Test: Early-Access-Verkaufsbox

Planetary Annihilation Test

Rüdiger Steidle 10. Juli 2014 - 14:03 — vor 9 Jahren aktualisiert
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Der Commander ist unsere Haupteinheit, mit der wir unsere ersten Basisgebäude errichten. Fällt er, ist die Partie verloren.
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Commander an die FrontDie wichtigste Einheit eurer Armee ist der Commander: ein langsamer, feuerstarker, schwergepanzerter Mech, der auch zum Hochziehen der Basis dient. Später baut ihr dann weitere Konstruktionseinheiten, die teils dieselben, teils ganz andere Gebäude errichten können. Aktuell 18 Commander stehen zur Wahl, einige davon auch nur als Bestandteil von Spezialeditionen oder per DLC zu erwerben. Uns standen neben dem Standard-Commander für den Test beispielsweise auch der Aramlisk und der Gamma Commander zur Verfügung. Natürlich unterscheiden sich diese Commander in der Optik, bislang aber nicht in den Fähigkeiten, was wohl auch nicht geplant ist – klar, das würde das Balancing erschweren, könnte aber auch (noch mehr) Tiefe ins Spiel bringen. Der Commander lässt sich durchaus für Rushes einsetzen, doch aufgrund seiner Langsamkeit will das wohlüberlegt und gut geplant sein: Mal eben schnell zurücklaufen, ist nicht, und wenn ihr euren Basisbau vernachlässigt und mit einem Rush keinen großen Schaden beim Gegner anrichtet, geratet ihr auf die Verliererstraße.

Was uns zurück zur KI bringt: Diese schützt ausgerechnet diese wichtigste Einheit nicht gut genug, wieso auch immer. Schaffen wir es aber, diese Anführereinheit auszuschalten (was aufgrund ihrer Kampfstärke nicht trivial ist, aber durchaus vorkommt), haben wir die Schlacht gewonnen – egal, wie der Kriegsverlauf sonst so aussieht. Seine Fähigkeit, im Gewimmel stets den Überblick zu behalten und auch große Armeen an mehreren Fronten blitzschnell zu koordinieren, gleicht die Schwächen des KI-Gegners aber teilweise wieder aus. Wir haben dagegen im Gewimmel hunderter Einheiten häufig schlicht den Überblick verloren. Mangels Minikarte übersahen wir zudem gerne mal Vorstöße. Oder wir verloren unnötigerweise ganze Kampfgruppen, während wir uns zwischendurch um den Basisbau gekümmert haben. Ruhephasen gibt es in Planetary Annihilation praktisch nicht. Spätestens wenn auch noch orbitale Waffen ins Spiel kommen, die weit über den Schlachtfeldern schweben, wird es unübersichtlich.

Fokus: LigaspieleFreilich: Balancing-Probleme im Solomodus oder KI-Aussetzer spielen für Multiplayer-Fans praktisch keine Rolle. Tatsächlich ist der Mehrspieler-Modus von Planetary Annihilation schon jetzt sehr ausgereift. Uber Entertainment veranstaltet auch bereits regelmäßig Turniere. Bald sollen umfangreiche Statistiken, Ranglisten und Matchmaking eingeführt werden. Mit der eingebauten Aufnahmefunktion werden die Matches auf Videoplattformen wie Twitch.tv übertragen – eine willkommene Gelegenheit für Interessenten, einen Blick auf die aktuelle Version des Spiels zu werfen.

Überhaupt zeigen sich die Macher bei der Einbindung der Community, der Nutzung moderner Kommunikations- und PR-Plattformen überaus offen und talentiert. Das fängt bei den regelmäßigen Updates an, die in Form unterhaltsamer Kurzfilme oder Textbeiträge über aktuelle Programmänderungen und Pläne informieren, setzt sich beim Feedback-Sammeln in Foren und Chats fort und endet noch lange nicht bei Tutorialvideos auf Youtube, auf die man aus dem Spiel heraus zugreifen kann. Dass all das Gezwitscher die Entwicklung erlahmen lässt, ist nicht zu befürchten: Allein während unserer knapp zweiwöchigen Testperiode gab es drei dicke Content-Patches und Bugfix-Bündel. Müssen wir noch extra erwähnen, dass eine Internetverbindung und eine Registrierung bei Uber Entertainment auch für Solospieler Pflicht sind?
Von lauschig grünen Waldplaneten bis hin zu feuerspeienden Lavawelten gibt es zahlreiche Terrains zu bestaunen.

Kein Bug-Desaster
Alternativen
So finster wie vor zwei Jahren sieht es im Echtzeit-Genre inzwischen glücklicherweise nicht mehr aus. Mit StarCraft 2: Heart of the Swarm (GG-Test: 9.5), Rome 2 - Total War (GG-Test: 8.0) und Company of Heroes 2 (GG-Test: 9.0) haben Gelegenheits-Generäle drei halbwegs aktuelle Alternativen mit sehr verschiedener Ausrichtung zur Auswahl. Obwohl auf den ersten Blick sehr verschieden, kommt Wargame - Red Dragon (GG-Userwertung: 8.6) Planetary Annihilation spielerisch in vielen Punkten sehr nahe, etwa in den dynamischen Gefechten. Auch Planetary Annihilations geistiges Vorbild, Supreme Commander 2 (GG-Test: 8.0) ist trotz seines gehobenen Alters noch einen Blick wert, wird es doch nach wie vor von der Modding-Szene aktualisiert.
Was gibt es von der aktuellen Version sonst noch zu berichten? Vielleicht, dass Planetary Annihilation mit seiner puristischen Polygonoptik zwar sehr stilvoll und wie aus einem Guss wirkt, in puncto Spezialeffekte aber doch etwas der Zeit hinterher hinkt. Ausnahme sind die teils bildschirmfüllenden Explosionen, die sogar ganze Planeten pulverisieren können. Die Himmelskörper gibt es in zahlreichen Varianten, von Wüstenwelten über stählerne Raumstationen bis hin zu klirrend kalten Schneebällen. Ansonsten wirkt das alles ein wenig angestaubt, was aber den Vorteil hat, dass zumindest die Beta trotz vieler Einheiten sparsam mit euren Rechner-Ressourcen umgeht. Dabei simuliert Planetary Annihilation sogar die Zentralgestirne und Umlaufbahnen der Himmelskörper samt schicker Tag/Nacht-Wechsel.

Erwähnenswert ist noch, dass die aktuelle Programmfassung den einen oder anderen Fehler zeigt, sei es, dass die Trainingsmissionen nicht vernünftig laufen, Menüs nicht angezeigt werden (oder gar das System zum Absturz bringen) oder dass Mods bislang nur unzureichend Unterstützung finden. Der Einstieg fällt entsprechend schwer, die Lernkurve zieht steil an. Aber wie eingangs erwähnt: So „early“ ist die derzeitige Version wirklich nicht mehr – wir haben schon größere Bug-Desaster in angeblich finalen Fassungen erlebt. Gleichzeitig finden wir es nicht gut, dass eine so frühe Version bereits im Laden verkauft wird – für den weniger gut Informierten von einem normalen Spiel nur schwer zu unterscheiden, trotz des etwa 1 Zentimeter hohen Balkens, in dem auf den Early-Access-Charakter hingewiesen wird.

Autor: Rüdiger Steidle / Redaktion: Jörg Langer (GamersGlobal)

Rüdiger Steidle
Ich gebe es zu: Ich bin damals mit dem Zungenbrecher Total Annihilation nicht warm geworden, habe mich bei der Neuauflage Supreme Commander gelangweilt und werde wohl auch Planetary Annihilation nach Abschluss des Artikels privat erst mal nicht weiterspielen. Das liegt daran, dass mich das Szenario absolut kalt lässt und das Spiel nichts dafür tut, mich irgendwie mit einer Story oder spannenden Missionen zu motivieren. Sämtliche Soloschlachten sind bloße Skirmish-Partien, also de facto Zufallsgefechte, die sich wie Multiplayer-Matches anfühlen – mit einem grenzdebilen Gegner, der aufgrund seiner zahlreichen Vorteile trotzdem fast unbesiegbar wird.

Das heißt aber nicht, dass ich auf einer objektiveren Ebene nicht nachvollziehen kann, was so viele Gelegenheitsgeneräle und eSports-Fans an dem Spiel fasziniert: die gigantischen Massenschlachten, der temporeiche Spielablauf, die für das frühe Stadium schon erstaunlich ausgewogene Truppenbalance, das paritätische Leveldesign. Oder die stylische Grafik: Planetary Annihilation besticht mit einem wirklich einzigartigen Look. Dazu kommen die coolen Klangeffekte und der hervorragende Soundtrack. Allein: Meinen Spielegeschmack trifft Uber Entertainment nicht. Ich knoble lieber knifflige Stellungskämpfe mit einer Handvoll Einheiten aus, statt mir einen offenen Schlagabtausch mit ganzen Kompanien oder Bataillonen zu liefern.

Für Solokommandanten ist Planetary Annihilation aktuell schlicht rausgeworfenes Geld – die unausgegorene Kampagne ist momentan noch allzu frustrierend. Und ganz ehrlich: Die extrem offensive Vermarktung dieser Beta finde ich beinahe frech. Ich glaube nicht, dass gerade Ladenkäufern wirklich klar wird, dass sie mit ihrem Geld eher ein Versprechen als ein fertiges Produkt erwerben. Man kann es den Entwicklern kaum vorwerfen, aber sie scheinen schon auf dicke Gewinne zu hoffen – das zeigt beispielsweise auch der geplante In-Game-Shop mit freischaltbaren Commandern und Truppen. Früher haben Spieleentwickler Betatester bezahlt. Inzwischen bezahlen die Tester die Firmen.

Von dieser Entwicklung einmal abgesehen: Für RTS-Multiplayer-Fans bietet bereits die Early-Access-Version einiges, auch wenn in Sachen Planeten- und vor allem Truppenvielfalt noch einiges ausbaufähig ist, und ja offensichtlich auch noch ausgebaut wird.

 Planetary Annihilation (Early Access)
Einstieg/Bedienung
  • Lehrreiche Replay-Funktion
  • Einbindung zahlreicher Tutorial-Videos
  • Truppenverhalten beeinflussbar
  • Zahlreiche Kürzel beschleunigen Bedienung
  • Schwieriger Einstieg mangels  vernünftiger Trainingseinsätze
  • Mangelnde Übersicht
  • Unschönes, klobiges Interface
  • Keine Speicherfunktion
Spieltiefe/Balance
  • Brauchbares Truppenbalancing (Stein-Schere-Papier)
  • Teilweise clever agierende, selbständige Einheiten
  • Vielfältiger, umfangreicher Basisbau
  • Riesige Waffenauswahl
  • Sinnvolle Spezialfähigkeiten
  • Commander als „Heldeneinheit“
  • Kampagne besteht nur aus Skirmish-Matches
  • Unausgegorener Schwierigkeitsgrad
  • Häufige KI-Aussetzer, insbesondere auch beim Gegner
  • Zufälliges Upgradesystem
  • Für Solisten aktuell unergiebig und frustrierend
Grafik/Technik
  • Stylische, einzigartige Optik
  • Gelungenes Spiel von Licht und Schatten (und Explosionen!)
  • Abwechslungsreiche Szenarios (Planeten)
  • Kantiger Grafikstil und blasse Effekte wirken etwas antiquiert
  • Version stürzt noch regelmäßig ab
  • Wenig fantasievolles Einheitendesign
  • Icons und Buttons ähneln sich zu sehr
Sound/Sprache
  • Wunderschöner klassischer Soundtrack
  • Brauchbare, wenn auch spärliche Klangeffekte
  • Noch fast keine Sprachausgabe
Multiplayer
  • Spürbarer Fokus auf den Mehrspielermodus
  • Schon jetzt regelmäßige Turniere, Übertragungen
  • Ausgeglichenes Kartendesign
  • Sehr dynamische Matches ohne Leerlauf
  • Viele Funktionen (Ranglisten, Matchmaking, Live-Stats) noch nicht oder nicht vollständig integriert
  • Noch etwas geringe Kartenauswahl
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Userwertung
4.3
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Strategie
Echtzeit-Strategie
7
Uber Entertainment
Nordic Games
05.09.2014
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Rüdiger Steidle 10. Juli 2014 - 14:03 — vor 9 Jahren aktualisiert
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