Die britischen Soldaten am Boden bemerken nichts von der Gefahr, die in den Baumwipfeln auf sie lauert.

Wald größer als RomEs ist Winter, und über den Mischwald, der allein schon die eineinhalbfache Größe Roms aus Assassin’s Creed Brotherhood haben soll, hat sich eine dicke Schneedecke gelegt. Nicht überall erschwert sie die Fortbewegung unseres Alter Ego. An manchen Stellen aber ist die weiße Decke kniehoch und Connor hinterlässt tiefe Spuren, während er mühsam ein Bein vor das andere zieht. Wer schon den Schnee in Uncharted 2 realistisch fand, der dürfte sich an dem in Assassin’s Creed 3 erst recht ergötzen können. Aber nicht nur in der Wildnis soll das Wetter eine wesentlich größere Rolle spielen als früher.

Auch in den Städten, von denen Ubisoft bislang lediglich Boston und New York bestätigt hat, sollen unterschiedliche Witterungsverhältnisse herrschen. Den dichten Regen in Boston, Nebelschleier am Hafen oder die langsam anwachsende Schneedecke auf den Pflastersteinen einer anderen Stadt haben wir bisher nur auf "Modell-Screenshots" gesehen. Aber was in Skyrim mit dem Schnee schon möglich war, kann wohl auch Ubisoft Montreal hinkriegen. Die Schneewehen, die Connor am Gipfel eines Berges am Waldrand nahe Boston empfangen, hinterlassen in jedem Fall schon mal einen sehr guten Eindruck. Nicht nur, weil sie hübsch aussehen, sondern auch, weil sie Connors Fußspuren langsam wieder verdecken. Dank Adlerblick soll Connor solche verwehten Spuren anderer Charaktere übrigens verfolgen können. Wir dachten eigentlich, Indianer könnten das auch ohne siebten Sinn...

Meuchelmorde nach Drehbuch?Am Grundprinzip und dem allgemein eher geringen spielerischen Anspruch des Kampfsystems hat sich seit Assassin's Creed 1 nichts wesentliches verändert. Ob die Kämpfe herausfordernder werden, lässt sich für AC3 noch nicht sagen. Aber zumindest in Sachen Inszenierung und Vielfältigkeit hat sich einiges getan. Tomahawk, Pfeil und Bogen sowie versteckte Klinge sind Connors wichtigste Waffen im Kampf, aber bei weitem nicht die einzigen. Über das offenkundig stark veränderte Interface hat der neueste Spross aus dem Assassinengeschlecht Zugriff auf verschiedene Schuss- und Schlagwaffen. Insbesondere die Zwillingspistolen haben im Getümmel eine größere Bedeutung als früher. Auch, weil deren Schussfrequenz deutlich höher ist.

Zudem scheint sich Ubisoft Montreal ein bisschen was von Rocksteady und ihren beiden Batman-Spielen, aber auch vom einen oder anderen Shooter abgeschaut zu haben. So konzentrieren sich die Designer noch stärker auf spezielle Kampfmoves, bauen auf den Einsatz von Gadgets und scheuen auch nicht, das Kampfgeschehen hier und dort in einen Zeitlupenmodus zu versetzen. Das macht die Kämpfe aber nicht langsamer, sondern im Gegenteil schneller, zumal der neue Assassine nun auch auf viele Arten direkt aus der Bewegung heraus töten kann. Er rennt beispielsweise auf einen Gegner zu, rammt ihm sein Messer in den Leib und stößt ihn ohne nennenswerten Verlust der Geschwindigkeit aus dem Weg. Ein anderes Beispiel für neue "Moves" im Kampf: Connor bemerkt eine Patrouille der Briten, die in der Nähe vorbeimarschiert. Also klettert und hangelt er sich von Ast zu Ast, um genau über sie zu kommen. Den ersten Gegner erledigt er mit einem Wurfspieß, an dem ein Seil hängt. Das formt er zu einer Schlinge und stranguliert so, über einen Ast gezogen, sein Opfer beim Runterspringen. Noch fünf Briten sind übrig, wovon er sich den nächststehenden schnappt und wie einen Schutzschild vor sich hält. Die zeitgleich abgefeuerten Schüsse der restlichen vier treffen diesen – und noch bevor sie in der Lage sind, nachzuladen, tötet er die weiteren mit Tomahawk, seinen Pistolen und der versteckten Klinge. Das alles passiert innerhalb weniger Sekunden. Zwischendrin gibt das Spiel immer wieder per Zeitlupeneffekt Gelegenheit, die nächste Aktion vorzubereiten. Wie gut das in der Praxis funktioniert, können wir nicht bewerten. In jedem Fall sieht es klasse aus.

In der Spielwelt gibt es mit New York und Boston zwei große Städte, in der Wildnis aber auch Minisiedlungen wie diese.

Bei den Attentaten auf einzelne Ziele verknüpft Assassin's Creed 3 direktes Gameplay mit Skriptsequenzen: Einmal soll Connor den Anführer einer Kolonialeinheit beseitigen. In deren Lager schleicht er zwischen den Zelten und durch dichtes Buschwerk, um näher an den Offizier heranzukommen. Rund 10 Meter liegen noch zwischen Connor und dem Berittenen. Ein paar Soldaten patrouillieren auf dem kleinen Areal, und gleich vor dem Ziel formen zwei große Steine einen scheinbar perfekten Ort, um sie für einen tödlichen Sprungangriff zu verwenden. Connor stürmt los. Wieder verlangsamt sich das Geschehen, die umherstreifenden Soldaten sterben im Nahkampf mit dem Assassinen. Connor rettet den Schwung seines Ansturms bis zum Felsen, springt ab, zieht seinen Tomahawk. Was danach passiert, überlässt das Video unserer Fantasie. Ob das die einzige Möglichkeit ist, den Anschlag ausführen, bleibt auch nach unserem Gespräch mit Matt Turner von Ubisoft Montreal ungewiss. Vermutlich aber schon, wenn wir an eine ganz ähnliche Mission in Assassin's Creed Revelations (im Lager der türkischen Eliteeinheit) denken. Wo wir gerade beim Vorgänger sind. Voraussichtlich wird auch Connor über Assassinen-Helfer verfügen, die er im Kampf zur Hilfe rufen kann. Ob es vielleicht indianische Hilfstruppen sein werden? Wir tappen im Dunkeln...

Mehr Dynamik, mehr SkriptsDas Stadtleben soll in Assassin's Creed 3 noch glaubwürdiger werden, indem den Bewohnern ein vielfältigeres Verhalten spendiert wird. Als Beispiel zeigt uns Ubisoft, wie Connor von Bord eines Schiffes über den Pier in Richtung des Stadtzentrums von Boston aufbricht. Es sind nun nicht bloß die üblichen Bettler, Musikanten oder Dirnen, die Connor serientypisch ihre Dienste anbieten oder ihn wegen ein paar Almosen belagern. Diesmal streifen unzählige NPCs umher, von denen die meisten wirklich etwas zu tun haben: Hier verkaufen Händler ihren Fisch, dort arbeitet ein Handwerker. Ein paar Meter weiter ruft ein Zeitungsjunge dazu auf, die aktuelle Ausgabe zu kaufen. Eine Marktfrau, die eine Kiste Äpfel trägt, stürzt, ein Tunichtgut nutzt die Gelegenheit zum Mundraub. Ob Connor den Dieb stellen könnte, wissen wir nicht. Ein Plakat am Rande des Stegs zeigt aber, dass wir selbst zu den Gesuchten gehören...

Mit Pistolen, Tomahawk sowie Pfeil und Bogen ist Connor im Kampf agiler als die Soldaten mit ihren schwerfälligen Flinten.

Immer wieder können wir Dialogen lauschen – allerdings haben Präsentationen bei Presse-Events die Eigenschaft, die Vorzüge des jeweiligen Spiel sehr verdichtet darzustellen, darum solltet ihr noch nicht die nächste echte Städtereise absagen, nur weil wir euch die AC3-Städte als lebhaft schildern. Fahren wir fort: Die britischen Soldaten kontrollieren jeden, der vom Hafen aus die Stadt betreten will. Connor würden sie als Gesuchten sowieso festsetzen, also schreitet er gleich zur Tat und prescht zwischen den Uniformträgern hindurch auf ein paar Marktstände zu. Einen überwindet er wie ein Hürdenläufer, wenngleich er dabei schummelt und sich mit der rechten Hand von Hindernis abstößt. Über ein paar Fässer läuft Connor auf ein Wohnhaus zu. Eine Bewohnerin öffnet das Fenster und schreit, als Connor direkt vom Dach des Marktstandes in ihre Richtung abspringt. Gerade rechtzeitig weicht sie zur Seite aus, Connor durchquert ihr karges Wohnzimmer und verlässt es durchs Fenster auf der Rückseite sofort wieder. Das alles geschieh offenbar im Rahmen einer gewöhnlichen Spielsituation, obwohl das Ganze an eine Zwischensequenz erinnert.

Hintergrundereignisse sollen die Spielwelt abwechslungsreich erscheinen lassen: Connor beobachtet etwa vom Pferd aus die Schlacht von Bunker Hill. Britische Soldaten und amerikanische Patrioten sind in Reih und Glied aufmarschiert und schicken sich aus kurzer Distanz mit gleichmäßigen Salven in die Hölle. Am Rande der Schlacht spricht gerade einer der Rebellenführer seinen Soldaten Mut zu. Ähnliche Szenen sind uns beispielsweise aus Skyrim bekannt. Connor hat aber eine bessere Idee, statt direkt in den Kampf einzugreifen. Stattdessen beschließt er, den Anführer der Kolonialtruppen zu massakrieren, indem er sich am Rande des Schlachtfeldes heimlich zum Lager der Briten bewegt. Währenddessen fallen im Hintergrund regelmäßig die Schüsse der Schlachtlinien, und fallen die Soldaten.

Am Kampfsystem hat sich einiges verändert. Dank vielfältigerer Moves und Zeitlupe nimmt es Connor mit fünf Briten auf.