Selten hat es wie im Falle von Grand Theft Auto - San Andreas ein anschaulicheres Beispiel dafür gegeben, wie sehr die Debatten um Jugendschutz vor allem auch von den Moralvorstellungen im jeweiligen Land abhängig sind. San Andreas ist eines der wenigen Spiele, welches auf beiden Seiten des Atlantiks für Furore bei Videospielgegnern und den Medien sorgte, allein die Gründe könnten unterschiedlicher nicht gewesen sein. Während die Grand Theft Auto Reihe gewissermaßen schon traditionell in Deutschland wegen der Gewaltdarstellung im Verbund mit den spielerischen Freiheiten eines Open World Spiels für stets wiederkehrende Kritik und Verbotsforderungen sorgt, so ist die Gewaltdebatte in den USA fast schon zu vernachlässigen. Sicher, es gibt auch dort in unregelmäßigen Abständen Schnellschüsse der Medien, in denen GTA als Vorbild und Motivator für Verbrechen von Jugendlichen abgestempelt wird. Nicht zu vergessen auch Jack Thompson, jener beratungsresistente Anwalt aus Florida, der seit Jahren beständig um Publicity und gegen Videospiele kämpft und dabei die Spiele von Rockstar Games scheinbar zu seinem persönlichen Antagonisten auserkoren hat. Gebracht hat ihm das in all den Jahren freilich wenig, die GTA Spiele verkauften sich blendend, trotz vereinzelter Querschüsse einzelner von Journalisten, Anwälten oder Politikern.
Stein des Anstoßes war im Falle von San Andreas etwas gänzlich anderes, nämlich ein Minispiel mit dem Namen Hot Coffee. Der Spieler konnte, wenn er seine virtuelle Freundin nach Hause begleitete und auf einen Kaffee eingeladen wurde, ein kurzes Minispiel steuern, in welchem die beiden Charaktere Sex hatten. Was sich zunächst spektakulärer anhört als es eigentlich war. Beide Charaktere blieben angezogen und vollführten recht seltsam anmutende Bewegungen gemeinsam auf dem Bett. In der finalen Version des Spiels war dieses Minispiel nicht mal vorgesehen, stattdessen betrachtete man die Außenansicht des Hauses und lauschte den Figuren lediglich bei ihrem intimen Intermezzo. Das Minispiel wurde erst mit Veröffentlichung der PC Version im Juni 2005 von Moddern entdeckt, kurze zeit später wurde der heiße Kaffee auch auf den Playstation und Xbox Versionen dank Konsolen-Hacks zugänglich gemacht.
Was nun folgte war ein medialer Aufschrei in den Staaten, den in diesem Ausmaß bislang (glücklicherweise) noch kein Christian Pfeiffer und Frontal 21 Redakteur in Deutschland reproduzieren konnte. San Andreas verlor zunächst seine Alterseinstufung Mature (Ab 17 Jahren) und wurde auf Adults Only (Ab 18 Jahren) heraufgestuft. Rockstar Games nahm die Version mit dem Mod vom Markt und brachte Ende 2005 eine saubere Version ohne anstößiges Minispiel heraus. In Australien verlor das Spiel seine Einstufung "Ab 15 Jahren" im Juli und durfte erst wieder ab September in der überarbeiteten Version verkauft werden. Zusätzlich veröffentlichte man einen Patch für die PC Version, der das Spielen des Mods verhindern sollte.
Neben diesen ohnehin schon beträchtlichen Absatzschwierigkeiten in den USA (wo zahlreiche Ketten das Spiel komplett aus dem Sortiment nahmen) und Australien sorgten zahlreiche Rechtsstreits für weitere Unruhen und hohe Nebenkosten. Die letzte Sammelklage aus dem Jahre 2006, in dem Take 2 vorgeworfen wurde, die Kunden bewusst mit einer nicht jugendfreien Version betrogen zu haben, konnte nun mit einem Vergleich beigelegt werden. Der Publisher hat sich demnach bereit erklärt, über 20 Millionen US Dollar an einen Regulierungsfond zu zahlen. Etwa 15 Millionen Dollar übernehmen die Versicherungen von Take 2, die restlichen knapp 5 Millionen stammen direkt aus der Kasse der Firma.
Eine geradezu wahnwitzig hohe Summe, möchte man als Europäer meinen. Auf unserem Kontinent machte der Hot Coffee Mod damals weniger wegen den sexuellen Inhalten, als vielmehr wegen den mitunter vollkommen überzogenen Reaktionen amerikanischer Medien und Politiker von sich reden. Während freizügige Inhalte in hiesigen Gefilden eher toleriert und anerkannt werden, sorgen Aktionen wie das Entblößen einer Brust in der Halbzeitshow des Superbowl (Nipplegate) für hohe Wellen und auch Strafen.
Es sind diese rar gesäten Momente, in denen man sich als Deutscher Konsument auch einmal entspannen und fragen darf: "Spinnen die jetzt komplett?" Zumindest bis zum nächsten Frontal 21 Bericht über onlinesüchtige Gewaltjunkies.
Eine schöne News! Und auch ein schönes Bild! :p
Vom Titel habe ich zuerst gedacht, dass irgendjemand den Mod gekauft hat xD. Ist aber eine schöne News und ja, das Bild ist echt schön :D
ging mir auch so^^
Hehe, mir auch.
Jetzt habe ich Lust auf Kaffee :(
Aber best News-Pic ever ^^
Schönes Fazit, als Europäer schüttelt man bei sowas wahrscheinlich genauso unverständlich den Kopf, wie es Amis tun wenn sie lesen, dass God of War bei uns indiziert ist.
God of War ist indiziert ???
Nein. Der erste Teil hatte zunächst von der USK keine Freigabe erhalten, aber die BPJM hatte eine Indizierung abgelehnt, dann bekam der Titel doch noch ein USK Siegel.
Das Fazit zielt einzig auf Schadensfreude ab - was soll daran schön sein?
Nebenbei: Du dürftest vermutlich Gears of War meinen.
Schließe mich an, super Bild! ;) Der News Artikel gefällt mir auch, dem fanatischen "Anwalt" wurde inzwischen aber schon die Lizenz entzogen. Kann man den dann noch Anwalt nennen?
sicher schöne news. und auch fand ich die frontal21-seitenhiebe nicht persönlich schlimm, würde aber trotzdem die in news nicht unbedingt empfehlen.
bein amis muss man sagen:
wo wir probleme mit gewalt haben (aufgrund der vergangenheit) haben die amis probleme mit sex (obwohl die ja mit die schlimmsten sind- aber auch aufgrund der vergangenheit) und manche länder schneiden aus spielen vielleicht anspielungen an demokratie (das dann aber vielleicht eher aufgrund der gegenwart des jeweiligen landes) raus :P
Was ich nie verstehe: Jede noch so billige Serie im Amerikanischen TV bietet wohl mehr "Sex" und nackte Haut als dieses Minigame. Warum ist das eine moralisch verweflich und das andere interessiert keine Sau. Oder sind es einfach nur die Anwälte die aufgrund der hohen Geldzahlungen die man in Amerika erhalten kann immer nur einfach darauf aus alles zu verklagen was nur geht und die Ganze Sache hat mit wie Prüde die Ammis sind eigentlich gar nicht zu tun...
Das Zeug ist alles hart an der Grenze, aber nie darüber. Oder zeig mir ne Szene wo sowas explizit gezeigt wird. Die Turnen da alle in Unterwäsche aufeinander rum.
Prüde ist man in Amerika nicht so wirklich, zumindest nicht alle. Oft viel krasser als man das in Deutschland gewohnt ist. Aber in den Medien muss eben alles überkorrekt sein, damit man auch den konservativsten Gruppen der Multikultigesellschaft nicht vor den Kopf stößt. Sonst müsste der sich ja den Konsum der Medien verbieten, und das will man in den USA nicht. Irgendwie so hab ich das verstanden ;)
In Deutschland ist alles das mit drittem Reich zu tun hat (und nicht Dokumentation ist) verboten², das kann man als außenstehender vielleicht auch nicht gleich nachvollziehen.
"Die Turnen da alle in Unterwäsche aufeinander rum."
Und mehr ist mit Hot Coffee auch nicht zu sehen. CJ lässt sogar die Boxershorts an.
Wirklich irre find ich bei der ganzen Geschichte, dass es um einen Anhebung der Alterseinstufung um gerade mal 1 Jahr ging! Und weil es dadurch "nicht mehr jugendfrei" ist, wird gleich so ein Aufhebens gemacht und von "absichtlichem Betrug" gesprochen. Der einzige Unterschied zwischen M und AO ist, ob 17jährige es spielen dürfen, trotzdem sind AO-Spiele bei den US-Händlern fast so unten durch wie bei uns indizierte. Die "Jugendschützer" sind halt überall verrückt. ;-)
Dem ist nicht so. Nackte Haut wirst du nur auf Pay-TV-Sendern finden. Im frei empfangbaren Fernsehen ist komplett Nackt nicht drin (also immer schön realistisch beim Sex den BH anlassen, machen wir ja alle so ;-) ). Warum die Amis in Nippeln das personifizierte Böse sehen weiß ich allerdings auch nicht.
Das Amerika nebenbei Millionen von Pornofilmen produziert und die Moral dort auch nicht "besser" ist als in anderen Ländern ist da egal.
kj
Amerika ist eben multikulturell. Das wird gerne als verlogen verstanden, ist aber was anderes.
Die einen drehen Pornos, die andern warten freiwillig bis nach der Hochzeit.
20 Millionen für diese Publicity? Ich würd sagen das wars fast wert :)
Die fehlenden Einnahmen, die in der News erwähnt wurden, sind keine 20 Mio. Dollar wert. So weit ich weiß, stand Take 2 wegen diesem "zu heißen Kaffee" sogar kurz vor der Insolvenz.
Gut geschrieben, danke!
Zum GTA-Rechtsstreit kann man beim - auch sonst sehr empfehlenswerten Blog des hervorragenden US-Juristen Theodore H. Frank hier
http://overlawyered.com/?s=GTA
viel nachlesen, insbesondere ganze Schriftsätze der Parteien als pdf, beispielsweise seine eigene Stellungnahme als Mitglied der von der Sammelklage betroffenen Personengruppe, mit der er sich u.a. gegen absurd hohe Gebührenforderungen der Klägeranwälte (bei im übrigen überschaubaren Vergleichsbetrag) wendet, hier
http://overlawyered.com/2008/06/grand-theft-auto-class-action-the-frank-brief/
oder die ausführliche 58seitige "opinion" der New Yorker Bezirksrichterin hier
http://graphics8.nytimes.com/packages/pdf/technology/20080731_grandtheft_suit.pdf
Klasse Bild :)
vor den Ammis kann man nur Angst haben!
Vielleicht einfügen das der Superbowlskandal in Amerika stattgefunden hat, so wie es dasteht kann man meinen das das in "hießigen Gefilden" war.