszenario wäre wirklich interessant. Wäre lizenzrechtlich wahrscheinlich auch preiswerter als die vom Warner/Downey-Konglomerat. Hat(te) die BBC nicht sogar eine eigene Unterhaltungssoftwareabteilung? :gruebel:

Aiex 16 Übertalent - 4439 - 28. September 2012 - 18:03 #

Schalterrätsel und Schlösser knacken schrecken mich schon ab. Ideal wären mehr Inventarrätsel und Multiple Choice Dialoge mit Auswirkungen.

hoschi 13 Koop-Gamer - 1631 - 28. September 2012 - 21:07 #

Da mir solche Adventures besser gefallen als Vertreter der witzigen Gattung (sofern sie nicht wirklich extrem gut sind), hat mir auch dieser Teil eigentlich gut gefallen, wobei ich aber auch einige Dinge nicht gut fand.

Die Geschichte rund um die dunkle Seite von S.H. fand ich viel zu konstruiert und aufgesetzt. Er hätte jederzeit Watson über die Wahrheit aufklären können und zudem werden einige Aspekte überhaupt nicht mehr aufgedeckt am Schluss oder nur lapidar mit einem Satz (überhaupt nicht logisch) begründet. Es soltle auf Biegen und Brechen dem Spieler ab eine gewissen Stelle im Spiel dargestellte werden, dass SH der böse ist. Auch der Rest der Story ist nicht sonderlich gelungen. Dann schon lieber einen unspäktakulären Fall, aber dafür realistisch und wohl durchdacht. Aber anscheinend muss heutzutage selbst bei solchen Spielen immer noch einer drauf gesetzt werden bzw einen auf "düster" gemacht werden. Zum Thema Gift mit dem man Menschen kontrollieren sag ich mal lieber gar nichts...
Ein weiterer Minuspunkt sind die Minirätsel. An sich hab ich da überhaupt nichts dagegen, wenn aber in jedem Zimmer eine Truhe oder was auch immer steht die nur mit einem Puzzle aufgemacht werden kann (was technisch überhaupt nicht in die Zeit passt) dann ist das irgendwie zu viel. Der Höhepunkt war hier der Mechanismus für das Gitter in der Kanalisation. (btw. warum Watson auf einmal dort hin geht und auch noch zufällig auf SH trifft hab ich bis jetzt noch nicht gecheckt. Hatten da die Entwickler keine Zeit mehr hier was sinnvolles einzubauen?)

Das nächste Mal bitte wieder Back to the Roots. Das kommt bei mir zumindest tausendmal besser an. Trotzdem ist dieser Teil der Reihe trotz der Kritik nicht schlecht. Kann man durchaus spielen wenn man auf Adventures steht.

A Scattered Mind 14 Komm-Experte - 1841 - 1. Oktober 2012 - 11:14 #

Wird definitiv angeschafft, wenn es im 20 Euro Bereich angekommen ist. Leider hat Frogwares jedoch das Spiel für Viele in meinem Bekanntenkreis mit der neuen Steuerung wohl unspielbar gemacht.

Tassadar 17 Shapeshifter - 8161 - 1. Oktober 2012 - 17:48 #

Korrektur:
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Krimifans, ..., könnte neben dem Vorgänger ... die CSI-Spiele ... interessieren. -> könnten