Report: Größere Gelassenheit

Spielemarkt Österreich Report

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Österreichs "Hausmarken" Libro, Hartlauer und Niedermeyer besitzen die meisten Filialen im Land. International agierende Händler wie GameStop oder Media Markt spielen eine geringere Rolle als beim Nachbarn Deutschland.

Vertrieb und Handel

Rund 1.500 Verkaufsstellen für Computerspiele existieren in Österreich, zu den wichtigsten gehören die über 230 Libro-Niederlassungen. Dabei verkaufen Libro oder die 160 Hartlauer-Filialen (ehemals ein Fotogeschäft) keinesfalls nur Budget-Titel, sondern auch ausgewählte aktuelle Spiele-Highlights. Ein breiteres Angebot bietet der Elektronikspezialist Niedermeyer (über 90 Filialen). Positiv bewertet Michael Auer, dass trotz schwieriger Zeiten nach wie vor in Elektronikmärkte investiert wird. So expandiert Haas Elektro an interessanten Standpunkten wie Wien und Linz, um die Lücken zu schließen, die nach den Pleiten von Quelle und des Elektronikhändlers Cosmos (zuvor 29 Filialen) entstanden sind. Hardcore-Gamer orientieren sich eher in Richtung der nunmehr 23 Media Märkte oder 12 Saturns in Österreich. Insbesondere bei den aktuellen Konsolen hat Media-Saturn einen gewichtigen Anteil. Sie erreicht aber längst nicht die aus Deutschland gewohnte Marktmacht. "Das Verhältnis von Einzelhändlern, Elektronikmärkten und sonstigen Verkaufsstellen beträgt in etwa 30:30:30", bestätigt Michael Auer. In Deutschland führen die Elektronikgroßmärkte klar.

Etwa 240 Fachgeschäfte verkaufen Computer- und Videospiele, diese unterteilen sich nochmal zu ungefähr je 50 Prozent in Spielzeugläden (Handhelds) und IT-Fachgeschäfte (darunter 21 Gamestop-Filialen). Ein nicht geringer Anteil an Games wird außerdem im Lebensmittelhandel abgesetzt, sei es in den über 425 Hofer-Filialen (Aldi), den etwa 60 Niederlassungen von InterSPAR, 12 Metro-Märkten oder auch 29 Müller-Zweigstellen. Allerdings wird hier vor allem aktionsgebunden und im Budgetbereich verkauft, aktuelle Highlights sind selten zu finden. Gut entwickelt hat sich der Onlinehandel. Laut Michael Auer "kaufen Österreicher nicht einfach nur bei Amazon.de", stattdessen gibt es mittlerweile etwa vier bis fünf etablierte Online-Händler, mit durchaus beachtlichen Absatzzahlen. Die bei Uncut-Titeln zum Teil auch in Deutschland generiert werden...

Die Publisher

Österreicher kaufen im Onlinehandel nicht einfach nur bei Amazon.de
Die schwierige wirtschaftliche Lage macht auch vor den Publishern nicht halt. So hat erst vor kurzem Electronic Arts seine Niederlassung in Österreich komplett geschlossen. Schon vorher haben sich die großen Publisher eher darauf konzentriert, sich in Deutschland oder einem anderen Land niederzulassen, während es in Österreich allenfalls kleine Offices gab. Einen speziellen Distributor für Computerspiele gibt es in Österreich nicht, die großen Publisher kümmern sich selbst darum. Dabei bekommen mittlere und kleine Third Partys schon einmal die freundliche Aufforderung durch die großen Ketten, über einen bestimmten Mitbewerber anliefern zu lassen. Keep it simple, lautet da wohl die Devise. Aufgrund der geringeren Bevölkerungsgröße stellen vier Außendienstmitarbeiter wie bei Koch Media Austria schon die Spitze dar. "Bestimmte Kunden, vor allem aus dem Lebensmittelhandel, betreuen wir direkt von der Zentrale aus", erläutert Michael Auer.

Unübersichtlicher Jugendschutz

Herbert Rosenstingl arbeitet beim Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend.
Jedes österreichische Bundesland bestimmt selbst über den Jugendschutz, bislang wurden wahlweise PEGI oder USK verwendet, als freiwilliges Angebot an die Eltern. So heißt es in §11 des Kärntner Jugendschutzgesetzes: "Bildträger, die auf Grund des § 12 Abs 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG), Bundesgesetzblatt der Bundesrepublik Deutschland 2002 I S 2730, nicht freigegeben [...] sind, gelten auch im Land Kärnten als nicht [...] freigegeben." Das Bundesland Salzburg verweist ebenfalls auf die deutsche USK.  Mit  der Gesetzesnovelle von 2008 hat Wien als erstes Bundesland eine zwingende Kennzeichnungspflicht eingeführt, und zwar das PEGI-System. Bis Ende 2012 ist alternativ aber auch die USK-Auszeichnung erlaubt. Die sechs übrigen Bundesländer sehen ein grundsätzliches Abgabeverbot jugendgefährdender Medien an Jugendliche vor, haben aber nicht geklärt, wie eine Jugendgefährdung festzustellen ist. Die Steiermark hat voriges Jahr eine Novellierung in Begutachtung geschickt, die dem Wiener Beispiel folgt.  Auch bundesweit läuft derzeit wieder die Debatte über eine generelle Harmonisierung der Jugendschutzgesetze, die sich aber schwierig gestaltet. In der Praxis haben die unterschiedlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer ohnehin wenig Relevanz. "Wien ist Österreich" erklärt Niki Laber. Aufgrund der starken Zentralisierung rund um die Hauptstadt gelten die dortigen Bestimmungen ohnehin für einen großen Teil des heimischen Marktes. Ob kleinere Bundesländer, die ohnehin kaum Spiele absetzen, andere Regelungen haben, falle daher nicht spürbar ins Gewicht.

Dem Wiener Beispiel folgend, würde die Spiele-Industrie gerne landesweit PEGI zur offiziellen Messlatte machen. Und auch Herbert Rosenstingl vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) gibt zu Protokoll: "Wir streben an, uns an PEGI zu orientieren und so einen einheitlichen Standard für alle Bundesländer herzustellen. Wir sehen das Thema Jugendschutz in Österreich in einem gesamteuropäischen Zusammenhang, deswegen ziehen wir PEGI der USK vor."

Dem österreichischen Pendant zum deutschen BIU, ÖVUS, gehören bereits 13 namhafte Firmen aus allen Bereichen an.
PARALAX (unregistriert) 25. Juni 2010 - 21:42 #

Schöner Bericht. :-)

DELK 16 Übertalent - 5488 - 25. Juni 2010 - 21:51 #

Sehr schöner Bericht. Wobei auch in Ländern, wo die Altersfreigabe nicht geregelt ist (Erfahrungsbericht aus Niederösterreich) normalerweise auf die jeweilige Altersfreigabe geschaut wird, vor allem in den großen Ketten wie Media Markt oder Gamestop. Aber generell ist der Umgang mit Spielen hier einfach, wie so vieles, entspannter als in Deutschland. Und es heißt Stephansplatz, nicht Stephanplatz :)

Green Yoshi 22 Motivator - P - 36257 - 25. Juni 2010 - 21:59 #

Interessanter Bericht, dank Consol.AT Abo und dem gleichnamigen Podcast hab ich in den letzten Jahren schon ein bisschen was über den österreichischen Videopsielmarkt erfahren, im Urlaub wandert man dann ja doch lieber auf die Berge als durch die Spieleläden.^^

NedTed 19 Megatalent - 13364 - 26. Juni 2010 - 10:30 #

Den pragmatischen Ansatz unserer Politiker kann ich bestätigen (insbesondere bei Politdiskussionen im Tv zu beachten). Nur generell gesprochen werden Computerspiele nachwievor verunglimpft...

Acka81 10 Kommunikator - 458 - 26. Juni 2010 - 11:55 #

sehr interessanter Artikel, super mal Einblick bei unseren Nachbarn zu bekommen

Ne0n 09 Triple-Talent - 271 - 26. Juni 2010 - 16:08 #

Interessant finde ich den Jugendschutz.
Jedes Bundesland kann selbst wählen.
Finde ich gelinde gesagt, schon richtig Krass ^^

rknall 10 Kommunikator - 513 - 27. Juni 2010 - 0:29 #

Das kann man wie immer so oder so sehen. Im täglichen Umgang ist es eher lässig. Wobei sich das nicht auf die Spiele bezieht. So ziemlich jeder Laden geht nach dem Pegi System (die Großen, wie Saturn und Media Markt sowieso).

Das prüft auch in regelmäßigen Abständen unsere AK.

Das Problem hast du dann, wenn der Jugendschutz in anderen Bereichen eingreift, wie zum Beispiel bei den Sperrstunden. Da wirds dann richtig kompliziert.

Schmuhf (unregistriert) 26. Juni 2010 - 16:13 #

Ich finde vieles in Österreich etwas bedenklich, aber Ihre Orientierung am PEGI-System finde ich super. Schade, dass die USK hierzulande schon so etabliert ist... :/

rknall 10 Kommunikator - 513 - 27. Juni 2010 - 0:33 #

Darf ich fragen, was du unter Anderem bedenklich findest. Nur so aus Interesse.

robsetabse 10 Kommunikator - 490 - 26. Juni 2010 - 19:13 #

sehr schöner artikel!
wohne selber in wien, von daher hab ich einen schönen bezug dazu.

die meisten leute die ich kenne kaufen sich spiele übrigens in england oder bei steam.

Daeif 19 Megatalent - 13820 - 26. Juni 2010 - 19:48 #

Hach, wie ich diese Auslands-Artiek liebe... Ist immer interessant zu sehen, was in anderen Ländern spielemäßig vor sich geht. Besonders bemerkenswert, dass die Österreicher Spiele nicht kollektiv verurteilen. Wie eigentlich in ganz Europa. Was läuft denn hier so falsch, dass quasi alle Nachbarn Computerspiele zumindest akzeptiert haben, nur wir Deutschen nicht?

rknall 10 Kommunikator - 513 - 27. Juni 2010 - 0:32 #

Von mir ein Kudos, für diesen guten Artikel. Der Grundtenor, dass wir Österreicher die Diskussion wirklich ein wenig entspannter sehen, kommt ganz gut rüber. btw, auch wir hatten schon Fälle, wo Kids ein wenig durchdrehten und Lehrer verprügelten, oder Ähnliches. Amoklauf war dabei noch keiner, Gott sei Dank. Aber trotzdem kam dann wieder der eine oder andere Politiker auf die Idee mit den Killerspielen. Da wird dann aber vor Allem von den Medien schnell zurück gepfiffen.

Ich denke mal, dass unsere Medienlandschaft, noch ein wenig kritischer den Themen gegenüber steht wie in Deutschland, und nicht so sehr auf Populismus abzielt. Daher können dann solche Themen eben auch ein wenig differenzierter betrachtet werden.

Anonymous (unregistriert) 27. Juni 2010 - 1:33 #

Sehe ich auch so, gibt natürlich auch in Ö. grausige Blätter/Medien, aber im großen und ganzen halten sich unsere Freunde aus Austria noch ein bischen an den Presse Ethos. Armes Deutschland, leider betreffen die medialen Indifferenzen ja nicht nur Videospiele.

Arandor 10 Kommunikator - 428 - 27. Juni 2010 - 21:53 #

Vielen Dank für diese Spielemarkt-Berichte. Können wir uns in naher Zukunft auch auf einen Blick auf den Asien-Markt freuen?

Earl iGrey 16 Übertalent - 5093 - 28. Juni 2010 - 5:16 #

Ganz ausgezeichneter Artikel, sehr informativ! Vielen Dank.

MTR 12 Trollwächter - 1033 - 28. Juni 2010 - 12:55 #

Sehr guter Artikel und sehr interessant. Gerade die Thematik der Killerspiele wird dort glaub besser gehandhabt. Ich denk mir manchmal, dass solche Artikel ruhig mal die hießigen Politiker lesen sollten.

Gecko 13 Koop-Gamer - 1518 - 28. Juni 2010 - 14:24 #

Hierzulande auch eine solche Messe umsetzen zu wollen klingt wirklich noch ziemlich nach Zukunftsmusik.

Früher oder später wird man aber auch hier mehr Einsicht zeigen müssen und durch den Wegfall gewisser Politiker dürfte sich die Sache auch automatisch etwas entspannen.

Interessant da mal etwas mehr zu erfahren, der Artikel bringt ja wirklich viele Infos. :)

MeckGeiwa 11 Forenversteher - 631 - 1. Juli 2010 - 11:38 #

Sehr interessanter Artikel. Bin selbst aus Österreich - nicht aus Wien - Wien ist anders!
Bin heute erst auf diese Seite gestoßen - solche Artikel findet am auf anderen Spieleseiten so gut wie gar nicht!

Aber Jörg Langer birgt halt für Qualität - wie früher bei der GameStar (die immer noch das beste Spielemagazin am Markt ist)

Markus 14 Komm-Experte - 1878 - 3. Juli 2010 - 13:16 #

toller Artikel, sehr interessant!