Das Geschäftsmodell vieler sogenannter Free-to-play-Titel ist bekanntlich darauf ausgelegt, vor allem mit den durch Echtgeld zu erwerbenden Gegenständen Umsatz zu generieren – entsprechend ist zum Beispiel auf den Websites der Spiele nicht selten dazu passende Werbung zu sehen. Im Fall von Runes of Magic handelte es sich bei einer bestimmten Werbeaussage jedoch um eine unzulässige Aktion, wie gestern der Bundesgerichtshof entschieden hat.
Im Detail handelt es sich um eine an Kinder gerichtete Runes-of-Magic-Werbung, mit der durch die Formulierung „Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas“ sowie einer Verlinkung zur entsprechenden Internetseite für kostenpflichtige Items geworben wurde. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte daraufhin geklagt, da eine unmittelbare Kaufaufforderung an Kinder nach dem Anhang des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nicht erlaubt ist. In diesem heißt es unter anderem:
Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind [...] die in eine Werbung einbezogene unmittelbare Aufforderung an Kinder, selbst die beworbene Ware zu erwerben oder die beworbene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen oder ihre Eltern oder andere Erwachsene dazu zu veranlassen.
Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird diese Art der Werbung nun untersagt, da sie sich nach Meinung der Richter eindeutig an Kinder gerichtet hatte, was einerseits durch die Wortwahl und andererseits anhand der Möglichkeit des Zahlens via SMS deutlich wurde. Gleichzeitig wurden sowohl das Urteil des Berliner Landgerichts als auch jenes des Berliner Kammergerichts aufgehoben. In beiden dieser Vorinstanzen wurde seinerzeit entschieden, dass die oben genannte Aussage – auch in Verbindung mit der verlinkten Angebotsseite – nicht die Voraussetzungen erfüllt, um als unmittelbare, an Kinder gerichtete Kaufaufforderung angesehen zu werden. Außerdem war nach Ansicht der damaligen Richter der Spieltrieb der Kinder nicht unlauter ausgenutzt worden.
Sollte die Gameforge Berlin AG innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der aktuellen Entscheidung keinen Einspruch eingelegt haben, wird das gestern gefällte Urteil des Bundesgerichtshof rechtskräftig. Wird gegen das Verbot verstoßen, kann ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro oder eine Haftstrafe von bis zu sechs Monaten gegen den Vorstand des Unternehmens verhängt werden. Wie Golem.de berichtet, hat Gameforge die hier beschriebene Werbung nicht wiederholt.
Wird das aktuelle BGH-Urteil nicht nur für die verantwortliche Gameforge Berlin AG Folgen haben, sondern sich möglicherweise auch auf andere Anbieter beziehungsweise auf das Genre der Free-to-play-Titel auswirken?
Gut so! Auch wenn für so eine Klage durch die Instanzen angesicht der Rückschläge viel Durchhaltevermögen nötig ist.
Was ist dann mit Pokemon?
Komm schnapp sie dir alle !
Der Spruch wird vielleicht abgeändert.
Komm schnapp sie alle!
Kommen Sie, schnappen Sie sich alle!
Es gibt (noch) keine Pokemonhotline bei der man sich für 5,99€ pro Anruf zehn Pokebälle und einen Supertrank bestellen kann. ;)
Da wäre ich mir nicht so sicher ^^
Das wäre ja auch echter Wucher :D4
Was ist das denn für ein komische Währung? Ich dachte, man bezahle in Pokédollar.
Interessant, daß es sich um ein Versäumnisurteil handelt, d.h. die Beklagte nicht inhaltlich reagiert hat.
Ich bin total dafür, dass solchen Geschäftsmodellen ganz enge Grenzen gesetzt werden - vergleichbar mit Spielhallen.
Man sieht ja, wie viele Erwachsene schnell riesige Beträge in diese Dinge versenken, und die sollten es ja eigentlich besser wissen. Was kann man da von einem (beschränkt geschäftsfähigen!) Kind verlangen?
Auch einer der Gründe, warum ich wieder mehr Solospiele spiele derzeit als irgendwelchen "f2p"-Mist, der einzig dazu dient, dir das Geld aus der Tasche zu ziehen. Sehe diese Entwicklung in der Spielebranche mit einer gewissen Traurigkeit, aber es scheint äußerst lukrativ zu sein.
Ich sehe in dem Werbetext keine direkte Ansprache an ein minderjähriges Zielpublikum?
Was ist der Indikator dafür, die "Du" Anrede?
Es ist ein Computerspiel. Sowas spielen nur Kinder!
„Schnapp Dir die günstige Gelegenheit und verpasse Deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas“
"nach Meinung der Richter eindeutig an Kinder gerichtet hatte, was einerseits durch die Wortwahl und andererseits anhand der Möglichkeit des Zahlens via SMS deutlich wurde."
Ich kenne das Spiel zwar nicht, aber für mich ist das mal wieder ein beispiel dafür, dass richter ihre persönliche meinung zum gesetz machen, anstatt einen sachverhalt unter eine rechtsnorm zu subsumieren, wie es ihre aufgabe wäre.
Inwiefern ist diese Formulierung eindeutig(!) an Kinder (höchstens an solche im Geiste) gerichtet? Und nutzen tatsächlich nur Kinder SMS?
Durch solche Urteile ist wohl der Spruch, vor gericht und auf hoher see bist du in gottes hand, entstanden.
Ich finde das Urteil lächerlich. Es gibt so viel Werbung, welche sich direkt an Kinder und Jugendliche richtet. Nur weil es hier um ein Branche geht, die keinen Rückhalt und nur eine schwache Lobby hat, wird ein solches Urteil gefällt. Warum Gameforge es allerdings zum Versäumnisurteil kommen lässt, verstehe ich nicht. Ein BGH-Urteil entfaltet eine unangenehme Wirkung für die ganze Branche, da sich untere Gerichte meist an der Rechtsprechung der Obergerichte orientieren. Ich finde, dass es gerade im Bereich Computerspiele und Digitalkäufe dringere juristische Fragen gibt als die Werbung für MMOs.
Und ich finde nicht, dass sich die Werbebotschaft speziell an Kinder richtet. Das duzen ist ja mitlerweile bei U30 recht normal und gerade Werbung duzt ja gerne. Auch die Zahlung mit SMS richtet sich nicht speziell an Kinder und ist absolut üblich.
Für mich ist das Urteil echt schwer verständlich und das trotz Jurastudium. Wenn man solche Regeln durchsetzen will, dann bitte konsequent und nicht nur auf eine Branche bezogen!
Womöglich ist die ganze Rest-Werbung einfach nicht verklagt worden?
Meine Vermutung:
Die wollen nicht weiterklagen bzw. Zahlen, die wissen das daß Urteil schwachsinn ist. Und hoffen darauf das ein "Sony" (Skyriders) oder Nintendo (Mario, Pokemon) Das Urteil unwirksam macht. Die sitzen das einfach aus. Die drei Kinder die tausend Euro einmal im Leben dort lassen, sind denen egal.
Taktisch ist es dann aber Schwachsinn, ein Versäumnisurteil ergehen zu lassen. Dann erkennt man nämlich entweder den gegnerischen Anspruch an oder nimmt sein eigenes Rechtsmittel zurück, damit es gerade KEIN Urteil des Bundesgerichtshofs gibt (sondern nur eins der Vorinstanz).
Wenn der Beklagte zur mündlichen Verhandlung erschienen wäre, sähe das Urteil u.U. auch anders aus. Also ist die Wertung des Urteil zunächst unter Vorbehalt vorzunehmen.
Dem Sohn eines Freundes wurde in einem Browser-Game-internen Chat erzählt, heute wäre die 0900/0190-Nummer um sich dort Gold zu kaufen irgendwie kaputt und damit kostenlos. Hat dann insgesamt 600 Euro gekostet (abends bei der Mutter auch noch fleißig dort angerufen).
Ich bin dafür wir lassen es mal schön sein der Unterhaltungsindustrie via Staatsorgan vorzuschreiben was sie darf und was nicht, und kümmern uns selbst um die Erziehung und Aufklärung unserer Kinder.
Niemand ist dazu verpflichtet seine Produkte auf dem deutschen Markt anzubeiten und irgendwann wird es einfach zu blöde.
Zu viel Gewalt! Swastikas! Werbung! Alles böse!
Nein das ist nicht böse, es gehört nur nicht in die Hände von soziopathischen Kindern mit verdrehten politischen Ansichten.
Die Geschichte zeigt: Weder die freie Wirtschaft, noch der Staat, noch die Gesellschaft verdienen soviel Vertrauen, dass man auf Spielregeln gänzlich verzichten kann. Die richtige Mischung macht's. Und ich begrüße es durchaus, wenn bei der Gelegenheit auch unerfahrene und naive Mitmenschen davor geschützt werden, beim Lernprozess darüber, wie es in unserer Welt leider aussieht, allzu hart auf's Maul zu fallen. Es könnte schließlich jemanden treffen, der einem am Herzen liegt oder dessen Handeln auf einen selbst ausstrahlt. Oder gar uns selbst. Niemand ist vor Fehlern gefeit.
"Ich bin dafür wir lassen es mal schön sein der Unterhaltungsindustrie via Staatsorgan vorzuschreiben was sie darf und was nicht,"
Meinst du nicht, dass auch die Unterhaltungsindustrie sich an geltendes Recht halten sollte? Gerichte machen (im Idealfall) keine Gesetze, sondern legen vorhandene lediglich aus.
Ich wäre ja eher dafür, dass man grundsätzlich Zahlungen per Telefonanruf oder SMS verbietet. Der Anschlussinhaber bleibt auf den Rechnungen sitzen ohne Willenserklärung, oder er geht dagegen an, was in der Regel Zeit und Geld kostet.
...und nichts bringt, weil er in der Regel für die Nutzung seines Anschlusses verantwortlich ist, wenn er ihn z.B. seinen Kindern überläßt.
Ich finde zwar den Satz oben (also de Werbespruch) völlig in Ordnung, was mich aber ärgert (und deshalb freue ich mich über das Urteil) ist die Bezahlmethode per SMS. Das gehört schon seit den jamba Sparabos stärker eingeschränkt. Klar kann der BGH nicht die Erziehung für die Eltern übernehmen, aber er kann da zumindest etwas regulierend eingreifen.
Sowas wäre McDonalds, Ferrero und Nestle nicht passiert. Haben wohl zu wenig Lobbyisten und Rechtsverdreher beschäftigt. ;-)
Kann man da auch per SMS bezahlen der Guthaben ordern?
wozu gibt es eltern die ebenfalls schon geblendet sind
So glänzend sind die Produkte aber nicht das man geblendent wird. ;)
und wie die glaenzen!
Noch schlimmer, man kann per Bargeld bezahlen!
Kinder dürfen überhaupt keine Handyverträge abschließen, wenn die Eltern ihr Handy per Passwort sichern (was man auch ohne Kinder machen sollte), dann kann auch nix passieren. Das Portemonnaie verriegeln ist da schon bedeutend schwerer.
Das mit den Rechtsverdrehern ist Blödsinn. Jede Partei hat am Bundesgerichtshof BGH-Anwälte. Und seine eigenen Anwälte informieren und aussuchen kann jede Partei, und die hiesige ist dazu ebenfalls nicht außerstande gewesen.
Und im übrigen IST es eine konkrete Gefahr, daß die Kids per sms Klingeltöne, Handylogos, virtuelle MMO-Items und sonstwas in einem Umfang kaufen, den sie nicht im vorhinein abstrakt überschauen und den die Eltern auch nicht sehr leicht nachvollziehen bzw kontrollieren können.
Werbung, die gezielt beabsichtigt, daß Kinder Druck auf ihre Eltern ausüben, weil sie bestimmte Dinge haben wollen, ist schlimm genug. Aber mit Werbung, die Kinder selbst zum Kauf verleiten soll, muß wirklich besonders restriktiv umgegangen werden.
Sehr schön formuliert!
Ich kenn die Anwälte der Gameforge Berlin AG nicht, sind die gut?
Nur weil man im Internet geduzt wird, heißt das nicht, dass sich das Angebot ausdrücklich an Kinder richtet. Runes of Magic macht für mich nicht den Eindruck eines kindgerechten MMOs (Die USK 12 Kennzeichnung steht nicht aus Spaß auf der Packung). Wenn Du bei GamersGlobal auf Abo-Vorteile klickst, wirst Du auch geduzt. Die meisten Kinder haben im Idealfall gar keinen eigenen PC. Und erst Recht sollten sie kein Handy mit Vertrag, statt Prepaid-Karte haben. Die 0190 Nummer in der Tageszeitung oder Nachtprogramm der Privatsender kann genauso teure Folgen haben.
Zumindest die Nacht-Hotlines richten sich aber nicht an Kinder.^^
Ich würde sagen, wir warten jetzt mal ab, bis die ganze Entscheidung hier veröffentlicht ist, und dann diskutieren wir weiter, wenn wir wissen, wie sie eigentlich genau begründet ist.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/list.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288