Get Even

Get Even Preview

Gewollt anders

Benjamin Braun / 4. März 2017 - 11:00 — vor 7 Jahren aktualisiert
Steckbrief
PCPS4XOne
Action
Egoshooter
16
The Farm 51
Bandai Namco
20.06.2017
Link
Amazon (€): 26,83 (PlayStation 4)

Teaser

Psycho-Thriller, Shooter, Zeitreiseabenteuer; das Actionspiel von The Farm 51 kombiniert verschiedene Genres und Spielmechaniken. Ob der Mix die Vorfreude anstachelt oder eher für einen medialen Kater gut ist, erfahrt ihr hier.
Dieser Inhalt wäre ohne die Premium-User nicht finanzierbar. Doch wir brauchen dringend mehr Unterstützer: Hilf auch du mit!
Get Even ab 26,83 € bei Amazon.de kaufen.
Wir stehen irgendwo im Nirgendwo der Landschaft. Auf dem Handy eine Nachricht eines Unbekannten. Vor uns ein Haus, aus dem wir um jeden Preis eine junge Frau befreien wollen. Im Inneren angekommen, wähnen wir uns in einer Real-Life-Version des Verlieses von Saw, lösen Rätsel mithilfe unseres extrem vielseitigen Smartphones und bahnen uns den Weg tief hinunter in die Katakomben – all der Absonderlichkeiten trotzend, die die betont vermaledeite Spielwelt für uns bereithalten mag.

Doch als wir nach einem Zwischenfall zu uns kommen, ist alles anders. Offenbar wurden wir Opfer eines grausamen Experiments und verfügen plötzlich über sonderbare Fähigkeiten, Zeit, Raum und sogar die Gesetze der Physik auszuhebeln. Das alles sind Elemente aus dem neuen Spiel des polnischen Painkiller - Hell & Damnation-Entwicklers The Farm 51, die in Get Even Shooter, interaktiven Thriller und Rätselspiel zu einem Cocktail vermengen, der in der ersten Spielstunde gleichsam verlockend süß anmutet, wie er teils mittelmäßig schmeckt.
 

Kohlrabenschwarz

Im Zentrum von Get Even steht der Held Cole Black, der die junge Frau Grace aus den Fängen eines Unbekannten befreien will. Wer Grace ist, das wissen wir zu Beginn des Spiels nicht, nur, dass Cole sie um jeden Preis befreien will. Der Name Cole Black klingt wohl nicht zufällig wie "coal black" (kohlrabenschwarz). Aber falls die Macher von Spielen wie Deadfall Adventures (im Test: Note 4.0) damit einen besonderen cleveren Namen wählen wollten, geht der Plan nicht auf.
 
Verstörende Sequenzen gibt es einige, jedoch wirken sie oft gewollt verstörend.
Die Ursache dafür ist aber nicht so sehr im Grundansatz von Get Even zu verorten. Ein Mann, der sich zur Befreiung einer gefangenen Frau in ein finsteres Verlies wagt, mag nach einem klischeehaften "tapferer Kerl versucht, wehrloses Frauchen zu befreien" klingen, aber auch daraus kann ein spannendes Abenteuer erwachsen. Das Problem von Get Even ist allerdings bereits der Einstieg. Der ist gar nicht so sehr verstörend, er will verstörend wirken, konfrontiert uns mit plötzlichen Wendungen der Situation und einer allgemein großen Zurückhaltung bezüglich dessen, was hier eigentlich vorgeht.

Das Problem dabei: Obwohl wir nichts wissen, macht Get Even nichts wirklich neu, nichts wirklich anders, nichts, das irgendwie außergewöhnlich wäre, sondern bedient sich zu Beginn vor allem an diversen alten Ideen, die zu einer sonderbaren Kummulation zusammengeformt werden. Das ist in den ersten 60 Minuten nicht packend, sondern vermittelt den Eindruck eines Spiels, das um jeden Preis anders sein will, dem genau das aber bestenfalls in Ansätzen gelingt.
 

Rätselraten à la Bioshock

In Get Even landet ihr nach dem Besuch des Saw-Anwesens unweigerlich an einem anderen Ort. Es scheint sich um eine geheime Forschungseinrichtung des Militärs zu handeln. Wie alle Insassen tragen wir eine seltsame Maske, und der ehemals Unbekannte Informant besitzt nun einen Namen. Natürlich ist es nicht sein echter Name, aber immerhin können wir ihn nun direkt ansprechen. Er kommuniziert live per Videostream mit uns, wir selbst finden in den Umgebungen allerlei Hinweise darauf, was das Militär an jenem Ort wohl getrieben haben mag – und weshalb sie speziell Cole und dessen Privatleben besondere Aufmerksamkeit widmeten.
 
Schriftstücke verraten nach und nach, was hier wirklich los ist.
Gänzlich unspannend ist das nicht, genauso wie die partiziellen Zeitreisefunktionen, die Get Even im Zuge dessen einführt, und wirft weitere Fragen auf, denen wir auf die Spur kommen wollen. Dennoch haben die vielen Schriftstücke in Get Even anfangs noch mehr von einem Bioshock-light als von einem Spiel mit wirklich tiefschürfender Geschichte.

Hier mag der bisherige Eindruck täuschen: In Get Even verliert sich in der Auftaktstunde das Interesse am wahren Hintergrund jedoch schneller, als es der Atmosphäre guttun würde.
 

Genremix oder Mischmasch?

Das gewollte Anderssein ist ungeachtet all der vielen, bisweilen wahllos verschmolzen wirkenden Inspirationsquellen jedoch nicht bloß auf die Story bezogen, sondern auch auf die Spielmechanik. Ein Smartphone, das von der Fotokamera bis hin zum Analysegerät praktisch alles kann, ist gut und schön. Erfreulich auch, dass wir es zum Lösen der Rätsel nutzen müssen, indem wir beispielsweise mit der Wärmebildfunktion herausfinden, in welcher Reihenfolge wir die Sicherungen wieder aktivieren müssen, um den Strom im Verlies von Grace wiederherzustellen.

Aber wir können noch mehr mit dem Ding. Es dient uns nämlich auch als Monitor an einer der ersten Waffen im Spiel, mit der wir in der Deckung stehend um die Ecke auf Gegner schießen. Nicht, dass das in der ersten Stunde abseits der Tutorial-Mission wirklich gebraucht würde. Denn die zahlreichen auf uns einstürmenden Wachmänner im Abschnitt danach ballern wir auf Wunsch auch ohne Zuhilfenahme dieses Tools über den Haufen. Gewiss mag es später Spielszenen geben, in denen die Nutzung obligatorisch ist, um zu überleben. Bislang aber wirkt es wie gezwungen, wie die meisten anderen Elemente auch. In diesem Fall eben: Um die Ecke schießen können, um des Um-die-Ecke-Schießen-Könnens-Willen. Oder konkreter ausgedrückt: Die Funktion mag gut klingen, ist in der Praxis aber bislang einfach nur langweilig.

Ob die genannte Tutorial-Mission mit den schwebenden Pflastersteinen, die bei erfolgreichem Abschluss der Zwischenziele auf schwarzem Grund erscheinen, wirklich Bestandteil dieser schwer durchschaubaren Spielwelt sein soll oder eher der Imagination von Cole entstammt, spielt dabei letztlich keine Rolle. Packend, außergewöhnlich oder einfach nur gut; keiner dieser Begriffe spiegelt das Spielerlebnis adäquat wieder.
 
Anzeige
Das mulitifunktionsfähige Smartphone ist unser wichtigstes Werkzeug bei den Rätseln oder dem Erkunden der Spielwelt.
Benjamin Braun Freier Redakteur - 439441 - 27. Februar 2017 - 20:01 #

Viel Spaß beim Lesen!

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 4. März 2017 - 11:37 #

Klingt nach "gewollt, aber nicht gekonnt"...
Mal (in aller Ruhe) abwarten, was daraus wird.

Noodles 26 Spiele-Kenner - P - 74929 - 4. März 2017 - 13:20 #

Benjamin, wenn du Cole Black als Name für den Protagonisten blöd findest, wie findest du dann Max Payne? :D

Das Spiel klingt seltsam, da muss man echt mal abwarten, wie das fertige Spiel dann aussieht. Deadfall Adventures vom gleichen Entwickler fand ich übrigens gar nicht so schlecht, wie es hier bewertet wurde.

Benjamin Braun Freier Redakteur - 439441 - 4. März 2017 - 18:42 #

Max Payne ist (aus meiner Sicht) ein genauso plakativer Name. Der Unterschied zu Get Even ist, dass Max Payne ein gutes, damals in mancher Hinsicht innovatives und (für ein Videospiel) erzählerisch starkes Spiel war. Ich will, und ich denke, dass das in der Preview zum Ausdruck kommt, nicht ausschließen, dass sich Get Even im späteren Verlauf noch steigern könnte. Aber die erste Spielstunde ist nicht berauschend – was bei keinem Spiel kein gutes Zeichen wäre. Es gibt gewiss Ausnahmen, aber ich behaupte mal, ohne darüber je eine Statistik geführt zu haben, dass es Spielen, die mich nach der ersten Stunde entgeistert oder wenigstens nur mäßig unterhalten haben, später kaum gelungen ist, daran etwas zu ändern.

Maverick_M (unregistriert) 5. März 2017 - 19:11 #

Seltsam, dass Du das nicht auch bei Horizon bemängelt hast... Rost... Aloy... Metallwesen... ;)

Benjamin Braun Freier Redakteur - 439441 - 13. März 2017 - 20:29 #

Wer die SdK gesehen hat, weiß, dass ich das nicht unerwähnt lasse. ;) Aber es sind ja auch nicht unbedingt die Namen. Es sind das Gesamtpaket und eine Reihe von Elemente, die bei Get Even so gewollt wirken. Wie gesagt, ich traue dem Spiel durchaus zu, dass es später noch positiv überraschen könnte, sowohl inhaltlich als auch erzählerisch. Allerdings ist die erste Stunde, die ich gespielt habe, weder im erst- noch im letztgenannten Bereich gut und vielversprechend. Gute Voraussetzungen sind das nicht. Ansonsten wäre ich mit Sicherheit auch zurückhaltender gewesen. Von Vorverurteilungen halte ich nämlich nichts, aber genauso wenig von Vorabgehype, obwohl ich keinen Anlass dafür sehe.

Golmo (unregistriert) 4. März 2017 - 19:08 #

Schon komisch das sie erst mit ihrer neuartigen Scan/3D Technologie protzen und dann das fertige Spiel eher dürftig aussieht...

Sven Gellersen 23 Langzeituser - - 45090 - 5. März 2017 - 0:14 #

Gibt es abgesehen von der eigenen Interpretation irgendeinen Hinweis, dass der Name auf "Coal Black" hinweisen soll? Irgendwie erschließt sich mir keinerlei Zusammenhang zwischen dem Spiel und dem vermeintlichen Hinweis auf die Farbe Kohlrabenschwarz - was z.B. bei Max Payne ganz klar gegeben ist. Habe da so ein bisschen den Eindruck, als dass dem Spiel eventuell etwas unrecht getan wird, zumindest in diesem Punkt.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83700 - 6. März 2017 - 9:57 #

Schlimmer als den Namen des Protagonisten finde ich nach wie vor den Namen des Spiels selbst. Was hat "Gert Even" mit einem Psycho-Thriller zu tun, in dem man eine Frau vor irgendjemandem retten will? Klingt eher nach billiger Rache-Action.
Die Entwickler scheinen selbst nicht so genau zu wissen, welchen Ton sie mit dem Spiel treffen wollen...

stylopath 17 Shapeshifter - 6257 - 5. März 2017 - 10:30 #

Danke für den kurzen abriss, für mich ist hiermit eines klar: Schrott. Ein Spiel mit dem ich mich nicht befassen muss/will! :D

Maverick_M (unregistriert) 5. März 2017 - 19:13 #

Wenn ich mir das vorläufige Fazit so anschaue... Wohl eher "Can't even" statt Get Even ;)