Knut Gollert meint:

Spiele schuld an Wirtschaftskrise Meinung

Spiele sind nicht nur Teil des Lebens. Sie sind das Leben! Ob Baustein, Ball, Skatblatt oder der Computer, der Mensch spielt ständig. Blöd nur, er nicht mehr aufhört, wenn es an die Substanz geht. Dann machen Spiele etwas kaputt. Knut Gollert spielt seit 20 Jahren beruflich, der darf das. Alle anderen, findet er, sollten aufpassen...
Knut Gollert 28. Oktober 2009 - 14:46 — vor 14 Jahren aktualisiert
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Alles mit Schießen und Hauen dauert noch ein paar Jahre.
Jaja, Herr Kerkeling, da hatten Sie ja gar nicht mal so unrecht, als Sie uns allen Ernstes vorsangen, das ganze Leben sei Quiz und wir darin nur Kandiaten. Ist vielleicht etwas weit her geholt, aber im Groben hat der Jakobswegbezwinger und Schlemmer-Mime so richtig recht: Alles nur Spiel. Der Mensch ist verspielt und will es viel zu oft nicht zugeben. Doch das Bild ist im Wandel, eine neue Generation ist am Zug. Und Spiele sind im Prinzip gesellschaftlich akzeptiert. Schach, Volleyball und Co. schon lange. Aber mittlerweile auch Die Sims. Gut, alles mit Schießen und hauen braucht noch ein paar Jahre. Aber das kommt auch noch. Doch ich will nicht abschweifen!
 
Der Faktor Zeit
 
Dass Spiele an PC oder Konsole viel Zeit kosten, ist bekannt. Schon früher saß ich samstagnachts vor Falcon 3.0. Irgendwann gab es das typische Grummeln im Magen, das auf Hunger hindeuten könnte. Auf dem Weg zum Kühlschrank das Entsetzen: Ich hätte eigentlich schon seit 2 Stunden im Kino sitzen sollte. Spätvorstellung. Super. So vereinsamt man.
 
Wenn man – früher oder später passiert das jedem - in einer Beziehung steckt, wird das Spiele-Hobby fast etwas vernachlässigt. Da gibt es natürlich wichtigeres. Mag man heutzutage dann aber trotzdem MMOs spielen, platzt der Kalender. Daddelsessions finden nachts statt. Oder aber, und da kommen wir zum Kern des großen Problems, das Hobby wird mehr und mehr in die Arbeit verlagert.
 
Doch wir Spieler wissen mit dem Problem umzugehen. Wir setzen Prioritäten. Und das Spiel kommt ganz sicher nicht als erstes. Unbedarfte Neulinge im harten Spieler-Geschäft haben es nicht ganz so einfach. Sie verfallen der Sucht. Schuld sind diese so genannten Casual Games, Spiele für den Massenmarkt. Sie haben ganz fürchterliche Folgen. Nicht nur für den alt eingesessenen „Gamer“, der plötzlich nur noch massenmarkt-taugliches Material konsumieren darf, von der einen oder anderen Core-Perle abgesehen.
 
Hinz und Kunz, die Onlinegamer
 
Vielmehr spielen heute Hinz und Kunz, was das Zeug hält. Denn es gibt diese famosen Facebook-Apps und Gazillionen anderer herrlicher Browser-Games. Die nichts kosten. Und die sind es auch, die tagtäglich über die Monitore auf Hunderttausenden von Arbeitsstellen flimmern.
 
Die Vorteile liegen auf der Hand: Per Klick startet das Spiel, ohne das etwas installiert werden muss. Es kommt -- wie Magie -- durch das WLAN-Kabel. Diese Teufelsspiele sind von Anfang an simpel, immer verständlich, stressen nie. Denn es gibt ja Zwangspausen. In einem Großteil muss Hinz und Kunz eine gewisse Zeit vergehen lassen, um weiter zu spielen. Doch Pustekuchen, Pause! Es handelt sich bei diesem Spielmodell nur um einen Trick, die User möglichst oft ins Spiel zu holen. Funktioniert auch gut. Die durchweg fantastischen Zahlen der Browser-Games-Industrie belegen das.
 
Hinz und Kunz, die Wirtschaftskrise-Auslöser
 
Bei Herrn Hinz bleibt wegen einer Runde Travian der Bauantrag von Herrn Kunz liegen.
Früher haben die Leute an Ihren Arbeits-PCs Minesweeper gespielt. Aber das wird auf Dauer ja fade. Heute ist die Auswahl riesig, die Qualität hoch und damit ein gewisser Suchtfaktor im Spiel. Das kennen wir alle, wenn wir „nur noch mal eben die Mission hier fertig machen wollen“ und 2 Stunden später so weit sind. Bei Herrn Hinz auf dem Bauamt bleibt wegen einer Runde Travian der Bauantrag von Herrn Kunz liegen. Herr Kunz bekommt ihn also viel zu spät. Nicht so wild, spielt der eben noch 'ne Partie Mafia Wars, auch einen schönen Tower-Defense-Klon hat er aufgetan. Und ein Gartenspiel. Die Arbeit kann warten. Wieviele Arbeitsstunden auf Kosten von Spielen am Firmen-PC gehen, will ich gar nicht wissen. Das nebenbei noch kräftig „ge-social-networked“ wird, versteht sich von selbst.

Ich ganz persönlich meine ja, dass da drüben in Amerika ein paar Bänker zu sehr gefesselt von „diesen neuen Spielen“ waren. Und zu wenig Zeit und Aufmerksamkeit ihrem Job gewidmet haben. Was wiederum zu einigen Fehleinschätzungen und -entscheidungen führte. Bis die Banken starben. Vielleicht dachten diese Bänker aber auch einfach, dass sie in einer Wirtschaftssimulation mitgespielt haben, und suchen jetzt verzweifelt den Load-Button.

Existenzbedrohung durch Spiele?

Spiele sind also sehr wohl existenzbedrohend. Verlieren MMO-Freaks wegen ihrer Narretei mitunter Familie und Freunde, sind es Hinz und Kunz die nicht nur ihren Arbeitsplatz riskieren. Vielmehr rütteln sie mit der durch Spiele eingeschränkten Produktivität an den Grundfesten der weltweiten Wirtschaft. Das Problem haben die Regierungen noch nicht entdeckt. Warum wohl? Sie sind selbst infiziert! Statt an Gesetzesentwürfen arbeiten die Angestellten in der Ministerien am Browserspiel.

Richtig schlimm wird es aber noch: Viele Berufsstände, wie Bauern, Handwerker, Kraftfahrer oder Verkäufer sind noch nicht wirklich betroffen. Da wird mit mobilen Endgeräten nachgearbeitet. Das iPhone ebnet mit seinen ganz hervorragenden Spielen dem mobilen Zeitfresser den Weg. Die Republik verhungert, während Bauern Bejeweled spielen. Fliesen werden nicht mehr gelegt, wichtige Quelle-Lieferungen nicht mehr bis zur Haustür gebracht. Die Bundesrepublik Deutschland und die restliche Welt stehen vor dem Untergang. Die Spiele sind schuld! Okay, das ist jetzt ein wenig übertrieben, aber das Problem an sich ist ein ernstzunehmendes.
 
Euer Knut „Jetzt ganz im Ernst!“ Gollert
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