Weltrettung in nur 43 min 20 sec

Speedrun: Deus Ex Interview

Deus Ex in weniger als einer dreiviertel Stunde -- das schaffte Karol "dex" Urbanski in einem segmentierten Speedrun -- für jedes der drei Dutzend Segmente benötigte er bis zu 1396 Versuche! Eine imposante Leistung, über die wir ihn für euch genauer befragt haben.
Christoph Licht 26. Juli 2009 - 10:59 — vor 13 Jahren aktualisiert
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In diesem dritten Teil unserer vielteiligen Speedrund-Serie zeigen wir euch einen der wohl bekanntesten und besten Speedruns der Welt: Deus Ex in nur 43 Minuten und 20 Sekunden. Gestemmt wurde er von Karol "dex" Urbanski, der seit November 2006 Speedruns macht und auch Admin beim Speed Demos Archive ist.

Wie auch in unserem Speedrun-Report (siehe Kasten rechts) genauer zu lesen, gibt es drei Haupttypen der Speedruns: Den "realen" (ein Spiel wird von A bis Z durchgespielt), den "segmentierten" (ein Spiel wird in zig Segmente - oft Levels oder Levelabschnitte - unterteilt, die dann jedes für sich echt durchgespielt werden) und den TAS ("Tool Assisted Speedrun" - mithilfe von Tools werden sozusagen perfekte Runs "programmiert"). Außerdem spielen auch noch gewählter Schwierigkeitsgrad oder das Ausnutzen oder Nicht-Ausnutzen von Programmfehlern eine große Rolle. Im folgenden Video seht ihr den kompletten Speedrun zu Deus Ex, danach folgt unser Interview mit Karol Urbanski.

Video: Der Deus-Ex-Speedrun (in 43:20 Minuten)

In nur 43 Minuten entscheidet Karol in seinem Speedrun zu Deus Ex über die Zukunft der Welt.


Interview mit Karol Urbanski

GamersGlobal: Karol, stell dich doch bitte kurz unseren Lesern vor.

Karol Urbanski:  Mein Name ist Karol "dex" Urbanski. Seit April 2006 bin ich in der Speed-Demos-Archive-Community aktiv, hatte aber bereits vorher einzige Zeit Speedruns von der Seite angeschaut. Ein Jahr später, im März 2007, wurde ich dann in den Quake-Staff aufgenommen und übernehme seitdem die verschiedensten Aufgaben auf der Seite.

GamersGlobal: Du bist außerdem selbst ein bekannter Speedrunner. Du hältst nicht nur Rekorde auf einigen Quake-Karten, sondern auch in anderen Spielen wie Max Payne 2 – The Fall of Max Payne. Wie bist du zu deinem Deus-Ex-Rekord gekommen?

Karol Urbanski: Ich bin ein großer Fan von Deus Ex, und da war es selbstverständlich, dass ich mir zuallerst den dazugehörigen Speedrun anschaute. Meine Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen und so verbrachte ich die darauffolgende Woche damit, selbst meine ersten Versuche aufzunehmen. Die waren noch richtig schlecht! Aber ich fand schon damals ohne externe Hilfe neue Strategien und konnte den ursprünglichen Speedrun bereits um gut 20 Minuten unterbieten. Für einen damals 14-15 jährigen kein schlechtes Ergebnis wie ich finde. Aber ich hatte mich dann doch gegen eine Veröffentlichung entschieden. Meine erste Einsendung zu Deus Ex war somit bereits eine Verbesserung um mehr als 45 Minuten.

GamersGlobal: Und wie lange hast du gebraucht das Spiel beim ersten Mal auf dem "richtigen" Weg durchzuspielen?

Karol Urbanski
: Du meinst, was die Uhr im Spiel angezeigt hat? Beim ersten Mal habe ich so um die 30 Stunden gebraucht. Ich habe mir richtig Zeit gelassen.

GamersGlobal
: Wie lange hat es dann gedauert, deinen Speedrun zu perfektionieren?

Beim ersten Mal habe ich um die 30 Stunden gebraucht.
Karol Urbanski: Meinem ersten Durchgang folgte ein zweiter, dann ein dritter, dann ein vierter und noch mindestens fünf mehr. Dann habe ich es mit Hausregeln durchgespielt - also "nur Nahkampf" oder als "Geist". Als ich zudem noch damit anfing, eigene Tricks im Deus-Ex-Forumsthread zu posten, habe ich es noch viel mehr gespielt. Ich wette, wenn ich die ganze Zeit zusammenzähle, käme ich auf mindestens einen oder gar zwei Monate reine Spielzeit. Derzeit arbeite ich sogar wieder an einem Speedrun von Deus Ex – und finde dabei immer noch neue Tricks und werde immer besser. Übung macht eben doch den Meister!

GamersGlobal
: Hattest du zu Beginn eine ungefähre Vorstellung davon, was du alles brauchen würdest, um einen guten Deus Ex Run hinzulegen? Oder war das brutales Trial-and-error?

Karol Urbanski: Ich hatte schon eine ziemlich klare Vorstellung, da ich ja bereits vorher einen Speedrun versucht hatte. Ich wusste, dass ich viele ausgeklügelte Routen planen und vor allem sehr viel Geduld mitbringen musste.

GamersGlobal
: Du hast dich dabei für einen segmentieren Speedrun entschieden -- warum?

Karol Urbanski: Ich bin von Herzen ein Perfektionist und nur in der segmentierten Kategorie konnte ich wirklich das Spiel an sein Limit treiben.

GamersGlobal
: Welcher Level oder welches Segment machte dir dabei die meisten Schwierigkeiten?

Karol Urbanski: Das Schiff und auch die Helikopterbasis. Ersteres ist eine abscheuliche Kombination aus vielen Passworteingaben, einigen schweren Tricks, massig Zufallsereignissen und einer unglaubliche Anzahl an Gegnern, die auf Zielhilfen zurückzugreifen scheinen. Außerdem müssen unzählige Gegenstände aufgesammelt werden, was in Deus Ex ein einziges Ärgernis ist, wenn man es mit nur 30 Frames pro Sekunde versucht. Die Helikopterbasis war hingegen so schwer, weil ich jedwede Art von Bein- und Torsoschaden vermeiden musste. Zum einen, weil Beinschaden den eigenen Charakter verlangsamt. Und zum anderen, weil ich nur noch vier Rüstungspunkte am Torso in Vorbereitung auf einen coolen Trick hatte.

Die Gegner-KI ist oft unberechenbar und trifft selbst aus den unmöglichsten Entfernungen genau ihr ZIel.

GamersGlobal: Wichtig für einen Speedrun sind Abkürzungen, Tricks und auch Programmfehler, "Glitches". Hast du einige vorher unbekannte Tricks oder Glitches gefunden? Wie schwer wirkten sie sich diese auf deine Zeit aus?

Karol Urbanski: Ich habe so einige entdeckt! Den größten Teil der kleinen Abkürzungen im Speedrun habe ich selbst gefunden. Ich liebe es, mir einen neuen, cleveren Trick auszudenken, der mir zwei Sekunden spart. Klar, es klingt nicht nach viel, aber wenn man von denen mehrere in einem Level findet – dann macht sich das schon spürbar. Viele der Punkte für die Granatensprünge sind meine Idee, auch wenn der eigentliche Trick nicht von mir stammt. Ebenso diverse Situationen, in denen ich mit einer Granate durch die Wand gehe. Und am Ende war es natürlich meine Wenigkeit, die all diese Tricks zu einer durchgehenden Route verbunden hat. Das ist wohl das schwerste beim Planen und Ausführen eines Speedrun. 

Er wartet am Levelende: der schwarze Helikopter
Von den ganzen Tricks mochte ich den sehr gerne, der es mir erlaubte mit dem Raketenwerfer durch die Wand zu schießen. Der Trick selbst wurde zwar auch wieder von jemand anderem herausgefunden. Aber auf dem Schiff habe ich ihn an einer Stelle benutzt, an der keiner dachte, dass es möglich wäre. Das alleine hat mir fünf Sekunden und zusätzliche Ressourcen eingebraucht. Ein Beispiel für einen kleinen, aber schlauen Trick ist im Friedhof-Level zu sehen. Dort lasse ich am Ende den Helikopter direkt bei mir erscheinen. So konnte ich ihn sofort besteigen und hatte wieder Zeit gespart. Ein weiterer nützlicher Glitch, den ich herausfand: Beim Start einer normalen Konversation werden sofort alle Radioübertragungen beendet . Das war besonders im Vandenberg-Level äußerst zeitsparend.

GamersGlobal: Und welche bereits bekannten Tricks oder Glitches haben dir am meisten geholfen?

Karol Urbanski: Ganz klar das Springen mit Granaten. Die vielen Anwendungsmöglichkeiten des Tricks erlaubten es mir einen großen Teil des Spiels einfach zu überspringen, zum Beispiel fast den kompletten Denfert-Rocherau-Level. Der Trick an sich ist eigentlich ganz simpel: Du musst auf der Granate "surfen", die du unter dich wirfst. Dann, wenn die Granate vom Boden abspringt und du mitten in der Luft bist, springst du noch einmal. So wird deine Sprunggeschwindigkeit zu jener der Granate hinzuaddiert, und schon gelangst du an vorher unerreichbare Stellen. Außerdem war der "Granaten Warp", der Fachbegriff für das durch die Wand gehen mit einer Granate, äußerst hilfreich -- damit konnte ich gut 60% des Vandenberg-Levels umgehen.

Dialoge sind mit die größten Zeitfresser in Deus Ex. In einem Speedrun gilt es, sie möglichst komplett zu umgehen.

Freeks 16 Übertalent - 5525 - 26. Juli 2009 - 13:18 #

Kurz und knapp... Abgefahren!

Dazu sehr interessantes Interview, Deus Ex is eines meiner Lieblingsspiele ever :)

M.K. (unregistriert) 26. Juli 2009 - 21:29 #

Schönes Interview, hab mir den Run aber noch nicht angeschaut. Werd ich tun wenn ich Zeit hab.
Eines stört mich aber ein bisschen: Bei TAS werden keine Cheats eingesetzt, wie es am Anfang des Artikels steht, alles was dort gemacht wird ist theoretisch auch ohne Tools möglich, nur sehr schwer. Die Formulierung ist da etwas undeutlich.

Christoph Licht 25 Platin-Gamer - 55862 - 27. Juli 2009 - 6:19 #

Da hast du natürlich recht, habe das Wort gestrichen.

SynTetic (unregistriert) 27. Juli 2009 - 18:16 #

Irgendwann habe ich mal angefangen mir Speedruns anzuschauen. Auch das Video zu Deus Ex ist sehr beeindruckend, aber nichts kommt (meiner Meinung nach) an Half-Life 1 heran: Da habe ich teilweise kaum gesehen, was der Speedrunner alles für Möglichkeiten des Spiels ausgenutzt hat.

Phoenix 16 Übertalent - 4165 - 31. Juli 2009 - 8:59 #

Der Run sieht verdammt geil aus!

Horst Hurensen 10 Kommunikator - 452 - 31. Juli 2009 - 9:32 #

Steht bereits in den anderen Artikeln, Kommentar war also sinnlos...

Worth2die4 14 Komm-Experte - 1852 - 17. Juli 2010 - 18:29 #

Äh, wieso fehlen am Anfang auf Liberty island die Gegner am Anfang ? Und die Statue wird ja auch nicht befreit ?

Christoph Licht 25 Platin-Gamer - 55862 - 19. Juli 2010 - 7:16 #

Es sind doch Gegner da. Karol umgeht sie nur alle gekonnt und schnell. In den Erklärungen zu den einzelnen Segmenten des Runs findest du vielleicht genauere Infos: http://www.speeddemosarchive.com/DeusEx.html

IfThen 08 Versteher - 199 - 1. Dezember 2010 - 19:19 #

mein anfangs begeistertes entsetzen geht über in einen zustand neidlosem respekts.