Roland Austinat und Old Republic

Alt, Älter, Old Republic Meinung

Roland Austinat hat von der E3 noch ganz frische Eindrücke von Old Republic. Doch "frisch" sind sie nur auf der Meta-Ebene, in der Bedeutung von "kürzlich gesehen". Das, was zum Spiel gezeigt wurde, wirkt auf ihn so frisch wie die Waren eines Fischverkäufers in der Wüste, so brandneu wie WoW, so quicklebendig wie Yoda in Star Wars VI.
Roland Austinat 26. Juni 2011 - 10:59 — vor 12 Jahren aktualisiert
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Gestern flatterte mir eine Mail in die Inbox. Absender: Sony Online Entertainment, die verkündeten, dass am 15. Dezember bei Star Wars: Galaxies nach acht Jahren die galaktischen Lichter ausgehen. Schade, auch wenn ich aufgrund der "New Game Enhancements" schon seit einigen Jahren nicht mehr in diesem MMO unterwegs gewesen bin. Kein anderes Online-Rollenspiel hat es seitdem fertiggebracht, die ganze Weite und Exotik eines fremden Planeten so atmosphärisch zu vermitteln. Ich erinnere mich an nächtliche Landspeeder-Flüge über  menschenleere Steppen und Flusslandschaften, vorbei an schlafenden Tierherden. Oder an ein Gespräch mit einem Mitspieler, der unvermittelt neben mir auftauchte, als ich von einer Anhöhe eine imperiale Basis beobachtet habe -- und dann meine Überraschung, als er sich am Ende unserer Unterhaltung als Imperialer entpuppte, aber meinen Rebellen-Charakter unbehelligt ziehen ließ.

 Das Erbe von Star Wars Galaxies

Es macht Sinn, die Galaxies-Server für immer abzuschalten -- wegen SWTOR.
Aber es macht nur Sinn, dass LucasArts und Sony Online Entertainment die Galaxies-Server für immer abschalten -- schließlich steht Star Wars: The Old Republic in den Startlöchern. Und das ist doch ein würdiger Nachfolger und Konkurrent um die MMO-Gunst aller Star-Wars-Fans. Oder etwa nicht? Tja, wenn die Antwort darauf nur so einfach wäre! Denn was ich auf der E3 vor zwei Wochen und in den zweieinhalb Jahren seit der Enthüllung des Spiels im LucasArts-Hauptquartier hier in San Francisco gesehen habe, verwundert mich immer mehr. Dabei würde ich mich durchaus einen Star-Wars- und Bioware-Fan nennen, und in Online-Rollenspiele habe ich schon seit Worlds Away auf Compuserve (Bonuspunkte, wenn das noch jemand kennt. Also entweder Worlds Away oder Compuserve...) und Phantasy Star Online auf der Dreamcast massig Stunden versenkt. Ich darf mich also bescheiden einen Online-Veteran nennen, der schon MMOs spielte, als WoW noch nicht mal geplant war. Warum dann meine Sorgen?
 
Keine Frage, zum Start scheint Star Wars: The Old Republic eine rundere Sache als Star Wars: Galaxies zu sein - dank tieferer Story, zugänglicherem Kampfsystem, komplexerer Charakterentwicklung und der vielbeschworenen Erkundung von Weltraum und Planeten. Der Haken ist nur: All diese Highlights wurden schon im November 2008 verkündet. Wenn mir Dallas Dickinsson von BioWare Austin diese "vier Säulen des Spiels" auf der E3 2011 erneut begeistert vorträgt und dann den ebenfalls deutlich abgenudelten Spruch "The Old Republic ist so groß wie Knights of the Old Republic 3 bis 10" hinterher schiebt, frage ich mich, was in der Marketingabteilung schief läuft. Denn diese Dinge sind wie die Existenz des Spiels nun wirklich hinlänglich bekannt, es wäre endlich mal an der Zeit, mehr Inhalte zu demonstrieren. Doch derzeit bieten die unglaublich gut gerenderten, alljährlich neuen E3-Trailer (Einschränkung: dieses Jahr wurde viel vom letztjährigen zweitverwertet) mehr Stimmung und Atmosphäre als die eigentlichen Spielvorführungen.
 
Viele Worte, wenig Beweise
Zugegeben, ein MMO kann man nicht in einer halben Stunde erschöpfend demonstrieren.
Zugegeben, ein Online-Rollenspiel kann man nicht in einer halben Stunde erschöpfend demonstrieren. Aber durchaus beeindruckende Statements wie "Hunderttausende von Dialogzeilen, individuelle Heimatplaneten und mehrere 100 Stunden Inhalte für jede der acht Klassen, die keine der anderen zu sehen bekommt " sind eine Sache -- das Zusammenspiel von mehreren Leuten eine andere. Letztes Jahr gab es auf der E3 eine instanzierte Szene an Bord eines Raumschiffs, in der eine Gruppe von vier Spielern einen abtrünnigen Jedi jagte. Dieses Jahr bekamen wir einen instanzierten Bosskampf zu Gesicht, in der vier Spieler in einem Schloss einen etwas größeren Schergen mit diversen Schalterrätsel und dem Ausschalten von Gegnerwellen zusetzen musste. Was die Story-Integration angeht, durften im dem Kampf vorangehenden Gespräch alle Spieler eine Antwort auswählen, doch was gesagt wird, entscheidet nicht der Gruppenchef oder ein Mehrheitsentscheid, sondern das Los. Für mich etwas zu zufällig, wo doch auf Story so viel Wert gelegt wird.

Raids? Soll es geben, wir sehen aber nur ein paar schnell geschnittene Szenen in einem Gefängnis, in dem ein Rudel von Spielern in eine feindliche Festung vordringt. PvP? Soll es auch geben, kriegen wir aber bis auf ein paar schnell geschnittene Szenen nicht zu sehen. Eigene Raumschiffe gibt es, Weltraumkämpfe auch, doch mehr Details? "Darüber sprechen wir derzeit noch nicht." Ein paar Minuten mit den rollenspieltypischen Talentbäumen? Das könnte ja aufmerksamkeitsschwache Zuschauer verschrecken, die werden daher wohl lieber nicht gezeigt. Die grandiose Idee eines Partner-Charakters, der den Spieler auf seinen Abenteuern begleitet? Wurde 2008 angekündigt, in der E3-Vorführung gab es davon bis auf wenige schnell geschnittene Szenen leider nichts zu sehen. Fahrzeuge? Gibt es, aber mehr Details? "Darüber sprechen wir derzeit noch nicht." Auktionshäuser, Bars und Co.? Ich beginne, wie eine kaputte Schallplatte zu klingen: Soll es geben, kriegen wir bis auf ein paar schnell geschnittene Szenen aber leider nicht zu sehen.
 
Ernsthafte Angst?
Haben die Entwickler ernsthaft Angst, dass ihre Ideen von anderen Studios kopiert werden könnten?
Versteht mich nicht falsch, ich will The Old Republic nicht schlecht oder gar kaputt reden. Dazu mag ich das Star-Wars-Szenario, die Story und den Grafikstil -- trotz aller noch erkennbaren Schlichtheiten -- sowie Bioware als Entwickler seit den Tagen von Baldur's Gate zu sehr. Doch ich wundere mich etwas, warum so viele Fragen einfach nicht beantwortet werden. Haben die Entwickler ernsthaft Angst, dass ihre Ideen zum Thema Fahrzeuge oder Weltraumkampf von anderen MMO-Studios kopiert werden könnten? Ein paar Quests in geschlossenen Gebäuden oder Raumschiffen sind ja schön und gut, doch warum geht Bioware nicht mehr auf das Thema Star Wars und die schiere Größe des Spieluniversums ein? Und wie sieht es mit der ständigen Betonung der Story aus? Ein Online-Spiel lebt ja von der Intera
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ktion mit anderen Spielern, doch wie soll das funktionieren, wenn ich die in hunderten von Stunden nicht zu Gesicht bekomme, in denen wir alle unseren eigenen Geschichten folgen?
 
World of WarCraft hatte 2004 das Glück, dass viele Gilden aus Star Wars Galaxies nach Azeroth gewechselt sind. In die andere Richtung wird das nach dem derzeitigen Stand der Dinge etwas schwieriger werden. Manche Fans schlagen schon vor, dass Bioware eine Art "Singleplayer-Modus" in The Old Republic integriert, weil man dank so viel Story und den Begleitern eigentlich gar keine menschlichen Mitspieler braucht. Ist das der Grund, dass die eigentlichen MMO-Tugenden, die Old Republic haben könnte, erst gar nicht gezeigt werden auf der letzten US-Spielegroßmesse vor dem geplanten Erscheinen des MMOs? Oder hätte sich Old Republic dann als alt, älter, uralt entpuppt, was seine eigentlichen Spielmechaniken anbelangt? Ich weiß es nicht, aber ich bin ein kleines bisschen misstrauisch. Frühestens im Frühjahr 2012 wissen wir mehr -- ich freue mich derweil auf Eure Einschätzungen und Kommentare!
 
Euer Roland Austinat

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MMO-Rollenspiel
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Bioware
Electronic Arts
20.12.2011
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Roland Austinat 26. Juni 2011 - 10:59 — vor 12 Jahren aktualisiert
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