Karsten Scholz 6. Oktober 2013 - 10:51 — vor 10 Jahren aktualisiert
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Vor ein paar Wochen spielte Blizzard die wohl letzte große Inhaltserweiterung vor dem nächsten kostenpflichtigen WoW-Addon (das noch geraume Zeit auf sich warten lassen dürfte) auf die Server. Deshalb war ich wieder lange in Pandaria unterwegs; besuchte die "Zeitlose Insel", schlug mich wacker in der "Feuerprobe" und kämpfte in der "Belagerung von Orgrimmar" gegen die Vasallen von Garrosh Höllschrei. Außerdem brachte Patch 5.4 noch flexible Raid-Größen, die virtuellen Serververknüpfungen und unzählige weitere kleine und große Anpassungen und Neuerungen mit. Hab ich schon erwähnt, dass der neue Schlachtzug "Die Schlacht um Orgrimmar" der größte Raid seit Patch 3.1 ist? Damals begeisterte Ulduar ebenfalls mit 14 Bosskämpfen. Auf den ersten Blick könnte man also meinen, dass den Spielern in Azeroth gerade die Sonne aus dem Heldenhintern scheinen müsste – zumal die Verantwortlichen ihr Versprechen hielten und in Mists of Pandaria neue Inhalte im Quartalstakt lieferten.

Enttäuschend ist vor allem die neue Zone "Zeitlose Insel"
Dennoch sind viele Spieler enttäuscht vom letzten Inhaltsupdate des aktuellen WoW-Addons – ich auch, sonst würde ich ja diese Kolumne nicht schreiben! Das liegt weniger an der finalen Schlacht gegen Garrosh: Die 14 neuen Bosskämpfe sind gewohnt abwechslungsreich, so müsst ihr gefangene NPCs aus Gefängnissen befreien, nur um sie dann an einen Dinosaurier zu verfüttern. Ein anderes Mal nimmt ein Team Geschütztürme ein, um einen mächtigen Drachen vom Himmel zu holen, während ein zweiter Trupp angreifende Orc-Wellen zurückschlägt. Die Kämpfe machen Laune, auch wenn der Schwierigkeitsgrad im normalen Modus nicht hoch ist (mehr als 2.000 Gruppen haben den Endboss von 5.4 bereits besiegt). Nein, enttäuschend ist vor allem die neue Zone "Zeitlose Insel". In Interviews betonten die Entwickler immer wieder, dass sie dort Spieler mit den vielen versteckten Schätzen, den seltenen Kreaturen und den zufällig auftauchenden Ereignissen auf eine "einmalige Entdeckungsreise" schicken wollen. Dafür verzichteten sie darauf, die Insel mit wiederholbaren Missionen zuzupflastern, die Spieler zu sehr einschränken würden. Zudem wollten die Entwickler "Grinden" vermeiden. Dennoch oder gerade deswegen sollte das neue Gebiet für noch längere Zeit zum Besuch einladen, als es die Insel des Donners oder die Krasarang-Wildnis in den Monaten zuvor geschafft hatten.

Problem 1: Im Zeitalter von Wikis und Guides ist es nur extrem disziplinierten Spielern möglich, sich dem Entdeckungstrieb völlig hinzugeben. Bereits am Veröffentlichungstag gab es ausführliche Anleitungen für die gesamte Zone, und auch im Spiel selber wurden rund um die Uhr Koordinaten und Zeiten von Events mitgeteilt. Nur wer den allgemeinen Chat meidet oder auf einem Geisterserver unterwegs ist, hat die Chance, die Insel mit all ihren Ideen selber zu entdecken. Wer den Chat mitliest, mit dem großen Pulk an Spielern mitläuft und die wenigen Quests auf der Insel meistert, hat nach kürzester Zeit alle wichtigen Dinge entdeckt. Ab diesem Moment stellt sich dann schnell jenes Grind-Gefühl ein, das die Entwickler doch vermeiden wollten: Tausende Gegner müssen umgenietet werden, um den Ruf bei der neuen Fraktion auf "ehrfürchtig" zu steigern oder genug Münzen für die diversen Belohnungen zu besorgen. Das mag für längere Zeit beschäftigen, macht aber nur den wenigsten Spielern Spaß. Mir auch nicht.

Problem 2: Die Zeitlose Insel entwertet einen großen Teil des Inhalts bis einschließlich Patch 5.3. Denn auf der Insel gibt es an jeder Ecke epische Rüstung der Stufe 496 – genau jener Stufe also, die eure Ausrüstung im Schnitt erreichen muss, damit ihr die "Belagerung von Orgrimmar" betreten dürft. Es reicht, wenn ihr die ersten Quests auf der Insel meistert, sämtliche Schatztruhen, über die ihr stolpert, öffnet und ein paar feindliche Kreaturen erledigt: schon wird eine halbe Tasche mit epischem Krempel belegt sein. Wer fokussiert seinen Helden für den Dungeonbrowser vorbereiten will, schafft das auf der Zeitlosen Insel an einem Nachmittag. Vorher auf der Insel des Donners oder durch die Krasaranwildnis questen? Lohnt nicht mehr! Natürlich gibt es auch Spieler, die den Ruf-Grind auf der Insel bis "ehrfürchtig" durchziehen, die sich jedes Haus- und  Reittier besorgen wollen, die jeden Erfolg erlangen möchten und alleine mit diesen Dingen noch Wochen beschäftigt sind. Aber ich schaue auf der Zeitlosen Insel nur noch vorbei, um einmal pro Woche Weltboss Ordos zu fällen. Auch die neu eingeführte Feuerprobe ist kein Feature, das wochenlang Beschäftigung schenkt, die Aufgaben sind schnell gemeistert. Viel interessanter wäre es zudem, wenn die Entwickler die Prüfungen der Feuerprobe mit in die Level-Phase einbeziehen würden, damit Spieler bereits auf dem Weg zur maximalen Stufe den Umgang mit den verschiedenen Spielweisen ihrer Klasse erlernen.

"Die Schlacht um Orgrimmar" ist zu einfach, die "Zeitlose Insel" hält das Versprechen des Langzeitspielspaßes nicht
Zusammenfassend muss ich sagen: Der normale Modus von "Die Schlacht um Orgrimmar" ist für das Finale eines Addons zu einfach geraten, die Feuerprobe macht im aktuellen Zustand nicht viel her und die Zeitlose Insel hat ein paar gute Ideen, hält aber das Versprechen des Langzeitspielspaßes überhaupt nicht. Sollten sich WoW-Abstinenzler oder -Unkundige in diese Kolumne verirrt haben, fragen sie sich jetzt vermutlich: "Na und? Was ist das Problem? Content Patch 5.4 kostet doch nichts, sondern ist ein Service von Blizzard." Das Problem: WoW ist ein Abo-MMO und kostet monatlich 11 bis 13 Euro. Patch 5.4 ist laut Blizzard der letzte große Patch vor der nächsten WoW-Erweiterung. Einer Erweiterung, die erst auf der kommenden Blizzcon im November offiziell angekündigt wird, und für die es bisher noch nicht mal eine geschlossene Beta-Phase gibt, und bei der danach auch noch die offene Beta-Phase mehrere Wochen lang dauern dürfte. Es werden noch mehrere Monate vergehen, bis das neue WoW-A
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ddon in den virtuellen und echten Läden steht. Monate, die just Patch 5.4 in Sachen Content überbrücken sollte.

Auch in der letzten Phase von WoW: Cataclysm gab es fast ein halbes Jahr keine neuen Inhalte mehr. Gähnende Langeweile machte sich selbst bei den hartgesottensten Fans des Spiels breit, und einzig der Jahrespass sorgte dafür, dass die Abozahlen nicht vollends in den Keller fielen. Vielleicht dauert der Leerlauf dieses Mal kein halbes Jahr, aber dafür beschönigt auch kein Jahrespass die Zahlen am Quartalsende. Wem WoW am Herzen liegt, kann nur hoffen, dass auf der Blizzcon neben der Erweiterung auch ein sehr zeitnaher Termin für die Betaphase bekannt gegeben wird. Und sollte das Addon, wovon fast auszugehen ist, erst 2014 erscheinen, sollte Blizzard dringend noch einmal darüber nachdenken, ob sie nicht doch noch einen Content Patch 5.5, etwa im Dezember, bringen. Ansonsten verwette ich meine GamersGlobal-Medaille "MMO-Experte" darauf, dass die WoW-Abozahlen zum Jahresende auf unter sieben Millionen fallen werden,  und damit auf den niedrigsten Wert seit 2006.    

Euer Karsten Scholz
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Activision
25.09.2012
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Karsten Scholz 6. Oktober 2013 - 10:51 — vor 10 Jahren aktualisiert
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