The Book of Unwritten Tales

Die Vieh-Chroniken Test

Benjamin Braun 30. September 2011 - 22:02 — vor 12 Jahren aktualisiert
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Oh, wie niedlich: Das Babyvieh weiß zwar nicht, was es von sich gibt, wird uns aber mit seiner Fähigkeit sehr nützlich sein.
Anzeigen/v

Viehsuell und akustisch topBegeistert hatte uns 2009 The Book of Unwritten Tales nicht zuletzt aufgrund seiner prachtvollen Fantasy-Kulisse und der exzellenten Sprachausgabe. Mit Die Vieh-Chroniken bestätigt King Art diese Grafikkünste und hat sich im Detail sogar noch gesteigert. Auch wenn die Charaktere weiterhin eher grob texturiert sind, ist der Unterschied zum Vorgänger schon allein beim Blick darauf doch gewaltig. Während der Dialoge zoomt das Spiel regelmäßig in die detailliert gestalteten Hintergründe und rundet die Präsenation mit Kameraschwenks und dynamischen Kamerafahrten ab. Bei scollenden Szenen verschiebt sich nicht bloß die Kamera von links nach rechts, sondern nutzt deutlich häufiger die Tiefe des Raums. Hier und dort werten Hintergrundanimationen und Effekte wie Rauch die meist gut ausgeleuchtete Szenerie auf. Hier betreiben einige Pinguine Leibesübungen, dort ziehen Wolken und Abgase aus dem Schiffsmotor am Luftschiff vorbei. In der Kapitänskajüte, die es in einer Tag- und einer Nachtversion gibt, erhellen Sonne respektive Mond den Raum und illuminieren stimmungsvoll die Umgebung und auch die Spielfiguren.

Lediglich im Bereich der Charakteranimationen -- und der Mimik -- hätte King Art nochmal Hand anlegen sollen. Denn gerade im Laufschritt sehen die Bewegungen von Nate nicht sonderlich natürlich aus. Und immer wieder mal rutscht er ein Stück über den Boden, wenn er zum Beispiel eine Kiste öffnet oder ein Objekt aufnimmt. Gerade wenn das Vieh die Gegenstände in sein Bauchinventar packt -- ja, das Vieh schluckt das Zeug -- sind Probleme bei der Kollisionsabfrage zu beobachten. Dafür gibt es deutlich mehr schön animierte Zwischensquenzen und Spezialanimationen im Spiel. In einer Slow-Motion-Szene am Ende von Kapitel 3 ist sicherlich die eine oder andere Arbeitsstunde versunken. Genauso wie in vielen anderen der (oft leider nicht abbrechbaren) Selbstlaufsequenzen. An den vielfältigen Gesten vom "stummen" Vieh hätte King Art aber auch kaum sparen dürfen, sie gehören einfach zur Titelfigur dazu.

Schön sind wiederum Details, wie wir sie teilweise bereits aus dem Vorgänger kennen: Nate senkt beispielsweise den Kopf, wenn er mit dem deutlich kleineren Vieh oder der auf einer Kiste sitzenden Petra spricht, während er leicht zur etwas größeren Wache von Munkus schwarzer Armee aufblickt. Zudem blickt er direkt in unsere Richtung, wenn wir ihn eine zeitlang stehen lassen oder er vertreibt sich mit ein paar Streckübungen die Zeit.

Einer der kreativsten Spielabschnitte spielt im Magierturm von Seefels. Die äußerst lebendigen Gemälde an den Wänden scheinen nicht das einzige zu sein, was nicht richtig ist.
Der Soundtrack von Komponist Benny Oschmann trägt das seine zur gelungenen Präsentation bei: Triumphale Trompetentöne wechseln zu tiefen, dramatischen Oboenklängen, die an das Werk von Edvard Grieg erinnern. Sanfte Geigenmusik und Flötenlaute unterstreichen passend einige unbedarfte Spielszenen. Und mit versetzten Klaviermelodien sowie gezieltem Blasinstrumente-Einsatz erzeugt Oschmann im Magierturm ein mysteriös angehauchtes Ambiente. Einen großen Beitrag zur Atmosphäre leisten auch die zahlreichen Soundeffekte. In den Nordlanden bläst ein eisiger Wind so überzeugend aus den Boxen, dass wir zu frieren glauben. Und so ziemlich jedes Objekt, das wir ins Inventar packen, gibt ein eigenes, passendes Geräusch von sich.

Das Highlight ist aber die hervorragende Sprachausgabe, die sich wieder nahe am Referenzniveau bewegt. Regina Lemnitz (Roseanne Barr in Roseanne, Berta in Two and a Half Men) als Kopfgeldjägerin Ma'Zaz oder Dietmar Wunder (Forman in Dr. House, Daniel Craig in James Bond) als Nate Bonnett und Bodo Wolf (Tony Shalhoub in Monk) als Anführer der Viecher sind einfach nur großartig. Da sitzt jeder Satz perfekt! Das Niveau der Sprachausgabe von Teil 1 erreicht Die Vieh-Chroniken aber nicht ganz, da nur selten Stimmeffekte eingesetzt werden. Es gibt einfach ein paar Stellen zu viel, an denen zwar die Betonung passt, die Aufnahmen aber noch zu separiert nach Tonstudio klingen.

Book of Unwritten Tales Collection
Die Vieh-Chroniken erscheint am 6. Oktober nicht nur einzeln im Midprice-Sektor, sondern auch im Rahmen der The Book of Unwritten Tales Collection. Darin ist auch eine verbesserte Fassung des Vorgängers The Book of Unwritten Tales enthalten, der zeitlich nach Die Vieh-Chroniken spielt. Im Digipack-Schuber befindet sich außerdem eine Soundtrack-CD mit der Musik von Benny Oschmann, ein 100-seitiges Hardcover-Buch mit diversen Artworks und Hintergrundinformationen sowie einige Ansteckbuttons und Motivkarten.
 

Zum Release verlosen wir jeweils eine Version von Die Vieh-Chroniken und der BoUT Collection. Wie ihr mitmacht, erfahrt ihr in dieser News.
Fazit: Humorvoll, lang, begrenztMit Die Vieh-Chroniken bestätigt King Art, dass The Book of Unwritten Tales keine Eintagsfliege war, sondern sie ihr Handwerk verstehen. Die Story ist zweifellos weit entfernt von der Tiefe eines Adventures wie Harveys neue Augen, der Humor weder so hintergründig, noch so derb. Doch das ist auch gar nicht der Anspruch des Spiels. King Art will unterhalten, und das gelingt ihnen durchgehend auf höchstem Niveau. Vieh-Chroniken lebt vom sympathischen Heldenduo und den skurrilen Nebenfiguren -- von denen wir uns allerdings ein paar mehr gewünscht hätten. Vor allem aber ist der Unterhaltungswert dem allgegenwärtigen Humor zuzuschreiben, der facettenreich und gekonnt Filme wie Star Wars oder Terminator persifliert. Der Seitenhiebe auf das Fantasy-Genre, die Welt der Spiele oder die Populärkultur verteilt. Von cleveren Anspielungen auf andere Adventures, über platte Witze über "Yeti-Ritter" bis hin zu Slapstickeinlagen, wie wir sie aus Die nackte Kanone oder ähnlichen Streifen kennen, ist alles dabei. Getragen werden der Humor und die Stimmung nicht zuletzt vom großartigen Sprecherensemble und dem Soundtrack von Benny Oschmann. Insbesondere an der Sprecherwahl sollten sich die großen Publisher mit ihren häufiger eher schwachen Lokalisationen und Synchros mal ein ganz großes Beispiel nehmen!

Das klingt nun geradezu nach Perfektion, doch leistet sich Die Vieh-Chroniken auch einige wenige, aber immerhin mittelschwere Schwächen. Das Spiel ist erstens extrem linear angelegt, ihr könnt so gut wie nie ein Rätsel lösen, bevor es von der Handlung her gewollt ist. Spielen heutige Adventure-Designer denn gar keine Infocom- oder Magnetic-Scrolls-Adventures mehr, bei denen es eine Welt zu erkunden und viele Rätsel parallel zu lösen waren? Zweitens ist uns die Anzahl der Schauplätze zu gering -- sowohl, was die Abwechslung anbelangt, als auch die Spielwelt-Größe in den einzelnen Abschnitten. Drittens könnte es unserem Geschmack nach einige Nebencharaktere mehr geben.

Spielerisch zeigt sich The Book of Unwritten Tales: Die Vieh-Chroniken sowohl einfalls- als auch abwechslungsreich. Es bietet mit zwei Schwierigkeitsgraden einen im Adventure-Genre schon lange nicht mehr erlebten Anreiz, es zweimal zu spielen. Die Rätsel sind manchmal schwer zu durchschauen, aber durchweg nachvollziehbar. Das eine, bei dem wir die sonst kaum benutzte rechte Maustaste zwingend benötigen, verzeihen wir großherzig, wie wir nun mal sind. Dank der immer humorvollen Verpackung wirkte auf uns auch kaum ein Rätsel als künstliche Streckung der Spielzeit. Und die ist sehr ordentlich: Selbst Adventure-Experten müssen im hohen Schwierigkeitsgrad mit sieben Stunden rechnen, Fortgeschrittene und Einsteiger werden deutlich länger am Spiel knabbern. Was eigentlich ungerecht ist: Sie haben damit mehr vom Spiel als unsereiner...

Autor: Benjamin Braun (GamersGlobal)

 Die Vieh-Chroniken
Einstieg/Bedienung
  • Zwei wählbare Schwierigkeitsgrade
  • Hotspot-Anzeige mit allgemeiner "Missions"-Info
  • Intelligenter Mauszeiger
  • Schwierigkeitsgrad kann im laufenden Spiel nicht reduziert werden
Spieltiefe/Balance
  • Fünf unterschiedlich lange Kapitel
  • Überaus sympathische Hauptfigur
  • Überwiegend pointierte Dialoge
  • Vielfältiger, anspielungsreicher Humor
  • Kreatives, vielfältiges Rätseldesign
  • Mini-Spiele sorgen für Abwechslung
  • Recht komplexe kooperative Spielabschnitte
  • Unterschiedliche Rätsel im leichten und schweren Modus laden zum zweimaligen Spielen ein
  • Dialoge ufern manchmal aus
  • Geringe Anzahl an Schauplätzen
  • Geringe Zahl von Charakteren
  • Sehr linear
Grafik/Technik
  • Wunderschöne, detaillierte Grafik
  • Diverse Zooms und Kamerafahrten
  • Hohe Auflösungen möglich...
  • Gute Partikeleffekte und Hintergrundanimationen
  • Zahlreiche Spezialanimationen der Charaktere
  • Charakteranimationen teils hakelig
  • Charaktertexturen grob
  • ... 16:9-Auflösungen aber nur mit schwarzen Balken links und rechts
Sound/Sprache
  • Hervorragende Sprecher
  • Großartiger Soundtrack
  • Unzählige gute Soundeffekte
  • Sprachausgabe klingt ab und zu sehr nach Tonstudio
 
Multiplayer
Nicht vorhanden  
Partner-Angebote
Amazon.de Aktuelle Preise (€): 8,80 (), 69,90 ()
Userwertung
8.3
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Adventure
12
King Art
Crimson Cow
06.10.2011
LinuxMacOSPC
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Benjamin Braun 30. September 2011 - 22:02 — vor 12 Jahren aktualisiert
SonkHawk 14 Komm-Experte - 2251 - 30. September 2011 - 22:39 #

jooo, gleich mal die collectors edition geordert... ;-)

Ich sollte kein GG mehr lesen, nachdem ich beim Fußball 5 Bier getrunken habe!

Wuslon 20 Gold-Gamer - - 21567 - 30. September 2011 - 22:43 #

Ich warte mal noch mit dem Ordern, ich hoffe auf das Gewinnspiel :-)

Vidar 19 Megatalent - 15012 - 30. September 2011 - 22:46 #

Und am Ende ist es vergriffen und du ärgerst dich auf ein Gewinnspiel gewartet zu haben wo tausende nach dem Preis lechzen ;D

quenzi 11 Forenversteher - 596 - 1. Oktober 2011 - 8:36 #

Waren es 5 Frust-Bier oder 5 Sieges-Bier?

Vidar 19 Megatalent - 15012 - 30. September 2011 - 22:43 #

Guter Test!
Freut mich das die zwei Schwierigkeitsgrade auch wirklich die Rätsel schwerer machen. In eurer kurzen Vorschau war das ja noch fraglich.

Hab meine normale Version nun aber abbestellt und mir die große Box bestellt. Habe zwar den vorgänger schon aber dennoch auf amazon kostet es gerade mal 42€, das ist es schon wert ^^

Derumiel 13 Koop-Gamer - 1450 - 1. Oktober 2011 - 10:21 #

Schöner Test!
Ich denke, dann werde ich mir die Vieh-Chroniken wohl zulegen. :D

Wunderheiler 21 AAA-Gamer - 30620 - 1. Oktober 2011 - 11:42 #

Schöner Test! Wobei ich "keine 16:9 Auflösungen" schon hart finde...

P.S.: Vielleicht sollte man im Wertungskasten schreiben, dass man den Schwierigkeitsgrad generell nicht nachträglich ändern und nicht nur "nicht reduzieren" kann.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469822 - 1. Oktober 2011 - 17:30 #

Im Text selbst steht das drin.

Wunderheiler 21 AAA-Gamer - 30620 - 3. Oktober 2011 - 8:48 #

Ich weiß, deswegen hab ich ja "im Wertungskasten" geschrieben ;)

Amco 19 Megatalent - P - 19342 - 1. Oktober 2011 - 12:55 #

Ich bin immer noch am kämpfen, bin eigentlich kein Adventurefan, aber das Spiel scheint ja ganz gut zu sein und gerade an Amazon Angebot mit der Collectorsedition reizt mich ja. Also kaufen???

Linksgamer (unregistriert) 1. Oktober 2011 - 15:03 #

"Yeti-Ritter"... Mann, mann, und auch die anderen "Humorbeispiele"... Wieso weiß man bei einigen Spielen nur immer sofort, dass sie nur aus Deutschland kommen können? Warum kriegen deutsche Adventure-Entwickler (außer Cranberry bei BM3) es fast nie hin, statt bieder-bemühtem lässigen Humor wie französische (So Blonde), englische (Broken Sword), spanische (Runaway) Teams zu bieten?

Ich danke dennoch für die Humorproben zum Selbereinbildmachen, hätte ich sowas bloß bei Tunguska damals vorher gehabt... ;)

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440706 - 1. Oktober 2011 - 17:02 #

Genauso gut könnte man sich fragen, weshalb Spiele wie Saints Row, das mit seiner Art von Humor sicherlich auch nicht jeden begeistert, nur aus den USA kommen können. Der Kasten wird nicht ohne Grund damit eingeleitet, dass Humor immer auch etwas mit dem persönlichen Geschmack zu tun hat. Deine Vergleichsbeispiele hinken ein wenig. Baphomets Fluch ist sicherlich was anderes, aber gerade die Runaway-Spiele sind humortechnisch doch relativ ähnlich gelagert wie Die Vieh-Chroniken - besonders der dritte Teil. Wobei A Twist of Fate eher ein Zwischending zwischen Die Vieh-Chroniken und Adventures aus den USA ist. A Vampyre Story hat zum Beispiel, wie fast alles Humorvolle aus den Staaten, eine stark infantile Komponente. Ich meine das nicht abwertend. Dasselbe gilt übrigens auch für so ziemlich alles, was von Disney und/ oder Pixar kommt (wobei hier die seltener anzutreffenden sexuellen Bezüge wegfallen). Damit befindet sich Die Vieh-Chroniken also nicht gerade in schlechter Gesellschaft, oder was meinst Du?

Man muss sich außerdem nicht immer schlechter machen, als man ist. Was hältst du in dem Zusammenhang übrigens von den Daedalic-Adventures? Sind die deiner Meinung nach humortechnisch auch "typisch deutsch" oder gibt es vielleicht doch ein paar Ausnahmen mehr als Cranberry. Mal abgesehen davon, dass Cranberry selbst mehr oder weniger nur die technisch Umsetzung von Black Mirror 2 und 3 zu verantworten hat. Story, Dialoge und Rätseldesign stammen meines Wissens nach von Achim Heidelauf (nur Teil 2), Anne von Vaszary und ein paar anderen Externen. Die Pre-Production zu Black Mirror 2 hat, nebenher bemerkt, King Art gemacht...

Linksgamer (unregistriert) 2. Oktober 2011 - 15:30 #

Erstens mal fällt mir irgendwie jetzt erst auf, dass Du ja sicherlich der Grappatrinker von adventure-treff.de bist. ;) Nur am Rande: War mal meine Lieblingsseite für Adventures, bis da irgendwann alles voller Nintendo-Kram war und ich mangels Plattform-Filter Probleme hatte, noch PC-News zu finden. Scheint allerdings derzeit nicht mehr der Fall zu sein, vielleicht schaue ich mal wieder vorbei...

Zweitens bedeutet genau das wahrscheinlich, dass Du sämtliche deutschen Adventure-Entwicklerteams persönlich kennst und sicher schon den einen oder anderen Grappa mit einigen davon getrunken hast. ;) Dass man als deutscher Adventure-Tester deutsche Adventures in Schutz nimmt, ist sowieso nicht überraschend. Ich finde es allerdings interessant, dass Fusionsphere (Meister des gefrierenden Grinsens mit Klassikern wie "Der Henkel ist trocken") explizit _nicht_ erwähnt bzw. in Schutz genommen wird. ;)

Drittens sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass ich generell kein Fantasy-Fan bin. Das engt die Auswahl schon mal sehr ein, da nach meinem Gefühl (ich bin aber kein wirklicher Adventure-Maniac) in den letzten Jahren fast nur noch deutsche Adventures mit Elfen etc. erschienen sind. Und noch schlechter als Fantasy finde ich diese Versuche, ein (meiner Meinung nach) inzwischen leicht miefiges Genre mit noch miefigerer Ironie zu versehen, quasi als Rechtfertigung dafür, dass es schon wieder Elfen und Zwerge sind...

Viertens kann ich überhaupt nicht zustimmen, dass die Runaway-Spiele in irgendeiner Weise ähnlich gelagert sind wie deutsche Adventures. Im Gegenteil, wenn ich was von Pendulo spiele (selbst das gagmäßige und etwas plattere Next Big Thing) oder auch von den anderen erwähnten Teams aus anderen Ländern, habe ich geradezu das Gefühl, jemand hat das Fenster aufgemacht und es kommt frische Luft rein. Die Spiele erscheinen mir meistens schneller, lässiger und trockener vom Humor her, intelligenter, spritziger (hm, das Wort hab ich auch noch nie benutzt, aber passt irgendwie ;) ).

5) Ich habe noch nie einen Pixar-Film gesehen. Handgemalte Comicstrips interessieren mich mehr.

6) Nach dem, was ich aus zwei Demos gesehen habe, bin ich leider auch kein Fan von Daedalic. Die Spiele von denen, die fantasymäßig aussahen, habe ich logischerweise sowieso ignoriert, da ich wie gesagt keinerlei Gnome o.ä. mehr sehen kann. Ich habe Demos ausprobiert von A New Beginning und Neue Augen. Zu New Beginning hab ich hier irgendwo anders schon was geschrieben. Mir kam es vor wie Schulunterrichtsmaterial für 8-12-jährige, gespickt mit Klischees und einer großen Prise Pathos. Es gibt ja diesen Spruch, der hier wirklich mal passt: Gut ist das Gegenteil von gut gemeint. Für mich passt der hier. Tja, und nun müsste ich ja eigentlich sowas wie Neue Augen (Edna habe ich ignoriert, da ich das Setting Irrenanstalt... man ahnt es schon ;) ) gut finden, weil ja auf dem Papier deutlich extremer, weniger kindgerecht, weniger miefig. Stimmt auch. Mir gefiel's trotzdem nicht. Warum? Weil's mir wie am Reißbrett geplant vorkam. Man nehme etwas Zuckersüßes und lasse es auf etwas richtig Fieses prallen - fertig ist der Anspruch. Erinnerte mich zu sehr an die 90er, wo es mal als sehr künstlerisch galt, Stofftiere vor laufender Kamera zu zerlegen. Haha, wie brutal! Toll - kann man einmal machen, ist einmal auch witzig, gibt aber dann auch schnell nix mehr her wie alles Extreme.

7) Von Jack Keane, fällt mir gerade ein, fand ich die Demo wirklich lustig. Das ganze Spiel konnte das dann aber leider nicht so permanent halten.

8) Ich denke, deutsche Entwickler sind nicht ganz zu unrecht weltweit bekannt für Strategiespiele, Kopfspiele mit Zahlen und Planung, wo es weniger auf Humor ankommt. Ausnahme dürfte Gothic sein, und dank Piratensetting statt Fantasy war ich noch nie so interessiert am nächsten Teil wie derzeit. ;)

9) Ach ja: House Of Tales waren mein deutscher Lieblingsadventureentwickler. Leider gescheitert an zu wenig Elfen... ;)

Benjamin Braun Freier Redakteur - 440706 - 2. Oktober 2011 - 17:49 #

Oh, das wird 'ne lange Antwort...

Zu zweitens: Ich hätte meine "schützende Hand" auch über jedem anderen Spiel (ob Adventure oder sonst was) ausgebreitet, das meiner Meinung nach zu unrecht schlecht gemacht wird bzw. schlechter, als es eigentlich ist. Das hat aber rein gar nichts mit dem Usprungsland Deutschland zu tun.

Es gibt natürlich gewisse landestypische Besonderheiten, aber pauschal über einen Kamm scheren kann man gerade unsere Adventure-Spiele deshalb noch lange nicht - genauso wenig die aus Spanien, Tschechien oder den USA. Ich halte den Vorwurf des typisch deutschen Humors jedenfalls für falsch. Dafür gibt es zu viele Spiele, die sich diesbezüglich stark voneinander unterscheiden oder es gar nicht so viel anders machen als Adventures aus anderen Ländern. Und, nebenbei bemerkt, fand ich den ersten Teil von The Book of Unwritten Tales humortechnisch nicht ganz so gut wie diesen. Zum einen, weil es sich eben etwas zu stark auf den Fantasy-Sektor beschränkt hat und zum anderen, weil er nicht so facettenreich war wie in Die Vieh-Chroniken.

>Ich finde es allerdings interessant, dass Fusionsphere (Meister des gefrierenden Grinsens mit Klassikern wie "Der Henkel ist trocken") explizit _nicht_ erwähnt bzw. in Schutz genommen wird. ;)

Könnte daran liegen, dass ich mit dem Humor in den Animation-Arts-Spielen (Fusionsphere ist die Firma, die die Spieleengine entwickelt hat) nicht so viel anfangen konnte. Es heißt übrigens "Ein Henkel. Trocken!" Vor allem aber liegt es daran, dass der Humor dort nicht gerade im Zentrum steht, weshalb die Besonderheiten in dem Bereich keine allzu hohe Gewichtung verdienen. Apropos "Du kennst die ja alle persönlich": Ja, ich kenne sehr viele davon persönlich. Und die Leute von Animation Arts wissen von mir, dass ich ihre bisherigen Spiele gut, aber bei weitem nicht so großartig finde, wie sie oft in der deutschen Spielepresse davon gekommen sind. Gilt übrigens auch für Deck13. Aber dazu später.

Zu drittens: Du brauchst dich nicht für deine persönlich Vorlieben und Abneigungen zu rechtfertigen. Aber gerade wenn dir das bewusst ist und du viele der "typisch deutschen Adventures" gar nicht gespielt hast, scheint dein (schlecht begründetes) Urteil nicht ganz so viel wert zu sein. Wenn wir hier miteinander diskutieren wollen, dann musst Du mehr liefern als irgendwelche Unterstellungen, die du kaum bis gar nicht belegen kannst.

Zu viertens: Ich könnte dir jetzt auch von meinen Empfindungen berichten. Aber nenn mir doch mal ein paar Beispiele dafür, wo es "schneller, lässiger und trockener [...] intelligenter, spritziger" sei. Besonders Runaway 2 und 3 nutzen eine Vielzahl an Anspielungen auf Filme und bedienen sich häufiger an eher etwas platten Sprüchen und Slapstick-Einlagen. Da gibt es unleugbare Parallelen. Zum Beispiel hat Pendulo immer irgendwelche verrückten Charaktere drin, die sich prinzipiell in jedem Spiel finden (etwa ein grobschlächtiger, geistig beschränkter Riese, die Helferlein der Mafia, die ebenfalls immer ein bisschen beschränkt sind, Szenen, in denen Brian einen auf Indy macht usw.). Oder eben solche Sachen wie im Unterschlupf im dritten Teil. Grob ab 3:53 http://www.youtube.com/user/AdventureTreffKanal#p/search/1/u435D2iuQsM

Zu 5: Aber du wirst sicherlich die alten Disney-Filme kennen. Darin wird z.B. auch sehr viel mit visueller Komik gerabeitet und die Charaktere ähneln sich oft ebenfalls sehr stark (vom Prinzip her so wie oben bei Runaway genannt). Bei den Disney-Filmen hast du im Gegensatz dazu nur oft noch den lehrreichen Moralfinger, der dir etwas über wahre Freunde, "glaub an Dich" und ähnliches erzählt.

Zu 6: Ich werde jetzt nicht mit dir aufschlüsseln, wie die Art des Humors in Edna oder Harvey oder sonstigen Adventures einzustufen ist. Klar ist aber, dass gerade Harvey und Edna doch anders gelagert sind als zum Beispiel ein BoUT oder Ankh. Die Frage war aber ja nicht, ob dir ihr Humor gefällt, sondern ob sie deiner Meinung nach typisch deutsch sind. Du erinnerst dich, es ging um deinen pauschalen Vorwurf an deutsche Adventure-Entwickler...

Zu 7: Siehst du. Ich fand das Spiel zum Beispiel ziemlich langweilig und nur mäßig witzig.

Zu 8: Wie gesagt, es gibt natürlich gewisse Besonderheiten. Aber was hat das damit zu tun, dass Adventure-Entwickler angeblich humortechnisch nichts anderes können als Schema F?

Zu 9: Schreib dir mal die Adventure-Spiele aus deutscher Produktion der letzten Jahre auf einen Zettel und dann sagst du mir, wieviele davon in einem Fantasy-Setting spielen und in dem Elfen vorkommen. Ich glaube nicht, dass der Anteil besonders hoch sein wird.

Mir haben die House-of-Tales-Adventures auch immer sehr gut gefallen. Was sie wiederum mit dem Vorwurf an den Humor zu tun haben, verstehe ich gerade nicht. Es gibt außerdem sicherlich viele Gründe dafür, weshalb HoT letztlich "gescheitert" ist. Dass sich Martin Ganteföhr keines Fantasy-Settings bedient hat, dürfte aber wohl kaum der Grund sein. The Moment of Silence hat sich meines Wissens nach damals richtig gut in Deutschland verkauft. Ich denke, dass das aus meiner Warte exzellente Overclocked deshalb nicht so gut ging, weil zu früh klar war, dass es den spielerischen Anspruch auf ein Minimum zurückgeschraubt hat und die Wertungen damals unter anderem aus diesem Grund insgesamt leider nicht so gut ausfielen. Aber auch das sind nur zwei der Gründe.

Linksgamer (unregistriert) 2. Oktober 2011 - 20:47 #

Ächz, ich sehe hier erstmal nur einen Riesentextblock, kann sein, dass ich dazu erst in den nächsten Tagen komme, gerade paßt's nicht. ;) Aber ich werd auf jeden Fall drauf zurückkommen.

Ich werfe nur eben kurz was nach: Wahrscheinlich wird es kein Mensch nachvollziehen können, aber ich amüsiere mich gerade wieder köstlich bei... Undercover (auch deutsch, oder?). Wenn der Sprecher (ich wollte immer nochmal nachgucken, wer das war) da in wirklich gelungenem ironischem Tonfall über ein Bild an der Wand trocken sagt: "Eine Landschaft. Sehr dekorativ.", dann komme ich hundertmal mehr ins Grinsen als bei jedem vermeintlich aufwendigeren (oder neueren) Witz. Das liegt allerdings auch wirklich an dem Sprecher, der für die Rolle des etwas linkischen Wissenschaftlers perfekt ist. Schade, dass Undercover nur so ein "kleines" Adventure war, was nicht einmal mehr richtig läuft (Videos) mangels Patch.

Sgt. Nukem 17 Shapeshifter - - 6293 - 6. Oktober 2011 - 18:56 #

Du meinst sicher "Undercover: Operation Wintersonne" - das fand ich auch super. Aber als "humorig" würde ich das wirklich nicht bezeichnen. Es ist eigentlich total bieder.
Hmm, ich lache bei Left 4 Dead auch mehr als bei den von Dir genannten ausländischen Adventures... (s.o.) - besonders wenn ich im Voicechat dann noch zwei alte Männer mit Hamburger Dialekt habe, die sich absprechen, wie sie den Tank am besten platt kriegen.

Humor in Spielen ist halt so eine Sache - ganz besonders in Adventures. (Da gibt's übrigens einen superben Artikel von Christian Schmidt zu -> http://www.makinggames.de/index.php/magazin/99_wo_ist_der_witz).

Sgt. Nukem 17 Shapeshifter - - 6293 - 6. Oktober 2011 - 18:20 #

House of Tales war Dein Lieblings-Adventureentwickler??
Wo hatte denn bitte "The Moment of Silence" den Humor? Hab' ich was verpasst...!?

Shatter-.- (unregistriert) 1. Oktober 2011 - 18:44 #

Woran erkennt man den Deutschen auf einer Party?
Er hasst alles was aus Deutschland kommt.

Diesen infantilen Nationalhass trifft man echt nur bei unseren Studenten, ein trauriges Schicksal. Jetzt warten wir nur noch auf diejenigen, die auf die viel bessere englische Sprachausgabe umstellen.

Anonymous (unregistriert) 1. Oktober 2011 - 21:02 #

Ein deutsches Spiel auf englische Sprachausgabe umstellen? Sag mal, hackt es?

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469822 - 2. Oktober 2011 - 9:19 #

Das mag sarkastisch gemeint gewesen sein...

Linksgamer (unregistriert) 2. Oktober 2011 - 15:33 #

Bei Tropico 3 (ok, eigentlich nur deutscher Publisher) war das tatsächlich eine sinnvolle Maßnahme, aber nicht wegen des Humors, sondern wegen der grottigen Übersetzung.

Sgt. Nukem 17 Shapeshifter - - 6293 - 6. Oktober 2011 - 18:18 #

Deine "Positiv-Beispiele" sind ja mal geil! "So Blonde" hatte "Humor" - äh, der wirkte, als würde ein 40-jähriger männlicher Spieldesigner sich vorstellen, wie wohl so eine 17-jährige tickt, und daraus dann einfältige Schmink-Witzchen bauen...
"Broken Sword" ist meine absolute Lieblings-Adventure-Reihe - Teil 1 + 2 schaffen es sogar noch knapp über Indiana Jones and the Fate of Atlantis - aber genau wie letzteres liegt das eher weniger am Humor. Zwar ist es echt gelungen, wie die verschiedenen Charaktere zusammen ticken, aber das kannst Du ja wohl nicht mit Humor gemeint haben. Wo genau war da Humor?

Etomi 16 Übertalent - 5349 - 1. Oktober 2011 - 19:47 #

Danke für den schönen Test. Nach dem ich den gelesen hab freu ich mich schon sehr auf das Spiel.

JC (unregistriert) 1. Oktober 2011 - 22:49 #

Vielleich kann sich das Studio jetzt um Battle Worlds: Kronos kümmern.

derGerg 08 Versteher - 174 - 2. Oktober 2011 - 14:07 #

Hört sich super an.

Kriesing 30 Pro-Gamer - P - 142904 - 2. Oktober 2011 - 21:17 #

Hallo zusammen. Vorweg gesagt ich kenne weder dieses Spiel noch den Vorgänger und stelle fest - Da hab ich ja wohl mal eine echte Spieleperle übersehen.

Ich habe früher sehr gerne Simon the Sorcerer und Monkey Island gespielt. Die Vieh-Chroniken gehen von der Aufmachung und dem Humor genau in die richtige Richtung.

Danke für den schönen Testbericht und das Video. Natürlich mache ich jetzt sofort beim Gewinnspiel mit.

ThokRah 17 Shapeshifter - 6966 - 8. Oktober 2011 - 17:27 #

Das Spiel ist genial, vor allem der Humor ist Klasse! ;-)

Leider bin ich von dem "Hotspot_in_Kapitel_4_Bug" betroffen. Somit kann ich nicht weiter spielen und muss auf den Patch Mitte Oktober warten. :-(

Cloud (unregistriert) 10. Oktober 2011 - 10:16 #

"Mingames, wie das im Vorgänger nicht von allen positiv aufgenommene Reaktions-Tanzspiel vor der Gruft, vermeidet der Entwickler diesmal." -> Minigames

senzeo 10 Kommunikator - 452 - 21. Oktober 2011 - 18:00 #

Ich kann solchen Spielen leider nichts abgewinnen. Aber man muss sagen dass es sehr liebevoll umgesetzt wurde.