Harald Fränkel glaubt:

Achievements machen sexy Meinung

Die deutsche Wirtschaft ist dort, wo niemals die Sonne hinscheint. Zum Glück hat Harald Fränkel eine Lösung: das Prinzip von GamersGlobal und einer japanischen Firma übernehmen, Mitarbeiter mit Erfahrungspunkten und Beförderungen zu belohnen, dadurch zu motivieren und mithin die Konjunktur kräftig anzukurbeln.
Harald Fränkel 23. Oktober 2009 - 15:37 — vor 14 Jahren aktualisiert
Anfuehrung
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Die Japaner sind ein witziges Völkchen: Sie lesen Bücher von hinten, feiern jährlich Penisfest, stellen Automaten für getragene Schlüpfer auf, hauen Neugeborenen nicht auf den Hintern, sondern hängen ihnen 'ne Kamera um, streichen Frauen im Gesicht weiß an und malen ihnen gleich noch Schamlippen auf den Nacken. Und sie denken doch allen Ernstes – bitte festhalten, jetzt wird’s komplett kurios – Bushido sei ein Verhaltenskodex. Hahaha, wie dämlich!
 
Alles Proleten
 
Schaut man in die Spielebranche, fällt ferner auf, dass die Japaner weibliche Charaktere speziell für ihren Markt pimpen. Bei ihren eigenen Spielen. Doch ein Fan hat sogar Faith aus Mirror's Edge, zumindest als Artwork, größere Augen und Brüste verpasst. „Goiiil, Riesentitten!“, mag der eine oder andere mitlesende Assi nun fröhlich prollen. Ich halte dieses Auf-den-Busen-reduzieren ja für total oberflächlich. Schließlich sollte eine Frau, ich sag's immer wieder gern, auch einen geilen Arsch haben.  

Super finde ich hingegen: Wenn Japaner was anfangen, dann richtig. Unsere Emo-Kids hierzulande sind ja beispielsweise total neidisch, denn während sie noch dilettantisch mit Gillette Mach 3 Turbo & Co. rummachen, haben die Kollegen längst das Wakizashi ausgepackt. 
 
Und arbeiten können die Japaner! Warum sie so fleißig sind, weiß ich neuerdings auch: Weil Arbeitgebern im Land der aufgehenden Sonne scheinbar auch häufiger ein Licht aufgeht und sie brillante Ideen haben. Auf der Internetseite des MDR-Radios „Sputnik“ heißt es, dass eine Firma ihre Mitarbeiter motiviert, indem sie ihnen wie in Rollenspielen Erfahrungspunkte und Levelaufstiege gibt. Hallo, wie genial ist das denn bitte? Was bei World of Warcraft, Herr der Ringe Online und Weißdergeier klappt, also Leute jahrelang begeistert immer das Gleiche tun zu lassen – und zwar mindestens 25 Stunden täglich – muss doch auch im wirklichen Leben funktionieren! MMORPG-Spieler zahlen ja sogar dafür. Nur in Ämtern wird das mit dem Motivieren nicht funktionieren, weil die Level-up-Fanfare ständig die ganze Belegschaft weckt. Torööö!
 
Büro-Quests
 
Ansonsten aber stelle ich mir das wunderbar vor: Im Auftrag des Chefs zehn Ratten töten, und schwupps, schon gibt’s 'ne Gehaltserhöhung. Schade ist halt bloß, dass sich gar keine fiesen Kreaturen (aka Arbeitskollegen) mehr in meinem Dunstkreis befinden, seit ich als freier Autor alleine arbeite. Blöd, blöd, blöd. Denke ich genauer drüber nach, ist die Lage sogar weitaus dramatischer, ich habe ja nicht mal mehr einen Boss, ich bin schließlich mein eigener. Das macht den Sex, um sich einen Level hochzuschlafen, auf Dauer auch ein bisschen trist.
 
Ferner fällt der Plan, meinem Vorgesetzten künftig jeden Tag mindestens einmal für 5 EP in den Popo zu kriechen, mangels Gelenkigkeit flach. Und mich selbst zum Brotzeitholen schicken, hinterlässt vom Feeling her irgendwie ein ungutes Gefühl von dissoziativer Identitätsstörung. Multiple Persönlichkeit und so, ihr wisst schon. Aber träumen wird man doch dürfen, oder? Hach, wäre das schön, wenn ich eine Chefin hätte. Weil die als Frau natürlich ihr Mount nicht unfallfrei abstellen kann, darf ich jenen Audi R8 quasi in die Parklücke casten.     
 
Diese ganzen MMORPG-Heinis reden ja immer so seltsam

Bei den Fachbegriffen „Mount“ und „casten“ dünkt mir allerdings, dass es in einem Unternehmen, das strukturell auf einem Rollenspiel basiert, ziemlich knifflig wird mit der Kommunikation. Ist also vielleicht doch nichts für mich. Diese ganzen MMORPG-Heinis reden ja immer so seltsam. Sagen Sachen wie: "Gestern beim Raid hätte mich der named Mob beim Aggro pullen in der Instanz fast gekillt, weil er nicht gemezzt war und ich zu schlecht equipt!" Oder so ähnlich halt.
 
Do you speak Wowlish?

Ich stelle es mir für Leute, die nicht schon Online-Rollenspiel-gestählt sind, echt anstrengend vor, diese Sprache zu lernen. Folgendes Elaborat hab ich einem Forum entdeckt:
 
Neulich in Moria: Ich such eine Gruppe für Schattenbinge im HM. Meldet sich ein Hauptmann, anonym. Ich muss also einladen, ohne zu wissen, was mich erwartet. OMFG!!!11 Level-60-HAUPTMANN mit 3800 Moral GEBUFFT! Alter. Normal wäre so um die 5.5 bis 6.5 k. Ich hab ihm gesagt, wir würden Schattenbinge und nicht das Hügelgrab machen, und er soll anonym ausmachen. Inspiziert … ROFLMAO … kein Trait über 5, aber dann so sinnvolle wie Treue. Ach ja, er hatte natürlich keine einzige Level-39-Fähigkeit. Kein Battlerez … nix. Meine Fresse, bei solchen Spacken ist ja klar, dass die Games immer leichter werden.
 
Äh … also ich glaube, der erste Satz heißt soviel wie: „Als ich neulich im H&M in meiner Freundin Moria war, bekam ich das erste Mal unseren neuen Abteilungsleiter zu sehen, oh mein ferdammter Gott!!!einseins“ Die restlichen Zeilen lassen sich kurz mit „Der Typ ist ein Idiot, ich weiß sowieso alles besser, und sagen lass ich mir eh nix“ übersetzen. Puh, gestaltet sich etwas ausufernd und kompliziert, diese MMORPG-Sprache. 
 
Achievement-Huren

Um ehrlich zu sein, habe ich Online-Rollenspieler genauso wie diese Achievement-Huren nie wirklich verstanden. Solche virtuellen Schwanzvergleiche hat jemand wie ICH nicht nötig. Über derartig bedauernswerte Würmer kann ich nur laut lachen. HAHAHAHAHAHA! So. 
 
Ich muss auch noch Morrigan in Dragon Age vögeln.
Ihr entschuldigt mich jetzt bitte? Muss dringend den (übrigens unglaublich attraktiven) Herrn Langer bei Dragon Rising gewinnen lassen, damit er diese Kolumne online stellt und ein ernstes Wörtchen mit ihm reden, warum ich trotz dreier veröffentlichter Texte immer noch auf Platz 450 im GamersGlobal-Ranking herumdümpele. Dann will ich unbedingt bei Brütal Legend den French-Kiss-Instruktor-Erfolg holen und 100% schaffen. Ich muss auch noch die Magierin Morrigan in Dragon Age vögeln, unter http://twitter.com/haraldfraenkel neue Twitter-Verfolger generieren, 10.000 Spieler in … äh … „Zahnräder des Krieges“ blutig umnieten und ein paar Kinder zeugen – die ich dann nachmittags, während ich arbeite, für einen höheren Gamerscore an die Xbox 360 binden kann. Denn natürlich machen Achievements sexy! Ojeojeoje, so viel zu tun, so wenig Zeit.
 
Tipp der Woche
 
Euch lasse ich mit einem aphoristischen, väterlichen Rat für euren Job zurück: Es spricht nichts dagegen, täglich zehnmal für den Chef zum Kopierer zu grinden, um sich einzuschleimen. Doch merke: Nicht alles, was ein Boss dropped, ist wertvoll! In diesem Sinne wünsche ich noch ein schönes Leben.
 
Euer Harald Fränkel
 

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