GC09: Chris Taylor über neue IPs & eigene Fehler (+Video)

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18. August 2009 - 22:59
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Auf der Game Developers Conference Europe, die der morgen beginnenden Gamescom vorgeschaltet ist, halten seit gestern mehrere hochkarätiger Designer Vorträge. Heute war unter anderem Chris Taylor dran, der in seinem Vortrag "Creating new IPs" der Frage nachging, warum es so schwer ist, neue Spiele zu entwickeln. Die Antwort folgte dann im Laufe des Vortrags: Nicht das Entwickeln sei das Schwierige, sondern das Verkaufen der Idee an einen Publisher.

Taylor stellte den typischen Publisher als verknöcherten Greis dar, der risikoscheue Entscheidungen trifft, dumme Fragen stellt und im Prinzip ein erfolgreiches Team mit großer Geschichte sehen möchte, bevor er ein brandneues Team unter Vertrag nimmt. Chris Taylor dazu: "Auch mit den Erfahrungswerten von Everquest hat World of WarCraft fünf Jahre gebraucht, um fertig zu werden. Das erste Halo hat fünf oder sechs Jahre Entwicklungszeit verschlungen. All die großen Spiele in unserer Branche haben viele Jahre gebraucht, bis sie fertig waren. Ihr aber", so fuhr er an die zahlreich versammelten Spieledesigner fort, "sollt innerhalb von 18 Monaten fertig sein."

In diesem Stil ging es weiter. Der Inhaber von Gas Powered Games (Demigod, Supreme Commander, Dungeon Siege) lästerte auch über Fragen wie "Läuft es auf der Wii?", "Seid ihr bereit, euer eigenes Geld hineinzuinvestieren" und einige andere. Generell sei es ein Problem, wenn man viel Geld von einem Publisher bekomme -- damit gerate man automatisch in eine Abhängigkeit, die sich auch auf kreative Entscheidungen auswirken könne.

Chris Taylor gab ferner an, nach all den Jahren seines Schaffens endlich erkannt zu haben, dass die Spieler vor allem eines wollten: Spaß haben! Das klingt simpel, doch damit verbindet Taylor eine Abkehr von den "alten" Spielen, die Reflexe, Erinnerungsvermögen und Intelligenz voraussetzten, und oft harte Arbeit waren. Er will hin zu einer breiteren Zielgruppe, "ohne gleich das böse Wort Massenmarkt in den Mund zu nehmen". Taylor lobte Casual Games und insbesondere das iPhone als Plattform, weil man diese Art von Spielen schnell und mit gerngen Kosten realisieren könne -- und oft auch ohne Publisher. So bleibe mehr Platz für die Kreativität, und die kreativen Spiele würden sich schließlich durchsetzen. Die rosarote Brille hatte Taylor freilich nicht auf: "Die meisten Casual-Anbieter kopieren sich gegenseitig nach Strich und Faden, vor und zurück und wieder von vorne".

In seinem gut besuchten Vortrag (Siehe Foto oben) zeigte Taylor sowohl Humor als auch Selbstkritik, und oft beides gleichzeitig. So beschrieb er die Testprozedur von Total Annihilation ungefähr so: "Wir hatten da diesen siebzehnjährigen Freak, der T.A. in wenigen Stunden durchspielte, im Schnelldurchlauf. Das war nicht von dieser Welt! Er meinte dann z u uns, der Schwierigkeitsgrad sei okay, vielleicht ein wenig zu einfach. Und wir dachten: Klasse, dann machen wir ja einen guten Job..."

Bei Supreme Commander habe er, Taylor, gar nicht verstehen können, dass sich Leute über den Hardware-Hunger des Spiels beschwerten: "Bei mir lief es doch problemlos, auf meinem Superduper-Übertaktungs-PC, den wir im Büro auch zum Anzünden von Zigaretten verwendeten."

Und zu seinem aktuellen Spiel Demigod bekannte Taylor: "Das Spiel hätte einen echten Solomodus gebraucht, eine Einzelspielerkampagne. Wenn du etwas machst, musst du es richtig machen, das volle Paket liefern. Das haben wit nicht gemacht, weil wir einfach nicht die drei Millionen Dollar hatten, um die Kampagne zu programmieren. Aber wir hätten es irgendwie tun sollen, denn die Spieler wollen auch solo spielen, um einen Titel kennenzulernen. Ich wünschte, wir könnten das nachträglich nochmal anders machen!"

Im unten stehenden Video seht ihr mehrere Passagen aus Taylors heutigem Auftritt, die ein wenig den Humor und die Stimmung des Vortrags rüberbringen...

Video:

Vidar 19 Megatalent - 15012 - 18. August 2009 - 23:24 #

mit schaudern an Space siege denk wo er im vorfeld "wusste" was die spieler wolln und deswegen space siege so wurde wie es eben wurde!
datenmüll auf nem silberling seit dem halt ich von dem nicht mehr soviel ^^

B0B 12 Trollwächter - 828 - 18. August 2009 - 23:49 #

"Aber wir hätten es irgendwie tun sollen, denn die Spieler wollen auch solo spielen, um einen Titel kennenzulernen." Die fehlende Solokampagne ist unteranderem ein Grund dafür, dass für mich dieses Spiel (Demigod) nicht interessiert. Wenngleich es von der Presse hochgelobt war. Irgendwie hätte man das wirklich vorher wissen können.

Baran 12 Trollwächter - 826 - 19. August 2009 - 0:05 #

Daß "Space Siege" Datenmüll ist, möchte ich nicht bestätigen, aber daß der Titel einfach in Richtung "unverbindlicher Spaß für eine halbe Stunde zwischendurchgelegentlichohneanspruch" ging und somit durchaus sein Thema "breitere Zielgruppe" anvisierte, ist umso richtiger.

Was das Spiel latürnich nicht besser macht, ist ja auch klar. ;)

insaneRyu 14 Komm-Experte - 2621 - 19. August 2009 - 1:45 #

naja, dass zwischen dem erkennen von Problemen und dem umsetzen von Lösungen in die Praxis immernoch ein Himmelweiter unterschied ist, ist ja bekannt. Aber ich bin mal gespannt wieviel er von seinen eigenen Tipps in seinem nächsten Projekt anwendet (bzw anwenden kann, da gibts ja immernoch den Publisher)
Aber grundsätzlich hat er schon recht. Bezüglich des Casual-Arguments darf man nur nicht vergessen, dass es auch einige Spieler gibt für die Spaß bedeutet gefordert zu werden.

Etwas verwirrt hat mich dieser Satz: "[...]eine Abkehr von den "alten" Spielen, die Reflexe, Erinnerungsvermögen und Intelligenz voraussetzten[...]". Selbst heute sind es nur sehr wenige Spiele die einem ein wenig Intelligenz abverlangen. Eigentlich sind alle von der Mechanik her so einfach, dass jeder sie schnell kapieren kann.
Das mit den Reflexen und Erinnerungsvermögen unterschreib ich aber mal vorsichtig, auch wenn zB ein Megaman/Contra bei dem jeder Sprung und Schuss sitzen muss zur Abwechslung durchaus mal sehr funnig sein kann.

Fudohde 10 Kommunikator - 389 - 19. August 2009 - 9:28 #

Ein toller Artikel, aber bei dem Video verstehe ich leider kaum was.

Manilo (unregistriert) 20. August 2009 - 8:39 #

Chris hat selbigen Vortrag schon auf der diesjaehrigen FMX gehalten.. das war der ABSOLUTE BRUELLER. Freitag abends, der letzte Beitrag, perfekter Ausklang der Woche. Der Typ haette locker stand-up comedian werden koennen. Demigod war damals noch nicht fertig, wirklich schade dass es nicht so der knaller geworden ist (finanziell), haette ich dem Mann gegoennt.

jroger 09 Triple-Talent - 338 - 23. August 2009 - 3:04 #

Nun ja, ich wäre als Publisher auch risikoscheu. Schließlich ist es mein Geld, was daran hängt. Wenn ich mal so eben 10 Millionen Euro in die Entwicklung eines Spiels investiere, würde ich auch gerne ein gewisses Mitspracherecht haben, insbesondere wenn es sich um ein eher unbekanntes Entwicklerstudio handelt. Zwar haben Publisher sicherlich schon viel Mist gebaut, aber ich bin mir sicher, dass es mindestens genausoviele Storys gibt, bei denen der Publisher ein Spiel vor dem finanziellen Fiasko gerettet haben. Der schlechte Ruf der Publisher kommt sicher auch zu einem großen Teil daher, dass die Spieler (und wohl auch die Presse) eine größere Sympathie für die "Kreativen" des Businesses empfindet als für die "Buchhalter".

Außerdem stört es mich, dass - zumindest in der Darstellung hier - es so klingt, als hätten Hardcore Gamer keinen Spaß. Ich persönlich muss sagen, dass mir die meisten Casual Games keinen Spaß machen und mich nur kurzzeitig motivieren können. Mich sprechen Spiele an, die "Reflexe, Erinnerungsvermögen und Intelligenz" oder auch eine gute Story beanspruchen. Das Zitat klang mal wieder so, als ob Hardcore Gaming und Casual Gaming ein Widerspruch wären und es nur einen Markt für eins von beidem gäbe.