GDC Europe: Virtual Reality und Gefahren bei der Entwicklung

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12. August 2014 - 12:52
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Neben der Oculus Rift (GG-Angespielt) befindet sich derzeit auch Project Morpheus (zu unserem GDC-Bericht), eine Virtual-Reality-Brille für die Playstation 4 in Entwicklung. Auf der GDC Europe, die derzeit in Köln stattfindet, hielten nun mehrere Sony-Mitarbeiter Vorträge darüber, worauf es bei der Entwicklung sowohl in Bezug auf die eingesetzte Spieleengine als auch auf das eigentliche Design der Spiele ankommt.

Eine Frage der Perspektive
Ian Bickerstaff, Technical Director der Immersive Technology Group von Sony Computer Entertainment Europe, widmete sich den Unterschieden zwischen einem normalen Spiel und einem für Virtual Reality entwickelten Titel. Während der Spieler in Ersteren durch ein virtuelles Fenster blickt, ermöglicht VR ein Headtracking über 360 Grad, das im Idealfall durch Surround Sound und eine Bewegungssteuerung wie Playstation Move noch verstärkt wird. Dadurch ergeben sich allerdings weitere Anforderungen an die Engine. Egal, aus welchem Winkel ihr auf einen normalen Bildschirm schaut, die Perspektive bleibt gleich – mit einer 3D-Brille soll dieses „um die Ecke schauen“ aber möglich werden.

Die Oculus Rift befindet sich noch nicht im Endkunden-Verkauf, bietet aber als Development Kit bereits Full-HD-Support.
Zudem müsse das technische Grundgerüst nun für jedes Auge ein eigenes Bild berechnen, wobei es hier besonders wichtig sei, dass beide Bilder exakt die gleiche Spielsituation zeigen. Des Weiteren müsse auf Feinheiten wie korrekte Größenverhältnisse sowie einen realistischen Tiefeneffekt geachtet werden: Wirkt ein NPC größer als ein hinter ihm stehender Baum, zerstöre dies schnell die Immersion. Fotorealismus solle laut Bickerstaff allerdings nicht das Ziel von VR-Spielen sein. Auf filmische Elemente wie Filter oder Filmkorn solle stattdessen sogar ganz verzichtet werden. Bei Virtual Reality ginge es nicht darum, die Spielkamera, sondern die Perspektive des Spielers zu simulieren.

Antialiasing und hohe Framerate
Patrick Connor, Principal Engineer bei Sony Computer Entertainment Europe, geht in Bezug auf die Engine noch etwas mehr ins Detail. So zeichne sich eine gute Spieleengine unter anderem durch seine optische Qualität aus. Ziel sei es, den Nutzer möglichst wenig aus dem Spiel zu reißen. Vor allem Kantenflimmern müsse vermieden werden, da es das Auge verwirre. Nicht minder wichtig sei allerdings auch eine hohe Framerate. Je weniger Bilder pro Sekunde, desto schlechter das VR-Erlebnis. Auch fehlender V-Sync würde durch eine VR-Brille zusätzlich verstärkt.

Ein Umdenken im Spieldesign
In einem zweiten Vortrag von Jed Ashforth, Senior Game Designer bei SCEE, lag der Fokus hingegen mehr auf dem Spieldesign. Durch den Perspektivenwechsel müssen Entwickler nun in einigen Punkten umdenken. Allen voran dürfen sie keine interaktiven Filme sein, sondern spielbare Freizeitparks. Trotzdem solle der Benutzer nie vergessen, sich in einem Spiel zu befinden, da er genau dies auch erwarte. Laut Ashforth spreche nichts gegen eine Schulterperspektive sowie eingeblendete HUD-Elemente. Zu realistische Grafiken seien zudem kontraproduktiv – wirkt der Bildschirminhalt zu echt, führe man sich immer wieder vor Augen, dass es sich nur um ein Spiel handeln kann.

Entwickler müssen sich darauf einstellen, dass Angstgefühle, etwa vor Dunkelheit, durch VR verstärkt werden.
Unvermeidbar sei es, dass echte Welt und Spiel – etwa die Körperhaltung des Benutzers und die des Charakters – nicht immer zueinander passen. Trotzdem könne ein Basejump mit auf den Boden gerichteten Augen auch im Sitzen eine tolle VR-Erfahrung bieten. Weitere Beispiele für solche Diskrepanzen seien das Gewicht des Controllers und der Waffe im Spiel oder fehlendes Waffenfeedback.

Oberste Priorität bei der Entwicklung von VR-Spielen habe jedoch der Komfort des Spielers. So muss etwa Rücksicht darauf genommen werden, dass sein Bewegungsspielraum in einem kleineren Zimmer eingeschränkt sein kann. Aber auch die durch VR ausgelösten Gefühle gilt es zu beachten. Eine enge Brücke, die in einem normalen Spiel für kaum jemanden ein Problem darstellt, könne mit einer 3D-Brille auf dem Kopf für pure Angst sorgen und womöglich sogar zu einem Spielabbruch führen. Lösungen wäre hier zum Beispiel eine Verbreiterung der Brücke, aber auch ein Geländer vermittelt dem Spieler ein Gefühl für Sicherheit. Oder aber, man erlaubt dem Spieler, an gewissen Stellen gleich zum nächsten Checkpoint zu springen.
immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. August 2014 - 13:13 #

Korrekturhinweis: "eine gute Spieleengine unter anderem durch seine optische Qualität"
Geschlechtswechsel? ;-)

Roland 18 Doppel-Voter - 11619 - 12. August 2014 - 13:18 #

Wie es sein kann und wird, dazu fehlen in der Tat fundierte Forschungsergebnisse. Sobald die VR kein Geek-Phänomen mehr ist, sondern für den Massenmarkt tauglich wird, ist Obacht geboten. Labile Menschen oder Menschen mit (ggf. noch selbst unerkannten und unbekannten) Phobien könnnen erhebliche Probleme mit VR bekommen. Dabei spreche ich nicht nur von psychischen Belastungen (= Panikattacken, Unterscheidungsprobleme, Todeserlebnisse,...) sondern auch von physischen Herausforderungen (= sehr hoher Pulz, Herzfrequenz, Epilepsie,...): alles ausgelöst durch durchaus spannende Spiele. Doch des nächstens von einem Ungeheuer angefallen zu werden ist am Bildschirm immer noch eine andere Sache als in der VR. Der erste Teil von Dead Space war für viele fürchterlich spannend :) doch in einer VR könnte es neben der Spannung auch belastend werden.

Ich hoffe das darauf Antworten im Umgang mit VR zügig gefunden werden.

Einiges ist so sicher wie das Amen in der Kirche - deshalb wird es mich nicht überraschen: Jede Technik bringt tragische Erlebnisse mit sich. Die Boulevardmedien werden freilich schon die Messer wetzen und Konservative werden die Verdammnis predigen.

Xentor (unregistriert) 12. August 2014 - 18:15 #

Das simmt wohl, also Dead Space 1 (die anderen 2 waren ja Kindergarten) oder allgemein schlimme Horrorspiele würde ich NIE im VR spielen.

blobblond 20 Gold-Gamer - P - 24478 - 12. August 2014 - 23:54 #

Spiel mal Outlast mit Oculus Rift! ;)

Roland 18 Doppel-Voter - 11619 - 13. August 2014 - 15:49 #

Genau. Outlast, Dead Speace,... also Spiele die es wirklich schaffen, mit den Angstzuständen des Spielers umzugehen, können bei VR ein Problem werden. Ich sah in meiner Berufslaufsbahn Patienten, die sich wegen imaginärer Insekten, vorzüglich Spinnen und Käfer, panisch windeten und schrien: das waren Menschen die reale psychische Probleme hatten und ihre Einbildung wurde brutale Realität.

VR ist ein interessantes Wort: Virtual für das virtuelle, ergo nicht Existente in der echten Welt, und dennoch ist es da - in der zweiten, der virtuell erstellten Welt, die nur solange existiert solange sie Strom hat. Dann Reality, ergo Realität. Es wird de fakto zur Realität. Deshalb empfände ich es als furchtbar, wenn in einer VR Spinnen, zähnefletschende (Wer)Wölfe oder was auch immer auf mich zukommt, während hingegen ich einen karibischen Palmenstrand mit Sonne, dem Meeresrauschen und den sich im Wind wiegenden Palmen nur für mich allein pur genießen kann. Die Sinne werden befriedigt - entweder ins Zufriedene - oder in den Schrecken - alles für gesunde Menschen zuerst.

Rifter (unregistriert) 26. August 2014 - 13:59 #

Ich kann Euch mal mein Erlebnis mit dem DevKit2 von Oculus schildern. Bei meinem Freund hab ich das Ding ausprobiert. Ich habe mir einiges vorstellen können und mich auf diese Technik gefreut, seit es den ersten VR Helm in den 90ern gab.

Erst ein paar langsame demos unter Wasser und sowas..dann elite (das war schon spannend nicht mehr die Wände des eigenen Zimmers zu sehen sondern nur noch die des Raumschiffes) - Hammer.

Dann als Abschluss noch die Achterbahnfahrt - ich hab geschrien wie am Spieß.

In der Nacht drauf hat mich meine Frau aufgeweckt, weil ich geschrien habe und Angstträume hatte. Die nächsten Tage hatte ich echte Probleme - Angst - verworrene Erinnerungen - ich dachte schon an eine Behandlung, hat sich Gott sei dank wieder gelegt. Jetzt hab ich echt Schiss von dem Ding. Ich glaube, da muss man dringend nochmal am Gesundheitsaspekt arbeiten. Das kann so nicht gehen..

Das nervt mich tierisch, weil ich mich eigentlich extrem darauf gefreut habe.

Gruß

Ex-Rifter

Name1 (unregistriert) 12. August 2014 - 13:33 #

"Trotzdem solle der Benutzer nie vergessen, sich in einem Spiel zu befinden, da er genau dies auch erwarte."

Ah, hä?
Ach darum werden Grafiken immer realistischer, damit ich daran erinnert werde das ich erwarte mich in einem Computerspiel zu befinden.

rammmses 22 Motivator - P - 32635 - 12. August 2014 - 13:44 #

Ich sehe da gerade im Horrorbereich großartige Möglichkeiten. Und da ist das Angstgefühl ja beabsichtigt. Bei einem schnellen Shooter kann ich es mir weniger vorstellen. Bin mal gespannt, was draus wird.

blobblond 20 Gold-Gamer - P - 24478 - 12. August 2014 - 23:56 #

Outlast mit Rift ist absolut geil! ;)

Tungdil1981 19 Megatalent - 16681 - 12. August 2014 - 14:11 #

Das man vergisst in der realen Welt zu sein halte ich für eine Übertreibung. So lange ich total unrealistische Dinge tun kann und weiß das mir kein Schaden droht wird mein Hirn schon nicht vergessen das es ein Spiel ist.

Skeptiker (unregistriert) 12. August 2014 - 14:41 #

Hier wird auch wiecer mal unterschlagen, dass man nur sitzend wirklich sicher spielen kann. Sitzend über eine Brücke laufen ist aber der totale Bruch zwischen Realtität und VR.
Ich glaube so eine VR-Brille ist die ersten paar Stunden ganz reizvoll, dann wird der Bruch zur Realität immer stärker, weil eine VR-Brille halt nur einen Bruchteil der nötigen Reize liefert und dann liegt das Ding in der Ecke.
Wegen diverser Sicherheitsprobleme und dem hohen Gimmick-Faktor werde ich mir so ein teures Spielzeug nicht zulegen.

Tungdil1981 19 Megatalent - 16681 - 12. August 2014 - 15:23 #

Für mich macht die Technik nur Sinn bei Rennspielen, Flugsimulatoren und anderen Dingen bei denen man sitzt. Ich habe zwar schon Geräte gesehen die auch Laufen simulieren, aber wer hat dafür schon Platz und Geld.

firstdeathmaker 18 Doppel-Voter - 9333 - 12. August 2014 - 18:07 #

Finde ich auch. Habe Egoshooter damit ausprobiert und da ist immer diese Entkopplung von realem zu echtem Körper zu spühren. Bei allem wo man "drin sitzt" funktioniert es aber problemlos.

Tungdil1981 19 Megatalent - 16681 - 12. August 2014 - 19:51 #

Hoffe das Space Shooter so eine Rückkehr erleben.

Sense (unregistriert) 13. August 2014 - 0:57 #

Oder bei denen man drauf/rein schaut.

Echtzeitstrategie z.b. profitiert zwar längst nicht so viel von VR aber da stört die Diskrepanz des sitzenden Spielers zur draufschauenden Vogelperspektive wohl nicht so sehr wie in FPS.

PS: NO-GOs werden wohl perspektiv-/Kamerasprünge wie sie bei interaktiven Filmen, in Zwischensequenzen und Intros ect üblich sind.

pps: Und ich hol mir trotzdem eine :D
Und anscheinend dann nen neuen Rechner :( . Bin mal gespannt wie die Konsolen mit den immens steigenden Anforderungen (mittelfristig 90Hz, 4k, gute Kantenglättung...) klar kommen werden.

IhrName (unregistriert) 12. August 2014 - 19:59 #

Als derzeit gehe ich in Spielen auch immernoch "im Sitzen" über alle Brücken, das hat aber nicht dazu geführt das ich Spiele oder Bildschirm in die Ecke geworfen hab. Ich für meinen Teil würde ein mehr an Immersion immer begrüßen, auch dann wenn es keine perfekte Immersion ist.

AticAtac 14 Komm-Experte - 2319 - 12. August 2014 - 21:52 #

Es gibt aber bereits einige Lösungen, wo man im Stehen und gar laufend spielen kann!

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 12. August 2014 - 22:28 #

Meinetwegen, aber ich bleibe sitzen!

Tungdil1981 19 Megatalent - 16681 - 12. August 2014 - 23:35 #

Ja aber wer hat Platz dafür und das Geld???

AticAtac 14 Komm-Experte - 2319 - 13. August 2014 - 12:56 #

Platz und Geld wird für die viele kein Problem sein. Außerdem wird der Preis auch, bedingt durch viel Konkurrenz, sinken.

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 13. August 2014 - 13:28 #

Platz und Geld wären kein Problem, aber eher geht die Welt unter, als dass ich in meiner Wohnung auf einem Laufband umrenne und das als "Spiel" bezeichne.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83896 - 13. August 2014 - 14:57 #

Tut dir bestimmt mal ganz gut, du Couch Potato! :P

immerwütend 22 Motivator - 31893 - 13. August 2014 - 15:30 #

Ich bin PC-Spieler - also wenn schon, dann Schreibtischsessel Potato bitte!

Sancta 15 Kenner - 3295 - 12. August 2014 - 18:03 #

Hohe Framerate, gute Kantenglättung und dafür lieber die Grafikdetails runterschrauben bis es flüssig läuft. Genau mein Wunschzettel an jedes Spiel - auch ohne VR-Brille. Wenn ich nach einer Runde "The Last of Us" (60FPS) zu Watch Dogs (30FPS) wechsle, bekomme ich die Krise und kann das Spiel nicht genießen. Auf großen TVs ist das Ruckeln solcher Titel bei Kameradrehungen so stark, dass es nervt. Und da eine VR-Brille einen sehr großen TV "entspricht" was das Blickfeld angeht, wird es dort auch die Leute stören, die heute noch recht weit von einem kleinen TV entfernt spielen. PC Spieler sollten eigentlich geschlossen für 60FPS plädieren, denn schließlich sitzen diese oft sehr nah am Monitor.

Qualimiox 14 Komm-Experte - 2040 - 13. August 2014 - 1:00 #

Mh, das sind noch ziemlich bescheidene Spezifikationen, Oculus gehen mit ihrem Best Practice Guide in vielem noch deutlich weiter, z.B. geben sie die Empfehlung so weit wie möglich auf 2D UI-Elemente zu verzichten und die weitestgehend in die Spielwelt zu integrieren.

Auf der Gamescom kann man mit Lucky's Tale ja ihr erstes selbst gepublishtes Spiel antesten, das übrigens nicht First-Person, sondern ein 3rd-Person-Platformer is. Ich bin sehr gespannt, wie stark das die Immersion vermittelt.

Ganon 27 Spiele-Experte - - 83896 - 13. August 2014 - 14:57 #

"Zu realistische Grafiken seien zudem kontraproduktiv – wirkt der Bildschirminhalt zu echt, führe man sich immer wieder vor Augen, dass es sich nur um ein Spiel handeln kann."

Hä?! Das ergibt für mich überhaupt keinen Sinn, kann mir das jemand erklären?

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