Mick Schnelle meint:

Auf Windows 7 upgraden? Wieso? Meinung

"Stell dir vor es gibt ein neues Windows — und keinen interessiert es wirklich." Sagt Michael Schnelle, und meint das ernst. In seiner diesmaligen GamersGlobal-Kolumne stellt er einige unbequemen Überlegungen an ...
Mick Schnelle 18. August 2009 - 14:07 — vor 14 Jahren aktualisiert
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Wie, der Titel meiner Kolumne ist provokant und messerscharf an der Realität vorbei gedacht? Nicht ganz, denn obwohl Windows 7 natürlich die Cover und Artikel der Fachpresse dominiert, interessiere zumindest ich mich herzlich wenig für die neueste Version der Prozessorbremse … äh dem neuesten Geniestreich aus Redmond. Und offensichtlich geht es vielen anderen Spielern genauso. Natürlich wird auch Windows 7 wieder vollmundig als schneller, schöner, bunter und effektiver angepriesen, als alles, was die Welt zuvor gesehen hat. Doch das wird ja jedes Mal behauptet, stimmen tut es leider nicht unbedingt. Wir alle erinnern uns noch an Windows ME oder gerade aktuell Vista, das dem Spielefan mehr Verdruss als Vorteile gebracht hat.
 
DirectX 10 – wer braucht's?
 
Ich habe zum Beispiel seit vielen Jahren Windows XP auf meiner Festplatte und kann guten Gewissens behaupten, dass dieses Windows das stabilste und flotteste ist, das mir je untergekommen ist. Irgendwie wollte ja Vista nie so recht aus den Puschen kommen, was kaum verwundert, bei dem Speicherhunger. Viele Unternehmen verweigerten sich dem Update, auch sie sahen keine Vorteile gegenüber dem alten XP. Und auch bei Spielern wie mir war das Interesse an Vista nach der ersten Phase doch sehr verhalten. Das als Killer-Verkaufsargument geplante DirectX 10 wird ja nach wie vor von vielen Spieleproduzenten und Grafikern eher stiefmütterlich behandelt. Die optischen Verbesserungen haben mich auch nicht so vom Hocker gehauen, dass ich deshalb schlaflose Nächte gehabt hätte. Was noch nervt: Vista braucht immer gut ein Megabyte Speicher mehr als XP für dasselbe Spiel und das läuft dann oft auch noch langsamer. Also habe ich Vista wie viele andere auch einfach ignoriert.
 
Schneller, aber dann doch nicht

... indem es Spiele wieder so schnell laufen lässt wie auf XP vorher schon?
Doch jetzt wird ja alles wieder gut. Denn Windows 7 wetzt diese Scharte ja angeblich aus, wenn man den Testberichten Glauben schenkt, indem es… ja, was eigentlich, Spiele wieder so schnell laufen lässt wie auf XP vorher schon? Im Idealfall erhalte ich also rein gar nichts. Und natürlich wird es wieder einige ältere Titel geben, die unter Windows 7 garantiert nicht laufen. Besonders peinlich finde ich den Windows XP-Modus, der bei den teueren Professional und Ultimate-Versionen beiliegt. Denn der unterstützt keine 3D-Funktionen, ist daher für Spiele komplett unbrauchbar. Ich würde wirklich gern mal denjenigen kennenlernen, der für diese Fehlentscheidung verantwortlich ist. Eine weitere Kerbe im Holz gegen den Umstieg zu Windows 7.
 
Ein gewagtes Versprechen

Ach ja, und dann gibt es ja noch das Versprechen auf DirectX 11 und natürlich wieder bessere, leistungsstärkere Grafik und diesmal sogar Abwärtskompatibilität. Natürlich nur bis Vista, XP-User gucken wieder in die Röhre. Aber hatten wir das nicht schon mal? Ehrlich gesagt: Dass es dem neuen System besser ergehen soll, als dem glücklosen DirectX 10 glaube ich erst dann, wenn ich mal ausreichend Spiele sehe, die mir das eindrucksvoll beweisen. Und zwar nicht auf Standbildern mit Detailvergrößerungen, sondern im normalen Spielbetrieb. Das sehe ich dieses Jahr garantiert nicht mehr, Colin McRae hin oder her. Bis sich die Entwickler daran gewöhnt haben und die neue Grafikschnittstelle tatsächlich ausnutzen, vergeht erfahrungsgemäß mindestens ein Jahr, eher zwei. Falls sie nicht wieder einfach bei DirectX9 bleiben, allein schon, um die große Gruppe der zufriedenen XP-User nicht als Kunden zu verlieren.
 
Gebt mir Kontrolle

Warum gibt es zum Beispiel kein modulares Windows?
Dabei wäre es gar nicht so schwer, mich und sicherlich auch den einen oder anderen XPianer zum neuen Glauben zu bekehren. Warum gibt es zum Beispiel kein modulares Windows, bei dem ich immer nur die Treiber lade, die ich tatsächlich gerade brauche? Schreibe ich Texte, kann ich auf DVD und Multimediagedöhns verzichten, spiele ich ein Adventure, brauche ich keinen Netzwerkanschluss, zocke ich Fifa, können mir Bluetooth-Installationen schnuppe sein. Das Problem mit jedem neuen, noch komplexeren Windows ist doch, dass es immer alles sein will, ohne irgendetwas zu 100 Prozent richtig zu machen. Und die Ladezeiten beim Systemstart wären plötzlich verschwindend kurz, wetten? Wie wäre es, wenn man per Menü jedes bislang erschienene Windows oder zumindest die wichtigsten Varianten nativ starten könnte, um gerade sehr viel ältere Spiele ohne Probleme zocken zu können. DAS wäre mal wirklich ein Fortschritt für mich und alle anderen, die die großen Klassiker auch heute noch spielen..
 
Was bleibt

Ja, ja, das klingt alles sehr düster und ziemlich nach miesepetrischem Windows-Bashing. Doch hätte ich dieselbe Kolumne schon bei Vista verfasst, wäre mir wahrscheinlich genau dasselbe unterstellt worden. Trotzdem hätte ich im Nachhinein Recht gehabt. Und es hat sicherlich einen Grund, warum gerade Spielehersteller nach wie vor ihre Produkte praktisch immer auch XP-kompatibel halten. Solange sich das nicht ändert oder ein wahres Hammerspiel nur auf Windows 7 läuft, werde ich mir den Wechsel jedenfalls nicht antun. Mal sehen, vielleicht habe ich eines Tages ja das älteste Windows der Welt auf meiner Festplatte.

Euer Mick Schnelle (GamersGlobal)
 
 
 

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