In einem Beitrag der Sendung Studiozeit des Deutschlandradios ging es kürzlich um scheinbar brutale Videospiele und -filme, deren Wahrnehmung bei Jugendlichen und Eltern sowie dem Umgang im familiären Bereich mit diesem oft schwierigen Thema. Mit verschiedenen (Medien-)Wissenschaftlern wurde unter anderem über die bereits vor längerer Zeit vergrößerten USK-Aufkleber und deren Wirkung beim Kauf gesprochen. Darüber hinaus wurden die Methoden einiger Kollegen – namentlich Professor Christian Pfeiffer – kritisiert. Wer möchte, kann sich den über sieben Minuten langen Beitrag mit dem Titel „Die virtuellen Welten der Jugendlichen“ auch im MP3-Format anhören.
Hinsichtlich der vergrößerten USK-Logos führte Sven Jöckel, Juniorprofessor für Digitale Medien, von der Uni Erfurt mit seinen Kollegen eine Untersuchung durch. Sie ließen Eltern und Heranwachsende (hauptsächlich Jungen im Alter um die 12 Jahre) die Verpackungen von Spielen und Filmen betrachten, währenddessen ihre Augenbewegungen dabei gemessen wurden. Es stellte sich heraus, dass den Eltern recht gleichgültig war, wie klein oder groß der Aufkleber der USK war. Viel mehr Bedeutung wurde der werbenden Aufmachung zuteil und ob es sich um Spiel oder Film handelt. Professor Jöckel dazu:
Eltern tendieren eher dazu bei einem Spiel zu sagen: Nee, das darfst du nicht spielen, als dass sie es bei einem Film sagen würden. Wir hatten zum Beispiel ein Spiel ab zwölf, das hieß Diabolic. Das haben wir bewusst gesetzt, weil es ein bisschen einen dunklen Hintergrund hat, rote Schrift - Blut, aber ab zwölf war. Also eigentlich geeignet. Das hatte bei den Eltern auf die Frage, ob sie das ihr Kind spielen lassen würden, den gleichen Mittelwert, wie die Filme ab 18. Das heißt Eltern sind bei Spielen sehr viel strenger.
Oft teilen Eltern jene Sorgen, die auch die Studien von Professor Christian Pfeiffer vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen zur Aussage haben und oftmals auch Politiker zu übereilten Reaktionen veranlassen: Demnach seien viele Spiele für Heranwachsende noch ungeeignet, die USK und andere Experten würden zu lasch agieren. Hinzu käme das beachtliche Suchtpotenzial der Titel, vor allem, wenn es sich um Browserspiele handelt. Professor Klaus Jantke, Chef der Kindermedienabteilung des Fraunhofer-Institutes für Digitale Medientechnologie in Erfurt, hat zur Vorgehensweise seines Kollegen jedoch eine ganz andere Meinung:
Ich denke, dass Herr Pfeiffer sehr verantwortungsvoll versucht, eine gute Arbeit zu machen. Er kennt sich nur nicht im Bereich der Spiele aus. Er spielt nicht oder hat keine Ahnung von Spielen. Und das ist in einem solchen Bereich nachteilig.
Diese Aussage dürfte – so der DRadio-Beitrag – durchaus auch auf andere Experten zutreffen: Zwar wird bei den Diskussionen zu diesem Thema sehr oft mit vielen Worten argumentiert, dafür jedoch ohne ausreichende Kenntnisse, da die Wissenschaftler die Spiele nicht als Spiele beurteilen. So würden auch beispielsweise Amokläufe in der Folge zu schnell mit dem Hobby von Millionen Jugendlichen und Erwachsenen in Verbindung gebracht sowie überstürzt für Verbote und ähnliches plädiert.
In diesem Zusammenhang legt Professor Jantke viel Wert auf das gemeinsame Spielen von Heranwachsenden und Eltern. Vor allem, auch darüber zu sprechen, sei wichtig:
Wenn sie zwei Stunden da gesessen haben, dann haben die Kinder eine Meinung zu dem Spiel. Da besteht nicht die Gefahr, dass sie irgendwelche Aggressionen daraus ableiten. Die erzählen eher dem Onkel, der Tante, dem Besuch: ‚Ich habe mit Papa ein Spiel gespielt, das ist vielleicht doof! Soll ich dir mal erzählen, was da passiert ist?‘ Durch das Weitererzählen reflektieren sie weiter, und dann haben Sie mit einem, sagen wir mal, schrecklichen Spiel einen wunderbaren Effekt erreicht.
Abschließend kritisiert Professor Jeffrey Wimmer, Mediensoziologe an der TU Ilmenau, dass sich an der Gestaltung der Spiele einiges ändern müsse. Die Spiele-Industrie versuche demnach zu sehr, auf der Erfolgswelle der Actionfilme mitzureiten. Er fragt sich, ob sich die öffentliche Hand nicht stärker dafür einsetzen sollte, wie es beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk und der „Erwachsenen-Kultur“ bereits seit Jahrzehnten der Fall ist:
Kann man nicht einen Schritt weiter gehen, mit öffentlich-rechtlichen Geldern Online-Spiele, Online-Welten anzubieten? Die auch ernste Inhalte haben, die sie spielerisch vermitteln?
"Ich denke, dass Herr Pfeiffer sehr verantwortungsvoll versucht, eine gute Arbeit zu machen. Er kennt sich nur nicht im Bereich der Spiele aus. Er spielt nicht oder hat keine Ahnung von Spielen. Und das ist in einem solchen Bereich nachteilig."
Besser kann man es wohl nicht sagen..
Sehr schön. Ich bin von meinen Lieblingsradiosender immer mehr überzeugt. Die bringen im Radio-Feuilleton übrigens auch Spiele-Empfehlungen. Für Januar waren das.. Das neue Donkey Kong, Ski Challenge und noch eins, ist mir leider entfallen ;).
Aber schon alleine wie sie darüber berichtet haben, bspw. bei Donkey Kong auch auf den Schwierigkeitsgrad eingegangen sind, fand ich wunderbar. Endlich mal klassische Medien die objektiv an das Thema Videospiele rangehen.
Wer nicht lesen will: Hier der offizielle Mitschnitt der Sendung
http://podcast-mp3.dradio.de/podcast/2011/01/13/dlf_20110113_2021_0f6dfbc6.mp3
Super, danke dir, News ist aktualisiert. Die Podcast-Rubrik hatte ich glatt übersehen.
Sehr schöner Beitrag!