Test: Das Actionspiel der Könige

Battle vs. Chess Test

Florian Pfeffer 30. Mai 2011 - 23:42 — vor 12 Jahren aktualisiert
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... rechts der Holzfiguren-Look, der natürlich mit einem klassischen Brett-Hintergrund noch besser kommt. Auch eine 2D-Darstellung existiert.
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Langeweile auf der Schicksalsbrücke
Das Kernstück von Battle vs. Chess (jenseits vom klassischen Schach) ist die Solo-Kampagne, bei der ihr euch entweder als Bruder Timaeus auf die weiße Seite oder als General Andromalius auf die schwarze Seite schlagt. Vor jeder Mission wird ein einleitender Text per Sprachausgabe vorgelesen, der die Hintergrundgeschichte weitererzählt, eine typischen 08/15-Fantasy-Faselei. Ein epischer Kampf zwischen Ordnung und Chaos ist entbrannt, blabla, und die Armeen der Hölle marschieren ins Königreich des Lichts ein, blubberblubber. Tief im finsteren Verdammnisschlund liegt das Dunkle Portal, das es zu vernichten gilt, soll den Chaoshorden Einhalt geboten werden. 

So weit, so gähn. Die spielerische Umsetzung dieser banalen Geschichte in die Schachwelt ist glücklicherweise nicht ganz so ideenlos: Ihr müsst in jeder Mission ein bestimmtes Schachproblem lösen oder eine Partie mit abgewandelten Regeln austragen. Eine Missionsbeschreibung lautet beispielsweise „Schlage alle Bauern!“, während in einer anderen Mission zwar wie üblich der König matt gesetzt werden muss, die Regeln jedoch so verändert sind, dass die Figuren beim Schlagen ihre Farbe wechseln.

Das bringt Abwechslung in den Schachalltag und eröffnet die Möglichkeit, selbst aus deutlicher Unterzahl heraus noch zu gewinnen, indem man die eigenen schwachen Figuren gegnerischen starken Figuren zum Schlagen anbietet. Wer als Kind (oder auch als Erwachsener) über dem aktuellen Schachproblem seiner Sonntagszeitung gerätselt hat, erhält hier quasi die multimediale Modern-Variante. Und das bringt uns zu einem Punkt, den man natürlich nicht vergessen sollte: Schach selbst ist ein großartiges Spiel, das seit vielen Jahrhunderten Teile der Menschheit begeistert...

Klassisches SchachNatürlich könnt ihr mit Battle vs. Chess auch einfach nur eine ganz normale Partie Schach ohne Sonderregeln spielen, entweder gegen die überragende Fritz-KI, deren Spielstärke in zehn Stufen angepasst werden kann (und den Tester bereits auf 3 vor unlösbare Probleme stellte), via lokalem Multiplayer an einem Bildschirm oder via Xbox Live beziehungsweise dem PSN. Wollt ihr lediglich die Standardaufstellung verändern, könnt ihr im „Taktik“-Modus die Figuren vor dem Spiel selbst auf dem Brett platzieren oder sie im Modus „Wahnsinn“ zufällig auf dem Brett verteilen lassen (aber so, dass der Modus spielbar bleibt).

Ohne solche Veränderungen erhaltet ihr also mit Battle vs. Chess schlicht ein grafisch schönes, unter der Haube selbst Großmeister in Bedrängnis bringendes Schachprogramm. Natürlich spielt kein Mensch auf PC, Xbox oder PS3 Schach, wenn er seinen Gegenspieler bei sich zuhause sitzen und ein schönes Schachspiel auf dem Tisch stehen hat. Aber Fernpartien (einen "E-Mail-Modus" gibt es allerdings nicht) machen mit Battle vs. Chess bestimmt Spaß, und natürlich das Solospiel. Allerdings, und damit kommen wir zum Fazit, sind wir keine Schach-Fach-Website, sondern ein Computerspielemagazin. Deshalb bewerten wir Battle vs. Chess nicht für die eingekaufte Fritz-Engine oder die schöne Präsentation, sondern in erster Linie als Videospiel...
Sobald wir den ersten Zug machen, tickt die Uhr: Im Modus "Bedrohung" müssen wir den König mit einem Zug matt setzen.

Fazit: Neu ist nicht automatisch gut Bei unserer ersten Partie Battle vs. Chess (übrigens gegen einen KI-Dämonen mit dem wenig sympathieerweckenden Namen „Nuy’arsch“) waren wir zugegebenermaßen erst einmal angetan von der Vielzahl an Spielmodi und der hübschen Grafik. Wir erinnerten uns wehmütig an Klassiker wie Archon, mit denen wir vor gut zwanzig Jahren viele Stunden und noch mehr gegnerische Goblins, Zauberer und Krieger totgeschlagen hatten und erfreuten uns an kleinen Details wie den animierten Schachfiguren, die sich in Erwartung des folgenden Zuges schon mal in Cursorrichtung drehen. Die Ernüchterung ließ allerdings nicht lange auf sich warten, da trotz zahlreicher Spiel- und Aufstellungsvarianten die Begeisterung für die neuen Ideen nicht richtig aufkommen wollte.

Versteht uns nicht falsch, Einsteiger wie Profis bekommen mit Battle vs. Chess dank Fritz-Engine ein Schachprogramm mit KI erster Güte. Doch gerade die Alleinstellungsmerkmale des Vollpreis-Spiels, nämlich die Battleground-Modi Duell und Slasher, nutzen sich extrem schnell ab und ziehen die Spielzeit künstlich in die Länge. Wenn zum x-ten Mal die gleiche Kampfmusik ertönt und wieder ein obligatorisches Quicktime-Minispiel absolviert werden muss, werdet ihr in kurzer Zeit wieder zum klassischen Modus wechseln oder gleich entnervt die DVD aus dem Laufwerk nehmen. Die Verbindung von bereichernden neuen Regeln und Actionelementen mit dem Klassiker Schach machte Archon schon vor Jahrzehnten besser vor -- Schade, dass die Entwickler moderne Spieler mit einem müden Hau-druff-Abklatsch langweilen.

Autor: Florian Pfeffer / Redaktion: Jörg Langer (GamersGlobal)

Battle vs. Chess
Einstieg/Bedienung
  • Ausführliche Tutorials zu den Schachregeln und den Figuren
  • Automatisch eingeblendete Hilfetexte zu den gewählten Spielmodi
  • Einige Komfortfunktionen, letzte Züge werden aufgelistet und können zurück genommen werden.
  • Bei gedrehtem Spielbrett teils unklare Cursorsteuerung
Spieltiefe/Balance
  • Fritz-Engine über jeden Zweifel erhaben
  • Viele Varianten bei Aufstellung der Spielfiguren
  • Viele Spielmodi
  • Schachprobleme zum Lösen für zwischendurch
  • Langweilige Story in der Kampagne
  • Teils KI-Aussetzer im Slasher-Modus
  • Button-Drück-Minispiel im Duell-Modus teils zu leicht , teils zu schwer
  • Neue Modi bringen keinen wirklichen Mehrwert ins Schachspiel
  • Duell- und Slasher-Modus wirken im Vergleich zum restlichen Spiel lieblos implementiert
Grafik/Technik
  • Umschalten zwischen den animierten Fantasywesen und klassischen Holzfiguren (letztere in 2D und 3D)
  • Hübsche Hintergründe mit schönen Grafikeffekten
  • Nette Animationen der Spielfiguren
  • Nur je ein Set von animierten Spielfiguren für Schwarz und Weiß
  • Zu wenig Abwechslung bei den Hintergründen
Sound/Sprache
  • Kampagnenintros werden per Sprachausgabe vorgelesen
  • Kampfmusik wird schnell nervtötend
  • Banales Hintergrundgedudel, als klassische Klaviermusik getarnt
Multiplayer
  • Lokale Multiplayerpartien oder Ranglistenspiele über Xbox Live
  • Ein gewisser Spaßfaktor entsteht bei Duell und Slasher, der aber wenig mit dem Spiel und viel mit dem Umstand "Zwei Spieler dilettieren" zu tun hat
  • Schachbrett dreht sich beim Spielerwechsel teils nicht automatisch
  • Kaum verfügbare Ranglistenpartien auf Xbox Live vorhanden
Partner-Angebote
Amazon.de Aktuelle Preise (€): 12,99 (), 16,99 (), 39,99 (PlayStation 3)
Userwertung
6.6
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Puzzle/Logik
12
17.05.2011
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Florian Pfeffer 30. Mai 2011 - 23:42 — vor 12 Jahren aktualisiert
. 21 AAA-Gamer - 28253 - 31. Mai 2011 - 0:20 #

Uber den Link "Viel Spass beim Lesen" bekomme ich immer die Fehlermeldung "Safari kann die Seite nicht öffnen". Wenn ich jedoch auf das Bild des Tests klicke auf der Startseite werde ich zum Test weitergeleitet.

Edit: jetzt gehts auch über den Link.

Guter Test danke. Ist nichts für mich obwohl ich Schach spiele.

DELK 16 Übertalent - 5488 - 31. Mai 2011 - 0:57 #

Hm, schade, dass die Integration der neuen Spielelemente nicht so gut funktioniert, wie sie soll. Kaufen werd ich es mir aber wahrscheinlich trotzdem, meine letzte Fritz-Version ist doch einige Jahre her. Ansonsten sei hier natürlich jedem Lego Chess empfohlen ;)

prefersteatocoffee (unregistriert) 31. Mai 2011 - 7:29 #

Schön, dass Ihr darauf hinweist, dass Ihr keine keine Kompetenz in Sachen Schach aufzuweisen habt.

Ich gehe jetzt hier nur kurz auf Euren Test ein, vielleicht mache ich das später nocheinmal differenzierter; einige Eurer Aussagen hätte ich mir für bestimmte PC-Spiele gewünscht, hier sind Sie aber nicht angebracht, abgesehen davon ist das in vielen Bereichen kein objektiver Test, sondern die gelangweilte Meinung des Testers. Es scheint so, dass der Tester auf Stufe 3 (Standardeinstellung) hängen geblieben ist und nicht wirklich intensiv genug getestet hat. Ich besitze das Spiel seit Release, ich werde sehr gut unterhalten und habe noch nicht alle Elemente ausprobiert.

Für 30 € Straßenpreis bekommt man hier ein Spiel, soweit kann ich das mit gutem Gewissen behaupten, das man unendliche Stunden spielen kann, es hat verschiedene Schach-Spielmodi und eine ohne jeden Zweifel erhabene KI bzw. Engine, ich habe dazu gelesen, dass es Fritz 11 sein soll. Einziger Kritikpunkt ist für mich, dass es Games for Windows Life unterstützt bzw. einfordert; was allerdings natürlich nicht passiert, wenn man es auf einem Mac installiert; da wird nur eine Online-Aktivierung beim Hersteller fällig; übrigens läuft es auf unserem Mac ganz hervorragend und offensichtlich fehlerfrei.

Eine 6.0 als Testergebnis ist eine echte Frechheit!

vicbrother (unregistriert) 31. Mai 2011 - 7:57 #

In der Tat ist die Bewertung sehr seltsam.

Schach bezieht ja seinen Reiz aus der Tatsache, dass kein Glück im Spiel vorhanden und alles bis auf die Gedanken des Gegenspielers sichtbar sind. Naja, heute muss wohl selbst Schach wohl einen "Fog of War" haben, die Grafikkarte zum Glühen bringen und ein Rockkonzert zur "Laut"-Untermalung haben.

Aber wer Storyelemente beim Schach vermisst, der kann auch eine 6.0 vergeben.

prefersteatocoffee (unregistriert) 31. Mai 2011 - 8:11 #

;-)

Dennis Ziesecke 21 AAA-Gamer - 30866 - 31. Mai 2011 - 8:23 #

Das ist halt das Problem mit "Brettspielumsetzungen". Den reinen Schach-Teil kann man wohl nur sehr gut bewerten. Aber wer sich ein Spiel namens "Battle vs. Chess" zulegt, wird in den meisten Fällen wohl nicht nur normal Schach spielen wollen. Es liegt nahe, so ein Spiel wegen den neuen Spielelementen zu erwerben. Und wenn DIESE Elemente nun einmal enttäuschend sind, dann verstehe ich die Wertung durchaus. Schachfreunde lesen doch eh "Fritz-Engine" und freuen sich, bilden sich ihre eigene Meinung. Wer aber einen Archon- oder Battlechess-Klon sucht, der ist mit der 6 schon gut vorgewarnt.

Besser, als wenn da eine 9 in der Wertung steht und alle Battlechess-Freunde enttäuscht sind.

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469386 - 31. Mai 2011 - 9:29 #

Dennis' Kommentar sagt eigentlich alles. Lies dir doch bitte den Test noch mal in Ruhe durch, vor allem die letzten beiden Abschnitte.

Dass die Schach-Engine gut ist, wird nicht bestritten. Die ist halt beim Marktführer eingekauft. Aber Battle vs Chess will kein reines Computerschach sein (übrigens fehlen dazu auch diverse Analyse- und Komfortfunktionen, wählbare Eröffnungsbibliotheken, Setzen von KI-Parametern), sondern eben mehr. Und dieses Mehr, also das, was das "Battle vs." im Titel ausmachen soll, ist nicht gut gelungen.

Übrigens spiele ich Schach seit meinem 6. Lebensjahr, und habe auch schon das eine oder andere Fritz getestet.

prefersteatocoffee (unregistriert) 31. Mai 2011 - 19:28 #

"Übrigens spiele ich Schach seit meinem 6. Lebensjahr, und habe auch schon das eine oder andere Fritz getestet."

Gerade deswegen verstehe ich die Wertung noch weniger; aber mal ehrlich; der Hersteller wollte bestimmt ein Mittelding anbieten bzw. auf den Markt bringen; ansonsten hätten die nicht die Fritz 11-Engine eingekauft. Ich sehe das Programm daher als sehr gute Engine mit Gimmicks, die mich überzeugen; außerdem stimmt der Preis!

Was nicht stimmt ist immer noch der Test und die Wertung; mir ist der Test bzw. die Wertung nicht objektiv genug, denn die Umsetzung und Programmierung des Titels ist durchaus solide, da habe ich schon anderes gesehen; eine Story erwarte ich nicht und die Ausgestaltung des Kampfes zwischen Gut und Böse ist ebenfalls solide; auch hier sind manche A-RPG`s auch nicht innovativer; mir gefallen die zusätzlichen Schachmodi, die ich so in noch keinem Schachprogramm mit Gimmick gesehen habe!

saxz 14 Komm-Experte - 2002 - 31. Mai 2011 - 20:56 #

Weil es gerade so halbwegs zum Thema passt: mich hätte mal interessiert, was es so für Software gibt, die eine an Schach gut heranführt. Grundregeln sind ja nicht so schwer, aber bei der Entwicklung von Taktiken fehlt mir doch noch so einiges.
Beim Stöbern bin ich über die "Fritz & Fertig"-Reihe gestolpert. Die scheint aber technisch unter Windows Vista/7 leider recht mangelhaft umgesetzt zu sein - nicht zuletzt auch wegen dem schlechten Kopierschutz. Falls also einer eine Idee hat .. :)

Novachen 19 Megatalent - 14947 - 1. Juni 2011 - 13:38 #

Am besten ist noch immer klassisches Schach :-). Ich habe noch nie ein Schachspiel für PC oder Konsole gekauft und schnapp mir lieber meinen Freund für eine Partie :D. Dieses Spiel wird es auch nicht in meine Sammlung schaffen :D

Software die dich Schachspiel lehrt kenn ich gar nicht, aber es gibt dazu tausende an Bücher ;)

Darth Spengler 18 Doppel-Voter - 9372 - 2. Juni 2011 - 18:07 #

Da gabs doch mal nen Film wo einer im 17ten Jahrhundert glaube ich, in seiner Zelle sitzt und solange Schach gegen sich selber spielt bis er der voll Pro ist ^^