Dantes Zweitwaffe ist das heilige Kreuz, das er von seiner Geliebten Beatrice bekommen hat.Gut für Fernattacken geeignet.

Vorstoss in die Tiefe

Eine kleine Karte der Unterwelt

Mit Minos verlassen wir den ersten Kreis der Hölle. Im Laufe des Spiels werden alle aus dem Literaturwerk bekannten thematischen Ebenen durchlaufen: Limbo, Wollust, Maßlosigkeit, Gier, Zorn, Ketzerei, die Ebene der Gewaltverbrecher, die der Verräter und dann endlich Luzifers Domäne.

Unsere Demo macht einen Sprung zur Ebene des Zorns (Anger), und zwar bis kurz vors Ende. War das Leveldesign bislang zwar surreal, aber noch irgendwie "irdisch" angehaucht (Sümpfe, Steinebenen und Co.), geht die Umgebung langsam aber sicher stilistisch dorthin, wo wir es die ganze Zeit erwarten: Rot und Schwarz dominieren als Farbton, überall lodernde Flammen, willkommen in der Welt von Diablo 1... äh, immer noch Dante's Inferno. Unser neues Ziel: Wir wollen in die Festung Dis. Auf dem Weg dorthin sind wir am Ufer des Unterweltflusses Styx angelangt. Vor uns liegt ein nackter Mann namens Filippo Argenti. Es ist nun unsere Entscheidung, ob wir ihn töten wollen oder "erlösen". Immer wieder treffen wir auf solche Personen, die unser Held aus seiner Vergangenheit kennt. Der Trip durch die Hölle ist auch eine Aufarbeitung seiner eigenen Sünden. Zumindest in der Vorlage, als Spieler werdet ihr euch weniger über Sünden Gedanken machen, als über den Zustand eurer Kampfdaumen und Schnetztel-Finger. Ob ihr den gequälten Seelen helft oder nicht, hat laut Knight Langzeitauswirkungen auf die Kampffähigkeiten unseres Helden. Diese werde man entweder "in der Breite" oder "in der Höhe" ausbauen können (sprich: entweder viele Skills, oder wenige immer besser erlernen). So kann man sich mehr auf Magie oder Kampf spezialisieren. Das Übliche halt.

Kleine, verstümmelte Kinder als Gegner, das wird die USK freuen.

Eine Schifffahrt, die ist lustig...

Mittlerweile haben wir eine Barke bestiegen, die uns automatisch den Fluss hinauffährt. Geflügelte Wesen attackieren uns mit einem Mal. Sie schießen mit Feuerbällen auf uns, die wir mit der Sense abwehren und zurückschleudern. Zeitlupeneffekte. Plötzlich kommt eine riesige, beulenbewehrte Hand aus dem Fluss empor. Wir merken plötzlich: Die Barke, auf der wir fahren, ist nur die Krone eines riesenhaften Monsters, mit brennenden Augen wie ein Balrog und ebenso teuflischen Hörnern. Da bei Dante's Inferno auch noch der abstrusesten Figur das Namensschildchen eines Charakters der Romanvorlage aufgepappt wird, ist dies nun also Phlegyas, der Fährmann.

Phlegyas, der Fährmann, in voller Pracht. Seine Krone dient uns anfangs als Schiff, bis wir unseren Irrtum bemerken...

Dieser ist ungefähr 50mal so groß wie unser Held, ein ganz anderes Kaliber als noch zuvor Minos. Er lässt umgehend seine kleinen Schergen los, die wir aber wieder einen nach dem anderen abservieren. Jetzt kommt noch eine 3 Meter große, nackte, wabbelige Fettmamsel. Ihre ganz besondere Geheimwaffe: Der Fäkalienstrahl. Ja, das ist widerlich, ihr Hauptangriff ist das Ausspeien von Giftmasse. Immer wieder müssen wir sie niederkämpfen und sie kommt trotzdem immer wieder zurück. Währenddessen greift auch der Fährmann immer wieder mal an.

Wir weichen aus und laufen über die Plattformen weiter, aber unsere neue Freundin verfolgt uns weiterhin, genau wie die Kinder mit den Klingenhänden. Wir hören, wie sie leise Schwert-auf-Stein-Geräusche beim Laufen machen. Immer wieder greift der Große mit seinen Fäusten an, spuckt ab und zu sogar Feuer. Wir setzen unser Kreuz ein, das mitlerweile eine Mehrfachattacke beherrscht. Auch eine Art Schockwellenangriff steht uns zur Verfügung, sowie ein 360°-Schwinger mit der Sense. Immer wieder tauchen die Standardgegner auf, aber der große Fährmann ist auch noch da. Was tun?

Ein Tor geht auf, wir rennen durch -- anscheinend sollen wir den Großen gar nicht besiegen. Stattdessen fahren wir nun mit einem Lift nach oben und wir übernehmen Phlegyas direkt. Das müssen wir uns vorstellen, die Cutscene dafür war noch nicht fertig. Die Kamera zoomt weit, weit heraus. Was folgt, ist ein absoluter Wow-Moment: Wir bekommen einen ganz neuen Blick auf die Welt, denn nun stapfen wir als "Reiter" des kolossalen Fährmanns über eine Brücke, die in Wahrheit so breit wie mehrere Fußballfelder wäre. Im Hintergrund ist die kilometerhohe Mauer der Festungsstadt Dis. Die Kamera fährt weiter hoch, immer weiter, und läst die von Flammen und Rauch umgebene Festung in ihren gigantischen Ausmaßen sichtbar werden. Plötzlich erscheint selbst unser riesenhafter Fährmann gerade mal wie ein Zwerg. Damit wären wir beim beeindruckenden Ende der Präsentation angelangt.

Darf in der Sammlung höllischer Kreaturen nicht fehlen: Der Geißbock.

Blutiges Spektakel

Dante’s Inferno wird ein schnelles Action-Kampfspiel, optisch wie spielerisch durchaus interessant. Das Vorbild God of War ist so offensichtlich, dass man über den Vorwurf des Plagiats nicht einmal anfangen muss zu streiten. Das aber muss kein Hindernisgrund auf dem Weg zum guten Spiel sein -- Blizzard etwa sind Meister des Plagiats, und schaffen es dann doch immer wieder, die Vorlagen zu übertreffen. Also ist die Frage: Wie sehr kann sich Visceral Games vom großen Vorbild God of War lösen und mit eigenen Stärken punkten? Bis 2010 will man uns die entsprechenden Antworten noch nachliefern. Doch selbst wenn dies geklärt sein sollte, wird es spannend, ob die in Deutschland die USK eher den Aspekt "Literaturumsetzung mit künstlerischen Freiheiten" sehen wird -- oder den Aspekt "Blutige Metzelorgie".

Berichterstattung vor Ort: Jörg Langer (gamersglobal.de)