Schaurig-schönes Teenager-Drama

Oxenfree Test

Stephan Petersen 31. Januar 2016 - 13:21 — vor 8 Jahren aktualisiert
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In manchen Situationen erinnert die Optik an die einer defekten VHS-Kassette – zusammen mit der Soundkulisse gekonnt gruselig!
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Atmosphäre dank Soundtrack

Ihren Teil tragen das atmosphärische Art-Design und die ungewöhnliche Perspektive bei: Ihr seht das Geschehen sehr oft aus beträchtlicher Rauszoom-Entfernung, statt direkt an den Figuren zu kleben. Vor allem aber den starken, immer passenden Elektro-Soundtrack müssen wir loben.

Seine Grusel-Atmosphäre erzeugt Oxenfree übrigens ganz ohne Blut- und Splattereffekte, ein krasser Gegensatz zum im weitesten Sinne vergleichbaren Until Dawn. Wenn die Geister auftauchen, sorgen entsprechende Soundeffekte und „Bildstörungen“ (in etwa wie bei einer defekten VHS-Kassette) für Gänsehaut. Die Schauplätze sind sehr abwechslungsreich und toll anzusehen. Besonders in den seltenen, ruhigeren Momenten, wenn es einmal nicht so viele Gespräche gibt (Nona!), macht es Spaß, unter dem virtuellen Sternenhimmel zu spazieren, dem starken Elektro-Soundtrack zu lauschen und sich ein paar Gedanken über das bisher Erlebte zu machen.
Dank der praktischen Karte (und der Wegweiser) behalten wir auf der Insel stets die Orientierung.
 

Dünnes Gameplay

Sucht die richtige Radiofrequenz: Erzählerisch sinnvoll, spielerisch doof.
Sein Abenteuer in Oxenfree führt Alex kreuz und quer über die Insel. Dementsprechend bedeutet das relativ langes Marschieren (kein Rennen oder Joggen, Marschieren). Dank einer Übersichtskarte und Wegweisern sollte sich aber niemand verlaufen. Zudem passiert unterwegs alle paar Meter etwas – sei es durch Gespräche oder Ereignisse. Langweilig wurde es uns beim Testen jedenfalls nicht. Die Spielmechanik abseits der Dialoge und Entscheidungen ist hingegen monoton. So müsst ihr Tonbänder zum Laufen bringen, indem ihr die Maus kreisförmig bewegt (alternativ den Stick am Controller) und gleichzeitig den linken Mausbutton (alternativ den Controllerbutton) drückt. Manchmal müsst ihr einen Gegenstand suchen, der meist nicht weit weg und schnell gefunden ist; Objektkombinationen gibt es nicht. Ganz klar: Wie in ähnlich gestrickten, stark auf die Story fokussierten Spielen gehört das Gameplay in die Kategorie „anspruchslos“.

Alternativen zu Oxenfree

Oxenfree hat natürlich seine Inspiration von den Telltale-Adventures, in denen ihr ebenfalls Entscheidungen trefft und die Story der Star ist. Als Beispiel seien Game of Thrones (Note: 7.5)  oder Tales from the Borderlands (Note: 8.5)   genannt. Gruselig geht es auch für eine Gruppe Teenager in Until Dawn (Note: 7.5) zu, allerdings deutlich blutiger und in der Story weniger anspruchsvoll. Als Teenager Entscheidungen treffen dürft ihr auch in Life is Strange (Note: 8.0), wenngleich die Auswirkungen eher kosmetischer Natur sind. Dafür wird hier spielerisch etwas mehr geboten als in Oxenfree.
Darüber hinaus setzen wir in bestimmten Situationen Alex‘ Radio ein, etwa um eine Tür zu öffnen. Dann müssen wir per Mausrad oder Stick die richtige Frequenz suchen. Besonders mit dem Controller ist das dank Vibrationseffekt einfach. Überhaupt geht per Gamepad die Steuerung etwas geschmeidiger als mit Maus und Tastatur von der Hand – vor allem, wenn wir in Sekundenschnelle eine Entscheidung treffen müssen. Und darauf kommt es in Oxenfree schließlich an.

Der Wiederspielwert von Oxenfree ist auf jeden Fall hoch, zumal es unterschiedliche Enden gibt. Gut so, denn ein Durchgang dauert nur vergleichsweise knappe vier bis fünf Stunden. Letzteres auch nur, wenn ihr versucht, sämtliche auf der Insel verstreuten Briefe zu finden und an den unterschiedlichen Info-Points Alex‘ Radio benutzt, was weitere Infos zur Insel preisgibt. Viel mehr sagen zur Geschichte können wir an dieser Stelle nicht, um Spoiler zu vermeiden. Aber: Die Story ist schön, schaurig, sie berührt und macht nachdenklich. Klasse!

 
Autor: Stephan Petersen, Redaktion: Jörg Langer (GamersGlobal)

Meinung: Stephan Petersen

Anfangs haben Oxenfree und ich etwas gefremdelt. Ständig quatschten die Teenager, während ich in Ruhe meine Antwort auswählen wollte, die dann aber in Sekundenschnelle verschwunden war. Auch die Themen fand ich nicht sonderlich spannend. Das wurde anders, als die Geschichte Fahrt aufnahm und ich das Dialogsystem verstanden hatte. Dann machte es mir mehr Spaß als in den Telltale-Spielen. Meine Entscheidungen haben maßgeblichen und am Ende auch nachvollziehbaren Einfluss auf die Gruppe und ihre Beziehungen zueinander.

Das ist die andere große Stärke von Oxenfree: die Geschichte und wie sie die Gruppe erlebt. In Kombination mit dem schicken Art-Design und dem stimmungsvollen Elektro-Soundtrack ergibt sich ein Stück Software, das man trotz der Kürze nicht einfach im Vorbeigehen stumpf konsumiert, sondern das bisweilen zum Nachdenken anregt. An dieser Stelle würde ich ja noch gerne auf die Geschichte und mögliche Interpretationen eingehen. Aber ihr wisst ja: die Spoiler! Etwas grenzwertig sind 20 Euro für vier bis fünf Stunden dennoch. Allerdings lohnt sich ein weiterer Durchgang allemal, weil man beim ersten Mal Informationen verpasst hat, man Ereignisse beim zweiten Mal anders wahrnimmt oder einfach ein anderes Ende erreichen möchte.

Die Schwachpunkte möchte ich nicht verschweigen: Die langen Laufwege dürften nicht jedermanns Sache sein; Oxenfree ist ein Spiel für geduldige Naturen. Und muss das Gameplay wirklich so mau sein? Die Tonbänder und Radio-Abschnitte machen erzählerisch Sinn, fühlen sich spielerisch aber total anspruchslos an. Jaja, schon klar, der Fokus liegt auf der Story, die nicht durch Leerlaufphasen unterbrochen werden soll. Dennoch: Etwas mehr Anspruch darf es ruhig sein! Nicht nur in Oxenfree, sondern generell in diesem Typus Spiel. Immerhin gibt's keine Quick Time Events...

Damit aber genug des Meckerns: Wer eine schaurig-schöne, bisweilen mal traurige, mal hoffungsvoll stimmende Geschichte rund um eine Gruppe Teenager erleben möchte, der wird bei diesem Indie-Titel fündig.
Oxenfree PCXOne
Einstieg/Bedienung
  • Wegweiser & Karte helfen bei der Orientierung
  • Gute Controller-Steuerung
  • Hektischer Einstieg ohne viele Erklärungen
  • Maus/Tastatur-Steuerung weniger optimal (vor allem bei Entscheidungen)
  • Automatische Speicherpunkte teils zu weit voneinander entfernt
Spieltiefe/Balance
  • Innovatives dynamisches Dialogsystem mit zahlreichen Entscheidungen
  • Stark geschriebene Dialoge…
  • Gelungene Charakterentwicklung, auf die der Spieler Einfluss hat
  • Verschiedene Enden & Telltale-artige Statistik am Spielende
  • Unterhaltsame Geschichte
  • Hoher Wiederspielwert
  • Weite Laufwege im Schneckentempo sind sicher nicht jedermanns Geschmack
  • …mit einigen wenigen Aussetzern
  • Abseits der Dialoge anspruchsloses Gameplay
  • Nur vier bis fünf Stunden Spielzeit
Grafik/Technik
  • Klasse Inszenierung
  • Schickes Art-Design
  • Stimmungsvolle Lichteffekte
  • Die häufig große Distanz der Kamera zum Geschehen ist nicht jedermanns Sache
Sound/Sprache
  • Sehr gute englische Sprecher
  • Tolle Soundkulisse
  • Nur auf Englisch
Multiplayer
Nicht vorhanden
8.0
Userwertung7.2
Hardware-Info
Minimum: i3/2GHz , 2 GB RAM , 1GB-Shader-Model 3.0-GPU, 3 GB HDD
Maximum: i5/2.5 GHz, 4 GB RAM, GeForce GTX 460 oder Radeon HD 6750, 3 GB HDD

Eingabegeräte
  • Maus/Tastatur
  • Gamepad
  • Lenkrad
  • Anderes
Virtual Reality
  • Oculus Rift
  • HTC Vive
  • Playstation VR
  • Anderes
Kopierschutz
  • Steam
  • uPlay
  • Origin
  • Hersteller-Kontoanbindung
  • Ständige Internetverbindung
  • Internetverbindung beim Start
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Stephan Petersen 31. Januar 2016 - 13:21 — vor 8 Jahren aktualisiert
Jörg Langer Chefredakteur - P - 468612 - 31. Januar 2016 - 13:24 #

Viel Spaß beim Lesen!

RobGod 15 Kenner - 2820 - 31. Januar 2016 - 13:29 #

Ach freut mich das, hier einen Test zu Oxenfree lesen zu können :)
Und dass es gut geworden ist, gleich zweimal :)

Slaytanic 25 Platin-Gamer - - 62024 - 31. Januar 2016 - 14:40 #

Interessant, habe es gleichmal in die Steam-Wunschliste aufgenommen.

andreas1806 17 Shapeshifter - 8196 - 31. Januar 2016 - 16:59 #

Ui, gleich mal lesen, danke für den Test

Drapondur 30 Pro-Gamer - - 161579 - 31. Januar 2016 - 17:55 #

Werde es auch mal auf die Wunschliste setzen.

Unregistrierbar 18 Doppel-Voter - 10829 - 31. Januar 2016 - 17:59 #

Sehr ästhetisch, das allein schon weckt mein Interesse.

mrkhfloppy 22 Motivator - 35681 - 31. Januar 2016 - 19:15 #

Das Dialog-System klingt interessant, anderseits mag ich den Zeitdruck nicht. Eine Zwickmühle, die ein Sale vielleicht lösen wird. Ein schöner Test!

contraspirit 11 Forenversteher - 741 - 1. Februar 2016 - 0:22 #

Das größte Problem dieses Pseudo-Spiels ist derzeit der Preis von 20€. Die sind die vier Stunden einfach nicht wären, zumal diese Zeitspanne sich vermutlich ohne die etwas nervigen Laufwege und das schnarchige Lauftempo noch einmal halbieren würde.
Schön sind die Dialoge, die von fantastischen Sprechern eingesprochen wurden, welche die zu vermittelnden Gefühle stets hervorragend wiedergeben. Überhaupt sind die Charaktere und was mit ihnen zusammenhängt die vornehmliche Stärke des Titels. Auch die Atmosphäre stimmt, wohingegen mich die Story eher verwirrt als begeistert hat, hab's aber auch nur einmal durchgespielt. Schön wäre es, wenn man einem Titel wie Oxenfree in der Zukunft auch etwas spielerischen Gehalt verpassen würde. Ein paar schöne Jump'n Run-Passagen böten sich aufgrund der Perspektive geradezu an.

akoehn 18 Doppel-Voter - - 9007 - 2. Februar 2016 - 6:18 #

Einmal alleine ins Kino gehen kostet auch schon 11-13 Euro. Da ist die Unterhaltungadauer deutlich geringer und man hat hin und zurück auch ein schnarchiges Lauftempo ; -)

Ich kaufe mir zur Zeit gezielt Spiele mit kurzer Spielzeit, da nur bei denen eine Chance besteht, sie in unter einem halbem Jahr durchzuspielen.

contraspirit 11 Forenversteher - 741 - 3. Februar 2016 - 12:38 #

Für 11-13€ gehe ich aber auch nicht ins Kino. Zumal ich hier als Vergleich eher andere Spiele sehe. LIFE IS STRANGE z.B. kostete auch nie mehr als 20€ für alle Episoden und bietet dabei sowohl deutlich mehr Spiel, deutlich mehr Umfang und deutlich aufwändigere Präsentation.

Sven Gellersen 23 Langzeituser - - 45101 - 1. Februar 2016 - 9:51 #

Klingt richtig gut. Ich warte auf die PS4-Fassung, die zum Glück bereits bestätigt wurde.

Faerwynn 20 Gold-Gamer - P - 20220 - 31. Oktober 2016 - 0:28 #

Mittlerweile habe ich es günstig über ein Humble Bundle gekauft und mus sagen: ganz tolles Spiel! Für ein paar Euro ist es ganz ganz toll.

Alain 24 Trolljäger - P - 47301 - 6. Oktober 2017 - 21:38 #

Hat schon mal jemand die Switch Version angeschaut?