Live aus Vancouver für GamersGlobal: Während Deutschland friedlich schläft, grummelt Heinrich Lenhardt an der fernen Westküste in seine Tastatur und kommentiert aktuelle Spielegeschehnisse. „Lenhardts Nachtwache“ erscheint (fast) jeden Samstagmorgen und ist die Gute-Nacht-Geschichte für Rotaugen beziehungsweise der Muntermacher für Frühaufsteher.
Abt. „Promis testen Spiele“:
Benjamin bricht mit Battlefront
Es gibt Bands, die ihrem Namen nicht wirklich gerecht werden: Die Barenaked Ladies sind bekleidete Herren mittleren Alters, The Police haben in ihrer Karriere nie einen Strafzettel geschrieben. Aber bei Breaking Benjamin, da ist der Name noch Programm, da werden Sachen kaputtgemacht. Zum Beispiel eine Disc mit der Xbox-One-Version von Star Wars Battlefront. Die hatte Electronic Arts dem Band-Frontmann Benjamin Burnley geschickt, in der Hoffnung, dass er das Produkt auf seinen Social-Media-Kanälen erwähnt.
Das hat Benjamin auch gemacht, aber nicht ganz so werbewirksam, wie sich das die Marketingleute vorgestellt hatten. Denn der rüde Rocker zerbrach die unschuldige Spielscheibe und postete ein Foto auf Instagram, ergänzt mit feinfühligen Worten: „Sie wollten mich dafür bezahlen, dass ich poste, dass ich dieses Stück Scheiße mag. Das können die sich sonst wohin stecken“. Lieber würde er sich die schrecklichen Prequel-Filme erneut ansehen, als Battlefront weiter zu spielen, meint der zornige Musikant.
Na gut, die Band heißt schließlich nicht Wohlerzogener Benjamin oder Blümchen Benjamin, sondern Breaking Benjamin, also hätte man mit so einer Reaktion rechnen können. Zumal dem Herr Burnley ein aufbrausendes Temperament nachgesagt wird, das man wohl braucht, um auf Dröhnrock-Alben leidenschaftlich über Kälte, Pein und sonstiges Leid zu singen. So ein gemarterter Künstler kann das Spiel nicht einfach jemandem schenken, der es vielleicht mehr zu schätzen weiß. Nein, er muss seine Wut artikulieren und dieses Objekt zerstören. Man möchte sich gar nicht vorstellen, wie der gute Mann beim Auspacken von enttäuschenden Weihnachtsgeschenken reagieren könnte: Die ungeliebten Socken werden erst zerstückelt, dann verbrannt, schließlich stampft man ihre Asche ein. Das gibt sicher tolle Instagram-Fotos.
Burnleys Kritik an Star Wars Battlefront ist nicht übertrieben differenziert. Als Meinungskasten in einem Spieletest wäre seine Unmutsbegründung arg oberflächlich. Also haben mutige Menschen vom Radiosender 94.3 WCYY ganz vorsichtig nachgefragt. Die ausführliche Begründung für die „Alles scheiße“-Wertung: Aus heiterem Himmel wird man beschossen, Gegner tauchen vor und hinter einem auf, „man spielt das Spiel und plötzlich stirbt man – wer will das schon?“. Das ist eine ziemlich gute Zusammenfassung von so ziemlich jedem Online-Shooter. Korrekterweise ergänzt Benjamin (unterstützt von einem anderen Bandmitglied – oder dem Tourbusfahrer, schwer zu sagen): „Alle Online-Spiele sind auf ihre eigene Weise Scheiße, denn du bist auf das Internet angewiesen“.
Beleuchten wir in einem Anfall von Adventszeit-Warmherzigkeit die positiven Aspekte des Dramas: Benjamin Burnley hat so viele Variationen seiner bedeutsamen Kernaussage „This shit game sucks“ von sich gegeben, dass fast schon ein kompletter Liedtext beisammen ist. Schnell noch ein paar Gitarrenriffs klauen und fertig ist die neue Single. Bei Zimtsternen dann darüber nachdenken, ob man seine kritischen Analysen auch mit etwas weniger Aggression und Arroganz absondern könnte. Electronic Arts generierte jede Menge Publicity für Star Wars Battlefront, sollte aber in Zukunft vielleicht davon absehen, Online-Spiele-hassende Leichtgewichtpromis mit Online-Spielen zu beglücken. Am besten verschickt man nur noch Download-Codes, die bei Wutanfällen weniger Vandalismus-anfällig sind als fragile Datenträger.
Abt. „Ausgekochte Theorien“:
Versteckte Half-Life-Botschaften?
Es ist jetzt auch schon wieder zwölf Jahre her, dass eine unfertige Half-Life 2-Version von den Valve-Servern geklaut wurde. Wenn man nun also sieht, wie ein rennender Mensch dem Valve-Chef Gabe Newell einen Gegenstand entreißt, dann lautet der erste Panikgedanke natürlich: „Das war der Source Code für Half-Life 3! Deshalb dauert das mit dem Spiel so lange, ständig mopsen Missetäter die Datenbestände weg!“. Nun gut, es ist keine externe Festplatte, sondern ein Kaffeebecher, der entwendet wird. Doch in dem könnte theoretisch auch ein USB-Stick mit Half-Life 3 verborgen sein – so schnell geben wir Verschwörungstheoretiker nicht auf.
Hellhörig werden wir, wenn Newell in einem Interview mit der Webseite „Eater“ (eine Anspielung auf hungrige Headcrabs?) von Immersionszirkulatoren spricht. Das klingt wie etwas aus Dr. Kleiners Labor: Gordon Freemans neue Geheimwaffe im Kampf gegen die Combine, die Gravity Gun ist Kinderkram dagegen. In dem Artikel geht es um eine Kochtechnologie-Firma namens ChefSteps, welche der Valve-Gründer finanziell unterstützt. Das Video bewirbt einen Konstanttemperatur-Kocher namens Joule, was so gar nicht nach Half-Life 3 klingt. Das sollen wir zumindest glauben. Aber mit genug Fantasie und Glühwein lässt sich das auch anders interpretieren.
Der Mensch auf der Flucht rennt doch nicht so panisch herum, weil er sich auf einen besonders zärtlich gegarten Braten freut? Vielleicht ist ihm ein Trupp Combine-Soldaten auf den Fersen und was er da in der Hand hält, könnte auch ein Platzhalter für ein Half-Life-typisches Brecheisen sein. Die Brille ist kaum Zufall, wir schlussfolgern kühn: Gordon-Schnurrbart und Begleithund für Half-Life 3 bestätigt! Und was halten wir von der Flammenwerfer-Szene, die nach 21 Sekunden kurz im Video zu sehen ist? Entweder grillt hier jemand extrem leidenschaftlich oder es ist echtes Gameplay, quasi die Weltpremiere der neuen FireSource™-Grafiktechnologie.
Nach 47 Sekunden dann sogar ein Hinweis auf realistische Flüssigkeitssimulation à la Portal 2 – Wahnsinn, wie lebensecht der Wasserstrahl gerendert ist. Lassen wir uns also von den Kochtöpfen nicht in die Irre führen, die wahre Bedeutung des Videos ist nach 1:42 Minuten offensichtlich: In Half-Life 3 befreien wir mit Schnauzer-Gordon den Großraum Seattle. Werden sich am Ende die Steam Machines als Dampfgarer entpuppen, will Valve gar nicht die Wohnzimmer, sondern die Küchen erobern? Na dann prost Mahlzeit!
Sehr cool die Nachtwache kommt doch. :)
Du bist aber nicht NUR wegen der Nachtwache so lange aufgeblieben? :)
Natürlich. :)
Das ist die Chance einen alten PC Player Veteranen mal zu erwischen. :)
Es gibt schon Verrückte hier. ^^
vielleicht noch kudos verteilen ;)
Yeah, wurde auch Zeit.
*verteil
Natürlich!
Den Samstag mit der Nachtwache zu beginnen, wird allmählich zu einem Ritual bei mir. Schön, dass Heinrich wieder so präsent bei GG und GS ist.
Wann erscheint das nächste Buch, lieber Herr Leonhardt?
Zu Star Wars Battlefront; man hätte dem Spiel ja wenigstens eine kleine Kampagne spendieren können, für Mutliplayer-Hasser wie mich. So geht es halt komplett an mir vorbei und mein Geld bekommt eine andere Spieleschmiede.
"Alle Online-Spiele sind auf ihre eigene Art und Weise Scheiße, denn du bist auf das Internet angewiesen."
Dem ist aus meiner Sicht nichts mehr hinzuzufügen. :)
Seh ich genauso ;-)
Wo er recht hat! ;)
Das stimmt nicht. Battlefront ist ein sehr schönes Spiel geworden.
Schön am der Kernaussage vorbei geantwortet.
Jetzt irrst du dich. Ich finde ich habe den Kern der Sache getroffen.
Also du meinst den kleinen Unterschied zwischen schön und gut? ^^
Sehe ich auch so.
Das hab ich mir beim Lesen auch gedacht. :D
Völlig korrekt! :-)
Für mich zählt das Argument nicht, ich habe Internet.^^
Und was wenn's ausfällt? Oder du bist online, aber die Server nicht? Ja, dann spielt man halt was anderes, was kein Internet/Server braucht. Ärgern wirst du dich im ersten Moment sicher aber dennoch :).
Aber wie oft kommt das vor? Ich bin schon jahrelang online unterwegs und kann die Ausfälle an einer Hand abzählen. Wirklich ärgern würde ich mich nur bei Singleplayer-Titeln, die unbedingt eine bestehende Verbindung brauchen. Online-Titel funktionieren nunmal nicht offline, das liegt in der Natur der Sache. :D
is ja echt ne tolle band lol
dann doch lieber mötley crüe
Burnley uses the brütal force on a Battlefront...
Erinnert mich an den künstlichen Shitstorm wegen des ungefragt verschenkten U2-Albums. Andererseits habe ich mich über das ungefragte Freiexemplar der Blöd-Zeitung auch nicht gefreut.
Hihihihihi - alter Verschwörungstheoretiker....
Erfreulich das heutzutage nicht jeder "Promi" mit Gratisware gekauft
werden kann. Vielleicht eine sehr subjektive Warenbeurteilung, ist mir aber allemal lieber als diese gleichgeschalteten Konsumenten.
Danke für diese gute Nachtwache!
Ich finde seine Reaktion albern.Er hätte es auch einfach ignorieren können und verschenken, oder EA mitteilen können, dass er auf Gratisspiele verzichtet und keine Werbung dafür macht. So ist natürlich das Ego befriedigt.
Schonmal das Wort authentisch gehört?
Und zwecks verschenken, du meinst der kennt jemand der sich das Spiel nicht leisten könnte aber haben wollte?
Er hätte es ja im Fundbüro abgeben können das fände ich sogar ziemlich witzig :-D.
Wen interessiert schon wenn irgend ein Affe auf irgend einer Onlineplattform irgend eine CD zerbricht. Da schaue ich ja lieber Katzenvideos.
Mal ernsthaft. Das ist doch die gleiche Sorte Meldung wie sie jede Woche in der Gala, Bunte und im neuen Blatt oder im goldenen Blatt stehen.
Interessiert mich in den Zeitschriften nicht, interessiert im Internet nicht.
Also die Kolumne dazu interessiert mich schon aber ich kann immer noch nicht verstehen wie solche Meldungen groß werden können.
Nachtwache war wie immer gut :)
Ich hab von der Band das erste Mal gehört und die User bei NeoGaf meinten auch deren große Zeit wäre schon lange vorbei.
Vielleicht weil die Band in USA bekannter ist als hier?
Was, wenn Heinrich recht hat und die Steammachines sind in Wirklichkeit Dampfgarer? (Mit Internetzugang...)
Kochen wir zukünftig nur noch online? Und muss ich meinen Dampf zukünftig vom Ventil beziehen. Entwickelt sich das gute alte cook-to-eat Prinzip zu pay-to-cook? Ich sehe Salz und Pfeffer Mikrotransaktionen schon praktisch vor mir.
Gabe, du schlingel!
Wenn sich die Dinger Rezepte und Zutaten aus dem Netz ziehen und fertige Mahlzeiten ausspucken können: gekauft! Und das alles unter Linux... :D
Ist das dann Open Sauce? XD
Free to eat, aber die Soße ist DLC.^^
Schade auch, dass die Erweiterung French Fries & Burgers nur im Abo verfügbar ist.
Als in-App Purchase gibt's dann Greek Style Cooking (Untertitel: a lamb's end).
"Aus heiterem Himmel wird man beschossen, Gegner tauchen vor und hinter einem auf, „man spielt das Spiel und plötzlich stirbt man – wer will das schon?“."
Hui. Das ist mal sowas von erfrischend auf dem Punkt. Erinnert mich an einen Freund, der mir gegenüber das in der Form sagte: Das Besondere an Online-Shootern ist, dass die Hersteller das Balancing auf den Faktor Spieler auslagern. Es steht und fällt, ob da ein A* durch die Gegend rennt oder nicht.
Auch eine schöne Sichtweise :)
So lange Spieler gegen Spieler spielt, kanns kein Balancing geben, denn keine Waffe oder Fahrzeug oder sonstwas, kann beeinflussen wie der Spieler selbst reagiert. Wobei das vor allem für Shooter gilt. Bei Strategiespielen ist das was anderes, weil man da die Einheiten nicht selbst steuert sondern nur indirekt.
Also, das Umfeld, wo dieser Spruch fiel, ging seinerzeit schon in die Richtung Designer's Talk und er meinte schon verallgemeinert Online-Shooter abseits Koop. Das war von der Aussage her sicher etwas übertrieben, denn auch Waffen oder Gestaltung des Geländes sind eine Form von Balancing, auch wenn es gerade bei PvP (was ich persönlich als Gegenteil von Spaß empfinde) nur sehr begrenzt Einfluss hat.
In der Unterhaltung ging damals darum, dass Multiplayer für Großproduktionen ein dankbares Feld darstellen, weil gewisse Designaspekte obsolet werden.
Geil! Von Breaking Benjamin habe ich erstmals gehört, als jemand ein Musikvideo zu ihrem Lied "So cold" mit Szenen aus Half-Life 2 erstellt hat. So schließt sich der Kreis. :-)
Und was macht dieses Joule Dingens jetzt in dem Topf?
Das frage ich mich auch.
Vielleicht überträgt er nur die Wassertemperatur zu den Valveserver, wer weiß.