Chris Taylor im Interview:

"Kings & Castles Forever" Interview

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Age of Empires Online wird ein Free-to-Play-Titel mit kostenpflichtigen Zusatzinhalten.

GamersGlobal
: Aber einige Spieler investieren jeden Monat hunderte von Euros in Zusatzinhalte.

Chris Taylor: Ich bin keiner von diesen Spielern. Ich bin ein bisschen umsichtiger mit meinem Geld, aber ich verrate dir etwas: Bei Battlefield 1942 habe ich jede einzelne Erweiterung, jedes Gadget, jedes Goodie gekauft. Sie hatten nicht viel, also habe ich alles gekauft. Aber selbst wenn sie Zusatzinhalte im Wert von 200 Dollar veröffentlicht hätten, hätte ich trotzdem alles gekauft, weil ich absolut verrückt nach dem Spiel war. Ich habe es jahrelang jede Nacht gespielt.

GamersGlobal: Denkst du wirklich, dass dieses häppchenweise Bezahlen die Zukunft der Spiele ist?

Der Online-Bereich ist ein wichtiger Teil der Spiele-Zukunft
Chris Taylor: Es ist auf jeden Fall eine mögliche Richtung. Es ist so ähnlich wie mit dem menschlichen Evolutionsbaum: Es gibt sehr viele unterschiedliche Verzweigungen, aber nur ein Weg davon hat uns dort hingeführt, wo wir uns heute befinden. Wir erklimmen den Evolutionsbaum sehr schnell und ich denke, der Online-Bereich ist ein wichtiger Teil der Spielezukunft, so wichtig wie der aufrechte Gang für die Entwicklung des Homo Sapiens.

GamersGlobal: Was werden die großen Publisher tun? Sie versuchen immer mehr ein Massenpublikum zu erreichen. Wird es irgendwann keinen Grund mehr für sie geben, zum Beispiel ein Battlefield 3 zu finanzieren?

Chris Taylor: Der Spielemarkt spaltet sich in verschiedene Bereiche auf. Schau dir die Automobilindustrie an: Es gibt einen Markt für Sportautos, aber auch einen für sparsame Autos. Die Nachfrage ist für beide Bereiche gegeben. Die Spielebranche wird vielfältiger. Es ist nicht wie in den 1920ern, als du nur ein paar unterschiedliche Automodelle hattest. Im Spielemarkt kann man eine richtige Vielfalt sehen: Sei es Facebook, iOS oder die Xbox- und PS-Online-Märkte. Die Branche ist sehr, sehr vielfältig geworden und das ist aufregend und gesund. Ich vermute, dass der Markt noch breiter werden wird.

GamersGlobal: Werden diese neuen Spieler jemals Spieler im traditionellen Sinn werden?

Chris Taylor: Sie werden sich entwickeln. Jemand, der noch nie einen Computer benutzt hat, wird feststellen, dass er Spaß am Spielen hat und dass er mehr will. Wir müssen unsere Hobbys erst entdecken. Ich habe vor ein paar Jahren das Malen angefangen und mag es immer noch, aber ich musste das erst herausfinden. Ich denke, viele Menschen entdecken zurzeit das Spielen. Das ist großartig! Es ist dasselbe mit Filmen, TV, Büchern und Musik.

GamersGlobal: Die Film-Analogie ist interessant. Was würde passieren, wenn es keine Blockbuster mehr gäbe oder nur noch ganz wenige? Was wäre das Equivalent eines Browser-Spiels in der Filmindustrie? Es wäre kein furchtbarer Film, aber er würde wahrscheinlich direkt auf DVD und nicht im Kino veröffentlicht werden...

Chris Taylor: Ich würde sagen, Browser-Spiele sind mit Independent-Filmen vergleichbar: Sie kosten 100.000 Dollar. Du kannst einen Indie-Film in nur einer Wohnung in drei Wochen filmen. Am Ende entscheiden das Acting, das Drehbuch und dieses magische Nachbearbeiten am Ende einer Filmproduktion über die Qualität des Filmes. Hohe Einnahmen sind dabei nicht garantiert, aber es kann eine sehr spannende Erfahrung sein.

GamersGlobal: Aber kannst du dir eine Oscar-Zeremonie vorstellen, bei der neun von zehn Nominierten Indie-Filme sind? Genau in diese Richtung bewegt sich die Spiele-Industrie.

Cut the Rope ist für Chris Taylor eine Art Vorbild.
Chris Taylor: Zurzeit ist es noch schwierig Parallelen zu ziehen, aber man kann die Anfänge davon bereits sehen. Ich denke, es wird am Ende ein Gleichgewicht zwischen kleinen Titeln und Blockbustern geben. Die Branche wird sich dem Markt anpassen und sich daran erinnern, dass Gewinne manchmal auf sehr merkwürdige Wege erwirtschaftet werden. Es geht also nicht immer um die Gewinne eines einzelnen Spiels. Es gibt eine Menge unterschiedlicher Wege, Gewinne zu machen. Ich beobachte den Wandel des Spielemarkts gebannt. Ich mag Veränderung. Ich mag sie wirklich! Die ersten Jahre im neuen Jahrtausend waren schlechte Jahre für die Spiele-Branche. Du hast ein Magazin geöffnet und nur Nachfolger von Spielen gesehen. Und du dachtest: "Das habe ich schon gespielt, sie haben nur die Grafik ein bisschen verbessert." Ich bin sehr glücklich über Spiele wie Cut the Rope oder Dungeon Raid, das ich zurzeit spiele. Es erinnert an andere Spiele, hat aber auch viele eigene Ideen. Zum Glück gibt es noch neue Entwickler mit frischen Ideen in der Branche!

Das Interview führte Jörg Langer (GamersGlobal).
Sebastian Horst 27. April 2011 - 11:47 — vor 12 Jahren aktualisiert
pauly19 15 Kenner - 2957 - 27. April 2011 - 12:10 #

Mal wieder ein richtig gutes Interview. Vielen Dank.

Baran 12 Trollwächter - 826 - 27. April 2011 - 13:01 #

Feines Interview. Vor allen Dingen ist es weit informativer als das mit dem von mir höchst geschätzten Miyamoto-San, was natürlich nachvollziehbar ist, da Mr. Taylor sehr viel größere, aber dennoch sympathische Labertasche ist als der Nintendo Chief of Game Design. Dazu kommt noch, daß es hier auch mal um eine negative Erfahrung geht und nicht nur um die Promo für ein tolles neues Spiel (auch wenn er natürlich immer wieder mit "übergroßer" Freude seine Teilnahme an AoEO bekundet, er ist halt Profi).

Gerne mehr Interviews solchen Kalibers, auch mit einer solchen Ausrichtung, die dann nicht eine reine Promotion-Fragerunde darstellt.

In welchem Zusammenhang ist das Interview eigentlich entstanden? Er wird dem Jörg wahrscheinlich nicht einfach so in München über den Weg gelaufen sein, oder? ;) AoEO-Promo-Tag?

Jörg Langer Chefredakteur - P - 469344 - 27. April 2011 - 23:20 #

Nein, es stammt noch vom letzten Tag der GDC :-) Sind die letzten Wochen nur nicht dazu gekommen, es abzutippen.

rapidthor 14 Komm-Experte - 2693 - 27. April 2011 - 19:30 #

Super Interview, aber gerade bei Chris Taylor hätte ich gerne wieder ein Videointerview gehabt.

JakillSlavik 17 Shapeshifter - 7253 - 27. April 2011 - 20:40 #

"Hello GlobalGamers, i'm Chris Taylor from Gas Powered Games and... oh wait...!?"

Auja, das wäre fein = )
Aber im Allgemeinen bin ich immer sehr mit den Interviews von Jörg zufrieden. Die sind immer ein interessanter Grad zwischen Ergänzung und Herausforderung. Mir wird immer stark der Eindruck eines harmonischen Gesprächs mit vielen Erläuterungen für den Endempfänger vermittelt.

Anonymous (unregistriert) 27. April 2011 - 21:00 #

Also ich bin nicht so begeistert von seinen Ansichten, weil ich am liebsten Blockbuster Filme ansehe und nicht vielleicht häppchenweise einen Film wo ich noch "Premiuminhalte" zusätzlich dazukaufen muss um die ganze Geschichte zu erfahren.

Hartmann (unregistriert) 28. April 2011 - 0:57 #

..dann hast du nicht aufmerksam gelesen was er aussagt: er meint, der Spiele-Markt wird facettenreicher und diversifizierter; nicht, dass er sich in nur eine best. Richtung bewegt.

Zumbi (unregistriert) 28. April 2011 - 7:50 #

Ein Interview kann nur so gut sein, wie sein Interviewer. Und dieses Interview finde ich richtig gut! Danke Jörg.

Asto 15 Kenner - 2904 - 20. Juli 2011 - 18:38 #

Signed. Bin immer wieder beeindruckt :)

Heinzel (unregistriert) 29. April 2011 - 16:31 #

Der Typ hat doch einen an der Tüte: Große Videospiele und Computerspiele wird es immer geben nicht nur noch ein paar Jahre. Das Brwoserzeug ist doch alles mist. Independents sind was andres, aber wer will denn nur indi-zeugs spielen?