Die Rätsel in Little Nightmares sind oft nicht auf einen Raum begrenzt und allein damit komplexer als etwa in Inside.

Jump-and-run mit Köpfchen

Neben den erwähnten Fluchtpassagen bietet Little Nightmares auch viele Jump-and-run-Elemente, die auch beim Lösen der Rätsel immer wieder eine Rolle spielen. Ein Raum ist beispielsweise bis zur Hüfte mit Schuhen gefüllt, durch die ihr mit Six nur langsam vorankommt. In diesem Meer aus Schuhen werdet ihr von einem Monster verfolgt. Schutz bieten nur ein paar Koffer, so ihr an diesen „Inseln“ rechtzeitig hochklettert. An anderer Stelle nutzt ihr ein an einem Seil hängendes Klavier als Plattform, um von einer Seite des Raums zur anderen zu gelangen. Schwierig sind beide Aufgaben nicht unbedingt. Da bei Fehlern jedoch der Neustart am Eingang des aktuellen Raums droht, müsst ihr im Alleingang herausfinden, was zum Erfolg führt.
 
Trial-and-Error wäre aber nur eine bedingt zutreffende Bezeichnung. Wer die grundlegenden Möglichkeiten von Little Nightmares einmal verinnerlicht hat, kommt nicht durch Ausprobieren, sondern durch Nachdenken zum Ziel. Ein hohes Maß an Präzision ist bei den Jump-and-run-lastigeren Aufgaben eher selten erforderlich. Nachdem wir uns mit Six aus einem Käfig im Verließ befreit haben, müssen wir diesen als Kletterhilfe im Raum verschieben. Nur so erreichen wir einen Zughebel an der Decke. Hier reicht es, den Käfig grob richtig zu platzieren. Übermäßig viel Geschick ist auch bei den folgenden Aktionen zweitrangig: Am Zughebel hängend müssen wir diesen zum Schwingen bringen, um anschließend zum Sprung anzusetzen. Die Tür in der Nähe beginnt sich nämlich wieder zu schließen, sobald wir den Hebel loslassen. Auch hier sind also das Studieren des Raums und die Suche nach der richtigen Lösung zentral und keine peinlich präzise Ausführung.

Manchmal müsst ihr auch die Beine in die Hand nehmen und vor den Verfolgern wegrennen.

 

Von allem ein bisschen

Alle genannten Spielelemente werden in bestimmten Situationen im Zusammenspiel eingesetzt. Am Ende einer Fluchtpassage erreichen wir einen Kühlraum, ein Käfig verhindert, dass sich die Falltür am Eingang vollständig schließt. Den langen Armen eures Verfolgers, die er unter dem Tor durchsteckt und damit den Raum nach euch abtastet, müsst ihr unbedingt entgehen. Also klettert ihr hinten im Raum auf Objekte und springt im rechten Moment in einen sicheren Bereich ab. Aber ihr müsst zwingend näher an die Gefahrenquelle. Denn nur, wenn ihr aus dem halbzerdrückten Käfig zwei Metallstangen herauszieht, kracht das Tor nieder. Ob das für euren Häscher oder wenigstens seine Arme wirklich schon das Ende bedeutet, das möchten wir euch nicht verraten. Gerade in Situationen wie dieser kommt der Horror-Touch des Spiels sehr gut zur Geltung.  Die teils unwirkliche Umgebung und das fiese visuelle Design der Gegenspieler tun ihr Übriges.
 

Gruselig düster

Grafik und Sound sorgen für eine düstere Gruselstimmung.

Nein, Little Nightmares bietet kein Triple-A-Grafik. Das Zwischending aus realistischer Grafik und Comicstil glänzt dennoch mit seinem surrealen Stil. Während Teilbereiche wie die Auflösung der Texturen nicht höchsten Qualitätsansprüchen genügen, sind den Entwicklern insbesondere die Licht- und Schatteneffekte gelungen. Wenn Six ihr Feuerzeug zückt und sich im engen Lichtkegel durch die Umgebung bewegt, dürfte es so manchem Spieler besonders mulmig werden. Einen besonders guten Blick beweist Tarsier für Details. Schleifspuren auf dem Boden, sonderbare Bilder an den Wänden – nein, das ist gewiss keine Spielwelt aus dem Levelgenerator. Sehr hochwertig fallen zudem die Charakteranimationen aus. Die Physikengine zeigt in der aktuellen Fassung aber ab und zu noch kleine Aussetzer.
 
Einen wesentlichen Beitrag zur düsteren und bisweilen beklemmenden Gruselstimmung leistet die Soundkulisse. Ob nun das Knarren der Holzdielen, ausströmender Dampf aus einem Rohr oder das stetige Tropfen eines Wasserhahns; das alles macht Little Nightmares zu einem atmosphärisch intensiven Spielerlebnis. Dasselbe gilt für die von den Machern selbstkomponierte Musik, die in speziellen Situationen die Dramatik des Geschehens gekonnt untermalt.

Autor: Benjamin Braun (GamersGlobal)