Test: Reich die Tentakel, Mutant

Resident Evil - Darkside Chronicles Test

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Fieser Boss mit Tentakeln und noch fieserer Boss mit Klauen (Serienkenner erkennen William Birkin): Im Zusammenspiel mit Wackelkamera und kleinen Trefferzonen sind das äußerst unangenehme Begegnungen.

Präzision wie ein Uhrwerk?
 
Die Steuerung bedarf einer kurzen Einarbeitungszeit: The Darkside Chronicles verzichtet auf jegliche Form von Tutorial. Schon bald aber gelingen erste präzise Schüsse mit dem B-Knopf. Der A-Knopf ist die Aktionstaste und öffnet Türen oder hebt Gegenstände auf. Der Analogstick des Nunchuk wechselt durch eure vier ausgerüsteten Waffen, die ihr auch im Lauf eines Kapitels jederzeit über ein Menü wechseln könnt. Gerade bei einem Rail-Shooter ist das ein ungewohnter Komfort. Mit dem Plus-Knopf nutzt ihr ein Heilkraut, durch Schütteln des Nunchuk lädt euer Protagonist nach. Haltet ihr Z gedrückt und schwingt den Nunchuk, so löst das einen Messerangriff aus. Ihr könnt auch ganz auf den Nunchuk verzichten, habt dann allerdings eine sehr überfrachtete Wii-Remote und könnt euch weniger aufs präzise Zielen konzentrieren.      
 
Das mit dem Zielen ist aber sowieso eine Sache für sich. Denn wie schon Dead Space: Extraction setzen  auch die Darkside-Chroniken auf ein möglichst intensives Mittendrin-Gefühl: die Wackelkamera aus dem Kino-Blockbuster Cloverfield lässt grüßen. Resident Evil gerät das jedoch nicht zum Vorteil, denn der Wackeleffekt wurde übertrieben. Dadurch werden präzise Schüsse zum Glücksfaktor. Und das hat uns besonders die Bosskämpfe teils gehörig versalzen. Das ist umso bedauerlicher, als diese spektakulär inszeniert sind und teilweise durch mehrere Phasen laufen. Mit etwas mehr Feintuning hätten sie zum klaren Highlight von Resident Evil - The Darkside Chronicles werden können. Meist jedoch sind die besonders dicken Brocken nur an einem einzigen Punkt wirklich verwundbar und greifen, bevor sie diesen freigeben, mit scharfen Klauen oder zahlreichen Tentakeln an. Dann müsst ihr in Sekundenschnelle reagieren und den Schuss genau in der auf euch zuschnellenden Tentakel versenken. Andernfalls seid ihr seid locker ein Drittel eurer Gesundheit los. Es ist frustrierend genug, den Schwachpunkt eines Endgegners genau zu kennen und schon 10 Minuten gegen ihn gekämpft zu haben, nur um kurz vor knapp an einer besonders schwierig zu konternden Attacke zu verenden -- und es ganz von vorn versuchen zu müssen. Noch frustrierender aber ist es, wenn man nicht wirklich selbst daran schuld ist, sondern die Spielmechanik. So kam es uns in The Darkside Chronicles öfters vor. Ein Trostpflaster sind die zumeist fair gesetzten Checkpoints.



Gegner? Die wollen doch nur spielen! 1 Sieht aus wie eine Pflanze, ist aber eigentlich ein Wurm. Wenn auch ein sehr großer. Im direkten Größenvergleich zu anderen Bossgegnern aber ist das noch klein.  2 Wer ließ die Hunde von der Kette? Das weiß keiner so genau, aber auf uns sind die Biester nicht gut zu sprechen.  3 Fledermäuse fliegen zunächst in Massen auf euch zu, dann stoßen einige hervor und greifen euch an.  4 Licker sind gemeingefährlich, sie benutzen ihre lange Zunge als Peitsche gegen euch.  5 Dieser Alligator hat ein bewundernswertes Gebiss, aber ihr solltet es nicht zu sehr aus der Nähe bewundern.

Alte Gegner, neue Grafik
 
Selbst in den frustrierendsten Momenten muss man The Darkside Chronicles zuerkennen, dass es für Wii-Verhältnisse sehr gut aussieht. Wie schon bei Dead Space Extraction gilt: Da der Großteil der Grafik (eben die Szenerien selbst) nicht in Echtzeit berechnet werden muss, sondern einfach geladen wird, darf die Wii besser aussehen, als sie es eigentlich könnte. Doch es steckt schon eine Leistung dahinter: Die allseits bekannten Schauplätze der alten Resident-Evil-Spiele wurden von den Entwicklern nicht nur in ein neues technisches Gewand gehüllt und mit zahlreichen Details versehen, sondern bleiben gleichzeitig dem Original treu. Wenn ihr alte Fans der Serie seid, werdet ihr euch daher oft denken: "Mensch, hier war ich doch schon einmal! Aber jetzt sieht's viel schöner aus." Die meiste Zeit seid ihr zwar im Inneren von Gebäuden unterwegs, aber die Levels sind abwechslungsreich genug. Ihr dürftet euch so schnell nicht an der Umgebung satt sehen. Und in „Operation Javier“ darf die Wii dann zum Finale hin noch mal besonders ihre eigentlich dünnen Grafikmuskeln spielen lassen. Nun geht es zwischendrin auch mal hinaus an die frische Luft und ihr bekommt schöne Panoramen und gelungene Lichteffekte kredenzt.
 
Ebenso gut gelungen ist auch die Gegnervielfalt, die einen Querschnitt durch die Resident-Evil-Historie bildet: Zombies, Licker, Kakerlaken, Motten, Fledermäuse, noch mehr Zombies, Hunde, wild gewordene Pflanzen, Jabberwocks, mutierte Riesenkröten, Piranhas, noch viel mehr Zombies. Um nur einige Gegnerarten zu nennen! Hinzu kommen noch die Bossgegner, bei denen ihr euch das ein oder andere Mal vor lauter Schleim, Tentakeln und Fleischmassen fragen werdet, wo eigentlich oben und wo unten ist. Abseits davon trefft ihr aber auch auf normalere Endgegner (eine relative Aussage!) wie einen riesigen Alligator. Für alle Bosse gilt: Ihr braucht eine besondere Taktik gegen sie, die nicht selten auch die Umgebung einbezieht. Stumpfes Dauerballern bringt euch nicht weit.

In offenen Arealen wie diesen kann die Wii zeigen, dass sie grafisch durchaus etwas auf dem Kasten hat.

Tofu Warfare – auch im Team
 
Schon in Resident Evil 2 konnte man einen Tofu-Survivor-Modus freispielen, und als Reminiszenz an diese alten Zeiten wurde diese alberne Variante des Survival-Horrors auch in Resident Evil - The Darkside Chronicles eingebaut. Ja, richtig gelesen, ihr könnt gegen Tofu antreten. Gegen ziemlich tödliche Massen von Tofu. Dabei handelt es sich aber längst nicht um das einzige freispielbare Extra-Szenario: Komplettisten können mit The Darkside Chronicles weit mehr als 8 bis 10 Stunden verbringen, bevor sie alles freigespielt haben. Für Wiederspielwert ist also gesorgt, zumal ihr per Wi-Fi-Connection eure Highscores mit der weltweiten Resident-Evil-Community vergleichen könnt.

Außerdem könnt ihr The Darkside Chronicles, wie so ziemlich jeden Rail-Shooter, auch im Koop-Modus bestreiten. Kleines Manko: Der zweite Spieler kann nicht jederzeit in ein laufendes Spiel einsteigen, sondern muss das zwingend zu Beginn eines Levels tun. Außerdem solltet ihr euch gut überlegen, mit wem ihr spielt. Denn wenn euer Mitspieler allzu schießwütig ist, tut euch das auf Dauer nicht gut: Ihr beide teilt euch den Munitionspool. Zudem überschreibt das Spiel nach jedem Level euren alten Speicherstand und somit auch
Der Bildbeweis: auf der Flucht vor untotem Tofu.
euren Munitionsvorrat. Einmal verballerte Munition kehrt so schnell nicht zurück. Dennoch macht der Koop-Modus Spaß und lädt zu einem erneuten Spielen der persönlichen Lieblingslevels ein.

Fazit: Zweiter auf dem Treppchen


Resident Evil - The Darkside Chronicles ist beileibe kein schlechter Rail-Shooter und bietet genug Interaktion und Abwechslung, um nicht zu einer reinen Schießbude zu verkommen. Es bietet gerade Fans der Serie mit dem Ansatz, alte Geschichten aus neuem Blickwinkel zu erzählen und zwischendrin auch einige ganz neue Informationen zu liefern, mehr als genug Anreiz, um es zu spielen. Und das Highscoresystem, der Koop-Modus, das Aufleveln der Waffen und die vielen freischaltbaren Extras sorgen für ein gewisses Maß an Wiederspielwert. Resident Evil - The Darkside Chronicles hat aber dennoch ein ganz gewichtiges Problem. Und dieses Problem nennt sich Dead Space: Extraction. Gegen diese in praktisch jedem Punkt überlegene Konkurrenz kommt die Mutantenhatz trotz der zahlreicheren Bosskämpfe und des größeren Umfangs nicht an. Wer jedoch schon am Wii-Vorgänger Resident Evil - The Umbrella Chronicles Spaß hatte, den wird auch der Nachfolger nicht enttäuschen. Und echte Fans können so vielen Tentakeln auf einem Fleck eh nicht widerstehen.

Autor: Philipp Spilker (GamersGlobal)
 
Einstieg/Bedienung Gute Steuerung via Remote und Nunchuk guter Spannungsbogen Mit WiiZapper und anderen Wii-Plastikknarren kompatibel Kein Tutorial
Wenig Story-Erklärung für Neulinge
Spieltiefe/Balance Spieldauer: 8 bis 10 Stunden Herausfordernd, "normal" ist schon ziemlich schwer Waffenupgrades Viele freischaltbare Extras
Bogengewehr nutzlos
Grafik/Technik Abwechslungsreiche und originalgetreue Umgebungen Viele Details Schöne Lichteffekte
Teils grobkörnig Übertrieben wackelige Wackelkamera 
Sound/Sprache Gute englische Sprachausgabe Gelungene Soundkulisse
Viele Rechtschreib- und Übersetzungsfehler in den deutschen Untertiteln Sprachausgabe nicht immer lippensynchron 
Singleplayer 3 abwechlungsreiche Kampagnen Geschichte wird durch viele Cutscenes erzählt Spektakuläre Bosskämpfe Gegnervielfalt
Einige unfaire Stellen Trefferzonen bei Bossen sehr klein
Multiplayer Koop-Modus Highscorelisten online Spieler 2 kann nicht jederzeit einsteigen Gemeinsamer Munitionspool
Philipp Spilker 22. November 2009 - 23:45 — vor 14 Jahren aktualisiert
Sven 18 Doppel-Voter - 9221 - 23. November 2009 - 22:35 #

Wirklich schön geschrieben, macht Laune auf mehr - vielen Dank, Philipp!

Eher vorsichtige Frage aber: RE2, Veronica, Chronicles - alle indiziert und keine zensierten Fassungen, auf die man im Zweifelsfall verweisen könnte, erhältlich. Die bloße Nennung der Titel reicht zwar definitiv nicht, um es als Werbung auszulegen... bei dem Verweis auf die großen Fangemeinden (aufgrund der Qualität der Spiele) wäre ich mir ehrlich gesagt aber nicht mehr ganz so sicher. Ist euch aber durchaus bewusst und durchdacht worden, oder?

Jörg Langer Chefredakteur - P - 468612 - 24. November 2009 - 0:15 #

Die Erwähnung eines Titels und dass er eine Fangemeinde hat, ist nicht problematisch. Indizierung ist in erster Linie ein Werbe- und Vertriebsverbot an Jugendliche, aber kein "1984", wo ein Spiel aus den Annalen getilgt wird und nie existiert gehabt haben darf...

jroger 09 Triple-Talent - 338 - 25. November 2009 - 0:44 #

Auch wenn das von fast allen Print-Magazinen so gehandhabt wird ... Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass zum Beispiel in der PC Games indizierte Titel auch nur umschrieben werden, auf pcgames.de hingegen erwähnt werden. Ich denke, das hat auch mit den wirtschaftlichen Realitäten zu tun. Im Zweifel (bei einem übereifrigen Staatsanwalt) ist eine Internetseite schnell geändert. Ein Recall der Monatsausgabe eines Print-Magazins (auch wenn sie sich im Nachhinein als ungerechtfertigt herausstellt) wäre aber sicherlich der wirtschaftliche Tod.

Genug Off-Topic. :)

Edit: Aber ich sehe das genauso wie Jörg. Werbeverbot ist nicht das gleiche wie "Redeverbot". Das würde auch den Artikel 5 GG trotz Absatz (2) arg strapazieren.

Knight 13 Koop-Gamer - 1307 - 23. November 2009 - 23:25 #

Auch von meiner Seite danke für die Einblicke in Darkside Chronicles. Prima Entscheidungshilfe für mich erst mal mit dem Kauf zu warten da ich zunächst erst mal DSE zu Ende spielen möchte und das muss wg. AC2 und DAO ja auch erst mal warten...

Philipp Spilker 21 AAA-Gamer - P - 25137 - 24. November 2009 - 15:50 #

Ja, an Vorrat mangelt es spieletechnisch derzeit wirklich nicht.

Sebastian Conrad 16 Übertalent - 4790 - 24. November 2009 - 1:38 #

Danke für den Test. Spiele schon seit längerem mit dem Gedanken, mir den einen oder anderen Railshooter für mein Wii zuzulegen.

Philipp Spilker 21 AAA-Gamer - P - 25137 - 24. November 2009 - 15:49 #

Dann kommt dir das sehr railshooterlastige Jahr 2009 ja gelegen.

Knight 13 Koop-Gamer - 1307 - 24. November 2009 - 16:33 #

Malyce, dann besorge dir wirklich erst mal Dead Space Extraction. Ja das sage ich der die RE Teile aus der Hauptreihe geliebt hat. :D

Ich stand gestern noch im Gamestore meines Vertrauens vor dem RE-Railshooter und war drauf und dran zuzuschlagen - hatte mich dann aber noch eines anderen besinnt.

Philipp Spilker 21 AAA-Gamer - P - 25137 - 24. November 2009 - 17:53 #

Darkside Chronicles erscheint aber offiziell erst in drei Tagen. Wie kannst du dann gestern schon im Gamestore vor dem Spiel gestanden haben? ;)

Knight 13 Koop-Gamer - 1307 - 25. November 2009 - 12:00 #

Man hat es mir tatsächlich anbieten wollen ;)

PARALAX (unregistriert) 24. November 2009 - 4:34 #

Ich glaub, das wär mal wieder ein Spiel für mich (wenn mal wieder Zeit zum Zocken). Danke für den Test!

GingerGraveCat (unregistriert) 24. November 2009 - 14:14 #

Da ich Resident Evil The Umbrella Chronicles schon gern gespielt habe, werde ich mir auch diese Episode nicht entgehen lassen.

Pro4you 19 Megatalent - 16342 - 25. November 2009 - 17:08 #

Ich bin ein verehrer der Resident Evil 5 reihe, doch finde ich das diese auf der Leistungsstärkeren Ps3 und Xbox 360 viel besser aufgehoben ist. Denn das sieht von der Grafik eher nach den anfängen von Resident Evil aus.

majo28 06 Bewerter - 60 - 7. März 2010 - 13:00 #

Da weiß man gar nicht mehr welchen Railshooter man sich jetzt zulegen soll, Dead Space Extraction oder Darkside Chronicles.

Ich werde aber wahrscheinlich zu dem Resident Evil greifen, da es einen Multiplayer gibt.

Philipp Spilker 21 AAA-Gamer - P - 25137 - 8. März 2010 - 19:21 #

Den gibt es bei Dead Space: Extraction auch. Siehe Test hier auf GamersGlobal. Ich würde dir ganz klar DS: E empfehlen, da es schlicht eines der besten Wii-Spiele ist.

SirDalamar (unregistriert) 13. Mai 2010 - 16:53 #

Hab's recht günstig erstanden und muss sagen: Das Spiel macht deutlich mehr Spaß als so manche Wertung vermuten lässt. Die Wackelkamera stört manchmal schon (auf leicht z.B. gar nicht - da gibt's ja Auto-Aim), aber weniger als gedacht. Was mich mehr genervt hat sind die Kamerafahrten an und für sich: "Oh, da ist ein Item... oh, schon weg." Aber das ist wohl eher eine Genre-Krankheit :)
Habe mich übrigens für RE:Darkside Chronicles und gegen DS:E entschieden - ich weiß, dass DS:E besser sein soll, aber seit RE2 finde ich die Serie einfach super. Als nächstes bräuchte ich Teil 5... mal sehen, wann der nur noch 20€ kostet ;)