Live aus Vancouver für GamersGlobal: Während Deutschland friedlich schläft, grummelt Heinrich Lenhardt an der fernen Westküste in seine Tastatur und kommentiert aktuelle Spielegeschehnisse. „Lenhardts Nachtwache“ erscheint (fast) jeden Samstagmorgen und ist die Gute-Nacht-Geschichte für Rotaugen beziehungsweise der Muntermacher für Frühaufsteher.
Abt. „Preisgekrönt“:
Reif für die Insel
Das Wiegenfest naht, die potentiellen Beschenker verzweifeln: Womit kann man einen Spieler beeindrucken, der schon alles hat? Der elektronisch bestens ausgerüstet ist und sehr spezielle Vorlieben hat, die sich dem sozialen Umfeld nie in vollem Umfang erschließen werden. Also auf Nummer sicher gehen und Socken schenken. Aber dann nicht wundern, wenn man nächstes Jahr nicht mehr zur Party eingeladen wird.
Ähnliche Probleme plagen auch Marketing-Mitarbeiter, die auf der Suche nach spektakulären Preisideen für Wettbewerbe sind. Einfach nur Geld in Aussicht zu stellen ist ja langweilig, quasi das Äquivalent zum Geschenkgutschein. Viel passender wäre es doch, Fans von Open-World-Spielen mit ihrer eigenen Welt in Form einer echten Insel zu beglücken. Die lässt sich zwar nur schwer in Geschenkpapier einwickeln, doch sowas hat wirklich nicht jeder.
In der Tat verspricht SquareEnix dem erfolgreichsten Chaospunkte-Sammler unter den amerikanischen Just Cause 3-Vorbestellern eine ausgewachsene Insel. Die dürfte aber nicht ganz so weitläufig und erschlossen sein wie die Spielzonen, welche man in der Actionserie bereist und zerstört. Welche Insel das genau ist, darüber schweigt sich die Wettbewerbs-Webseite vornehm aus. Bevor sich jetzt jemand Hoffnungen auf Sylt oder Helgoland macht, hier gleich ein paar Dämpfer. Europäische Spieler sind von dem Wettbewerb ausgeschlossen. Und wer statt einer Insel lieber Cash hätte, kann auch $50.000 als Preis wählen – diese Gegenwertsumme lässt gewisse Rückschlüsse auf die Qualität der Gewinnerinsel zu.
Bei Private Islands Online kommt man mit 50 Riesen jedenfalls nicht weit, tropische Paradise könnt ihr euch da abschminken. Für $40.000 gibt’s zum Beispiel Small Island im Atlantik vor der US-Küste. Der Name ist gut gewählt, für größere Bauvorhaben ist das Eiland wenig geeignet: Bei Flut ragt gerade mal Landmasse in der Größenordnung eines „durchschnittlichen Vorortgartens“ aus dem Wasser hervor. Im Hinblick auf die ansteigenden Meeresspiegel bleibt da nicht mehr viel übrig, was man den Enkelkindern vererben könnte. Für größere, bebaute Inseln in angenehmen Klima sind schnell mal einige Millionen fällig.
Falls ich wieder Erwarten die Just-Cause-Insel gewinnen sollte, würde ich natürlich umgehend einen souveränen Staat ausrufen und den GamersGlobal-Gulden als offizielle Währung einführen. Abonnenten sind am Bootsanlegesteg stets willkommen, nur auf die Minecraft-Spieler müsste man achten: Die buddeln gerne das letzte Erdreich weg und wundern sich dann, wenn sie in Wasser oder Lava plumpsen. Vielleicht halten wir’s doch noch ein paar Jahre in Haar-Salmdorf aus – da ist der Handy-Empfang besser und man kann aufkeimende Inselbedürfnisse auch mit Status Quo befriedigen.
Abt. „Leergut“:
Metal Gear kleingemacht
Der Begriff „Datenträger“ ist ja eigentlich selbsterklärend, der Duden beschreibt ihn ganz genau: Hier handelt es sich um „etwas, worauf Daten, meist in codierter Form, gespeichert werden können“. Die Betonung liegt anscheinend auf „können“, zumindest nach Auffassung von Konami. Denn der Datenträger bei der PC-Version von Metal Gear Solid V ist eine erstaunlich leere DVD, auf der sich gerade mal eine rund 8 MByte schlanke Datei befindet. Fast könnte man meinen, Freund Snake habe sich auf die Scheibe geschlichen und unbemerkt die Daten geklaut.
In Wirklichkeit handelt es sich bei dem bisschen Programm lediglich um einen Steam-Installer. Das eigentliche Spiel wird dann aus dem Internet geladen, was je nach Verbindungsqualität eine mehr oder weniger mühsame Angelegenheit ist. Angesichts all der ungenutzten GByte auf dem Datenträger drängt sich eine bohrende Frage auf: Was will man uns damit sagen? Schließlich trauen wir Metal-Gear-Schöpfer Hideo Kojima immer eine versteckte Botschaft zu.
Vielleicht ist der weitgehend leere Datenträger ein zeitkritisches Statement, eine Kritik an der „immer mehr, immer voller“-Konsumgesellschaft? Das Objekt enthält statt eines Spiels nur die Vorstellung von einem Spiel, wodurch Metal Gear Solid V dem Konzeptkunst-Lager bedrohlich nahe kommt. Am besten stellt man eine DVD auf der documenta 2017 aus, den Fachbesuchern fallen sicher einige originelle Interpretationen zum tieferen Sinn ein.
Wahrscheinlicher ist freilich die Theorie, dass es sich bei der Datenträger-Leere um einen Sachzwang handelt: Den Entwicklern fehlte schlichtweg die Zeit, um sich groß um die DVD-Version zu kümmern – schnell den Steam-Lader raufgeklatscht und weg damit. Schließlich wurde die Veröffentlichung der PC-Version kurzfristig vorgezogen, dank persönlicher Opfer der Mitarbeiter: Von Urlaubsverzicht und gefrusteten Familienangehörigen war zu lesen, was angesichts anderer Eigenheiten des Betriebsklimas wohl noch zu den milderen Arbeitsalltag-Härten zählt.
Abt. „Eiserne Spieler“:
Rocken und zocken
Apropos „Metal“: Beim Tippen dieser Nachtwache streamte bei mir das neue Album von Iron Maiden im Hintergrund (klingt trotz etwas überambitionierter Doppelalbum-Länge ganz vielversprechend). Das aktuelle Musikvideo der reifen Rocker fiel bereits durch ein Spiele-inspiriertes Konzept auf: Statt der üblichen Metal-Clip-Zutaten (verschwitzte Musiker, geschwenkte Gitarren, laszive Blondinen) erleben wir Band-Maskottchen Eddie in Spielszenen, die an Klassiker wie Mortal Kombat oder Donkey Kong erinnern.
Letztere Hommage ist sogar auf der offiziellen Band-Webseite speedoflight.ironmaiden.com spielbar. Das amüsante Promo-Game punktet durch reichlich Retro-Charme, von der Pixelgrafik bis zum Chiptune-mäßigen Remix der Single Speed of Light. Wir klettern mit Eddie Leitern empor und weichen dabei den Wurfgeschossen eines miesen Mackers aus. Ist dessen Plattform erreicht, bekommt er eins mit Rettungsreifen, Topfpflanze oder Kühlschrank übergebraten. Eine fesche Rothaarige erübrigt angesichts solcher Heldenhaftigkeit ein Herzchen für Eddie, der aber schon auf dem Weg in den nächsten Level ist.
Das hat vielleicht nicht ganz die Komplexität eines, sagen wir mal, Metal Gear Solid V, füllt aber ein Viertelstündchen zwischendurch und wird der Zielgruppe gerecht. Die Niedlichkeit scheint nicht so recht zu den harten Klängen der Band zu passen, aber stilistisch wird schließlich die Spielära zitiert, in der Iron Maiden ihre größten Erfolge feierten. Von The Number of the Beast bis zu 666 Punkten beim Eddie-Game sind's ja nur ein paar Jahrzehnte.
So eine kleine GamersGlobal Insel hätte schon was.
Das mit dem Datenträger ist wirklich ein Witz und das sag ich als jemand der nur noch digital kauft.
Die Leute kaufen ja nicht aus Spass die Retail Fassung sondern mit der Absicht nicht 50 Gigabyte Spiele durch eine viel zu langsame Leitung runterladen zu müssen.
Schöne Nachtwache wieder, danke Heini!
Der Blick in die Geschichte zeigt, wer kein Brot hat soll Kuchen nehmen. Und wer keine schnelle Leitung hat, soll halt den Provider wechseln. Im Sinne von Marie Antoinette sage ich daher Kuchen und Breitbandversorgung für alle.
Recht hast du - es ist einfach nicht akzeptabel, dass es immer noch Kunden gibt, die sich nicht an die Wünsche der Industrie angepasst haben.
Kleiner Zwischenruf vom notorische Besserwisser: Marie Antoinette hat dies niemals gesagt, Rousseau hat es lediglich einer namenlosen, großen Prinzessin in den Mund gelegt. Obendrauf ging es auch nie um Kuchen, sondern nur um Brioche.
Verfluchter Royalist. Auf die Guillotine mit ihm! :)
Eine gute Nachtwache - auch wenn die Metal-Gear-Komponente schon etwas älter ist.
Und heinrich hört Heavy Metal? Das gibt gleich noch mehr Sympathiepunkte!^^
Na klar was dachtest du? Helene Fischer? ;)
Die hört hier hoffentlich niemand! Sonst kann ich mich hier beim besten Willen nicht mehr wohl fühlen.
Dann schweig ich lieber. Will ja Deine Wohlfühlung nicht beeinträchtigen :D
Hoffe, Du hast das jetzt nicht allzu persönlich genommen :)
Ob die schon bis Kanada vorgedrungen ist..?
Justin beaver hats von dort auch zu uns geschafft als halte ich es für nicht ausgeschlossen ;)
Danke für die neue Nachtwache, der Metal Gear-Text ist mein Highlight dieser Ausgabe. ;)
Sehr schöne Ausgabe. Danke dafür und das neue Maiden Album ist Top :-)
ICh frage mich warum Konami überhaupt eine CD in die Hülle gepackt hat. Die Code-Karte, die ja ohnehin drin sein dürfte mit dem Hinweis den Code bei Steam einzugeben hätte gereicht. Wozu diese Pseudo-DVD? Grenzt ja schon fast an Umweltverschmutzung. Freche Aktion.
Mein Beileid an alle MGS-Käufer die von der Telekom immernoch mit DSL 1000 und weniger für 40€ im Monat abgezockt werden!
Versteh ich das richtig, dass man das physische produkt dann nicht mehr wiederverkaufen kann? Der sreamcode istja account-gebunden?!
Ja, das ist bei steamgebundenen Spielen immer so. Man kann theoretisch den ganzen Account verkaufen, was auch einige machen, ist aber eigentlich nicht erlaubt.
wie seraph schon meinte, macht ja keinen unterschied. ob nun daten auf der DVD vorhanden sind oder nicht, h#tte ja an der account-bindung nicht geändert.
Vielleicht sind die MGS5 User gar keine Telekom Kunden.
1986: nach den Hausaufgaben den C64 des Bruders an, "Somewhere in Time" von Iron Maiden auf den Plattenteller, Starquake per Datasette laden und sozusagen in open-world-Manier herrliche Grafiken bestaunen. Und alles gepaart mit der Frage, wie man eigentlich ohne Flugplattform die Gegend um "Z.A.P" erkunden geschweige denn schaffen soll.
Vielen Dank für die schöne morgendliche Lektüre beim Kaffee.
Wieder eine schöne Nachtwache - danke
Die PC Version von MGS V wird wegen der Download-Frechheit auf Amazon aktuell schon ordentlich gebashed. Richtig so !
Danke Heinrich eine schöne Nachtwache. Dazu Kaffe und Pancakes mit Marmelade. So kann das Wochenende weitergehen.
Heinrich greift ne News von mir auf. Jetzt habe ich es geschafft.
Sehr unterhaltsame Nachtwache, danke.
Heinrich hört Maiden? Ab sofort: Bester Mann im Gamingbereich. :-D
Wieso ab sofort. Heinrich ist der Franz Beckenbauer der Spielewelt.
Nice!
Ein überaus ambivalentes Kompliment. Damit hätte ich wahrscheinlich eher Herrn Molyneux bedacht...
Großartige Nachtwache! Der Teil über die kaufbaren Inseln war zum Totlachen. :D
Einen Steam-Installer auf einer Spiele-DVD? Was kann da schiefgelaufen sein?